Geister-Geigen

Test: Hagstrom Fantomen

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Ghost sind ein wahres Phänomen der Rock- und Metal-Szene. Kaum eine andere Band hat es in den letzten Jahren geschafft, sich in so kurzer Zeit, ein solches Image aufzubauen. Da wurde es dringend Zeit, dass die ,Nameless Ghouls‘ hinter dem Sänger Papa Emeritus III mit einem Signature-Modell ausgestattet wurden.

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Die Fantomen (schwedisch für Phantom) kommt nun also vom ebenfalls aus Schweden stammenden Traditionshersteller Hagstrom und orientiert sich optisch an den von Ghost jahrelang gespielten Gibson-RD-Modellen aus den späten 70er-Jahren. Doch zurück zu unseren Hagstrom-Brettern: die Fantomen kommt in drei Versionen, die sich aber ausschließlich in der Farbe unterscheiden.

gigantisch gross

Als Fan großer Gitarren lässt mich schon der gigantische Karton, den mein stets gut gelaunter UPS-Mann mir hier die Treppe hinaufwuchtet, einiges erhoffen. Beim Auspacken dann die schöne Gewissheit: Hagstrom macht mit der Fantomen keine Gefangenen – dieses Teil ist einfach eine Riesengitarre. In ihrer Silhouette ganz klar an Gibsons RD Model orientiert, zeigt sich die Fantomen sogar noch eine Idee größer und tatsächlich ein wenig asymmetrischer. Der nur 3,5 cm starke Korpus ist komplett aus Mahagoni gefertigt und offensichtlich nicht gechambert – es sei an dieser Stelle bereits gesagt, dass die Fantomen mit ihren knapp 4 kg kein Leichtgewicht ist.

Der eingeleimte Hals ist ebenfalls vollständig aus Mahagoni und mit dem von Hagstrom patentierten H-Expander-Trussrod aus Aluminium ausgestattet. Hierbei handelt es sich um einen ziemlich massiv gefertigten Halsstab, welcher über die gesamte Länge gleichmäßig arbeiten und dem Hals dadurch zu mehr Steifheit verhelfen soll. Schaut man sich die Fotos eines solchen Trussrods auf der Hagstrom-Website einmal an, liegt die Vermutung, dass eine solch massive Konstruktion dieses Versprechen hält, jedenfalls recht nahe.

Wenn wir gerade schon über die Besonderheiten einer Hagstrom-Gitarre sprechen: Was beim Griffbrett auf den ersten Blick wie Ebenholz aussieht, erweist sich als das ebenfalls von den Schweden patentierte Resinator-Wood-Material. Hierbei handelt es sich um ein auf Holz- und Epoxydharz basierendes, hochverdichtetes Material, welches nicht nur besonders steif ist, sondern auch einen besonders gleichmäßigen Ton ohne Dead-Spots fördern soll. Hagstrom nutzte dieses Material im Übrigen schon immer, und hat sich nicht erst in Zeiten von Cites auf die Suche nach alternativem Griffbrettmaterial gemacht.

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Schwarze Schönheit: Die Fantomen im All-Black-Look (Bild: Dieter Stork)

Sauber in das Griffbrett eingelassen, finden wir neben den Pearl-Block-Inlays 22 Medium-Jumbo-Bünde und auf dem Übergang zur Kopfplatte einen schwarzen Tusq-Sattel aus dem Hause Graph-Tech. Das Halsprofil würde ich mal als ein gesundes D beschreiben – nicht zu dick aber eben auch nicht zu dünn. Die abgewinkelte Kopfplatte trägt sechs versiegelte Mechaniken mit hübschen Art-Deco-Verzierungen an den Flügeln. Die gesamte Gitarre, inklusive der Kopfplatte, wird von einem weißen Multiply-Binding eingefasst, was dem Instrument einen edlen Touch verleiht. Ebenfalls ist allen drei Gitarren gemein, dass sie vollständig deckend lackiert (mit Ausnahme der Sunburst-Variante) und mit Klarlack versehen sind.

Ein wenig ins Staunen komme ich dann doch bei den Tonabnehmern: Hier durfte der schwedische Pickup-Guru Johan Lundgren sein Werk verrichten und gemeinsam mit den Gitarristen von Ghost zwei passende Alnico-Humbucker für die Fantomen entwickeln. Produziert werden diese ebenfalls in China; angesichts des Preises finde ich das aber absolut in Ordnung. Bei der Schaltung handelt es sich grundsätzlich um das klassische Les-Paul-Layout – also jeweils ein Lautstärke und ein Tone-Poti pro Tonabnehmer, wobei Letztere mit ihrer Push/Pull-Funktion die Pickups jeweils splitten können. Der Toggle-Switch sitzt in gewohnter Les-Paul-Style-Position und weißt den gleichen, Art-déco-ähnlichen Look auf, wie die Mechaniken und die Potikappen.

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Die gut klingenden Lundgren-Design-Tonabnehmer (Bild: Dieter Stork)

Alles in allem muss man sagen, dass Hagstrom hier eine wirklich tolle Verarbeitung und einige clevere Detail-Lösungen in einer Preisklasse bietet, in der all das nun wirklich keine Selbstverständlichkeit ist.

gespenstisch gut

Hach, ich freue mich, dass es neben der Vielzahl an wirklich kleinen und handlichen Instrumenten auch mal eine Gitarre für so richtig große Menschen gibt. Die Fantomen ist definitiv nichts für kleine Gitarristen und sieht selbst bei den kostümierten Nameless Ghouls von Ghost immer noch wuchtig und groß aus. Sowohl im Sitzen, als auch am Gurt macht unser Testinstrument eine beachtlich gute Figur; schön ausgewogen, nicht zu kopflastig und vor allem nicht zu weit nach links verschoben – in puncto Bespielbarkeit weiß die Fantomen zu begeistern.

Trocken gespielt fällt mir sofort auf, wie brillant und spritzig die Gitarre klingt; die Obertöne treten deutlich in den Vordergrund, ohne dass die Gitarre klanglich an Fundament einbüßen muss. Gemessen an ihrem wuchtigen Erscheinungsbild, hatte ich einen etwas dunkleren und mittigeren Ton erwartet – der dünne Korpus und die Hals/Griffbrett-Konstruktion scheinen sich hier aber deutlich bemerkbar zu machen. Besonders gespannt bin ich natürlich auf die verbauten Tonabnehmer – schließlich kriegt man ein Design von Lundgren nicht alle Tage in die Finger. Ich persönlich kenne nur den legendären und für Meshuggah entwickelten M7 Humbucker, welcher mir wegen seinem wirklich eigenen Charakter immer gut gefallen hat. Mal schauen, wie es sich mit den Lundgren-Design-Pickups in unserer Testgitarre verhält.

An meinem Test-Combo stelle ich mir einen Clean-Sound ein, welcher recht ausgewogen, mit leichter Betonung in den Mitten daherkommt. Auf dem Hals-Tonabnehmer gespielt, staune ich zunächst, wie brillant und ausgewogen der Ton der Fantomen ist – häufig empfinde ich gerade etwas kräftigere Humbucker in dieser Position als zu dumpf. Nicht so bei unserer Hagstrom, die mit einer ordentlichen Portion Brillanz und Strahlkraft überzeugen kann. Auch gesplittet macht der am Hals verbaute No.2 Tonabnehmer eine gute Figur – klar, der Pegel fällt im Split deutlich ab, aber der Ton bleibt dennoch nutzbar.

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Auch in Sunburst und Weiß durchaus attraktiv (Bild: Dieter Stork)

Der Steg-Tonabnehmer geht da schon deutlich kräftiger und robuster zu Werke; die Mitten werden merklich betont und das Höhenspektrum tritt minimal zurück, gerade so, dass der Klang nicht zu schrill wird. Dennoch haben wir einen aggressiv nach vorne preschenden Ton, der meinem Verstärker auch in der Vorstufe durchaus zeigt, was Röhren-Clipping bedeutet. Für den Overdrive-Test habe ich mir einen fetten, mittenbetonten Hard-Rock-Sound eingestellt – immerhin sind die Jungs von Ghost keine Leisetreter. Hier offenbart sich dann auch die wahre Stärke der Fantomen: der Ton kommt wirklich sehr schön saftig und kräftig daher, ohne jedoch in einem bestimmten Frequenzbereich zu matschen oder indifferent zu klingen.

Wo der No.2 Tonabnehmer am Hals zu singenden Lead-Passagen verführt, zwingt einem der am Steg verbaute No.5 Pickup mit seinem mittigen Charakter die zackigen Rock- und Metal-Riffs nur so in die Finger. Auch tiefer gestimmt macht die Gitarre eine richtig gute Figur. Hier machen sich H-Expander und Resinator-Wood-Griffbrett bemerkbar, bzw. eben nicht, denn die Gitarre nimmt Um- und Tieferstimmen klaglos hin, ohne dass es nach Korrektur der Einstellung verlangt. Die Split-Sounds der Humbucker gefallen vor allem im cleanen Betrieb. Insgesamt bin ich von der tollen klanglichen Vielseitigkeit und Auflösung der Lundgren-Design-Tonabnehmer rundum begeistert. Der brillante Grundcharakter der Fantomen wird schön erhalten und um einige schöne klangliche Nuancen erweitert – hier gibt es absolut nichts zu meckern.

alternativen

Der ausschlaggebende Faktor bei Hagstroms Fantomen dürfte definitiv der außergewöhnliche Look und die Form sein. Alternativ dazu würde mir zunächst die Hyperion – das Signature-Modell von You Tuber Ryan „Fluff“ Bruce – aus dem Hause Baleguer Guitars einfallen, die aber leider in Europa nicht so einfach zu bekommen ist. Auch über eine Gibson RD könnte man nachdenken, wobei es hier schon deutliche Unterschiede in der Konstruktion gibt. Zu guter Letzt könnte man die RD Artist von Eastwood in Betracht ziehen.

resümee

Ich bin schlussendlich ziemlich begeistert von Hagstroms Fantomen Gitarren. Hier haben wir ein sagenhaft gutes Design, gute Verarbeitung, einen tollen Sound, ein Instrument von anständiger Größe, innovative Features und wirklich gute Tonabnehmer von einem der besten Pickup-Designer der Welt zu einem Preis, der einen staunen lässt. Da kann man es sogar verschmerzen, dass es den passenden Koffer dazu nur optional (€ 149, Gigbag € 89) gibt. Für Fans asymmetrischer Korpusformen gibt es bei der Fantomen Antestpflicht!

Plus
• Optik
• Verarbeitung
• Lundgren-DesignTonabnehmer
• Klangbild
• H-Expander Halsstab

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Produkt: Gitarre & Bass 3/2023 Digital
Gitarre & Bass 3/2023 Digital
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