Früchte später Leidenschaft

Test: G&L Fullerton Deluxe ASAT Classic und Special

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G&L wahrt das Vermächtnis des Leo Fender. Die neuen Fullerton Deluxe ASAT-Gitarren aus US-Produktion repräsentieren den aktuellen Standard der grundlegenden, schlichtfunktionalen Brettgitarre im Sinne und mit finalen Beiträgen ihres Erfinders.

Pressetext: „The G&L ASAT Classic is Leo’s final word on the traditional single-cutaway- bolt-on-axe.“ Tatsächlich hatte Leo Fender 1981 zusammen mit George Fullerton und Dale Hyatt seine letzte Firma G&L (George und Leo) gegründet und in der Fender Avenue in Fullerton angesiedelt, wo er bis zu seinem Tod 1991 weiter an Pickups, Vibrato-Funktionen und anderen technischen Details tüftelte.

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(Bild: Dieter Stork)

Traditionelles Design – moderne Auslegung

Traditioneller und grundlegender kann das Design einer E-Gitarre wohl kaum sein und doch ist die Telecaster oder eine ihrer zahlreichen Variationen für viele Spieler immer noch das Instrument der ersten Wahl. Die vorliegenden Fullerton Deluxe ASAT-Versionen gehören in die Kategorie der klassisch basierten Modelle mit zeitgerechten Fortschreibungen durch Verbesserungen im Detail. Unsere Probanden unterscheiden sich bei grundsätzlich identischer Konstruktion durch die Holzwahl für den Korpus und das Griffbrett, aber auch durch ihre Bridges und elektrischen Komponenten.

Die in Lake Placid Blue Metallic lackierte Fullerton Deluxe ASAT Classic kommt mit einem Body aus Erle, der im Unterschied zum Urmodell Telecaster über eine Anlagekontur am Boden oben verfügt. Der glanzlackierte Hals mit Modern-Classic-Profil aus Ahorn ist in altbekannter Manier über eine Metallplatte mit vier Schrauben in den Korpus eingebracht, den Korpusbereich für die Halsaufnahme beließ man eckig.

Traditioneller Hals/Korpus-Übergang (Bild: Dieter Stork)

Für das Griffbrett mit 9,5″-Radius kam Chechen, auch Caribbean Rosewood genannt, zum Einsatz. Seinem Rufnamen zum Trotz gehört dieses Holz nicht zur Dalbergia-Familie, ist also kein Palisander und wird auch nicht auf der CITES-Liste geführt. Ein preisgünstiger Ersatz also für das teure und dank Artenschutz nur eingeschränkt verfügbare Tropenholz.

22 sauber verarbeitete Medium Jumbo-Bünde (Jescar 57110) und Dot Inlays zur Lagenmarkierung finden im Griffbrett Platz. Die Kopfplatte von typischem G&L-Zuschnitt ist mit gekapselten Standard Tuners ausgestattet, deren konisch gestaltete Wickelzylinder die Saiten stets an den Fuß hinabführen. Dennoch werden die hohe E- und B-Saite per Stringtree zur Andruckverbesserung auf den schmalen Sattel aus Knochen zusätzlich niedergehalten.

Abgerundete Griffbrettkanten; saubere Bundierungen (Bild: Dieter Stork)

Die noch von Leo Fender selbst entworfenen G&L MFD ASAT Classic Singlecoil Pickups ohne Kappen zeigen die klassische Telecaster-Konfiguration mit einem vorn im weißen Pickguard platzierten Hals- Tonabnehmer und den auf die Traditional Boxed Steel Bridge mit individuellen Brass Saddles (Messing) geschraubtem Bridge Pickup. Ebenso überschaubar wie bewährt ist die Schalt- und Regelmimik der ASAT Classic mit auf Metallplatte gesetztem 3-Wege Toggle und dahinter platzierten generellen Volume- und Tone-Reglern.

Der Korpus der in Tabacco Sunburst lackierten Fullerton Deluxe ASAT Special besteht aus Swamp Ash (alternativ auch Erle) und weist natürlich ebenfalls einen Konturschnitt am Boden zur komfortablen Anlage auf. Geschraubter Ahornhals mit „Modern Classic“-Profil wie zuvor, hier aber mit Griffbrett aus Ahorn (9.5″ Radius) – Chechen ist aber auch zu haben. Ansonsten vergleichbare Ausstattung mit 22 Medium-Jumbo-Bünden, aber natürlich schwarzen Dot Inlays im hellen Griffbrett. Wie bei der Classic finden wir den Knochensattel und G&L Sealed Back Mechaniken vor.

Dagegen aber die recht massive G&L Saddle-Lock Bridge mit verchromten, individuell justierbaren Saitenreitern aus Messing und angenehm glatten Oberflächen. Die noch von Leo Fender selbst entworfene Bridge steht bei der Special auch allein und ist nicht mit dem Steg-Pickup kombiniert.

Bei den verbauten G&L Jumbo MFD Singlecoil Pickups mit ihren schwarzen Kunststoffkappen handelt es sich ebenfalls um originäre Designs von Leo Fender und die werden auch heute noch in Fullerton gewickelt. Platziert sind sie in das Tortoise-farbige Schlagbrett, in der Höhe einstellbar über drei kleine Kreuzschlitzschrauben.

Beide Fullerton-Versionen verfügen natürlich über die Fender-typische 648-mm- Mensur und Zugang zum Halsstab vom Kopf her. Die in den USA gefertigten Instrumente werden in schwarzen Deluxe Tolex Gitarrenkoffern geliefert, denen Zertifikate beiliegen.

Klassische Sounds – noble Handhabung

Die Fullerton-Schwesterinstrumente sind mit 3,6 kg (Classic) bzw. 3,4 kg (Special) gut tragbar. Anlage, Ausrichtung und Griffbettaufsicht bewegen sich ebenfalls im grünen Bereich und den etwas altmodisch klobigen Hals-Korpus-Übergang buchen wir mal unter dem Begriff Tradition ab. Davon abgesehen spielen sich beide Gitarren hervorragend mit ihren griffigen „Modern Classic“-Profilen, perfekt per hochpräziser PLEK-Methode abgeglichenen Premium-Bundierungen und weich abgerundeten Griffbrettkanten.

Der Hals der Special (42,4 mm) fällt etwas weniger breit aus, als der der Classic (43,0 mm). Letztere weist auch die leicht höhere Saitenlage auf. Geschmackssache, oder frei nach Jeff Beck, der die kampfbetonte Spielhaltung und absolut keine zu niedrig eingestellten Saiten mag: „Ich will ja auch keine Frau, die sich sofort auf den Rücken legt.“

Ansonsten ist das Spielgefühl der Gitarren dank ihrer jeweils weich verrundeten Halsprofile durchaus vergleichbar. Beide Instrumente schwingen auch lang und gleichmäßig aus und lassen perfekt gewichtete Stimmen in den Grundakkorden hören. Dank unterschiedlicher Tonhölzer und wohl auch der differierenden Bridges wegen: die Classic hat etwas mehr Erde im Ton; die Special tönt trockener und seidiger in der Auflösung. Über absolut seriöses akustisches Klangvermögen verfügen jedenfalls beide.

Beide Bridges verfügen über individuelle Saitenreiter aus Messing. (Bild: Dieter Stork)

„Grau ist alle Theorie, entscheidend is auf’m Platz“ (danke Adi), ähm, die für uns gültige Wahrheit wird in dieser Angelegenheit natürlich vom Verstärker offenbart:

Das Modell Fullerton Deluxe ASAT Classic erweist sich als das elektrisch tendenziell traditioneller klingende Instrument. Kurz und ergreifend: Es liefert schlicht Tele-Sounds in Reinkultur. Gut konturiert und mit achtbarem Tiefgang in der allgemeinen Darstellung weist das zunächst der Hals-Pickup nach. Akkorde lassen es an plastischer Auflösung mit präziser Saitentrennung nicht mangeln, Linien kommen knackig und mit leicht glasigem Ausdruck zum Ohr. Hier liegen einfach durch und durch traditionelle Tele-Sounds an und das im besten Sinne der immer noch aktuellen, immergrünen Klangfindung. Dieser Eindruck wird auch von den zusammengeschalteten Pickups nur bestätigt. Perlfrisch und offen liefert die mittlere Schaltposition crisp abrollenden Jingle-Jangle vom Feinsten.

Schalten wir auf den Steg-Pickup, so überrascht uns der enge, nun straff zugespitzte Sound keineswegs. Er repräsentiert mit Nachdruck, was wir unter dem Begriff Twang verstehen. Drahtig und trocken in den honkenden Bässen, aggressiv bissig in den Höhen. Das lässt sich bei Einstellungen von Clean bis Crunch ganz locker in Sounds von Country bis Pop einpflegen. Mit dampfendem Amp ist es aber auch kein Problem, das Skalpell zu zücken, um kaltblütig den musikalischen Freddy Krueger zu geben. Diese rasant schneidende Schärfe lässt sich mit dem Tone-Regler aber auch wieder in feinen Abstufungen abfangen, was dem immer noch präsenten Lead-Sound etwas mehr Mitten-Boost verschafft.

Die Fullerton Deluxe ASAT Special kommt mit weit offenem, knochig-trockenem Sound an den Start, transportiert aber auch immer noch diese seidig feine Struktur der akustischen Anlage. Korpus aus Sumpfesche und Ahornhals mit Ahorngriffbrett sorgen gemeinsam für ein schnelles Attack-Verhalten. Der Ton springt förmlich vom Griffbrett. Clean- Sounds begeistern mit wunderbar transparenter Darstellung von präzise und harmonisch stimmig aufgelösten Akkorden bei toller Saitentrennung. Dem Steg- Pickup rutschen dabei natürlich schon pikante Spitzen raus, aber das ist weniger klirrend eckig, als angriffslustig offensiv. Großartig auch der Kombi-Sound der beiden Singlecoils. Glockenklar und silbrig perlend rollen die gläsern aufgelösten Akkorde ab.

Im Overdrive erweist sich die Fullerton Special als beachtlich durchsetzungsstarkes Instrument, vornehmlich wegen der sehr plastisch artikulierenden Höhen. Die zeigen auch im Gain-Modus noch löblich harmonische Verschränkung selbst bei kleinen Intervallen. Mit den leicht reibenden Interferenzen lässt sich jedenfalls bestens arbeiten. Der Hals-Pickup stellt auf den Basssaiten gespielte Powerchords und Linien mit pointierter Kontur, angenehmer Perkussion und holzig-trockenem Gestus heraus. Die nicht zu dominant ausgebauten Mitten tönen ausgeglichen und rund, lassen Raum für die sich stimmig ins Klangbild fügenden Höhen. Darüber sind griffige Lead-Sounds von einiger Eleganz leicht zu haben.

Mit Wechsel auf den Steg-Pickup kommt dann schon deutlich mehr Biss ins Spiel. Der Aufriss ist glasig scharf, auf den tiefen Saiten angeschlagene Noten federn pfeilschnell ab, hauen einen knochig-aggressiven Twang raus. Der ist etwas anders aufgestellt als bei der Classic, welche nicht zuletzt durch die großflächige T-Style-Bridge einen stark fokussierten Snap mit zugespitzer Nase bietet. Auch bei der Special fühlt sich jedenfalls alles superelektrisch an, was natürlich auch an den brizzelnden Nebengeräuschen in höheren Betriebsarten liegt. In diesem Punkt wird sie allerdings, vor allem was den Steg-Pickup angeht, von der Classic noch übertroffen – sind halt Singlecoils. Auch wenn es gelegentlich nervt: wir wissen ja, gute Musik konnte das nie verhindern. Unterhalb dieser extremen Anwendung finden sich aber jede Menge Einsatzpunkte von Surf, über Country bis Punk, wo diese packenden twangy Sounds genau richtig kommen.

(Bild: Dieter Stork)

Resümee

Mit den Modellversionen Fullerton Deluxe ASAT Classic und Special aus US-Produktion zementiert der Hersteller G&L seinen Anspruch auf das Erbe des Leo Fender im Sinne des berühmten und unverkennbaren kalifornischen Trademark- Sounds. Schön aber, dass man sich nicht einfach nur auf wohlverdienten Lorbeer tändelnd bettet, sondern die bewährten Designs strukturell und auf Grundlage moderner Fertigungsmethoden zeitgemäß fortschreibt. So verfügen beide Modellversionen über Anlagekonturen am Boden, handfreundlich glatte Bridges mit individuellen Saitenreitern und bestens profilierte Hälse mit perfekt abgeglichenen Bundierungen (PLEK).

Die Gitarren sind elektrisch potent, bieten kraftvolle Klangbilder mit jeweils eigenem Akzent, welcher sich wegen der klangfarblichen Verwandtschaft aber erst im direkten Vergleich deutlich hörbar offenbart. Qual der Wahl? Nun, wie sich das alles für dich persönlich anfühlt, was Hand und Ohr dir flüstern, ist nach wie vor entscheidend. In Hinsicht auf die spielpraktischen Anlagen und das Klangvermögen können jedenfalls beide Fullerton Deluxe ASATs vordere Plätze in der elektrischen Hackordnung für sich in Anspruch nehmen!

PLUS

  • klassisches Design, aktualisiert
  • Resonanzverhalten
  • Leo Fender Pickup-Designs
  • kraftvoll traditionelle Sounds
  • Modern-Classic-Halsprofil
  • perfekte Bundierung
  • Anlagekontur am Boden
  • beste Spieleigenschaften
  • Verarbeitung (made in USA)

(erschienen in Gitarre & Bass 08/2019)

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