Monkeymania

Test: Gibson SG Special Tony Iommi Signature

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(Bild: Dieter Stork)

Als zur NAMM Show 2020 eine detailgenaue Nachbildung von Tony Iommis stark modifizierter 1964er SG Special „Monkey“ angekündigt wurde, reichten die Reaktionen von Lachen bis Stöhnen. Grund dafür war der verlangte Preis von satten 20.000 $ für das streng limitierte Replika-Modell. Gut, dass Gibson jetzt noch ein weniger aufwendig gemachtes Iommi-Modell nachschiebt.

Das bis ins letzte Detail nachvollzogene und mit allem Schnick und Schnack ausgestattete Custom-Shop-Modell war auf nur 50 Exemplare, 25 für Rechtshänder und 25 Lefties, beschränkt. Auch die aktuell vorgestellte schlichtere Tony Iommi SG Special wird nur in einem kleinen Run ebenfalls für Rechts- und Linkshänder gefertigt.

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AUF DAS WESENTLICHE KOMMT ES AN

So pedantisch präzise die Custom-Shop-Kopie auch sein mag und ja, von Tony auch noch höchstpersönlich auf der Rückseite handsigniert etc., so überflüssig ist das auch, rein spielpraktisch, bzw. instrumentaltechnisch betrachtet – abgesehen natürlich von Sammler- und Fan-Aspekten. Vor allem sind es die Pickups von John Birch, Superflux am Hals und P-90 am Steg, vom Gibson Custom Shop exakt vermessen und detailgetreu nachgebaut, die den Unterschied machen.

Klar, das exklusive Flair und die spezielle Vintage-Anmutung machen was her, aber im Prinzip haben wir es bei der CS-Reissue wie auch bei der nun vorgestellten Tony Iommi SG Special aus regulärer Produktion in erster Linie mit dem bekannten SG-Konzept zu tun.

Die Details: Der charakteristische SG-Korpus von 34 mm Stärke des vorgelegten Iommi-Modells aus der Gibson Artist Collection ist einteilig aus Mahagoni gefertigt. Ein umlaufender Konturschnitt an den Rändern nimmt der flachen Korpusbasis etwas von ihrer banalen Brett-Ästhetik. Der Hals aus Mahagoni ist in Höhe des 22. Bundes in den Korpus eingeleimt. Das mit einem Cream Binding eingefasste Griffbrett aus Indian Rosewood mit 12″-Radius bietet 22 Medium-Jumbo-Bünden und Acrylic Dot Inlays Platz. Die Bundenden schließen sauber mit Fret Nibs des Bindings ab.

Tonys Signatur auf der Rückseite der Kopfplatte (Bild: Dieter Stork)

Die abgewinkelte Kopfplatte ist mit Grover-Rotomatic-Mechaniken mit „Contemporary Style Buttons“ ausgestattet; auf der Rückseite ist Tony Iommis Signatur aufgeprägt. Die Saiten schwingen zwischen dem weißen Kunststoffsattel von Graph Tech und der Adjustable Wraparound Bridge in der gewohnten Mensur von 628 mm.

Adjustable Wraparound Bridge (Bild: Dieter Stork)

Elektrik: Zwei in schwarzen Rähmchen aufgehängte Gibson-SoapbarP-90-Pickups mit Chrome Covern werden von zwei Volume- und zwei Tone-Reglern verwaltet und von einem Dreiwege-Toggle-Switch konventionell geschaltet. Ein Blick ins E-Fach zeigt saubere Handverdrahtung mit Orange-Drop-Kondensatoren. Die Anschlussbuchse ist wie üblich bei der SG auf die Korpusfront hinter die Regler platziert. Zu erwähnen bleibt noch der vom Halsfuß auf das Horn oben versetzte Gurtpin und das kleine 5-ply-Pickguard.

P-90-Pickups mit verchromten Kappen (Bild: Dieter Stork)

Geliefert wird die Gitarre in einem braunen Hardshell-Case und schau an: darin findet sich neben Werkzeug und einem Ledergurt auch noch die Reproduktion jenes berühmten Monkey-Stickers, der Tonys originale SG ziert.

HEAVY RIFF-MASCHINE UND MEHR …

Tony Iommis Sound geht zu einem nicht unerheblichen Teil auf einen Unfall zurück, den er mit 17 Jahren erlitt. Bei der Arbeit in einem Metall verarbeitenden Betrieb hatte er sich die Kuppen vom Mittel- und Ringfinger seiner rechten Hand abgetrennt. Um weiter Gitarre spielen zu können, ließ der Linkshänder sich prothetische Fingerkuppen aus Plastik anfertigen, was aber nicht wirklich schmerzfrei funktionierte.

Er löste das Problem durch zwei Maßnahmen: Zum einen stimmte er die Gitarre tiefer und zum anderen stellte er sich weiche Saitensätze zusammen: Eb-Tuning .008, .008, .011, .018w, .024, .032 und alternativ Db-Tuning mit .009, .010, .012, .020w, .032, .042. Tony war sich mit den Kollegen der Black-Sabbath-Truppe einig, dass der damit erzeugte schwere, dunkle Sound ihrer Musik entgegenkam, und völlig unerwartet hatte er so „by accident“, der englische Begriff trifft es genau, auch das Fundament für ein ganz neues Genre gelegt. Erstaunlicherweise gründet Heavy Metal also auf den Gebrauch leichter Saiten.

Das Testinstrument ist allerdings mit einem regulären .010er-Satz besaitet. Der Tony Iommi SG Special liegt prinzipiell das zu Beginn der 60er-Jahre eingeführte Double-Cutaway-Design mit Halsansatz am 22. Bund zugrunde. Demgemäß frei sind die hohen Lagen zugänglich, dennoch ist eine übermäßige Labilität des weit herausragenden Halses, gelegentlich ein Problem dieser Konstruktion, absolut nicht zu bemerken. Das ist nicht zuletzt dem sehr schön kraftvoll ausgelegten, aufsteigend an Stärke zunehmenden Hals zu verdanken. Der spielt sich mit einer Sattelbreite von 43 mm und angenehm gerundetem Profil einfach bemerkenswert gut.

Ein bisschen speziell ist das Spielgefühl der SG natürlich nach wie vor, eine leichte Kopflastigkeit trotz des auf das Horn oben versetzten Gurtpins inklusive, aber das hat kaum Einfluss auf die sehr gradlinige, ja richtiggehend erwachsene Performance unseres Probanden. Dazu passt die schnelle Tonentfaltung, die Anschlagspräzision und das wendige Dynamikverhalten mit insgesamt straffer Darstellung.

Schon unverstärkt vermittelt diese Iommi-SG also enorme Kompetenz. Elektrisch: Tony wechselte die Tonabnehmer auf seiner Original-Gitarre, weil sie schnell zum Pfeifen neigten. Die P-90-Pickups der vorliegenden Ausgabe aus regulärer Produktion sind gegen diesen unerwünschten Effekt durch gründliches Wachsen gewappnet. Insgesamt setzen die Soapbars kraftvoll um, beeindrucken mit Signalstärke und -dichte. Der Ton verfügt natürlich nicht über den Tiefgang etwa einer Les Paul, dafür aber über höchst definierte Mitten und Tiefmitten. Die sind durchsetzungsstark und passen sehr gut in den Band-Mix. Bass sollen ja eh andere spielen. Was aber nicht heißt, dass über den Hals-Pickup nur Magermilch zu zapfen ist.

Sehr schön knurrig, mit dunklem Raunen und dennoch konturstark lassen die tiefen Saiten im Riff- und Powerchord-Modus nichts als Freude aufkommen. Auch vokal stark ausgeprägte und achtbar tragfeste Linien sind damit leicht ins Werk zu setzen. Der Counterpart am Steg kommt da schon deutlich bissiger und drahtiger rüber, das aber immer mit Substanz. Akkorde springen dich an, knallen dir kompakt um die Ohren, drücken nach vorn – gehaltene Noten zeigen innere Festigkeit und ebenmäßigen Verlauf. Im Linienspiel schmieren die Töne bei höheren Verstärkerleistungen sehr schön saftig ineinander, glänzen mit perkussivem Aufriss.

Im Overdrive ist sowieso die schnelle Ansprache und die markante, crisp aufbrechende Darstellung zu loben, wie auch über die dynamische Reaktionsfähigkeit der Gitarre nur Gutes zu berichten ist. Zusammengeschaltet liegt dann noch ein kehliger Glockenton an, ein schöner Mix aus Hohlwangigkeit und griffigem Volumen, was sich in allen Amp-Positionen gut macht. Überhaupt ist das umfassende elektrische Vermögen dieser SG hervorzuheben. Sie klingt sehr gut in der Clean- bis Crunch-Abteilung und unter Zerrbedingungen nimmt sie dich bei mittelbösen bis dunkelbösen Einstellungen förmlich an die Hand, raunt dir ins Ohr: komm mit mir auf den Weg nach unten, gib dich mir hin. Ich weiß, du willst es doch auch! Achtung, böser Wolf, oder was?

RESÜMEE

Blieb das streng limitierte und detailversessene Custom-Shop-Replikat der Tony Iommi „Monkey“ SG wohl eher Sammlern und Hardcore-Fans vorbehalten, so kann der ambitionierte Spieler sich mit der Tony Iommi SG Special jetzt ganz entspannt und dennoch effektiv auf den Weg in Tonys Spuren machen. Fraglos lassen sich über diese gut verarbeitete und rund 3 kg leichte Gitarre auch mit den regulären Soapbars klassische Powerchord- und Riff-Charaktere bestens ins Werk setzen. Zumindest Annäherungen an Tonys Sound sind mit den entsprechenden Tunings, Saiten und Amplifikationen problemlos zu erzielen.

Natürlich aber kann die Tony-SG im Rahmen dieses Instrumententyps auch vieles andere mehr, da muss man keine künstlichen Grenzen setzen. Ansprache und Dynamikverhalten sind nur zu loben und die offen trockene Umsetzung der P-90-Pickups zieht nach wie vor in Bann. Da auch der kraftvoll gerundete Hals sich einfach sexy anfühlt und die übrige Handhabung ebenfalls zu gefallen weiß, bleibt nur noch zu sagen: Richtig tolle SG, ob nun als spezifische Iommi-Riffmaschine oder als allgemeines Werkzeug für jede Art von Rock’n’Roll!

PLUS

● klassisches Design – personalisiert, aber flexibel
● Schwingverhalten, Sustain
● zeitlose P-90-Sounds
● dynamische Tonumsetzung
● kraftvoll gestalteter Hals
● exzellente Spieleigenschaften
● saubere Verarbeitung

MINUS

● leichte Kopflastigkeit

(erschienen in Gitarre & Bass 12/2021)

Produkt: Testbericht: Yamaha SG1801PX Phil X Signature
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