Skalpell statt Abrissbirne

Test: Boss Katana-500 Bass Head

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(Bild: Dieter Stork)

Mit umfangreicher Klangbearbeitung und vielen Zusatzfunktionen will Boss bei all jenen punkten, die die Vorzüge moderner Technik zu schätzen wissen, sich aber nicht durch Dutzende von Menüs hangeln wollen. Darüber hinaus bietet der Katana-500 ein wirklich nützliches Feature, das ich bei einem Bassverstärker noch nie gesehen habe.

Viele Hersteller werben mit „einzigartigen” Merkmalen, die aber – wenn überhaupt – oft nur Variationen bereits bekannter und etablierter Ausstattungsmerkmale sind. In diesem Fall handelt es sich aber um etwas wirklich Neues mit praktischer Relevanz. Zumindest neu für einen Bassverstärker. Aber dazu später mehr. Die moderne Grundausstattung ist natürlich auch vorhanden.

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Dazu gehören unter anderem zuschaltbare Verzerrer, Boxensimulationen auf dem DI-Out, flexible EQs und mit schaltbaren Voicings und sogar Effekten geht Boss beim Katana-500 noch weit über die Basisfunktionen hinaus. Bei all den Funktionen darf aber die Bedienbarkeit und natürlich auch der Klang nicht zu kurz kommen. Schauen wir mal, ob der Plan aufgeht.

GROSSZÜGIGE AUSSTATTUNG

Wer jetzt denkt, beim Katana-500 handele es sich einfach um die Verstärkereinheit aus den Basscombos der Katana-Baureihe, der hat nur zum Teil recht. Zur mit 2×10″-Lautsprechern bestückten Variante hatte ich in Ausgabe 10/23 bereits etwas geschrieben und war grundsätzlich sehr angetan von dem Gerät.

Der Katana-500 baut im Kern auf dem gleichen Prinzip auf, allerdings bietet der 2,8 Kilogramm leichte Verstärker noch deutlich mehr zusätzliche Möglichkeiten zur Findung des eigenen Klangs. Auf den ersten Blick kann die Frontplatte mit ihren etlichen Potis und Tastern etwas überfordernd wirken, doch im Grunde ist die Bedienung sehr logisch und beinahe selbsterklärend.

Die Potis sind alle sehr eindeutig mit ihrer Funktion beschriftet und ein eventuell neben dem Poti befindlicher Taster bietet die Möglichkeit, die Funktion des Potis zu ändern. Ein Druck auf einen der EQ-Taster ändert z.B. die Einsatzfrequenz und/oder die Kennlinie des entsprechenden Potis, ein Druck auf das FX-Poti ändert den Effekt, und so weiter.

Die verschiedenen Modi werden dabei mit farblich codierter Beleuchtung der Taster symbolisiert. Neben dem „Aus”-Zustand gibt es noch Grün, Rot und Orange als mögliche Modi. So gestaltet sich die Bedienung des Katana-500 einfacher als zunächst gedacht. Lediglich das Ausprobieren der ganzen verschiedenen Einstellmöglichkeiten nimmt etwas mehr Zeit in Anspruch.

Wie beim Katana-210 kann auch hier auf der Rückseite ein Bluetooth-Adapter angebracht werden, der die Übertragung von Audio und MIDI ermöglicht. So können Backingtracks über den Amp abgespielt und die mobile App zum Einstellen des Gerätes genutzt werden. Dieses Zusatzmodul ist allerdings nicht im Lieferumfang enthalten und muss für ca. 50€ extra erworben werden…

Alternativ kann der Amp auch ganz klassisch per USB mit einem PC oder Mac verbunden und als Audio-Interface genutzt werden. Auch eine Editorsoftware namens Boss Tone Studio ist auf diesem Weg nutzbar und die hat es in sich.

(Bild: Dieter Stork)

EDITOR

Ich möchte an dieser Stelle nicht die vollständige Software erklären, das würde einfach den Rahmen sprengen. Die wichtigsten Punkte möchte ich dennoch nicht unerwähnt lassen. Zum einen lassen sich über die übersichtliche Bedienoberfläche beispielsweise die Equalizer genau in ihrer Einsatzfrequenz abstimmen.

Besonders interessant sind aber vor allem die FXSlots. Während über das Frontpanel des Amps lediglich die Intensität der ausgewählten Effekte einstellbar ist, bietet der Editor eine Fülle an Optionen für jeden Effekt. Hier können die Geschwindigkeit der Modulationen, die Zeit der Delays, Crossover-Frequenzen für diverse Effekte, das Voicing des Harmonizers und vieles mehr eingestellt werden.

Im Grunde bieten sich hier die gleichen Einstellmöglichkeiten, wie man sie an einem voll ausgestatteten Multieffekt erwarten und finden würde. Selbstverständlich lassen sich hier auch Presets abspeichern und Backups erstellen. Spannend sind hier auch die Einstellmöglichkeiten für einen Global-EQ, der dem Signal am Ende oder zu Beginn noch einmal aufgedrückt werden kann, sowie die einstellbare Boxensimulation.

Letztere gilt für den DI-Out und natürlich auch für den Kopfhörerausgang und USB-Audio. Boss bietet hier eine Auswahl verschiedener Konfigurationen mit unterschiedlichen Mikrofonen und Abständen zur virtuellen Box. Eine Möglichkeit eigene IRs zu laden gibt es derzeit leider nicht, was ich sehr schade finde.

Zwar ist die Auswahl groß genug und kann individuell abgestimmt werden, so dass für die meisten etwas dabei sein sollte, jedoch ist das Laden eigener IRs in meinen Augen mittlerweile quasi ein Industriestandard und sollte vielen die Soundfindung erleichtern. Natürlich kann der Verstärker auch „out of the box” bereits sehr gut genutzt werden, die Eingriffsmöglichkeiten über den Editor bieten allerdings einen wirklich wertvollen Mehrwert.

(Bild: Dieter Stork)

SECRET SAUCE

Eingangs hatte ich von einem neuen Feature gesprochen. An dieser Stelle möchte ich das nun einmal kurz erklären. Auf Wunsch kann der Verstärker, ausgelöst durch einen langen Druck auf den Calibration-Taster, die angeschlossene Box mit Testsignalen füttern und analysieren. Was dabei analysiert wird, ist die Impedanz der Box.

Diese beträgt nicht, wie die Typenschilder suggerieren, glatte 4Ω oder 8Ω. Stattdessen folgt sie einem stark variierenden Frequenzverlauf mit diversen Peaks und Senken. Dabei handelt es sich um die Resonanzfrequenzen der Lautsprecher sowie der Gehäuse und eventueller Frequenzweichen. Insbesondere im Bassbereich sorgen diese Peaks und Senken für eine ungleichmäßige Verteilung der Verstärkerleistung.

Nach erfolgter Analyse versucht der Verstärker diese Stellen mit einem angepassten Frequenzgang zu kompensieren und so für einen strafferen und direkteren Sound zu sorgen. So bilden Verstärker und Box nun ein in der Theorie lineares Paar und der resultierende Klang ist dann vor allem von dem EQ abhängig und nicht mehr so sehr von der Box selbst. In der Veranstaltungstechnik ist es nicht unüblich, Lautsprecher und Verstärker mittels aufwendiger Filter aufeinander abzustimmen. Bei einem Bass-Amp sehe ich das Konzept hier jedoch zum ersten Mal.

In der Praxis heißt das einfach, dass die Bässe auf den ersten Eindruck zwar deutlich dünner sind, eben weil die Resonanzfrequenzen unterdrückt werden, dass sie aber nach einer Anhebung des EQs fetter und straffer klingen als ohne Kalibrierung. Gerade bei tieferen Tunings sorgt dies für mehr Klarheit und Artikulation.

SOUND

Bei all der Technik darf der Sound natürlich auf keinen Fall auf der Strecke bleiben. Im Testbericht zum Katana-210 hatte ich diesbezüglich bereits einiges geschrieben und da die Grundfunktionen und das Modeling bei beiden Geräten gleich sind, gilt meine Aussage von damals natürlich auch für den Katana-500. Bereits in der Werkskonfiguration lassen sich überzeugende Sounds von klinisch und glasklar bis zur sprichwörtlichen Abrissbirne abrufen.

Als überaus praktische Ergänzung hat im Vergleich zum Katana-210 jedoch nicht nur der Ausgleich der Lautsprecherresonanz seinen Weg auf das Frontpanel geschafft, sondern auch variabel einstellbare Hoch- und Tiefpassfilter. Mit diesen kann ganz unkompliziert eine zu spitz klingende Box besänftigt oder ein zu starker Bassbereich beschnitten werden. Insbesondere Letzteres hat sich in den letzten Jahren in der Bassszene als kleiner Trick mit großer Wirkung herumgesprochen.

Während der „Thumpinator” vor einigen Jahren noch ein Geheimtipp für das Pedalboard war, hat sich die Funktion schon beinahe zum „Must-Have” gemausert. Löblich und vorbildlich, dass Boss hier eine einwandfreie Umsetzung im Amp präsentiert.

Zudem bietet der mit „Line-Out” beschriftete Drehschalter gleich mehrere abrufbare Einstellungen der Boxensimulation mit verschiedenen Graden von Raumanteil in der Simulation. Ich persönlich bin im Live-Einsatz Fan von möglichst wenig Raum, denn der Konzertsaal steuert mit seiner Akustik schon ausreichend Raumanteil bei. Für Aufnahmen kann ein klein wenig(!) Raumhall jedoch noch ein bisschen mehr Tiefe in den Klang bringen.

Mit 500W Peak-Leistung an 4Ω gewinnt der Katana-500 keine Preise. Hier hätte ich mir eine etwas stärkere Endstufe gewünscht. Für den Einsatz auf kontrollierten Bühnen reicht diese Größenordnung in der Regel aus, in nicht so optimierten Proberäumen kann es aber schon einmal knapp werden. Insbesondere, wenn die angeschlossene Box keinen allzu hohen Wirkungsgrad besitzt. Dafür springt der Lüfter des Verstärkers erst an, wenn er auch wirklich gebraucht wird, wodurch er beim Einsatz in meiner heimischen Musikecke nicht negativ auffällt.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Ich kann gar nicht alle Punkte abarbeiten, die der Katana-500 bietet. Das Tolle ist aber: muss ich auch gar nicht. Schon „out of the box” bietet der vollgepackte Modeling-Amp ein hochwertiges und praxistaugliches Arsenal zur Klangformung, das sich bei Bedarf mit Hilfe des Editors an nahezu alle Bedürfnisse anpassen lässt. Der Klang bleibt dabei nicht auf der Strecke und daher gibt’s von mir das Testurteil „Gut gemacht, Boss!”.

Plus

● Sound
● Ausstattung
● Vielseitigkeit
● Intuitiv

Minus

● Bluetooth kostet extra
● MIDI nur über Bluetooth oder USB

(erschienen in Gitarre & Bass 04/2025)

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