Skalpell statt Abrissbirne

Test: Boss Katana-500 Bass Head

Anzeige

(Bild: Dieter Stork)

SECRET SAUCE

Eingangs hatte ich von einem neuen Feature gesprochen. An dieser Stelle möchte ich das nun einmal kurz erklären. Auf Wunsch kann der Verstärker, ausgelöst durch einen langen Druck auf den Calibration-Taster, die angeschlossene Box mit Testsignalen füttern und analysieren. Was dabei analysiert wird, ist die Impedanz der Box.

Diese beträgt nicht, wie die Typenschilder suggerieren, glatte 4Ω oder 8Ω. Stattdessen folgt sie einem stark variierenden Frequenzverlauf mit diversen Peaks und Senken. Dabei handelt es sich um die Resonanzfrequenzen der Lautsprecher sowie der Gehäuse und eventueller Frequenzweichen. Insbesondere im Bassbereich sorgen diese Peaks und Senken für eine ungleichmäßige Verteilung der Verstärkerleistung.

Anzeige

Nach erfolgter Analyse versucht der Verstärker diese Stellen mit einem angepassten Frequenzgang zu kompensieren und so für einen strafferen und direkteren Sound zu sorgen. So bilden Verstärker und Box nun ein in der Theorie lineares Paar und der resultierende Klang ist dann vor allem von dem EQ abhängig und nicht mehr so sehr von der Box selbst. In der Veranstaltungstechnik ist es nicht unüblich, Lautsprecher und Verstärker mittels aufwendiger Filter aufeinander abzustimmen. Bei einem Bass-Amp sehe ich das Konzept hier jedoch zum ersten Mal.

In der Praxis heißt das einfach, dass die Bässe auf den ersten Eindruck zwar deutlich dünner sind, eben weil die Resonanzfrequenzen unterdrückt werden, dass sie aber nach einer Anhebung des EQs fetter und straffer klingen als ohne Kalibrierung. Gerade bei tieferen Tunings sorgt dies für mehr Klarheit und Artikulation.

SOUND

Bei all der Technik darf der Sound natürlich auf keinen Fall auf der Strecke bleiben. Im Testbericht zum Katana-210 hatte ich diesbezüglich bereits einiges geschrieben und da die Grundfunktionen und das Modeling bei beiden Geräten gleich sind, gilt meine Aussage von damals natürlich auch für den Katana-500. Bereits in der Werkskonfiguration lassen sich überzeugende Sounds von klinisch und glasklar bis zur sprichwörtlichen Abrissbirne abrufen.

Als überaus praktische Ergänzung hat im Vergleich zum Katana-210 jedoch nicht nur der Ausgleich der Lautsprecherresonanz seinen Weg auf das Frontpanel geschafft, sondern auch variabel einstellbare Hoch- und Tiefpassfilter. Mit diesen kann ganz unkompliziert eine zu spitz klingende Box besänftigt oder ein zu starker Bassbereich beschnitten werden. Insbesondere Letzteres hat sich in den letzten Jahren in der Bassszene als kleiner Trick mit großer Wirkung herumgesprochen.

Während der „Thumpinator” vor einigen Jahren noch ein Geheimtipp für das Pedalboard war, hat sich die Funktion schon beinahe zum „Must-Have” gemausert. Löblich und vorbildlich, dass Boss hier eine einwandfreie Umsetzung im Amp präsentiert.

Zudem bietet der mit „Line-Out” beschriftete Drehschalter gleich mehrere abrufbare Einstellungen der Boxensimulation mit verschiedenen Graden von Raumanteil in der Simulation. Ich persönlich bin im Live-Einsatz Fan von möglichst wenig Raum, denn der Konzertsaal steuert mit seiner Akustik schon ausreichend Raumanteil bei. Für Aufnahmen kann ein klein wenig(!) Raumhall jedoch noch ein bisschen mehr Tiefe in den Klang bringen.

Mit 500W Peak-Leistung an 4Ω gewinnt der Katana-500 keine Preise. Hier hätte ich mir eine etwas stärkere Endstufe gewünscht. Für den Einsatz auf kontrollierten Bühnen reicht diese Größenordnung in der Regel aus, in nicht so optimierten Proberäumen kann es aber schon einmal knapp werden. Insbesondere, wenn die angeschlossene Box keinen allzu hohen Wirkungsgrad besitzt. Dafür springt der Lüfter des Verstärkers erst an, wenn er auch wirklich gebraucht wird, wodurch er beim Einsatz in meiner heimischen Musikecke nicht negativ auffällt.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Ich kann gar nicht alle Punkte abarbeiten, die der Katana-500 bietet. Das Tolle ist aber: muss ich auch gar nicht. Schon „out of the box” bietet der vollgepackte Modeling-Amp ein hochwertiges und praxistaugliches Arsenal zur Klangformung, das sich bei Bedarf mit Hilfe des Editors an nahezu alle Bedürfnisse anpassen lässt. Der Klang bleibt dabei nicht auf der Strecke und daher gibt’s von mir das Testurteil „Gut gemacht, Boss!”.

Plus

● Sound
● Ausstattung
● Vielseitigkeit
● Intuitiv

Minus

● Bluetooth kostet extra
● MIDI nur über Bluetooth oder USB

(erschienen in Gitarre & Bass 04/2025)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.