Tiefgelegtes aus der Toskana

Test: Bacci Guitars Leonardo Dual Output Bariton

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(Bild: Dieter Stork)

TIEF DER TON, FLEXIBEL DIE HANDHABUNG

Mit der Bacci Leonardo Dual Output muss man erst einmal lernen umzugehen. So eine Baritongitarre ist nicht nur wegen des langen Halses, der dementsprechend längeren Mensur mit Saitenstärken von .13 bis .72 und der demgemäß etwas größeren Abstände zwischen den Bünden gewöhnungsbedürftig. Auch was ihre Ansprache und ihre besondere Klangausstattung mit der tiefergelegten Stimmung (B, E, A, D, F#, B) angeht, ja wie man das etwas andere, fraglos großartige Klangpotential nutzen kann, erschließt sich nicht auf den ersten Griff hin.

„Wild sei und tief der Töne Fluss, kein Lied, von Glück und Lust verklärt: Ich sag dir, dass ich weinen muss, sonst springt dies Herz von Qual verzehrt …“ so heißt es in einem Gedicht von Lord Byron und ja, man kann so einer Bariton tatsächlich dunkle und dramatische Klänge abgewinnen, aber andererseits lässt sich diese Münze auch einfach wenden und schon springt dir eine spritzige Funkmachine mit knackigen Sounds fröhlich ins Kreuz – aber dazu später mehr.

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Die Leonardo Dual Output ist mit gut 3,6 kg, gemessen an ihrer opulenten Erscheinung, ein gut tragbares Instrument und verfügt dazu noch über einen ergonomisch bestens austarierten Korpus.

Ergonomisch austarierter Body (Bild: Dieter Stork)

Auch richtet sie sich, ob nun sitzend oder stehend gespielt, bestens aus und sorgt für ausgeglichene, gut gewichtete Handhabung. Der bemerkenswert griffig gestaltete Hals überrascht mit einem eleganten C-Profil bei einer Sattelbreite von lediglich 42,5 mm. Die Maße bewegen sich im absoluten Komfortbereich einer E-Gitarre und nur an die dickeren Saiten auf dem längeren Hals gilt es sich zu gewöhnen. Klar, die Ansprache im Tieftonbereich ist eine etwas andere, Artikulation und Spielhaltung gilt es an diese recht deutlich versetzten Verhältnisse anzupassen. Lässt man sich erst einmal auf diese ungewohnte Klangsprache ein, fängt man auch sofort an, anders zu denken und löst sich von den üblichen Klischees aus der E-Gitarren-Praxis. Weniger ändert man seine gewohnten Spieltechniken, richtet sie aber anders aus. Somit ist der Zugang im Grunde leicht, nur kommen wir zu differierenden Ergebnissen. Genau da aber spüren wir großes musikalisches Potential.

Schon akustisch angespielt vermittelt sich eine enorm Kraft, die dicken Saiten sprechen wohl etwas träge an, aber oben herum haben wir es lediglich mit dem etwas strafferen Spielgefühl größerer Saitenstärken zu tun. Sustain und Schwingverhalten der Bacci sind nicht weniger als grandios.

Da die Bacci-Bariton mit einer speziellen elektrischen Abnahme ausgestattet ist, wenden wir uns direkt einmal den verstärkten Klängen zu: Grundsätzlich ist das elektrische Klangbild geprägt von kraftvoll klarer Umsetzung mit stabilem, lang aushaltendem Ton von enormer Präsenz. Der Hals-Pickup allein geschaltet bringt volltönende Sounds mit ungewohnt starker Basstonentfaltung hervor. Da ist der Summenregler zur Kontrolle der Bassfrequenzen schon hilfreich. Grundsätzlich haben wir also recht dominierende Bässe an der Hand, was zu einem Wechselspiel geradezu aufreizt.

Etwa so: Bass-Groove als Frage – Gitarren-Licks oder rhythmische Akkordarbeit als Antwort. Immer tönt es knackig und konturiert, was in den anderen Schaltpositionen sogar noch fokussierter der Fall ist. Über den Steg-Pickup kommen wir zu schärferen, ungemein spritzigen Sounds. Damit lassen sich mit gehöriger Perkussion schmissige funky Sounds inszenieren. In der Mittelposition des Schalters sind mit zusammengelegten Pickups kehlige Sounds angelegt.

Auch in diesen Positionen ist der Bass immer stark ausgeprägt, was eine etwas andere Spielhaltung provoziert. Weniger kommt man sowieso auf die Idee, vollstimmige Akkorde zu spielen, dafür ist das Gefälle in den Frequenzlagen oder Betonungen im Spektrum zu stark ausgeprägt. Auch bestimmte Voicings, die bei einer Gitarre mit Standard-Tuning zu kompakten, gut geschlossenen Akkordbildern führen, sind mit so einer Bariton nicht gut zu machen. Klänge mit der Terz im Bass etwa, tönen verzeichnet. In den tiefen Lagen fehlt ihnen die harmonische Verschränkung der Stimmen. Wir reden bei Letzterem aber auch von einer eher speziellen, weniger gebräuchlichen Anwendung.

Gerade die Bacci-Bariton mit ihrer spezifischen Teilung in Bass- und Gitarrenklänge ruft nach Grundton-Groove mit darauf gesetzten Akkorden oder Linien. Sie ist als eigenständiges Instrument zu betrachten, leicht zugänglich gemacht für Gitarristen, aber inhaltlich anders auszulegen, als eine Standard-E-Gitarre. Das differenziert unser Denken, regt andere Spielweisen an und führt darüber zu neuen Sounds. Das liebe Leute, gilt es zu feiern!

RESÜMEE

Mit seinen Baritongitarren setzt Bruno Bacci einen unüberhörbaren Akzent in die Klanglandschaft. Das souveräne Design erfährt durch handwerkliche Kunstfertigkeit und smarte Elektrifizierung eine herausgehobene Position, die den Begriff Baritongitarre schlicht neu definiert. Dieses Instrument ist perfekt auf den Punkt gebracht und leuchtet damit einen Tonbereich aus, der besondere Kraft ausstrahlt. Nicht ohne Grund haben die großen Komponisten alter Musik der Tonhöhe eine wohldefinierte Bedeutung für die emotionale Ansprache zugeordnet. Eine Baritongitarre der Kategorie Bacci macht deutlich, dass wir diesen Aspekt gar nicht genug betonen können, ruft er doch ganz andere Empfindungen auf, als das mit einer Gitarre in Normalstimmung möglich ist.

Davon abgesehen gibt die Bacci Leonardo Dual Output uns eine machtvolle Tonwandlung an die Hand und die ist über den absolut komfortabel gestalteten Hals verblüffend leicht zugänglich gemacht. Über zwei Verstärker gespielt (die Tonabnehmer für Bass und klassisch E-Gitarre getrennt herausgeführt), erreichen wir ein faszinierendes Klangpanorama, das zu neuen Ideen führt. Da ist also viel Spielraum für inspirierende Sound-Findungen (schau nach YouTube-Videos mit den Begriffen Bacci und Bariton). Weniger solistisch innovativ gedacht, macht die Leonardo aber auch hohen Sinn in der Ergänzung des Frequenzspektrums allgemein und bei Anwendungen im Studio.

Zusammengefasst: stimmiges Design, ergonomisch und spieltechnisch auf den Punkt gezogen, großartige elektrische Ausstattung, rundum tolle Arbeit!

PLUS

  • Design & Originalität
  • Ergonomie
  • Pickups
  • Dual Output
  • Sounds
  • Tonfestigkeit, Sustain
  • Verarbeitung
  • geringes Gewicht
  • Verarbeitung


(erschienen in Gitarre & Bass 01/2024)

Produkt: Testbericht: Yamaha SG1801PX Phil X Signature
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Kommentar zu diesem Artikel

  1. Zunächst fiel mir hier sehr deutlich auf,daß das markante Korpusdesign im Tulip-Style bereits in den 1980er-Jahren bei den Tokai Talbo-E-Gitarren,die einen Aluminium Korpus besaßen,durchaus bekannt war! Trotz sehr geringfügiger Body Veränderungen bei der Bacci Bariton E.-Gitarre,gleicht sie zumindest optisch fast identisch dem Aussehen der frühen Tokai Talbo-Gitarren.

    Das Tulpen-Design ist also faktisch absolut nicht neu! Über die Bacci Bariton Gitarre darf man getrost geteilter Meinung sein,denn das blasse „Baby-Blau“,die Nitrocellulose Lackierung,die im Halsbereich recht empfindlich auf aggressiven Handschweiß reagiert,der ultra hohe Preis von 5.800,-€,und das leicht veränderte,aber schon in den frühen 1980er-Jahren von dem japanischen Hersteller Tokai erfundene Korpus-Design in Form und Gestaltung einer Tulpe,würden mich persönlich nicht zum Kauf einer Bacci Bariton Gitarre verleiten,auch wenn die Verarbeitung der Bacci Gitarre außerordentlich sauber ist. Es sind zu viele Faktoren,die mich persönlich,wie schon erwähnt,vom Kauf abhalten würden.

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