Fanned Frets, Headless, digital!

Mooer GTRS W 800 WH im Test: Eine für alles?

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(Bild: Dieter Stork)

Mit ihrer Ausstattung ist die GTRS W 800 WH wirklich die Allround-Gitarre schlechthin. Klein und leicht genug, um überall dabei zu sein und zudem noch ausgestattet mit integrierten Pickup-Simulationen, Amp-Sims, Effekten, Drumcomputer, Looper, Tuner …

Vor gar nicht allzu langer Zeit kamen die Strat-ähnlichen GTRS-Modelle (S800, Test in Ausgabe 07/2022) auf den Markt. Und die haben mich schon ziemlich begeistert. Damals dachte ich noch: Das ist doch alles auf „perfekt für unterwegs“ ausgelegt, warum dann nicht gleich Headless. Umso mehr hat es mich gefreut, als ich sah, wie klein das Paket war, welches da vor meiner Tür stand. Und dann auch noch Fanned Frets. Huiuiui, ich war schnell begeistert. Mal schauen, ob sich dieses Gefühl über die Dauer des Tests halten konnte.

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HARDWARE UND VERARBEITUNG

Natürlich kommt die Gitarre im passenden Gigbag. Dies erinnert sowohl von Form, als auch Farbe an die Strandberg-Modelle und ist gut gepolstert. Das würde man woanders schon ordentlich bezahlen. Und auch nach dem Öffnen des selbigen bin ich sehr angetan: Was einem da entgegenfunkelt, könnte locker auch aus einem der vielen kleinen (Headless-)Customshops stammen. Die moderne Form gepaart mit der wirklich gut ausgeführten Sparkle-Lackierung und dem Aluminiumschlagbrett wirken ein wenig futuristisch, bleiben aber dank der Strat-Anleihen klar im Hier und Jetzt. Ist Geschmackssache, aber mir gefällt die Optik richtig gut.

Das geht auch beim Hals so weiter. Dieser ist aus drei Streifen roasted Maple mit Einlagen aus Palisander gefertigt. Dabei weist das vorliegende Modell ein Flaming auf, welches bei etlichen Herstellern schon AA und sicher aufpreispflichtig wäre. Die Halsform wird mit „Standard C“ angegeben, liegt für mich aber etwas voller (und sehr angenehm) in der Hand als ich dies erwartet hätte.

GTRS HL-I Bridge mit am Korpusende überstehenden Tunern (Bild: Dieter Stork)

Die tiefen Saiten laufen über eine Länge von 25,5″, also 648 mm, und die hohen über 25,2″ (640 mm). Sie enden in der hauseigenen GTRS HL-I Bridge und passieren dabei die ebenfalls hausgemachten Alnico-V-Humbucker-Pickups. Als Schaltelemente kommen recht klassisch ein Dreiwegeschalter, sowie Volume und Tone zum Einsatz. Letztere gehören eher zur schwergängigeren Sorte, was hier aber auch zum Wertigkeitsgefühl beiträgt. Die Besonderheit stellt der „Super-Knob“ dar. Dieser integriert sich durch seine Schwarz-auf-Schwarz Anmutung deutlich besser ins Gesamtbild, als dies bei den zuvor getesteten Strats der Fall war.

Zusätzlich zu den üblichen Reglern und Schaltern gibt’s hier noch einen „Super Knob“ (Bild: Dieter Stork)

Die GTRS lässt sich problemlos und angenehm in jeder gängigen Position spielen und hängt mit ihren 2,7 kg leicht und ausgewogen am Gurt, ohne in eine Richtung abzudriften. Durch die Bodyshapings schmiegt sie sich angenehm an, das vordere Shaping für den Arm jedoch verläuft zum Rand hin wieder parallel mit der Bridge, was cool aussieht, aber nicht ganz den Komfort von abgeflachten Modellen wie bei den Strat-Styles bietet.

Die Verarbeitung ist insgesamt als ziemlich gut zu bezeichnen. Selbst bei Details gibt sich die GTRS keine Blöße und auch die Lackierung ist gut ausgeführt. Lediglich eine minimale Verfärbung am unteren Horn ist sichtbar, wenn man genau hinschaut. Die Bünde sind super eingesetzt und stehen nirgends über, die Griffbrettkante ist für ein angenehmeres Spielgefühl leicht verrundet.

DIGITALE MÖGLICHKEITEN

Die GTRS-Gitarren bieten wirklich viel. Neben der „normalen Gitarre“ als Grundlage sind natürlich insbesondere die Funktionen, die sich hinter dem Super-Knob verbergen, interessant. Man koppelt die Gitarre per Bluetooth mit der App auf dem Smartphone und hat dann Zugriff auf diverse Einstellungen. Zunächst kann man virtuelle Tonabnehmer aus elf anderen Gitarren wählen. Die Auswahl reicht hier von Strat, Tele und Jaguar über Super Strat und Les Paul bis hin zur Akustikgitarre. Der grundsätzliche Sound lässt sich dann noch mit einem EQ versehen und auf einen der Schalterplätze speichern.

Bedienoberfläche der zugehörigen GTRS-App, in der man sich unter anderem die verschiedenen Sounds einstellen kann:

Nun kann man mittels Drucks auf den Super Knob wählen, ob die echten Tonabnehmer, oder die simulierten genutzt werden sollen. Alternativ kann der Button zur Auswahl von Presets genutzt werden. Denn auch eine Amp-/Effektsimulation ist an Bord und erlaubt es, sich einen Signalweg aus Dynamikeffekt, OD/Boost, Amp, Cab, Mod, Delay, Reverb und EQ zusammenzubauen. Natürlich kann man Presets speichern und online mit Gleichgesinnten tauschen.

Wer die GTRS zum Üben nutzen möchte, wird sich freuen, dass Chord Charts, ein Tuner, ein Drumcomputer und ein Looper direkt integriert sind. Und weil Gitarre und Smartphone ja ohnehin schon verbunden sind, kann man auch problemlos Backingtracks über die Gitarre abspielen und dazu jammen. Denn eins der coolsten Features ist, dass man seinen Kopfhörer direkt an die reguläre Klinkenbuchse der Gitarre anschließen kann. So muss man kein weiteres Equipment mehr mit auf Reisen nehmen. Alternativ kann die ganz normale Signalkette aus Effekten, Amp, etc. folgen.

In meinem letzten GTRS-Test konnte ich noch ein paar verunglückte Übersetzungen in der App feststellen. Mittlerweile sind diese alle verschwunden und die weitgehend selbsterklärende App kommt in korrektem Englisch daher.

UND NUN DAS SPIELEN

Ich wundere mich ja noch immer über das geringe Gewicht von nur rund 2,7 kg. Klar geht es noch leichter, aber wenn man bedenkt, dass hier ja noch Hardware zur Signalprozessierung rein muss, ein Akku untergebracht wird, und, und, und … Schon nicht schlecht und absolut Reisegitarren-tauglich!

Was sofort auffällt, ist das sehr gute Setup der Gitarre. Sie ist direkt aus dem Bag heraus richtig gut spielbar, die Saiten liegen sehr flach über dem Griffbrett, ohne dabei jemals zu schnarren. Die Gitarre vermittelt dabei akustisch gespielt ein volles Bild, welches insbesondere in den Mitten ausgeprägt und in den Höhen eher etwas zurückhaltend ist. Zu Beginn des Tests litt sie noch etwas unter Verstimmungen, das gab sich aber nach wenigen Tagen. Es gibt sicher stimmstabilere Systeme, aber ein Negativpunkt ist es noch nicht. Die Aussparung im Korpus hilft sehr dabei, an die Stimmmechaniken zu kommen. Nur beim hohen E ist dann doch etwas Holz im Weg.

Soundcheck, Funktionstest und Resümee auf Seite 2

Produkt: Fender Stratocaster
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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Dass der chinesische Hersteller hier wieder schamlos eine originale Form von Ibanez kopiert, wird leider verschwiegen. Schöpferisches Eigentum sollte gerade in der Kreativbranche respektiert sein. Für mich ist das ein klarer Fall für den “Plagiarius”.

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    1. wir wollen nicht vergessen, das auch Ibanez früher fast den kompletten Gibson Katalog “kopiert” hat und es da einige Prozesse gab. Daher ist gerade der Vergleich, doch etwas fehl am Platze. einfach mal “Ibanez pre law-suit Models” googeln. 👍😉

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  2. Hallo,
    wie verhält es sich denn mit Latenzen in Bezug auf Spielgefühl? ist der Looper bspw. in der App oder in der Hardware der Gitarre? Wie ist das Spielgefühl mit den virtuellen Amps? Wie hängt der Volumeregler an einem angezerrten Amp? Das Konzept klingt auf dem Papier nach dem perfekten Übungsinstrument, aber zum Thema Latenzen und Spielgefühl kein Wort, das ist wirklich sehr schade und alle sander als praxisgerecht.

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