(Bild: Mayones Guitars)
Neues Design, neues Firmenlogo, neuer Ton. Die Edelmarke Mayones erweitert das bisher von sehr runden und organischen Designs geprägte Portfolio mit harten Kanten und Geometrien. Inspiriert von der japanischen Papierfaltkunst Origami soll der ORI Enji modernen Ansprüchen nicht nur genügen, sondern neue Maßstäbe setzen.
Die markante Kombination aus Fächerbundierung und Tonabnehmern im Dreierpack weckt natürlich Assoziationen zum kanadischen Hersteller Dingwall. Umso mehr, da Mayones dem ORI ebenfalls eine 37″-H-Saite verpasst hat.
Es stellt sich also durchaus die Frage, wie ähnlich sich die Modelle tatsächlich sind und ob Mayones das Potential hat, sich mit dem Neuzuwachs als europäischen Standard für extralange Mensuren durchzusetzen. Zumindest im Bereich der härteren Musik scheint das durchaus Ziel des polnischen Unternehmens zu sein.
KONZEPT
Ein roter Faden zieht sich durch die Produktentwicklung des ORI, was bereits im Namen deutlich wird. Während der erste Teil für die Papierfaltkunst Origami steht, ist Enji die japanische Bezeichnung für Wenge. Mayones schreibt dem Holz eine große Bedeutung für die Bildung eines modernen Basssounds zu und setzt es entsprechend ausgiebig ein. Beim Design des Basses hat man sich von den Faltlinien im Papier beim Origami inspirieren lassen.
Tatsächlich macht die Frontseite des Korpus den Eindruck, als hätten gefaltete Geometrien für das Design Pate gestanden. Meiner Meinung nach gelingt dem Design der nicht ganz triviale Spagat zwischen modernem und vertrautem Design. Die Elektronik, die den Namen Musashi Nitōryū trägt, wurde vom Hersteller zwar für den ORI entwickelt, ist mittlerweile allerdings auch in anderen Modellen verbaut worden. Ein besonderes Merkmal dieser Elektronik ist der integrierte Kopfhörerverstärker – dazu später mehr.
(Bild: Mayones Guitars)
Beim Design der Bridge hat man sich angeblich von der Klinge eines japanischen Katanas inspirieren lassen. Mit etwas Fantasie lässt sich in der Linienführung durchaus auch eine leicht gekrümmte Schwertklinge erkennen. Ohne Fantasie lässt sich hingegen die insgesamt elegante und kohärente Abstimmung der Formen erkennen.
Mir gefällt nicht nur die Form, sondern auch die Farbe des Eschekorpus ausgesprochen gut. Durch die hauchdünne Lackierung wird die Farbe geschützt und erhält einen dezenten, edel wirkenden Glanz. Die Maserung bleibt deutlich spürbar, wodurch sich eine wunderbare Haptik einstellt und der Gesamteindruck sehr edel und hochwertig ist. Im Tageslicht zeigt sich ein leichter metallischer Schimmer, der auf Fotos nicht so richtig herüberkommt.
Das namensgebende Wengeholz wurde sowohl für den angeschraubten, dreiteiligen Hals als auch für das Griffbrett verwendet. Insgesamt ergibt sich so ein sehr stimmiges optisches Bild und ein beachtliches Gewicht von 4,5 kg. Damit ist der Bass zwar noch kein Schwergewicht, wohl aber in der schwereren Hälfte des Gewichtsspektrums.
(Bild: Mayones Guitars)
ERGONOMIE
Der ORI ist klar auf moderne Spielbedürfnisse ausgerichtet. Das tiefe Cutaway ermöglicht einen problemlosen Zugang zu allen Lagen. Mit einer Dicke von 23 mm am 12. Bund ist das Halsprofil etwas massiver als bei einigen anderen modernen Instrumenten. Da der persönliche Wohlfühlfaktor hier aber von Mensch zu Mensch stark unterschiedlich ist, erlaube ich mir an dieser Stelle keine Wertung.
Aufgrund des schweren Halses besteht ein deutlicher Hang zur Waagerechten, der aber noch im Rahmen ist und sich mit einem Gurt gut kompensieren lässt. Das Einsetzen der Edelstahlbünde ist gut und ordentlich ausgeführt. Alle Kanten sind gewissenhaft verrundet, sodass es erst bei vollständig abgesenkten Saiten und hartem Spiel zu Schnarren kommt.
Schade finde ich, dass sich die Bridge etwas umständlich bedienen lässt. So wird die Intonation etwa durch das Lockern der Saiten und Verschieben des Schlittens statt mittels einer Schraube realisiert. Auch das Einstellen der Saitenhöhe ist sehr aufwändig, da hierfür die Arretierung des Schlittens gelöst und anschließend jeweils vier Schrauben pro Saite genutzt werden müssen, um die Höhe einzustellen. Das sollte am besten ohne Schräglage des Schlittens erfolgen.
Es gibt gut funktionierende Brücken, bei denen die Saitenlage mit einer Schraube pro Saite eingestellt wird. Bemerkenswert ist außerdem, dass mir die superlange Mensur beim Test gar nicht so aufgefallen ist. Der Bass lässt sich deutlich entspannter greifen als ein zum Vergleich herangezogener Dingwall Combustion 5.
SOUND & ELEKTRONIK
Akustisch klingt der ORI trocken, straff und sehr definiert – kein Wunder bei einer Mensur von 37 Zoll und einem steifen Hals. Elektrisch wird es mächtig: Drei eigens entwickelte Humbucker mit großen Polepieces liefern über einen Drehregler sechs verschiedene Schaltoptionen: Hals solo, Mitte solo, Brücke solo, Hals + Mitte, Mitte + Brücke und Hals + Brücke.
Ihnen allen ist ein mittiger, durchsetzungsfreudiger Grundcharakter gemein, der eher roh als feinzeichnend ist – genau das macht ihn interessant. Im Hochtonbereich liegt der Fokus vor allem auf Biss und weniger auf Brillanz. Einige Pickup-Settings lassen in den unteren Mitten etwas Bauch vermissen, was sich jedoch über den 3-Band-EQ gut kompensieren lässt.
„Hals solo” klingt am organischsten: rund, warm und mit holziger Note. Je nach Spielweise wird es dabei auch angenehm rotzig. Rotzig und knurrig mit leichten Stingray-Anleihen präsentiert sich der PU an der Brückenposition. „Mitte + Brücke” klingt moderner, etwas klinischer, mit leichter Auslöschung in den unteren Mitten, bleibt dabei aber bissig und druckvoll.
Außer für extreme Einstellungen habe ich den in der Überschrift erwähnten Kompressor kaum benötigt. Das Grundprofil des Sounds ist in allen Einstellungen druckvoll und von Haus aus bereits sehr dicht, sodass ich kaum zusätzliche Eingriffe in die Dynamik benötige. Der ORI hat klanglich eine eigene Handschrift. Trotz offensichtlicher Überschneidungen im Konzept mit Dingwall kommt nie das Gefühl auf, einen Nachbau in der Hand zu haben.
Besonders die Pickup-Charakteristik trägt zu dem einzigartigen Klangbild bei. Praktisch: Die aktive Elektronik verfügt über einen integrierten Akku mit USB-C-Ladebuchse sowie einen AUX-In- und einen Kopfhörerausgang. Als Backup kann auch ein 9-Volt-Block genutzt werden. Der Kopfhörerverstärker treibt auch hochohmige Modelle problemlos an und ist damit ideal zum Üben oder Jammen. Ein Adapterkabel liegt bei.
(Bild: Mayones Guitars)
RESÜMEE
Glücklicherweise bezieht sich die einzige echte Kritik am ORI Enji auf einen Bereich, den man im Optimalfall einmalig einstellt und dann für lange Zeit nicht mehr beachten muss. In den anderen Disziplinen – allen voran Optik und Sound – kann das Instrument hingegen gut punkten und sich so nicht nur als Alternative, sondern in vielen Fällen auch als erste Wahl präsentieren.
⊕ Plus
● Design
● Ausstattung und Lieferumfang
● Gut ausbalanciert
⊖ Minus
● Brücke (siehe Text)

(erschienen in Gitarre & Bass 09/2025)