Ein Multieffekt für König Blauzahn

Line6 Firehawk FX im Test

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Mit dem Firehawk FX geht Line6 den entscheidenden Schritt weiter und kombiniert das solide Äußere und die Live-Tauglichkeit eines klassischen Multieffektes mit der einfachen Bedienbarkeit einer App.

Line6 Firehawk FX01

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Ganz neu ist die Idee ja nicht, aber Line6 zieht es konsequent durch und bringt hier zwei Technologien zusammen, die es bis dato in dieser Form (fast) nur einzeln gab. Unter der Haube verbirgt sich gewohnte und bekannte Line6-Technologie, doch das Spannende dürfte das Interface sein. Denn das Gerät wird in erster Linie über eine App bedient, welche per Bluetooth mit dem Firehawk korrespondiert.

Konstruktion

Schick ist es geworden, das Firehawk! Als ich es zum ersten Test auf meinem Schreibtisch platziere, hat sich sogar meine Frau zu einem „sieht ja gut aus“ hinreißen lassen. Die Bedienelemente folgen eindeutig der „weniger ist mehr“- Philosophie, und so wird schnell klar, dass es hier unabdingbar ist, die App zu installieren. Am Gerät selber finden sich Regler für Drive, Bass, Mid, Treble, FX, Reverb und die Lautstärke. Das war’s. Der Rest der Front wird von den 12 Fußschaltern und dem Expression-Pedal, sowie dem kleinen Display eingenommen.

Doch halt: Da gibt es ja auch noch den unscheinbaren Bluetooth-Button. Dieser sorgt für eine Kopplung des Firehawks mit Smartphone oder Tablet. Dazu später mehr. Die Rückseite bietet Anschlüsse für die (Variax-) Gitarre, Kopfhörer, externe (Stereo-) Effektgeräte, ein zweites Expression-Pedal und einen USB-Anschluss für Updates oder Aufnahmen. Das Signal wird wahlweise über XLR- oder Klinkenbuchsen aus dem Gerät geführt. Es kann zwischen „Line Out“ und „Amp Out“ gewählt werden, je nachdem, wie das ausgegebene Format aufbereitet werden soll. Wählt man die Ausgabe über ein Klinkenkabel in einen Amp, so wird Musik, zu der man jammt nicht mit ausgegeben.

Dies bleibt der Ausgabe über „neutralere“ Kanäle, wie XLR vorbehalten. Schon mal Musik über einen Gitarrenverstärker gehört? Genau. Das will man nämlich auch nicht. Das Gehäuse wirkt äußerst stabil und sollte so einiges überstehen. Wie schon von anderen Line6 Produkten bekannt, helfen die farbigen Ringe um die Fußschalter auch auf dunkleren Bühnen sicher bei der Navigation. Und die Farben sehen nicht nur schick aus, sondern dienen tatsächlich dem Zweck der besseren Übersichtlichkeit. Man gewöhnt sich erstaunlich schnell an die Bedeutungen. So steht ein gelbes Leuchten für „Stomp“, Blau für Modulationseffekte, Pink für die Synths, Grün für Delay, Orange für Reverb, Weiß für den Looper und Türkis für den EffektLoop. Und wer sich schon länger mit Line6 beschäftigt wird sich freuen, dass die Farben hier entsprechend der Tradition der Firma übernommen wurden. Ich kann mich noch gut an mein grünes Line6 DL-4 erinnern.

Somit hat man zwar nicht den Luxus, den einem bspw. das Line6 Helix bietet, indem es einem über jedem Fußschalter ein Display bietet, welches genau zeigt, was geschaltet wird, aber dennoch hat man eine grobe Idee, ob man nun ein Delay oder doch den Tube Screamer aktiviert. Das Gerät wird über ein externes Netzteil betrieben, welches selbstverständlich mitgeliefert wird, aber im Gegensatz zum Rest nicht so wirkt, als würde es unbeschadet hunderte von Gigs mitmachen. Ohne tatsächlichen Langzeittest kann dies aber nicht mehr als ein Bauchgefühl sein und gibt daher auch keinen Minuspunkt.

Effekte, Amps, Boxen

Hier kann man aus einem reichhaltigen Angebot schöpfen. Insgesamt 107 verschiedene Amps stehen einem zur Auswahl. 29 davon in der neueren „HD“- Technologie. Kombiniert mit den 25 Boxen ergeben sich eine Menge Möglichkeiten. Natürlich sind auch die üblichen EffektVerdächtigen am Start. So finden sich Distortion, Delay, Modulation, Filter und Reverb-Effekte in reichhaltiger Auswahl. Auch hier wird zwischen HD (25 Stück) und „normal“ (95 Stück) unterschieden. Sogar ein Looper findet sich seit dem Upgrade der Firmware auf Version 1.10.

Praxis

Nachdem ich alles angeschlossen hatte wurden zunächst ein paar Presets erkundet. Diese spiegeln gut wieder, was das Gerät alles kann und bauen oft auf bekannten Sounds/Songs auf. Eine gute Idee um klarzumachen, in welche Richtung es gehen kann. Eindeutige Hinweise, wie „Wind Cries Mary“ oder „Msg in a bottle“ werden wohl die meisten Gitarristen sofort verstehen. Dann gibt es noch die eher sprechenden Namen wie „Ambient Delays“ oder „Americana Clean“, ebenso wie Presets für bestimmte Stilrichtungen mit generischen Namen wie „Metal: Rhythm“. Mir persönlich gefiel der Bereich der relativ pur gehaltenen Amps mit Namen wie „Blackface Double“ oder „Divide 9/15“ gut.

Mit ein bisschen Erfahrung in der Verstärkerwelt weiß man hier sofort, mit was man es zu tun hat und kann darauf aufbauen. Normalerweise bastele ich dann schnell eigene Presets zusammen um die Amp- und Boxensimulationen erst mal „roh“ beurteilen zu können. Doch das ist hier natürlich gar nicht so ohne Weiteres möglich. Zunächst muss einmal die entsprechende Firehawk Remote App heruntergeladen werden. Eine Liste der kompatiblen Endgeräte findet sich auf der Line6-Homepage. Generell sollte aber jedes Gerät mit Android 4.2 oder neuer und Apple Geräte mit iOS ab dem iPhone 4 (also auch die neueren iPads) funktionieren. Nun noch schnell die Geräte per Bluetooth verbinden und schon kann es losgehen.

Line6 Firehawk FX_02

Im Test ergaben sich hier weder mit einem Android Smartphone noch mit einem iPad mini Probleme. Alles läuft reibungslos und die Verbindung wird schnell und stabil aufgebaut. Was macht man nun zuerst? Richtig: Stimmen. Und hier ist die Übertragung der Daten auf das Smartphone sehr fix und dank des (bei meinem Smartphone) großen Displays lässt sich sehr präzise und schnell stimmen. Nun kann es auch endlich mit dem ersten eigenen Preset losgehen. Dabei zeigt sich die App überaus intuitiv, und schnell kommt man zum gewünschten Ergebnis. Hier wird aber auch der Nachteil der Bedienung über BT klar: es geschieht alles mit einer leichten Verzögerung.

Beim Preset-Wechsel ist das erträglich, aber beim Einstellen von Mitten, Drive oder Ähnlichem immer etwas abwarten zu müssen bis der Sound am Gerät nachgeregelt wird, kostet schon etwas Nerven. Ist das Preset dann fertig, lässt es sich auf einem von 128 Speicherplätzen ablegen, und online zur Verfügung stellen. Hier kann man auch schnell auf viele Presets anderer Spieler zugreifen.

Je nachdem in welchem Softwarestand das Firehawk geliefert wird, und welche Bedienungsanleitung – Entschuldigung: Pilot’s Guide – dabei ist, sind manche Funktionen noch nicht implementiert. So habe ich erst beim Herunterladen der neueren Revision E des Handbuchs erfahren, dass es auch einen „Live Edit Mode“ gibt. Dieser erlaubt das editieren von Presets direkt am Gerät, ohne auf ein gekoppeltes Bluetooth Gerät zurückgreifen zu müssen. Hier wählt man per Fußschalter den zu bearbeitenden Block (also bspw. das Delay) an und kann durch die einzelnen Parameter schalten. Klar geht das per App komfortabler, aber es ist ein großer Fortschritt zu den minimalen Nachregelmöglichkeiten, die die frontseitig angebrachten Regler bieten. So dauert es dann zwar länger, wenn man sein Smartphone zu Hause gelassen hat, aber immerhin wird man von der Band nicht gleich wieder nach Hause geschickt, wenn es daran geht, einen neuen Sound zu programmieren.

Das Gerät ist insgesamt klar auf eine einfache Bedienung und das Arbeiten mit festen Presets ausgelegt. Eigentlich braucht man die Bedienungsanleitung zunächst keines Blickes zu würdigen. Ich kenne wenig Geräte, die sich so intuitiv bedienen lassen. Einziger Wermutstropfen in der Bedienung ist die grobe Rasterung des Lautstärke-Potis. Ohne am Smartphone nachzuregeln konnte ich hier gerade beim Kopfhörer-Betrieb nur schwer den Mittelweg zwischen zu laut und zu leise finden.

Klanglich bewegt sich das Firehawk entsprechend seines Preises im Mittelfeld. Es kommt weder an ein Line6 Helix, noch an ein Axe Fx heran, aber das zu erwarten wäre auch vermessen. Die Effekte übertrumpfen in ihrer Klangtreue die Amps und machen richtig Spaß. Und so empfiehlt sich dieses Gerät besonders als Multieffekt vor einem echten Amp und kann hier überzeugen. Es gibt viele gute Presets und die Effekte lassen sich schnell einstellen.

Resümee

Nachdem DigiTech beim IPB-10 wollte, dass man gleich sein ganzes iPad im Multieffekt-Skelett versenkt, wählt Line6 einen etwas konservativeren Weg und schafft mit dem Firehawk ein komplett per App steuerbares Gerät, welches sich eher an Preset-User wendet, die auf „Firlefanz“ wie eine MIDI-Anbindung verzichten können. Hier steht schneller Spielspaß im Vordergrund und dieses Versprechen kann das Gerät auch einlösen. Mir persönlich fehlte manchmal die Möglichkeit, am Gerät selber Details einstellen zu können, aber dies wurde ja bereits nachgebessert. Line6 geht hier den konsequenten Schritt in Richtung eines guten User-Interfaces.

Für den aufgerufenen Preis klingt das Gerät gut und hat auch wenig Konkurrenz, wenn man gerne die gebotenen Features möchte. An anderer Stelle findet man besser klingende Amp-Simulationen, aber die Effekte sind schon ziemlich weit vorne mit dabei.

 

Plus

  • einfache Bedienung
  • Idee
  • Effekte

Minus

  • Rasterung des Volume-Reglers

 

Line6 Firehawk FX_profil

Produkt: Treble Booster im Test
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