(Bild: Dieter Stork)
Über 140 Jahre ist die Firma Gretsch mittlerweile alt, und auch mit Single-Cuts hat man schon lange Erfahrung: Kurz nach der Gibson Les Paul kam 1953 die Duo Jet raus. Die Form taugt auch heute noch, wie das Titelmodell unserer Januar-Ausgabe zeigte – und was kann die Bass-Version?
Der Bass an sich ist nicht neu im Programm, der ehemalige G2220 läuft nach einem Facelift als Jet Club Bass in der Streamliner-Serie.
MEHR NATO, WENIGER AUSGEBEN
Der Korpus ist aus Nato, einem mahagoni-ähnlichen Holz, während der Vorgänger einen Lindenkorpus hatte. Er ist brettgerade, auf Shapings wurde verzichtet. Ich habe die passende Gitarre gerade nicht zur Hand, er sieht mir in der Form aber identisch zur Gitarre aus, so wie Gibson das mit einigen Gitarre/Bass-Duos in ihrer Geschichte auch gemacht hat. Der Singlecut-Body ist rundum in hochglänzendem Vintage White lackiert, außerdem gibt es den Bass noch in Walnut und Havana Burst, mir gefällt das gilbliche Weiß ausgesprochen gut. Die Brücke ist ein Standard-Blechwinkel und wie der Rest der Hardware in Chrom gehalten. Verchromt sind auch die Kappen der auf den Namen „Low Down” hörenden Pickups, die nach Mini-Humbuckern aussehen, tatsächlich aber Singlecoils sind. Geregelt werden sie, anders als beim Vorgänger, in Jazz-Bass-Manier mit zwei Volume- und einem Tone-Regler. Die griffigen, schön retromäßigen Plastik-Potiknöpfe stehen in einem engen Dreieck zusammen. Etwas sehr eng für meinen Geschmack, für die Bedienung des Stegpotis muss man schon etwas Konzentration aufbringen. Rückseitig eröffnet der Blick unter die E-Fachabdeckung das in dieser Preisklasse übliche: etwas lange Kabelwege, einfache Bauteile, aber sonst saubere Verarbeitung. Vorne gibt es noch ein Schlagbrett zu sehen, das in hübschem Tortoise ausgeführt und mit drei Schrauben etwas eleganter befestigt ist als beim Vorgänger.
Neues gibt es auch beim Hals zu entdecken: Dessen Rückseite ist jetzt hochglänzend lackiert, in einem Farbton, der bei schummeriger Beleuchtung fast schwarz wirkt, tatsächlich aber ein transparentes Braun ist. Gebaut ist er statt aus Ahorn jetzt ebenfalls aus Nato. Bei (fast) jeder Beleuchtung gut sichtbar sind dagegen das neue Binding, das das sehr palisanderartig anmutende Lorbeer-Griffbrett einfasst, und die wunderbar gretschigen Thumbnail-Inlays, halbrunde Pearloid-Marker unter der E-Saite. Gekapselte Mechaniken im Gotoh-Stil bringen die Saiten in Stimmung und halten sie da. Etwas kurios am Testbass: Bei der Abdeckung des Stahlstabs fehlt ein Schräubchen. Etwas ärgerlich am Testbass: Im Griffbrett ist hier und da Schleifstaub zu sehen. Wo ich gerade knickerig unterwegs bin: Der Stegtonabnehmer neigt sich etwas dem Steg zu, statt parallel zu den Saiten zu stehen. Davon hört man aber nix. Ansonsten und in der Summe ein für meinen Geschmack sehr schönes Retro-Paket.
Soundcheck und Resümee auf Seite 2 …
(Bild: Dieter Stork)
ENTSPANNUNG AM BASS
Meistens stelle ich Instrumente ja erstmal ein, bevor ich mit ihnen aus dem Haus gehe, aber wenn der Gretsch schon am Probentag kommt, ziehe ich ihn einfach aus dem Karton, packe ihn komfortabel in ein Gitarren-Gigbag, und beglücke meine Jam-Band damit. Die ist meinen immer neuen Testgeräten gegenüber zum einen recht tolerant, zum anderen habe ich ja immer auch noch den ein oder anderen, schon bestens eingestellten Bass im Proberaum parat stehen. Darauf muss ich aber gar nicht zurückgreifen. Ein rutschfester Gurt hilft, die leichte Kopflastigkeit zu zügeln, ansonsten glänzt der Streamliner Jet Club Bass mit einem sehr angenehmen Gewicht von etwas über drei Kilo, und mit direkt guter Bespielbarkeit. Die Bünde sind sauber abgerichtet, der Knochensattel korrekt gekerbt und verrundet, bei niedriger Saitenlage und guter Intonation. Prima – los geht’s!
Mit allen Reglern voll aufgedreht, kommt ein Charakterton aus der Anlage, der einen leichten Mitten-Honk mit diffusem, aber sehr schön füllendem Bass und klaren, den Sound schön konturierenden Höhen einrahmt. Dabei klingen alle Saiten ausgewogen zueinander, sicherlich auch ein Verdienst der ab Werk aufgezogenen D’Addario-Saiten. Mit den Fingern Gezupftes setzt sich holzig durch, ebenso wie Plektrumarbeit, die auch bei etwas härterem Anschlag den Bass nicht zum Überschlagen bringt. Auch weniger geübte Spielerinnen und Spieler bekommen ohne große Anstrengung schon einen guten Ton hin.
Ist die Mittelstellung brummfrei, kommen Singlecoil-typische Nebengeräusche ins Spiel, sobald ich einen Pickup zurückdrehe. Unterschiedliche Mischungen sind dabei gut zu erstellen, erst auf den letzten Millimetern machen die beiden Volume-Potis sprunghaft dicht. Der Halstonabnehmer bringt solo einen tragfähigen, satten Vintage-Ton zustande, eher weich als knallig und bauartbedingt mit gutem, aber nicht gerade ausuferndem Sustain. So nah, wie der Stegabnehmer an selbigem sitzt, verwundert es nicht, dass der Bassanteil sich in Grenzen hält. Dafür gibt es umso mehr Knorz, seine Tragfähigkeit holt der Pickup aus den reichlichen tiefen Mitten. Auch die Höhen kommen nicht zu kurz, der Ton erinnert mich an Radar Love von Golden Earring, bei dem auf der Studioaufnahme der Stegpickup eines Gibson EB-3 zu hören ist (gespielt über einen Fender Twin Reverb). Mit zurückgedrehter Höhenblende wird es knödelig-jazzig und sehr punchig in den Mitten. Mein persönlicher Lieblingssound ist, beiden voll aufgedrehten Pickups etwas die Höhen zu dimmen, und dann den Halspickup leicht zurückzudrehen, so wird der konkrete Mittenpunch vom Stegabnehmer mit weichem Bass unterlegt. Die leicht erhöhte Nebengeräuschanfälligkeit ist dabei für mich aushaltbar, die ist beim großen Jazz Bass auch nicht anders. Kombiniert mit der leichten Bespielbarkeit, der kurzen Mensur, und der guten Tragbarkeit durch das geringe Gewicht, darf die Probe jedenfalls ruhig länger gehen, so schnell geht mir die Inspiration am Jet Club Bass nicht aus…
RESÜMEE
Das Facelift ist dem kleinen Gretsch bestens bekommen. Details wie das Binding ums Griffbrett und die klassischen Einlagen in selbigem machen schon richtig was her, vor allem aber punktet der Streamliner Jet Club Bass neben der schicken Optik mit geringem Gewicht, sehr guter Bespielbarkeit und guten Sounds. Ob als stylischer Erstbass für Anfängerinnen und Anfänger, wertige Schulausstattung, oder als günstige Ergänzung der Basssammlung um einen originellen Shorty – der Gretsch hat für alle was zu bieten. Bis auf Kleinigkeiten am Testbass, die man sich beim Ladenmodell nochmal ansehen sollte, gibt es nichts zu meckern, den aufgerufenen Straßenpreis finde ich fair. Zum persönlichen Antesten empfohlen! ●
PLUS
- Bespielbarkeit
- Spielgefühl
- Retro-Optik
- Gewicht
MINUS
- Kleinigkeiten in der Qualitätskontrolle durchgeflutscht

(erschienen in Gitarre & Bass 04/2025)