Formal bewährt – elektrisch erweitert

Ibanez AZES31 und AZES40 im Test: Student-Models +

Anzeige
(Bild: Dieter Stork)

Mit der kleinen AZES-Standard-Serie will Ibanez vor allem jungen Spielern den Einstieg einfach machen. „Ibanez ist immer bestrebt, unabhängig vom Preis den absolut besten Klang und die beste Handhabung in seiner Klasse anzubieten.“ Dieses forsche Streben wollen wir einmal genauer auf die gebotenen Inhalte hin überprüfen.

Als preisgünstige Ableger der ausgesprochen erfolgreichen Ibanez-AZ-Serie sind in der AZES Standard Series zwei unterschiedlich ausgestattete Modellversionen gelistet: eine Version mit Hardtail-Bridge und String-Through-Body-Saitenhalterung (31) und ein Tremolo-Modell (40).

Anzeige

FORMAL BEWÄHRT – ELEKTRISCH ERWEITERT

Die modernen AZES-Designs folgen im Prinzip der kalifornischen Baumethode mit Schraubhals und drei aufs Pickguard geschraubten Pickups, bieten aber mit dem dyna-MIX8 Switching System eine zweite Klangebene mit erweiterten Möglichkeiten. Von der Konstruktion und den eingesetzten Materialien her sind die beiden Modelle so gut wie identisch. Der mit den üblichen Konturen versehene Korpus beider Modellversionen besteht aus Pappelholz. Der mit vier versenkten Schrauben ohne Platte im abgerundeten Aufnahmebereich des Halses (All Access Neck Joint) angedockte und mit Satinlack versiegelte Hals aus Ahorn wurde mit einem Griffbrett aus Jatoba mit 10″ Radius kombiniert. Jatoba (bot. Hymenaea) ist ein südamerikanisches Tropenholz, das in Farbe und Struktur durchaus dem Palisander ähnelt. 22 mittelstarke Bünde zeigen klaglos saubere und kantenrunde Verarbeitung; Dot Inlays markieren die Lagen.

Lackierte Kopfplatte mit Schlitzkopfmechaniken (Bild: Dieter Stork)

Von den Mechaniken mit Schlitzkopf auf der parallel herausgeführten, frontseitig klar lackierten Kopfplatte aus laufen die über einen Kunststoffsattel geführten Saiten mit einer Mensurlänge von 635 mm hinüber zu ihren unterschiedlichen Bridges am Korpus. Die AZES31 kommt mit der F-106 Hardtail Bridge inklusive Strings-thru-Body-Saitenhalterung, und die AZES40 kommt mit der T-106 Tremolo Bridge. Beide verfügen über individuell verstellbare Bugblechreiter von erfreulich gratfreier Oberfläche.

AZES40 mit SSH-Bestückung; AZES31 mit drei Singlecoils (Bild: Dieter Stork)

Die Elektrik der AZES31 umfasst ein Set „Ibanez Essentials Single Coil Pickups“ mit keramischen Magneten; die AZES40 bietet diese Singlecoils in der Hals- und Mittelposition, aber am Steg sitzt der Accord Humbucker (ebenfalls keramischer Magnet). Wie bei den beliebten AZ-Gitarren lassen sich die Pickups über einen 5-Weg Schalter und den Alter Switch für das Switching System vielfältig konfigurieren – ein erstaunlicher Bonus in dieser Preisklasse. Zur generellen Verwaltung stehen noch jeweils ein Volume- und ein Tone-Regler zur Verfügung.

Die Gitarren wurden mit achtbar hohem Industriestandard in Indonesien erstellt und lackiert – und sie kamen auch tadellos eingestellt zum Test.

BUDGET-INSTRUMENT – ZEITGEMÄSS AUFGEPOPT

Die beiden AZES-Modelle sind sich strukturell sehr ähnlich. Beide kommen mit ihren identischen Hölzern auch auf das gleiche Gewicht von knapp 3,2 kg. Unterschiede finden sich lediglich in ihren Bridges und der unterschiedlichen Pickup-Bestückung. Naja, auch in der Farbe noch.

Die Hälse sind zwar nicht ganz so elegant ausgeformt wie jene der AZ-Modelle, aber immer noch gut geschnitten. Der Hals der AZES40 ist eine Spur dicker im Vergleich, was aber aus spielpraktischer Sicht kaum ins Gewicht fällt. Das dicht strukturierte Griffbrett macht einen hochwertigen Eindruck, und auf ihm spielt es sich nicht anders als auf einem aus Palisander.

Bedeutsam: Die Mensur der AZES-Modelle von 63,5 cm bewegt sich unterhalb des gewohnten AZ/Fender-Standards von 64,8 cm. Das macht den Zugang mit etwas geringerem Saitenzug etwas leichter, bewegt sich aber durchaus auch noch in professionellem Rahmen (bei PRS etwa ist sie Standard).

Von der elektrischen Seite her beeindrucken beide AZES-Modelle mit sehr direkten und offenen Sounds, die den kraftvoll übertragenden Essentials-Pickups mit ihren keramischen Magneten zu danken sind.

Schaltmöglichkeiten der AZES31 (Bild: Ibanez)

AZES31: Die drei Pickups der Hardtail-Variante sind zunächst einmal von vollkommen ausgeglichenem Output. Die von ihnen herausgegebenen, leicht glasigen Sounds differenzieren sich durch ihre Positionierung. Der Hals-Pickup vermittelt ein transparentes Klangbild im Akkord mit knackigen Bässen und offensiven Höhen. Vom jazzy Comping mit leichter Abregelung per Tone-Poti bis hin zu singenden Leads im Overdrive reicht hier das Angebot. Der Singlecoil in der Mitte tönt positionsgemäß heller, zeigt aber auch diese crispe Auflösung – Tendenz funky! Obwohl allein durchaus nützlich, macht er, wie prinzipiell immer bei der SSS-Konfiguration, in Kombination mit seinen nördlichen und südlichen Kollegen darüber hinaus dann noch hohen Sinn. Die in den Zwischenpositionen angelegten Kehl-Sounds können sich nämlich durchaus hören lassen. Schön dann auch noch die Kombinationsmöglichkeit von Hals- und Steg-Pickup – Alter Switch Position 3. Frech und bissig präsentiert sich dann noch der Steg-Pickup. Auch wenn hier dynamische Feinheiten nicht unbedingt zu haben sind, so punktet er durch knochig-drahtigem Twang und schneidet mit Präsenz und scharfer Kralle durch jeden Band-Mix und punktet auch auf der zweiten Ebene mit verdichtetem, durchsetzungsfähigem Sound. Unten mehr zum alternativen dyna-MIX8 Switching System.

Schaltmöglichkeiten der AZES40 (Bild: Ibanez)

AZES40: In der Version mit Vibrato finden wir den Humbucker in der Stegposition. Auch wenn wir von Hals- und Mittel-Pickup vergleichbare Klangangebote bekommen, nimmt der Humbucker in dieser Gitarre im Grunde die zentrale Position ein und stellt natürlich auch den kraftvolleren und kompakteren Sound zur Verfügung, welcher zumindest für alle High-Gain-Einstellungen die richtige Wahl ist. Er bleibt übrigens in beiden Schaltebenen unverändert – gut z. B., um, von welcher zuvor gewählten Position auch immer, mit einem Handgriff in die Vollen zu gehen. Fette Powerchords und singende Sololinien sind mit ihm locker ins Werk zu setzen, auch wenn letzte klangfarbliche Delikatesse und dynamische Beweglichkeit im engeren Sinne mit ihm natürlich nicht zu haben sind.

Er macht übrigens auch im Clean-Kanal eine durchaus ordentliche Figur und sorgt darüber hinaus durch unterschiedliche Schaltkombinationen beim dyna-MIX8 Switching System für etwas andere Sounds. Beim vorliegenden Modell hat man versehentlich einen falschen Vibratohebel beigelegt, sollte in der Regel nicht der Fall sein. Mit einem der meinen erwies sich das T-106 Tremolo als leidlich nutzbar. Maßvolle Modulationen gehen noch ganz gut, aber starke Tonverbiegungen werden, vor allem wohl wegen der Reibungspunkte von gleich zwei Saitenniederhaltern, mit deutlichen Verstimmungen quittiert.

dyna-MIX8 Switching System mit Alter Switch (Bild: Dieter Stork)

DYNA-MIX8 SWITCHING SYSTEM: Die per Alter Switch leicht aufzurufene zweite Klangebene der AZES-Modelle hält nun noch eine ganze Palette von schalttechnischen Tricks und entsprechenden Sounds bereit. Neben verschiedenen Kombinationen der Spulen sind dabei auch deren serielle Verschaltungen zu finden (die oben abgebildeten Schaltschemata geben dazu eine Übersicht). Jedenfalls tut sich hier ein Füllhorn von interessanten Klangvarianten, z. T. auch sehr spezieller, auf, die an dieser Stelle gar nicht umfassend zu beschreiben sind. Es gibt dabei aber auch feste Positionen, Klänge die in beiden Ebenen erhalten bleiben, wie der Humbucker in der AZES40 oder die klassischen Zwischenpositionen bei der AZES31. Hervorzuheben ist vielleicht noch die schöne Kombinationsmöglichkeit von Hals- und Steg-Pickup bei beiden Versionen: bei der AZES31 in Pos. 3, im Fall der AZES40 mit Coil Split des Humbuckers in Pos. 2. Die Klangstaffelungen sind intuitiv umgehend erfasst, schnell findet man seine Sounds. Ansonsten möge sich jeder Interessent bitte selbst ein Bild machen, ob er nun einfach mehr Brett will, oder doch eher dem schnittigen Charme des Tele-Twang erliegt. Ein enormer Bonus, zusätzlich zu den kraftvollen Grund-Sounds beider Gitarren, ist das Switching System aber auf jeden Fall.

RESÜMEE

Mit Anleihen bei den beliebten AZ-Modellen stellen die schlicht, aber profund gemachten Modelle AZES31 und AZES40 nicht nur komfortable Spielbedingungen dank gut geschnittener Hälse mit tief eingerichteter Saitenlage und kürzerer 63,5 cm-Mensur zur Verfügung, sondern erweisen sich auch als elektrisch kompetent und wandelbar. Die keramischen Pickups bieten zwar nicht die ganz große dynamische Bandbreite, klingen aber durchaus gut und sorgen mit der ihnen eigenen leichten Tonerzeugung für ungezwungenen Zugang zum Metier. Man muss also nicht um jeden Ton kämpfen, was gerade am Anfang der gitarristischen Karriere hilfreich ist (quälen kann man sich ja später noch lang und redlich). Zudem ist auch noch die klangliche Vielfalt der AZES-Modelle über das dyna-MIX8 Switching System als Plus im unteren Preissegment zu rechnen. Also: in dieser preiswerten Tüte ist viel Gutes drin, damit kann der oben erhobene Anspruch klar erfüllt werden. Verständlich, dass die Dinger weggehen wie warme Semmeln.

PLUS

  • Design
  • Schwingverhalten
  • Pickups
  • dyna-MIX8 Switching System
  • Soundvielfalt
  • Spieleigenschaften
  • Handhabung
  • Verarbeitung

MINUS

  • eingeschränkte Vibratofunktion


(erschienen in Gitarre & Bass 04/2022)

Produkt: Testbericht: Yamaha SG1801PX Phil X Signature
Testbericht: Yamaha SG1801PX Phil X Signature
Die Yamaha SG1801PX Phil X Signature im Test von Gitarre & Bass!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Das könnte dich auch interessieren