Hagstrom Viking Bass im Test

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Halbakustik-Bass von Hagstrom, schwarz, liegend
(Bild: Dieter Stork)

 

In den Anfängen des Rock & Roll und der Beat-Musik waren Halbresonanz-Bässe eine feste Größe. Doch mit den wachsenden Auditorien wurden auch kräftigere Verstärkeranlagen benötigt und das bedeutete das vorläufige Ende dieser schönen, aber Feedback-anfälligen Instrumente.

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Dabei findet man hier durchaus positive Eigenschaften, die bei einem Solidbody so nicht vorhanden sind, wie etwa die akustische Klangfarbe und ein Anschlagverhalten, das an einen Kontrabass erinnert. Der Siegeszug von Brettinstrumenten war dennoch nicht aufzuhalten, denn Unempfindlichkeit auf der Bühne und beim Transport, konkrete Tondefinition und eine Eliminierung von ungewollten Feedback-Orgien sprachen eindeutig für Solidbodies.

Hagstrom war in den Anfängen der Beat- und Rock-Musik ein renommierter Hersteller von hochwertigen Musikinstrumenten. Von 1965 bis 1971 produzierte die schwedische Firma einen Halbresonanzbass, den Concord-Bass, eine viersaitige Version der Viking Gitarre. Logisch war der damalige Modellname zwar nicht, aber dafür heißt das vorliegende Modell jetzt, passend zur namensgleichen Gitarre, Viking Bass. Der Korpus blieb fast unverändert, allerdings hat der Viking eine andere Kopfplatte als der damalige Concord erhalten, der noch mit einem Fender-artigen Headstock versehen war. Auch im Bereich Konstruktion und Hardware zeigt sich der Viking trotz aller Vintage-Zitate als modernes eigenständiges Instrument.

 

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(Bild: Dieter Stork)

 

Konstruktion des Hagstrom Viking Bass

Ein Halbresonanzbass ist in der Herstellung wesentlich aufwendiger als etwa eine einfache Brettgitarre, dafür sieht er aber auch klassischer und imposanter aus. Der Viking bildet da keine Ausnahme. Der nahezu symmetrische Halbresonanz-Korpus macht optisch einen sehr erwachsenen Eindruck.

Dabei handelt es sich hier um ein Shortscale-Instrument mit einer 78-mm-Mensur. Der eingeleimte Hals aus kanadischem Ahorn trägt ein Resinatorwood-Griffbrett mit 21 akkurat entgrateten und auf Hochglanz polierten Bundstäbchen. Halsrückseite und Kopfplatte sind ebenso wie der Body deckend hochglanzlackiert. Der Korpus ist nicht gänzlich hohl, denn in der Mitte des Bodys sitzt ein Sustainblock. Durch diesen werden Ansprechverhalten und Sustaineigenschaften optimiert und die Rückkopplungs-Empfindlichkeit reduziert. Allerdings ist der Akustikton bei dieser Bauweise nicht ganz so voll und laut wie bei einem Vollresonanzbody.

Decken und Boden des Viersaiters sind gewölbt, bestehen aus Ahorn-Sperrholz, und sind, ebenso wie F-Löcher und Griffbrett, von einem Kunststoff-Binding eingefasst. Blockförmige Perloid-Griffbrett-Einlagen unterstreichen nicht nur eine feine Vintage-Anmutung sondern erleichtern die Orientierung auf dem Griffbrett. Auch der leicht nach hinten abgewinkelten Kopfplatte hat man ein Perloid-Binding gegönnt.

Von den gekapselten Hagstrom-Tunern laufen die Saiten über den selbstschmierenden Graphit-Sattel zur verchromten Brücke. Wie es sich für ein klassisches Halbresonanz- Instrument gehört, sind beim Viking Saitenhalter und Steg getrennt. Dabei liegt der solide, trapezförmige Saitenhalter von Hagstrom nicht auf der Decke auf, sondern ist in der Zarge festgeschraubt. Der in Gewindebuchsen auf der Decke stehende massige Metallsteg erlaubt durch die separaten Saitenreiter eine exakte Einstellung der Oktavreinheit und garantiert eine saubere Sustainübertragung ohne Klappergeräusche.

Elektrisch arbeitet der Viking Bass rein passiv. Direkt am Halsende sowie in mittiger Position sitzt je ein Humbucker mit einer interessanten Kappe. Diese ist nämlich dem Concord Modell entliehen und erinnert stark an die Scherfolie eines elektrischen Rasierapparates. Beide Tonabnehmer sind in schwarze Kunststoff-Rähmchen montiert, die vorzüglich zu der schwarzen Lackierung passen. Das Bedienfeld umfasst zwei Master-Volume-Regler und zwei passive Tonblenden, sodass alle Mischungsvarianten stufenlos einstellbar sind. Im oberen Teil des unteren Cutaways befindet sich ein sechsstufiger Drehregler der verschiedene Pick-Up-Einstellungen anbietet.

Lack- und Holzverarbeitung des an den Zargen 46 mm tiefen Halbresonanzbodys sind makellos und sauber ausgeführt. Zudem schützt ein Schlagbrett den Korpuslack beim Plektrumspiel vor Kratzern.

 

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(Bild: Dieter Stork)

 

Praxis

Beim Handling zeigt sich der Shortscale-Bass von seiner allerbesten Seite. Ohne dass man den Arm sonderlich ausstrecken müsste, liegen selbst die tiefsten Lagen in angenehmer Nähe. Der Viersaiter spielt sich wie von selbst, auch schwierigste Bassriffs gehen sicher und mühelos von der Hand. Der Hals besitzt ein D-Profil, ist griffig und verbindet durch das breite Griffbrett akkurate Bespielbarkeit mit Komfort. Von einem Hagstrom kann man dies auch verlangen, schließlich galten schon die alten Instrumente mit ihrem damals noch sehr flachen Halsprofil als superflinke Instrumente. Das maßvolle Gewicht von 3,8 kg macht den Viking zu einem komfortablen Arbeiter, den man auch einige Stunden entspannt tragen kann. Ein ergonomisches Shaping kann man wegen der Halbresonanzbauweise allerdings nicht erwarten. Der Arm, der auf dem harten Korpusrand aufliegt, muss sich erst einmal daran gewöhnen, aber dann spielt sich der Viking im Sitzen sehr bequem. Auch am Gurt ist der Viking etwas gewöhnungsbedürftig. Der obere Gurtknopf sitzt am Halsfuß auf der Korpusrückseite, und das hat eine für diese Bauweise typische Kopflastigkeit zur Folge. Durch das Auflegen des Unterarms auf den großen Korpus kann man hier aber gezielt entgegenwirken und das leichte Instrument in jeder gewünschten Haltung fixieren.

Trocken gespielt präsentiert sich der mit Roundwound-Saiten bespannte Viking mit einem kernig knurrenden Grundton und drahtiger Präsenz. Unerwartet lang fällt das obertonreiche Sustain des Viersaiters aus, das dem drahtbetonten Akustik-Sound beisteht. Ein präzises und direktes, aber nicht überbetontes Ansprechverhalten bringt einen druckvollen, gut konturierten und präsenten Ton herüber, dem man zwar die Hohlkammern im Body anhört, der aber nichts mit 60er-Jahre-Gemütlichkeit zu tun hat. Im elektrischen Zustand sorgen zwei Humbucker für eine kraftvolle Tonabnahme. Sie übertragen den charaktervollen Mittenbereich mit einem runden, tragkräftigen und dichten Ton ohne metallische Schärfe und liefern ein großes Repertoire an drückenden und saftigen Vintage-Sounds. Für dessen Verwaltung ist ein 6-stufiger Pickup-Drehschalter zuständig. Bei den ersten drei Einrastungen werden kräftig zupackende Humbucker-Sounds angeboten, die sich bestens für die Durchsetzungskraft im Band-Gefüge eignen. Bei den restlichen drei Einstellungen sind durchsichtige und offene Singlecoil-Sounds abrufbar, die sich eher für den Solo-Betrieb anbieten. In allen Fällen bleibt der Viersaiter souverän und liefert überzeugende Resultate.

Trotz aller positiven Grundeigenschaften ist der Viking natürlich nicht frei von speziellen Eigenarten. Wie es sich für einen Shortscale-Bass gehört, sind richtige Tiefbässe nicht wirklich vorhanden, obwohl der verstärkte Sound eigentlich fett und tragfähig ist. Besonders bei der tiefen E-Saite zeigt es sich, dass hier im Vergleich zu einem Longscale die Bässe etwas flacher daherkommen. Allerdings sorgen die reichlichen Tiefmitten dafür, dass das Fehlen der Tiefbässe nicht sonderlich auffällt. Rückkopplungs-Empfindlichkeit ist ein weiterer Bereich, der konstruktionsbedingt nicht zu vermeiden ist.

Hier zeigt sich der Viking zwar weniger anfällig als ein normaler Halbresonanzbass ohne Sustainblock, dennoch sollte man mit großen Lautstärken vorsichtig sein, da sich ein Dröhnen nicht immer vermeiden lässt.

 

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(Bild: Dieter Stork)

 

Resümee

Der Viking ist ein eleganter, klangstarker und mit feinen Bauteilen versehener Viersaiter. Das Instrument wirkt inspirierend und dürfte vor allem (Klang-)Ästheten ansprechen. Punk, Heavy Metal und jegliche mit brutaler Lautstärke verbundene Musik sind hingegen nichts für den schöngeistigen Viking. Auch Slapper sind, logischer Weise, anderweitig besser aufgehoben, und wer knackig harte, breitfrequente HiFi Sounds sucht, wird mit einem Solidbody auch glücklicher werden. Jazz, Ambient, Beat, Pop … es gibt viele Musikrichtungen, wo dieser kultivierte Viersaiter einsetzbar ist. Gute Verarbeitung, beste Hardware und eine erstaunliche Klangvielfalt sind überzeugende Argumente für einen bildschönen Bass, dem man seinen günstigen Preis nicht ansieht.

 

Übersicht

Fabrikat: Hagstrom

Modell: Viking Bass

Typ: viersaitiger E-Bass mit Halbresonanzkorpus

Herkunftsland: China

Mechaniken: verchromt; geschlossene Stimmmechaniken, Tune-o-matic Hagstrom-Trapez-Steg, konventionelle Gurthalter

Hals: eingeleimt; Ahorn

Griffbrett: Resinatorwood

Halsbreite: Sattel 41,25 mm; XII. 55,66 mm

Bünde: 21

Mensur: 781 mm, Shortscale

Korpus: Ahorn

Oberflächen: hochglänzend lackiert

Tonabnehmer: passiv; 2x Vintage-Hagstrom-Bass Humbucker

Elektronik: passiv

Bedienfeld: 2x Volume, 2x Tone, 6-stufiger Pickup-Wahlschalter

Saitenabstände Steg: 18,14 mm

Gewicht: 3,8 kg

Lefthand-Option: nein

Vertrieb: Musik Meyer

35041 Marburg

www.musik-meyer.de

Zubehör: Koffer oder Deluxe Gigbag

Preis: ca. 649

 

Plus

  • Optik
  • Klangverhalten
  • Vintage-Sounds/Sound-Varianten
  • Bespielbarkeit
  • Verarbeitung
  • Preis/Leistung
Produkt: Gitarre & Bass 7/2023
Gitarre & Bass 7/2023
IM TEST: Magneto Guitars Eric Gales Signature RD3 +++ Lenz Hot Chili Tube-Head +++ Marshall Guv’nor, Drivemaster, Bluesbreaker, Shredmaster Reissue Pedals +++ Glockenklang Blue Bird Bass-Amp +++ Fender Gold Foil Jazz Bass +++ Walrus Audio Fundamental Reverb und Delay +++ Blackstar Debut 50R Gitarren-Combo +++ Epiphone Adam Jones Les Paul Custom Art Collection +++ Boss Waza-Air Bass Headphones

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