More is more!

Dreifach Modulation: Eventide TriceraChorus im Test

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(Bild: Dieter Stork)

Die Achtziger sind zurück und haben nach ihrem Rack-Chorus gefragt. In der Zeit, in der Föhnfrisuren obligatorisch waren und Spandexhosen entweder Tigerstreifen in Neonfarben oder einen klassischen Leopardenfell-Look hatten, war es natürlich ebenso angesagt, einen dreifachen Chorus zur Verbreiterung des Stereobildes zu nutzen.

More is more! – das war schon damals die Devise und das altbekannte Dreifach-Chorus-Konzept wird nun von Eventide im Rahmen der dot9-Serie, aus der schon das Blackhole (Test in Ausgabe 12/2020), MicroPitch und auch des UltraTap (Test 06/2021) hervorgegangen sind, neu aufgelegt.

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Mit ein paar zusätzlichen Features, die einfach in ein modernes, digitales Effektgerät, integrierbar waren, übertrifft sich Eventide nun selbst und bringt mit dem TriceraChorus den wohl sattesten Chorus-Sound seit dem Aussterben der Dinosaurier auf die Pedalboards der Gitarristinnen und Gitarristen.

TRIREO?

Dreifach-Chorus-Effekte funktionieren so richtig gut im Studio oder in einem Stereo-Rig und bieten tatsächlich relativ wenig Mehrwert in Setups, die monaurale Signale ausgeben. Das liegt einfach daran, dass bei einem Tri-Chorus sowohl eine leichte Schwebung und Modulation auf beiden Kanälen gleichzeitig zu gleichen Anteilen – also genau mittig im Stereobild – erzeugt wird, als auch ein jeweils separater Chorus nur für den linken, wie auch ein dritter Chorus, nur für den rechten Stereokanal generiert wird.

(Bild: Dieter Stork)

Dennoch kann der Eventide TriceraChorus selbstverständlich auch mono genutzt werden. Stirnseitig, neben dem Schalter für zwei unterschiedliche Eingangsempfindlichkeiten für Instrumenten- und Line-Signale, befindet sich hierzu ein Mono/Stereo-Schalter. Zum Test des Pedals empfiehlt sich jedoch ganz klar ein Stereo-Setup, denn nur so wird wirklich klar, warum Tri-Chorus-Sounds schon damals so angesagt waren.

BEDIENELEMENTE

Der TriceraChorus wirkt mit seinen sechs großen Potis und seinen zwei Tastern zunächst überschaubar, aber die Bedienung hat es in sich. Mit dem ersten Poti oben links wählt man einen der drei Chorus Typen – Chorus, Vibrato und Chorale – aus und regelt den Mix. Weiter geht es mit eigenständigen Potis für Rate und Detune. In der zweiten Reihe befinden sich mit den Potis für Left, Center und Right die drei Einzeleffekt-Lautstärkeregler, die zusammen das Tri-Chorus-Gesamtklangbild ergeben.

(Bild: Dieter Stork)

Um jedem Poti gleich zwei Funktionen zuordnen zu können, befindet sich rechts oben neben der ersten Regler-Reihe ein kleiner Taster, der aufleuchtet, wenn man ihn betätigt hat. Nun kann man mit den sechs Potis folgende Parameter regeln:

  1. den Envelope-Mix für die Chorus- und Chorale-Effekte, der auch in den Pitchshifter eingespeist wird,
  2. die Geschwindigkeit der LFO-Modulation,
  3. die Verstimmung der beiden Pitch Shifter auf den Modulationen links und rechts um jeweils null bis maximal vierzig Cent (allerdings zwingend in gegensätzliche Richtungen),
  4. eine Vorverzögerung des Chorus-Signals um bis zu zweihundert Millisekunden,
  5. einen High- oder Low-Cut-Filter des Modulationssignals, der zum Beispiel sinnvoll beim Einsatz des TriceraChorus mit Bässen ist ,
  6. die Gesamtlautstärke aller Chorus-Signale, sowie des trockenen Instrumentensignals.

Der Taster links aktiviert und deaktiviert den Effekt, und der Swirl-Taster aktiviert einen zusätzlichen Stereo-Phaseshifter, der auf die Chorus-Schwebung links und rechts wirkt und dieses Stereopanorama nochmals durch zusätzliche Modulation verbreitert. Man darf die Swirl-Funktion somit als oftmals relativ subtil wirkenden „Muss noch doller!“-Taster verstehen.

Beide Fußtaster zusammen können allerdings auch eine Zusatzfunktion erledigen, denn wenn man den Swirl-Taster etwas länger nach unten drückt, kommt man in den Preset-Modus und kann durch mehrfaches Betätigen des Swirl-Tasters eines der fünf Presets, die auch visuell nachvollziehbar durch fünf kleine LEDs angezeigt werden, auswählen. Der Activate-Switch dient dann zum Aufrufen und Aktivieren dieses gewählten Speicherplatzes.

Wem diese grundsätzliche Bedienung schon zu komplex erscheint, dem sei gesagt, dass es zudem noch ein Midi-Mapping mit 127 Speicherplätzen, eine umfangreiche Expression-Pedal-Einbindung und diverse Einstellungsoptionen für Bypass-Modi wie auch Midi-Kanäle und Midi-Clock gibt. Dazu kommen noch Bedienhilfen wie der „Catch Up Modus“, der verhindern soll, dass man beim Drehen eines Potis schlagartige Sprünge des Parameters erfährt, den man gerade einstellen möchte. Selbstverständlich stellt Eventide auch eine Remote-Software, mit der man vom Rechner aus Presets verwalten kann und die Firmware des Pedals auf dem neuesten Stand halten darf, bereit.

PRAXIS

Typisch für Eventide-Chorus-Sounds sind die oftmals komplexen, beinahe etwas aufdringlichen Modulationen. Auch im Tricera ist das nicht anders. Subtile Klänge, wie sie der hauseigene Vintage Chorus im Eventide H9 erzeugt, sind mit dem TriceraChorus zwar durchaus erzielbar, aber man braucht schon etwas Zeit und Disziplin beim Erstellen des Presets, um nicht über das Ziel hinaus zu schießen. Zu schnell wirkt die Dreifach-Modulation synthetisch, kalt und geschmacklos überladen und leider lädt die Bedienung des Pedals geradezu dazu ein, zu übertrieben.

Legt man es jedoch im Studio darauf an, ein bereits aufgenommenes Signal mit einem solch potenten Pedal direkt im Mix zu bearbeiten, so ergibt die großzügige Auswahl der Parameter wirklich Sinn, denn mit dem Pitch Shifter allein lässt sich das trockene Signal sehr genau in den Mix einfügen. Eine subtile Verstimmung der beiden Stereo-Kanäle zueinander, mit sehr dezenter, gegenläufiger Modulation der beiden Seiten zueinander, resultiert oftmals in einer anderen, räumlichen Positionierung des Signals im Mix, und mit etwas Fingerspitzengefühl lässt sich dem TriceraChorus tatsächlich ein ähnliches Klangbild entlocken, wie man es sonst vom Roland Dimension D Chorus kennt.

Auch für Progressive-Rock-Bands, die detailverliebt an ihren Bühnensounds arbeiten, kann der TriceraChorus – sogar in mono – eine ganze Palette nutzbarer Presets anbieten. Die Idee, alles von einem ganz subtilen Vibrato, über traditionelle Chorus-Klangfarben und moderne, aufdringliche Farben zur Hand zu haben und diese dann mit der Swirl Funktion und den nutzbaren Presets in der Intensität der Modulationseffekte im Songverlauf anpassen zu können, drängt sich beim Eventide TriceraChorus geradezu auf.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Für Geeks, Sound-Tüftler, Studiobetreiber, Progressive-Rock-Nerds und technikbegeisterte Gitarristinnen und Gitarristen stellt Eventide das vermutlich detailverliebteste Chorus-Pedal, das derzeit am Markt erhältlich ist, vor. Viel genauer als beim TriceraChorus kann man einen Modulationseffekt in allen seinen Parametern kaum beeinflussen.

PLUS

  • einzigartige Sounds
  • fünf Presets direkt anwählbar
  • Swirl-Funktion
  • 127 Speicherplätze via Midi

MINUS

  • komplexe Bedienung


(erschienen in Gitarre & Bass 12/2021)

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