Britische Wurzeln

Digbeth zum Mitnehmen: Laney DB-Pre im Test

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(Bild: Dieter Stork)

Top und Box aus der neuen Amp-Reihe von Laney konnten wir euch ja schon im Novemberheft präsentieren, diesmal ist ein hochinteressanter Preamp dran, der den Digbeth-Ton sehr erschwinglich und maximal transportabel macht.

BRITISCHE WURZELN

Ganz bezaubernd ist das schmucke Kästchen, was ich aus dem unscheinbaren Karton hole. Der erste Eindruck ist solide, die Potiachsen sind verschraubt, die Schalter rasten ordentlich ein. Dazu gibt es ein hübsches Design, die Front ist unauffällig mit einem Union Jack unterlegt, das Digbeth-Logo – bei Amp und Box auf die Rückseite verbannt – prangt hier im Stile Viktorianischer Straßenschilder.

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(Bild: Dieter Stork)

Als Understatement kann man auch die graue Beschriftung und die silbernen Knöpfe ansehen, die sich an ihrem geriffelten schwarzen oberen Teil gut greifen lassen. Die Les- und Ablesbarkeit ist recht gut, solange das Licht gut und das Pedal nicht zu weit weg ist, im Dämmerlicht des Bühnenbodens sieht man nicht mehr viel davon. Der Bedienung tut das keinen Abbruch, denn die ist recht übersichtlich gestaltet und schnell drin. Rechts liegen die Eingänge für den Bass, mit passiv und aktiv für normale und pegelstärkere Instrumente ausgelegt. Links ist schon ein erster Ausgang, der das Eingangssignal unbeeinflusst ausgibt.

(Bild: Dieter Stork)

Die Stirnseite hat zunächst den Anschluss für das optionale Netzteil zu bieten. Das muss den üblichen Stecker und die übliche Polung haben und nur 100mA zur Verfügung stellen können, ein Batteriebetrieb ist nicht vorgesehen. Kopfhörerausgang und Aux In, jeweils in Miniklinke, machen aus dem Pedal eine Übezentrale für zuhause oder fürs Hotelzimmer. Der XLR-Ausgang ist dagegen mit einem Pre/Post- und einem Groundlift-Schalter für Bühne oder Recording bestens vorbereitet.

Auf der linken Seite geht es per Klinke an die Anlage, außerdem liegt hier noch ein Einschleifweg. Zweikanalig, mit einer gemeinsamen Klangregelung, ist der Preamp ausgelegt. Der EQ ist vierbändig mit Bass, tiefen Mitten, hohen Mitten, und Höhen. Der Lo-Mid-Regler kann dabei mit einem dreifach Minischalter in seiner Charakteristik umgeschaltet werden. Stellung 1 wählt dabei die tiefste Frequenz recht schmalbandig an, Stellung 2 eine höhere, breitbandige, Stellung 3 die höchste Frequenz wieder schmalbandiger. Mit dem Poti, das wie alle Klangregler in der neutralen Mitte einrastet, kann die gewählte Frequenz dann angehoben oder abgesenkt werden. Ebenfalls klangbeeinflussend – und wie wir noch sehen werden, sehr massiv – ist der Tilt-Regler oben links in der Ecke. Den kann man sich als Klangwaage vorstellen, die aus der Mittelstellung gegen den Uhrzeigersinn den Ton immer mehr Richtung Bass verschiebt, im Uhrzeigersinn dagegen Richtung Höhen.

Zwei grundsätzliche Klangebenen hat das Pedal zu bieten. Die FET Volume regelt die „normale“. Feldeffekttransistoren sagt man ein klares und warmes Klangbild nach, das sich, hart angespielt, röhrenähnlich verhalten soll. Noch mehr Röhre verspricht der zweite Kanal, bei dem Drive die (mögliche) Zerre regelt, während Volume logischerweise die Ausgangslautstärke vorgibt. Von dem Schock, auf einem so britisch geprägten Pedal, den Amerikanismus Tube statt Valve zu lesen, muss ich mich kurz erholen. One moment, please.

DIGBETH FÜR ALLE!

So. Weiter geht’s. Die beiden Fußschalter führen ein Doppelleben, jeweils gekoppelt an die beiden äußeren Minischalter. Tube (tsss…) schaltet entweder zwischen FET und Tube hin- und her, oder schaltet im Mix-Modus dem permanent aktiven FET-Kanal den Tube-Kanal zu. Bypass/Mute schaltet entweder zwischen dem unbearbeiteten Basssignal und dem Preamp-Sound um oder zwischen Preamp-Sound und Mute. Nützlich zum Basswechseln oder um zu stimmen, indem man an den nicht stummschaltenden Link-Out einen Tuner hängt.

Nun aber in medias res. Entsprechend eingepegelt ist zwischen neutralem Pedal und Bypass so gut wie kein Unterschied zu hören. Ich höre den Ton minimal wärmer und griffiger, das kann aber auch Einbildung sein. Aber es geht ja auch nicht darum, den Treter so einzustellen, dass nicht zu hören ist, ob er an ist. Also ran an die Klangregelung. Die arbeitet effektiv, sprich, kleine Reglerbewegungen sind deutlich hörbar. Dabei darf aber auch beherzt zugegriffen werden. So zum Beispiel beim Höhenregler, der eher britisches Klingeln bearbeitet als luftige Brillanz. Da kann, je nach Gusto und Anlage, auch der gesamte Regelweg ausgenutzt werden. Der Tiefmittenregler hat vor allem im Boost in allen drei Schalterstellungen sehr vokalen Charakter, der im Extrem auch schon mal nervig werden kann. Da ist weniger mehr, so wie mir auch der Hochmittenregler im Minus besser gefällt. Andererseits kann er im Plus für Ortbarkeit in schwierigen akustischen Situationen (aka Metal-Band) sorgen.

Nur mit dem EQ lässt sich schon einiges anstellen, die Ergebnisse sind eher zupackend als subtil, für unauffällig-edle Slapsounds gibt es bessere Preamps. Nun gibt es ja noch den Tilt-Regler, und wie schon angedeutet, kann der Ton hier deftig verbogen werden. Richtung Treble ähnelt das voll aufgedreht dem beliebten Telefonsound, allerdings mit mehr Präsenz. Das lässt sich auch mit voll aufgedrehten Bässen und Tiefmitten nicht mehr einfangen. Wenn es weniger experimentell sein soll, bleibt man besser im Bereich bis ca. 2 Uhr. Da wird der Ton subtil schlanker und trockener.

Die andere Richtung ist für meinen Geschmack komplett nutzbar. Ganz zugedreht wird das ganz dicke Kissen ausgepackt – Reggae, Dub und Synth-Bässe lassen grüßen! Im Gegensatz zu vorher kann hier mit Hochmitten und Höhen – beides auch gerne voll aufgedreht – wieder Definition und Ortbarkeit vorgeholt werden. Je weiter der Regler wieder Richtung Mittelstellung bewegt wird, desto weniger extrem müssen die Höhen angefasst werden.

Als Ausgangsbasis hat sich für mich Tilt auf 11 Uhr als optimal erwiesen, was den Bass schon schön anfettet, aber mit dem EQ voll formbar bleibt. Spannend, und in Worten gar nicht wiederzugeben, das muss man sich mal selbst erspielt haben, ist die Wechselwirkung zwischen EQ und Tilt. Im Zusammenspiel tun sich da vielfältige Möglichkeiten auf, die das eine ohne das jeweils andere so nicht hinbekommt.

Umgeschaltet auf den Tube-Kanal, kann ich diesen so einstellen, dass er so clean anspricht wie der FET. Mit zunehmendem Gain wird es glaubhaft röhriger. Über anfängliches Komprimieren und Knurren geht es in einen feinen Overdrive, wenn der Bass entsprechenden Output hat, wird es voll aufgedreht fast furzig-fuzzig. Auch hier gibt es in unterschiedlichen Kombinationen wieder viel zu entdecken. Mit vollem Gain und Tilt komplett gen Bass wird es synth-ähnlich, ohne dass der Charakter des angeschlossenen Basses untergeht. Mildere Einstellung fetzen ordentlich und lassen tragfähiges Fundament zu. Und wenn noch ein bisschen mehr Definition gefragt ist, können die beiden Kanäle immer noch kombiniert werden. Dafür, dass beide fullrange arbeiten, funktioniert das wirklich gut und homogen, der Ton mischt sich sehr schön.

Bemerkenswert auch, dass bei sorgfältiger Abstimmung der Volume-Regler kein Lautstärkesprung entsteht – außer, man möchte das. Zerre mit zugemischtem Knack ist genauso drin wie cleane Sounds mit unterschwelligem Röhrenknurr. Wirklich sehr praxistauglich und gut einsetzbar! Das gilt auch für den DI-Out, der das alles sauber (oder so dreckig wie gewünscht) ans Pult ausgibt, und die gut harmonierende Kombination aus Aux In und Headphone-Out. Der in der Schaltung ganz am Ende platzierte serielle Effektweg arbeitet ebenfalls unauffällig. Was hier eingeschliffen wird, wird im Bypass-Modus mit aus dem Signalweg genommen, ein Tritt reicht.

Alternativ kann der Send auch eine weitere Anlage oder das In-Ear versorgen. Man muss nur daran denken, dass Bypass und Mute hier keine Wirkung haben, Send bleibt immer an und führt immer das bearbeitete Signal. Zu guter Letzt bleibt noch zu konstatieren, dass das Digbeth Pedal selbst mit hohem Gain und starkem EQ-Einsatz wenig Nebengeräusche produziert, weit weniger, als ich bei solchen Einstellungen erwartet hätte. Hut ab!

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Mittlerweile gibt es eine riesige Auswahl an Bass-Preamps im Bodenformat, Verzerrern speziell für Bass, und Kombinationen aus beiden. Als reiner Vorverstärker landet der Laney DB-Pre für mich im soliden Mittelfeld. Abgesehen von der robusten Verarbeitung gefällt mir der zupackende Clean-Sound, der sich wohltuend von edler und unauffälliger ausgelegten Kollegen abhebt. Wo er aber wirklich anfängt zu glänzen, ist der FET/Tube-Mix-Sound.

Einer der besten Low-Gain-Zerrer, die ich kenne, der mit drei Reglern reichlich Varianten bietet, vom leichten Anknuspern bis zum grollenden Fauchen. Auch „nur“ verzerrte Sounds mit höherem Gain sind interessant und eine Entdeckung wert. Apropos Wert: mit 179 Euro ist das Pedal unverschämt günstig. Klare Kaufempfehlung!

PLUS

  • Sound-Möglichkeiten
  • stabile Bauweise
  • Optik
  • Nebengeräuschverhalten
  • Preis/Leistung


(erschienen in Gitarre & Bass 01/2022)

Produkt: Treble Booster im Test
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