Bling Bling: Baboushka Guitars ‚More Glitter, Baby‘ im Test
von Redaktion,
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(Bild: Dieter Stork)
Es gibt Gitarren, die haben einen scharfen Look – klar, das ist immer Geschmacksache – und es gibt Gitarren, die gut klingen (für wen oder was auch immer). Ist das jetzt ein Widerspruch, oder kann man das auch beides zusammen haben? Mal sehen, was uns in dieser Hinsicht das Glitter-Baby aus Berlin zu sagen hat.
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Dieses sehr spezielle Gitarrenmodell von Nikolai Tomás aus der Berliner Baboushka-Werkstatt, hat seine hohe Praxistauglichkeit bereits bewiesen. Es gehört Tobias Keil, der mit dem vorliegenden ‚More Glitter, Baby‘ die Helene-Fischer-Stadion-Tour und auch die diesjährigen Sascha-Konzerte bestritten hat. Tobias lernte Nikolai auf dem vorletzten Guitar Summit kennen. Der schickte ihm bald darauf diese Gitarre von gewissem Show-Wert zur Ansicht. Die Glitter-Queen war dann aber so viel mehr als nur optisches Highlight, sodass sie umgehend zum festen Arsenal gehörte und bei allen folgenden Shows (nicht nur von Helene) zum Einsatz kam.
60er-Jahre Paillettenstoff in Epoxy (Bild: Dieter Stork)
OPTIK VERSUS TECHNIK
Den optischen Aufriss verdankt das auffällige T-Style-Modell ‚More Glitter, Baby‘ seinem original 60er-Jahre Paillettenstoff, eingebettet in glasklares Epoxy-Kunstharz, der die Decke ziert. Der mittig gefügte Korpus selbst besteht aus wild gewachsener, über 100 Jahre alter Kiefer, gewonnen aus einem recycelten Berliner Dachbalken. Von hinten wurde in den oberen Bereich zur Gewichtsreduzierung eine Kammerfräsung gesetzt und mit einem Deckel aus Kunststoff verschlossen. Unten gibt es noch ein mit Aludeckel abgedecktes Elektrofach. Hm, ist das jetzt schon eine Semi-Acoustic oder noch eine Solidbody?
Korpus aus alter Dachstuhlkiefer (Bild: Dieter Stork)
In den passgenau gefrästen Halsschuh ist ein einteiliger Hals aus geröstetem Ahorn über eine Halsplatte mit Gravur auf den Korpus geschraubt. In das Griffbrett aus ebensolchem Material von 10″ Radius sind 22 sauber entgratete Medium-Jumbo-Bünde eingesetzt. Schwarze Dots kennzeichnen die Lagen. Der parallel versetzt herausgeführte Kopf zeigt einen leichten Konturschnitt auf der Front und ist mit Kluson-Mechaniken ausgestattet. Über den schmalen Sattel aus Knochen werden die Saiten mit fenderischer 64,8-cm-Mensur hinüber zur Tune-o-matic Bridge geführt, danach ebenso Gibson-like von einem Stop Tailpiece gekontert.
Als Tonabnehmer sind handgewickelte PUs mit AlNiCo-Klingenmagneten im Charlie-Christian-Stil vom italienischen Hersteller Dreamsongs Pickups verbaut, der etwa auch für Bacci Guitars fertigt. Am Hals finden wir auf Kunststoffplatte geschraubt den Charlie Christian ‚Humbucker sized‘ Neck Pickup; am Steg ebenfalls auf dünner Plastikrampe den schräg gesetzten Charlie Christian Tele Bridge Pickup. Die Pickups verfügen über deutlich mehr Output als traditionelle Christian- oder Tele-Pickups. Aufrufen lassen sich die Pickups einzeln und in Kombination ganz konventionell über den vorn auf eine Aluplatte gesetzten Schalter. Geregelt wird Summe und Tonfarbe über dahinter gesetzte Potis mit griffigen Knöpfen.
60er-Jahre Paillettenstoff in Epoxy (Bild: Dieter Stork)
Den besonderen Charme macht bei diesem Modell, wie bei so gut wie allen anderen Baboushka-Gitarren auch, die rustikale Verarbeitung aus, welche dem historischen Material seine antike Ausstrahlung belässt und mit sorgfältig von Hand gealterten Komponenten optisch stimmig kombiniert. Ausgenommen sind davon allerdings die spieltechnisch relevanten Elemente. Der zu einem griffigen C-Profil geformte und mit Öl versiegelte Hals genügt mit seiner sauberen Bundierung auch höchsten Ansprüchen.