Fast kann man nicht glauben, wie leicht diese Gitarre ist. So etwas wie 2,4 kg kennt man eher von frühen Acoustics ohne Halsstab aus Metall. Das Federgewicht ist natürlich eine Wonne, denn da zerrt nichts am Gurt und alles erscheint handlich locker – nice and easy sozusagen. Aber funktioniert so eine Leichtbauweise auch in Sachen Schwingungsentfaltung, hat das nicht auch negative Aspekte zur Folge?
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Akustisch ist zunächst jedenfalls eine sehr schön offene Klangentfaltung zu loben, die analog zum Gewicht Leichtigkeit und schnelle Ansprache bietet. Die Sounds erscheinen feingliedrig, tendenziell hell und mit harmonischer Auflösung der Stimmen im Akkord. Verluste, etwa an Sustain oder in der Basstonentfaltung, sind vordergründig nicht festzustellen. Hm, das wollen wir jetzt aber mal unter Strom genommen hören:
Bei klar eingestelltem Amp vermittelt der Humbucker in Halsposition einen durchaus volumenreichen, dabei aber auch bemerkenswert geschmeidigen Ton. Nicht der letzte Tiefgang und die definitive Straffung sind hier Thema, eher weiche, keineswegs aber konturlose Auflösung im Akkord und ungemein klare Definition einzeln angeschlagener Töne mit luftiger Tonentfaltung.
Das farbstarke Timbre ist von einschwingenden Obertönen geprägt, was für Wind unter den Flügeln sorgt. Wir müssen also nicht kämpfen, sondern werden bei jeder Aktion wendig und gutwillig unterstützt. Im Overdrive übersetzt der Gilmour-Humbucker substanzreiche Sounds mit leichter Hohlkehle und schönem Schmelz. Der markant herausgestellte Anschlag verleiht Linien klare Kontur, gehaltene Töne schwingen lang und ebenmäßig aus.
Q Pickups – Gilmour Set (Bild: Dieter Stork)
Gehen wir auf den Single Coil am Steg, so bietet der uns mit trockener Vehemenz ein konträres Bild. Er ist auf etwas höheren Output gewickelt, was ihn aber dennoch etwas zurückfallen lässt im Verhältnis zum Humbucker. Das wundert uns nicht und ist im üblichen Rahmen handhabbar. Auf seinen Klang nimmt offenbar das Tusq-Material der Saitenreiter Einfluss. Die harschen Spitzen werden geschliffen, aber natürlich bleibt da noch reichlich Tele-Twang. Der ist schon deutlich anders, als wir das etwa von Stahlreitern, oder auch solchen aus Messing her kennen.
Die aggressiven Höhen (kann man natürlich auch mögen) sind eliminiert, was dem Sound aber keineswegs die Präsenz raubt. Auf den Basssaiten gespielt ist der Ausdruck dann knochentrocken. Bei etwas höheren Betriebstemperaturen des Amps lassen sich damit knapp gehaltene Akkorde sehr schön kompakt, ja geradezu knorpelig dreidimensional in den Raum stellen. Leadlines reißen mit perkussiv herausgestelltem Anschlag kraftvoll auf, zeigen griffige Kontur – Rumble in the Jungle!
Der allgemeine Ausdruck bleibt zwar tendenziell schlank, aber ob wir dafür das leichte Paulownia verantwortlich machen können? Der Humbucker lässt es in dieser Gitarre jedenfalls keineswegs an Bässen mangeln. Sicher aber ist mit Saitenreitern aus Stahl oder Messing noch deutlicher Zugriff auf die Klangstruktur möglich.
Die Kombination beider Pickups bietet dann auch noch eine sehr schöne klangliche Melange mit Aspekten von Humbucker (Bauch) und Single Coil (Kehle). Vom Output her ist diese Kombi näher beim Humbucker, allerdings fällt das Klangbild deutlich schlanker und weniger mittenorientiert aus. Ohne Zweifel aber eine sehr attraktive und nützliche klangliche Variante.
(Bild: Dieter Stork)
RESÜMEE
Von Baboushka Guitars kann man immer etwas Besonderes erwarten. Jedes Instrument ist ein Unikat und fällt dank der Gestaltungsfreude ihres Erbauers schon optisch aus dem gewohnten Rahmen. Aber es ist immer auch mit dem Anspruch auf originäre Klangschöpfung und eine möglichst optimale Handhabung gefertigt.
Nikolai Tomás erfindet das Rad zwar nicht neu, gewinnt aber altbewährten Konzepten mit Blick für das Wesentliche, aber auch mit interessanten Detaillösungen und optischer Raffinesse frische Aspekte ab. Die Gipsycaster ist nicht nur angenehm leicht ohne nennenswerte Verluste in der Tonentfaltung, sondern spielt sich dank wunderbar griffig gestaltetem Hals mit sauberer medium Jumbo-Bundierung auch wie gebuttert.
Das Gilmour-Set von Q Pickups bietet zudem eine tolle Palette von etwas aus der gängigen Mitte herausgerückter Sounds, woran wohl auch die GraphTech Saddles der Kluson-T-style-Bridge ihren Anteil haben. Tele und noch erfreulich mehr – flexibel anwendbar mit Sounds von allesamt hohem Praxiswert. Chapeau – so macht der individuelle Gitarrenbau Sinn!