(Bild: Matthias Mineur)
Seitdem der Belfaster Gitarrist Simon McBride bei Deep Purple den Amerikaner Steve Morse beerbt hat, klingt die englische Rocklegende so britisch und erdig wie lange nicht mehr. Kein Wunder, der 46-Jährige ist überzeugter Traditionalist, spielerisch wie hinsichtlich seines Equipments. Nachzuhören ist dies auch auf seinem aktuellen Soloalbum ‚Recordings 2020 – 2025‘, das wir zum Anlass genommen haben, McBride zu seinem Sound zu befragen und ihn ein paar Empfehlungen für unsere Serie ‚Top Gear Check‘ aussprechen zu lassen.
Interview
Simon, wie wichtig für deinen Sound und dein Spiel ist das richtige Equipment? Kann man aus minderwertigem Gear die gleiche Intensität und Wärme zaubern wie aus High-End-Produkten?
Das richtige Equipment ist natürlich sehr wichtig, denn nur wenn man sich wohlfühlt, kann man auf höchstem Niveau abliefern. Für mich sind Gitarren, Verstärker und Effektpedale dafür da, um es Musikern so leicht wie möglich zu machen. Früher habe ich oft billiges Equipment verwendet, und manches davon mag teurem Gear durchaus ähnlich klingen. Aber alles dreht sich um das Gefühl beim Spielen. Außerdem sollten Gitarristen mit ihrem Instrument nicht kämpfen müssen.
Was sind deiner Meinung nach die größten Anfängerfehler bei der Suche nach einem guten Sound?
Der größte Fehler ist, wenn man sich nur auf sein Equipment verlässt und hofft, dass es die ganze Arbeit erledigt. Ich besitze sowohl sehr teures als auch billiges Equipment. In meinem Homestudio übe ich meistens über einen Boss Katana, der mir natürlich nie den Klang liefern kann, den mein Engl Artist Edition erzeugt. Aber ich sorge dafür, dass auch der Katana funktioniert, und allein das ist entscheidend.
Denn wenn man viel tourt, wird man schnell feststellen, dass man nicht bei jedem Gig den perfekten Sound hat, da jeder Raum anders klingt. Daher geht es in erster Linie darum, das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Wichtig ist auch zu verstehen, wie Gitarrenfrequenzen funktionieren, und niemals zu versuchen, den Sound, den man auf einer Platte hört, auch von seinem Amp zu erwarten. Denn der Gitarrensound auf CD hat eine Menge Postproduktions-EQs, Mikrofone, Kompression, usw. durchlaufen. Vor allem gute Mittenfrequenzen sind hier der Schlüssel.
Wie lange hast du gebraucht, um einen eigenen Sound zu finden? Und mit welchem Equipment ist dir das zum ersten Mal gelungen?
Ich denke, ich bin noch immer auf der Suche. Allerdings finde ich auch, dass man sich irgendwann für eine bestimmte Gitarre und einen bestimmten Amp entscheiden und dann dabeibleiben sollte. In meinem Fall sind es meine PRS Singlecut 408 und ein Amp im Marshall-Stil. Diese Kombination habe ich schon als Kind geliebt, dieser ganz spezielle typische Classic-Rock-Sound egal mit welchem Verstärker, er hat sich fest in mein Gehirn eingebrannt. Ich versuche instinktiv, immer den gleichen Klang zu erzeugen, und seitdem ich Engl-Amps spiele, die gezielt auf meine Bedürfnisse hin modifiziert wurden, habe ich meiner Meinung nach noch stärker einen eigenen Sound entwickelt.
Und hier nun McBrides ‚Top Gear Check‘-Empfehlungen:
PRS 408
(Bild: Matthias Mineur)
PRS-Gitarren spiele ich schon seit meinem 15. Lebensjahr. Ich habe viele ihrer Modelle getestet, sie alle sind großartig. Vor etwa zehn Jahren habe ich die 408 entdeckt und mich sofort in sie verliebt, da mit ihr alle Sounds möglich sind, die ich brauche. Mit der 408 kann ich die Tonabnehmer mit den separaten Schaltern individuell aufteilen, so dass ich einen vollen Humbucker-Sound mit dem PU in der Brücke, und die eher Strat-artigen Single-Coil-Sounds über den Hals-Pickup bekomme. Paul Reed Smith hat mir ein paar modifizierte Semi-Hollow-Gitarren als Single-Cut-Versionen gebaut, die absolut großartig sind.
ENGL ARTIST EDITION HEAD
(Bild: Matthias Mineur)
Ich bin seit kurzem Mitglied der Engl-Familie, sie haben mir eine Version ihres Artist Edition Head modifiziert, ein echtes Monster, wild und verrückt, so wie ich es liebe. Dies ist der Sound, mit dem ich aufgewachsen bin, ich habe Engl lediglich gebeten, ein paar mittlere Frequenzen hinzuzufügen, denn die braucht es meiner Meinung nach für den perfekten Gitarrensound. Großartig ist auch, dass der Amp nie kaputt geht, mit ihm war ich in den zurückliegenden zwei Jahren lang völlig problemlos mit Deep Purple auf Tour.

JAM PEDALS BOOMSTER
Ich habe dieses Pedal vor ungefähr zwei Jahren von den Jungs von Jam Pedals bekommen, es ist im Wesentlichen ein Line-Boost-Pedal, aber es verfärbt den Klang des Amps überhaupt nicht. Ich habe schon viele andere ähnliche Pedale ausprobiert, aber sie alle haben meinen Sound auf eine Weise verändert, die mir nicht gefiel. Der Boomster unterstützt lediglich meinen bestehenden Sound und lässt ihn auch nicht zu hart klingen. Meiner Meinung nach ist er der heilige Gral der Boost-Pedale.
JAM PEDALS RETROVIBE
Ich besitze dieses Univibe-Pedal schon seit Jahren, es ist immer auf meinem Board und passt optimal zu dem, was ich spiele. Ich besitze auch einige andere Univibe-Pedale, die ebenfalls großartig sind, aber sie alle erzeugen aus irgendeinem unersichtlichen Grund zu viel oder zu wenig Färbung, während das Jam Pedals Retrovibe perfekt funktioniert.


SMITTY TELECASTER
Ich habe die Smitty Tele vor ein paar Jahren gekauft, als ich auf der Suche nach einer Telecaster war. Ich habe sie getestet und mich sofort verliebt. Sie ist superleicht zu spielen und der Klang ist unglaublich, sie erzeugt den typischen Tele-Sound, nur mit etwas mehr Wärme. Ich spiele die Smitty Telecaster ständig im Studio, vor allem in Kombination mit meiner PRS 408, wenn ich Gitarrensounds übereinanderschichte. Sie ist auch auf der letzten DeepPurple-Scheibe in einigen Songs zu hören.
VAHLBRUCH OCTAVIA
Ich war irgendwo in Deutschland auf Tour und wir hielten bei diesem Musikladen mitten im Nirgendwo. Ich checkte ein paar Pedale, sah das Octavia, schloss es an und war mir sofort ganz sicher: F**K, this is wild! Das Vahlbruch Octavia ist wirklich großartig, weil es so verrückt, aber dennoch subtil genug klingt. Zudem kann ich es auch bei Akkorden einsetzen, wodurch ein wirklich cooler Sound entsteht, den keiner meiner anderen Octaver erzeugt.


MARSHALL STUDIO VINTAGE SV20H
Ich habe immer schon Amps im typischen Marshall-Stil und natürlich auch den unglaublich lauten originalen Plexi gespielt. Um den Sound zu bekommen, den wir alle lieben, funktionieren Plexis nur mit dem Volume-Regler auf 10. Als Marshall den Studio Vintage SV20H herausbrachte, bin ich sofort zu meinen local dealer gefahren und habe einen getestet. Schon nach fünf Minuten war klar, dass ich ihn kaufe, da er schon bei geringerer Lautstärke großartig klingt. Was ich damit meine: Er erreicht bereits früh diesen wunderbaren Break-Up-Point, ohne dabei das Gehör zu ruinieren.


NEURAL QUAD CORTEX
Wenn es um Equipment geht, bin ich Purist: Ich liebe Röhren-Amps und Boxen. Trotzdem finde ich, dass jeder Gitarrist irgendeine Art von digitalem Modeller besitzen sollte, da sie im Studio fantastisch sind und auch live gute Dienste verrichten. Ich habe unterschiedliche Modeller bei mehreren Touren auf Herz und Nieren getestet, aber keiner hat mich dermaßen überzeugt wie der Quad Cortex, da die Sounds wirklich sehr gut sind und er einfach zu bedienen ist.


(Story: Matthias Mineur)
Was vielleicht zusätzlich bemerkenswert ist, dass seine PRS 408, die nicht von der Stange ist, sondern eine Sonderanfertigung (Singlecut sowie Semi-Hollow) nicht das typische PRS Vintage Vibrato hat, sondern das VegaTrem. Bis auf das Tremonti Modell haben die PRS Decken keine Ausfräsung haben für Upbendings mit Vibratosystem. Bauartbedingt geht das beim VegaTrem ohne Ausfräsung.
Das Gear-Check-Interview scheint in Zusammenhang mit Deep Purple zu stehen, denn Simon McBride nennt explizit beim Amp die Marke, mit denen Deep Purple, und nicht ihr Gitarrist, ein Endorsement hat.
Denn auf Solo-/Privatpfaden soll er Mezzabarba spielen.