Delay-Rundumversorgung

Test: Keeley Eccos

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(Bild: Dieter Stork)

Darfs ein bisschen mehr sein? Das Eccos Delay bietet ein Mono- oder Stereo Delay mit oder ohne Modulation, einen integrierten Looper und eine beeindruckende Anzahl an Regel- und Steuermöglichkeiten, sodass man für (fast) alle Delay-Anwendungen gerüstet ist.

Vier Jahre hat Keeley an diesem Delay gearbeitet, dass um eine Quad-24/56-DSP herum konstruiert ist. Das Eccos sieht zwar aus wie ein herkömmliches Bodenpedal, hat aber Fea­tures wie ein 19″-Gerät oder Plugin und dient als Ausgangspunkt für vielseitige Delay-Sounds.

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AUFBAU

Das Pedal kombiniert zwei Geräte: Ein klassisches Delay und einen Looper. Der Pressetext nennt es „Neo-Vintage Delay“. Dahinter ver­birgt sich ein Digital Delay mit eher analogem Klangcharakter und regelbarem Modulationseffekt auf den Wiederholungen. Für den Delay-Effekt findet man die üblichen Parameter Time (Wiederho­lungszeit), Feedback (Wiederholungsanzahl) und Blend (Mix zwischen Original- und Effektsignal).

Spannend wird es mit Rate und Depth, die den Wiederholungen einen Flanger-Effekt hinzu-fügen und so sowohl einen leichten Tape-Chorus-Effekt als auch stark leiernde, eher an ein Leslie erinnernde Vibe-Sounds erzeu­gen. Hält man den Feedback-Regler gedrückt, haben alle Regler eine zweite Funktion, die für die Einstellung des Modulationsef­fekts zuständig sind, der äußerst feinfühlig regelbar ist. Stärke, Zeitpunkt und Art des Effekts können beeinflusst werden, sodass man sowohl eine schnell einsetzende, vordergründige Modulation zur Verfügung hat, aber auch sehr subtile Klänge erzeugen kann, die erst bei lang stehenden Akkorden und Tönen zum Tragen kommen.

(Bild: Dieter Stork)

Das Eccos ist dank zweier Ausgangsbuchsen in Mono und Stereo einsetzbar und hat drei Speicherplätze für voreinge­stellte Effektsounds. Zwei Schalter stehen zur Verfügung. Schalter 1 schaltet das Delay an und aus, Schalter 2 dient wahlweise als Tap-Tempo-Eingeber oder, dauerhaft gedrückt, als Selbstoszillator.  Ein kleiner Toggle-Switch schaltet in den Looper Mode. Der verfügt über 60 (stereo) oder 120 (mono) Sekunden Aufnahmezeit und eine unbegrenzte Zahl an Overdubs. Der zweite Schalter schaltet den Loop in Half Time oder Reverse Mode.

Wer möchte, kann ein externes Pedal für Tap Tempo und ein Expression-Pedal anschließen, das auf einen beliebigen Parameter des Eccos geschaltet werden kann. Flexibilität in Reinkultur also.

HANDHABUNG

Bei so vielen Möglichkeiten ist Einarbeitungszeit nötig. Um alle Funktionen des Geräts zu erfassen, genügt es nicht, eine halbe Stunde vor dem Gig an den Reglern zu drehen. Die grundsätzlichen Delay- und Looperfunktionen erschließen sich organisch. Will man aber in die Tiefe gehen, die Modulation der Echos bearbeiten, die Presets speichern und Loops mit unterschiedlichen Delays erzeu­gen, ist etwas Übung und genug Zeit vonnöten.

Die Doppelbelegung von Reglern und LEDs erfordert einen klaren Geist und Konzentration, macht dann aber wirklich Spaß. Ein Flanger, der erst bei der vierten oder fünften Wiederholung ein­setzt oder sich langsam im Wirkungsgrad steigert eröffnet ganz neue Möglichkeiten für Ambient-Delays, die sich geschickt in den Bandsound oder Songkontext einfügen.

SOUND

Der Klangcharakter des Eccos ist grundsätzlich eher klar und definiert und erinnert an ein sauber arbeitendes Analog-Delay ohne übermäßigen Mumpf in den Wiederholungen. Möchte man gar keine Modulation in den Echos, dreht man den Rate und Depth-Regler nach links. Dezent reinge­dreht, erinnert die Modulation an die Schwebungen eines Ban­dechos. Eine solche Funktion bie­ten heute viele Delay-Pedale.

Das Besondere am Keeley Eccos ist die Justierbarkeit dieser Funkti­on. Man kann selbst entscheiden, ob sie sofort und hörbar einsetzen oder eher im Ausklang des Echos wahrnehmbar sein soll, ob sie geleichbleibt oder zunimmt und wie stark der Ton moduliert. Somit ist vom leichten Schim­mern im Sound bis zu psychedelischen Leiersounds sehr viel möglich. Mit etwas Zeit kommt man so zu ganz neuen Möglichkeiten, die sich bei anderen Delays eher durch Zufall ergeben, hier aber planbar und anpassbar sind. Sehr inspirierend!

Der Delay-Klang selbst überzeugt in allen Varianten – vom extrem kurzen Slapback bis zum breiten Solosound und sehr langen Verzögerungen. Mit einer mittleren Grundeinstellung von Feedback und Blend und dem Tap-Tempo-Schalter kommt man in einer normalen Bandsituation schon sehr gut klar und kann die weitergehenden Möglichkeiten je nach Bedarf hinzunehmen. Gut eingestellt ist auch die Oszillationsfunktion, die nicht zu schnell wirkt, aber mit zunehmender Dauer drastisch zunimmt. Im Trails-Modus klingt sie nach dem Loslassen des Schalters sehr musikalisch aus, kann aber im True Bypass-Betrieb auch radikal abgeschnitten werden.

LOOPER

Der Looper funktioniert problemlos und reagiert äußerst genau. Beim Live-Einsatz kommt man um das Bücken zum Effektboard nicht herum, denn sowohl die Aktivierung der Loop-Funktion (mit dem Toggle-Switch) als auch das Löschen von Overdubs (durch längeres Drücken des Feedback-Reglers) mit dem Fuß ist unmöglich. Da alle Regler im Delay- und Loop-Modus unterschiedliche Parameter regeln, muss man die Funktionen wirklich gut im Kopf haben, um schnell komplexere Loops zu erstellen. Schön ist die Möglichkeiten, auch während ein Loop läuft, das Delay umstellen zu können. Ein paar Ambient Chords loopen und dann mit Slapback drüber solieren, funktioniert problemlos – wenn der Geist wach ist und man nicht vergisst, in welchem Modus man gerade agiert.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Im äußerst kompakten Format findet man beim Eccos eigentlich alle Funktionen eines Delays, die man sich wünschen kann. Überzeugender Grundklang, Mono und Stereo-Betrieb, klar oder modulierend, genug Verzögerungszeit, einen Looper und Speicherplätze sowie wirklich interessante Regelmöglichkeiten für den Echoklang selbst. Das eröffnet ganz neue Möglichkeiten für Sounds und Einsatz, erfordert aber auch Geduld beim Einarbeiten. Will man alle Funktionen in kurzer Zeit erfassen, läuft das Gitarristen-Hirn schnell heiß. Nimmt man sich aber Zeit – ähnlich wie bei einem Studio-Plugin – wird man mit wirklich überzeugenden Ergebnissen belohnt.

PLUS

  • angenehmer Delay-Grundsound
  • sehr diffizile Regelmöglichkeiten für die Echo-Modulation
  • ungewöhnliche Soundmöglichkeiten für Ambient-Echos
  • vielseitiger Einsatz (Mono/Stereo) und diverse Anschlussmöglichkeiten

MINUS

  • erfordert Einarbeitungszeit

(erschienen in Gitarre & Bass 05/2020)

Produkt: Gitarre & Bass 12/2022 Digital
Gitarre & Bass 12/2022 Digital
Im Test: J. Rockett Uni-Verb +++ G&L Fullerton Deluxe LB-100 +++ Dowina Albalonga GACE HiVibe +++ Nik Huber Bernie Marsden Signature +++ Fender Acoustasonic Player Telecaster +++ Gibson Dave Mustaine Signature Flying V +++ Börjes JB-Custom 5 DLX-Multiscale +++ EarthQuaker Devices Ghost Echo by Brain Dead +++ Blackstar St. James 50/EL34 112 Combo +++ Harley Benton Double Pedal Series

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Analogtechnik ist ja prima,zeitraubend dagegen aber die vielen Einstellungsmöglichkeiten,die mir weitaus weniger gefallen.Diese stete Fummelei an den Knöpfen und Reglern nervt irgendwie schon.
    Einen Looper und ein Leslie-Effekt in einem einzigen Bodentreterpedal
    vereint,das macht wiederum Spaß! Preislich jedoch nicht gerade ein Schnäppchen.
    Weshalb diese neuartige „Tretmine“ nun aber aus den U.S.A. und nicht aus
    unserer regionalen Region kommen „muß“,bleibt hier fraglich.
    Bekommen die Tüftler in Deutschland so etwas derzeit noch nicht „gebacken?“

    Auf diesen Kommentar antworten
  2. Hat das Gerät auch eine Multitap-Funktion (das, was frühere Band-Geräte mit mehreren Tonköpfen erreichten) ? Dann wäre es auch für den Shadows-Sound (Hank Marvin) geeignet. Da steht leider nix dazu im Manual…

    Auf diesen Kommentar antworten

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