Vom "Bergschuster"

Pawn Shop: Isana Soldibody

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Isana Solidbody

„Ja ist denn heut‘ scho‘ Weihnachten?“ Als ich die in dieser Pawnshop-Folge vorgestellte E-Gitarre vor einigen Jahren erstand, kam mir beim Auspacken das uralte Beckenbauer’sche Bonmot in den Sinn. Zur festlichen Jahreszeit darf ja alles gerne mal etwas mehr glitzern und schimmern, weshalb das gute Stück sehr gut in diese Pawnshop-Ausgabe passt!

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Isana war eine Marke des Gitarrenbauers Josef Sandner, genannt „Bergschuster“. Da es in seiner Heimat (Schönbach im heutigen Tschechien) mehrere Sandners gab, die Instrumente bauten, erhielten alle einen Spitznamen. Josef machte sich wie seine Kollegen nach dem Zweiten Weltkrieg in Richtung Westdeutschland auf. Er siedelte sich aber nicht in Bubenreuth an, sondern im hessischen Nauheim. Dort baute er wunderschöne, vollmassive Archtops, von denen eine auch in die Hände eines gewissen Elvis Presley gelangte, als dieser seinen Dienst bei der US Army im etwa 65 km entfernten Bad Nauheim ableistete. Unter der Regie von Josef Sandners Nachkommen wird die schwarze „Elvis“-Isana Archtop übrigens wieder angeboten!

Isana Solidbody

In den 1960er-Jahren sprang Sandner auf den E-Gitarren-Zug auf, und so entstand die glitzernde Probandin, die wir uns in dieser Folge näher ansehen wollen. Eine Modellbezeichnung lässt sich nicht mehr recherchieren, vielleicht gab es nie eine. Auch dieses Stück Beat-Ära kann eine gewisse Verwandtschaft zur Jazzmaster nicht leugnen, die drei Singlecoils erinnern dagegen an eine Strat. Mit einer Mensur von knapp 648 mm liegt die Gitarre ebenfalls im Fender-Territorium.

Isana Solidbody
Brücke und Tremolo stabiler als beim Original

Ein herausragendes Merkmal ist der mit Perloid bezogene Korpus. Sandner verwendete das Material auch auf seinen Archtops – er kannte sich damit also aus. An meiner Isana sitzt es noch absolut sauber und fest, es löst sich nicht ab wie bei vielen anderen mit Perloid oder Tolex bezogenen Gitarren der Ära. Der Korpus darunter ist aus Linde, wie auch bei den zeitgenössischen Klira-Gitarren. Der schwarz lackierte Hals ist vermutlich aus Ahorn, er hat ein Palisandergriffbrett mit 20 schlanken Bünden plus Nullbund. Der Griffbrettradius ist erstaunlicherweise deutlich flacher als bei zeitgenössischen E-Gitarren von Fender oder den anderen Europäern. Er liegt bei etwa 12 Zoll, also im Gibson-Bereich. Das macht die Gitarre für so ein Vintage-Teil extrem gut bespielbar – die Finger fliegen nur so über das Griffbrett und weite Bendings sind mühelos machbar.

Isana Solidbody
Rotary-Switches für Ton- und Pickupwahl

Allein deshalb – aber auch wegen ihres Klangs – hat die Isana meine Sammlung auch nie wieder verlassen. Denn trotz der Perloid-Bespannung ist sie erstaunlich resonant. Das mag auch an der großzügigen Pickup-Ausfräsung unter dem chromierten Schlagbrett liegen. Dieses ist verspiegelt und noch erstaunlich wenig zerkratzt. Typisch für deutsche Beat-Gitarren der Zeit: Es gibt kein Ton-Poti, sondern einen Rotary-Switch, mit dem sich verschiedene Ton-Varianten anwählen lassen, die teilweise aber recht subtil sind. Ich lasse das meistens auf „T+B+“, also Höhen und Bässe voll auf, da die Gitarre in meinen Ohren so am besten klingt.

Isana Solidbody
Strat meets Jazzmaster – Isana

Ein weiterer Rotary-Switch wählt die Tonabnehmer an, wobei jeder Pickup einzeln oder Steg + Hals möglich sind – sowie Stellung „0“, die als Mute-Funktion fungiert. Da wäre mir die Kombination aller drei lieber gewesen. Der kleine Schalter am unteren Korpushorn dünnt den Sound aus, schafft also eine Art Rhythmus-Ebene. Den Fender-Legenden überlegen ist der gesamte Vibrato/Brücke/Hals-Komplex, denn der Hals sitzt etwas höher in der Halstasche als bei den Vorbildern. So muss auch die Brücke höher stehen, und vom Vibrato kommen die Saiten in einem steileren Winkel mit mehr Druck an. Da springt nichts aus der Brücke, auch nicht bei hartem Anschlag oder bei Bendings!

Isana Solidbody

Die Kopfplatte steht in einem gesunden Winkel zum Hals, weshalb Sandner auf String Trees oder ähnliches verzichten konnte. Die Saiten hängen in typischen Krönchen-Mechaniken, wie man sie auch von anderen deutschen Gitarren aus der Zeit kennt. Die sind nicht mehr ganz so zuverlässig, für regelmäßige Live-Einsätze würde ich sie austauschen. Da mir die Gitarre aber insgesamt zu fragil ist, bleibt sie ohnehin zu Hause. Schade eigentlich, denn ihr schöner Singlecoil-Twang mit silbrigem Schimmern vom Vibrato macht großen Spaß. Wenn mal eine Isana E-Gitarre bei eBay oder anderswo auftaucht, wird sie hart umkämpft – wer nicht bereit ist, wenigstens € 300 auszugeben, geht leer aus. Aber es handelt sich bei Isanas auch um extrem rare Kleinstauflagen – heute würde man wohl von „Boutique“ sprechen… [3390]

(erschienen in Gitarre & Bass 01/2018)

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Kommentar zu diesem Artikel

  1. Ich habe die gleich, wenn nicht sogar diese 1972 in Brühl bei Köln für 50 DM verkauft. Würde ich nie wieder tun. Ein schönes Teil.

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