Teil 24

Homerecording: Mixing – Kompressoren III

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Ohne langes Rumgesülze geht’s gleich weiter im Text mit dem 3. und letzten Teil der Kompressor-Reihe.

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drums (and more…)

Hier gibt es einiges zu erzählen.

a) Als Allererstes, gleich nach dem Frühstück, kann man kurze Pegelspitzen durch vorsichtiges, leichtes Limiting (schnellste Attack, Release <100 ms, hohe Threshold, niedrige GR) bei Kick, Snare und Toms einkürzen, um etwas Headroom zu sparen, gerne auch schon bei der Aufnahme. Adäquate Geräte für diesen am besten unhörbaren Eingriff wären DBX160, Neve 2254, Waves L1 oder wie im Online-Hörbeispiel 2 ein Valley People dyna-mite (als PlugIn von Softube) im „average-limit“-Mode (Beispiel 1 ist unbearbeitet).

b) Bei Snare, Toms und evtl. Kick sind Gates angesagt, um bei der darauffolgenden Kompression nicht alles andere ebenfalls lauter zu machen. Auch hier muss man schon beim Einstellen der Attack genau hinhören, ob die Transienten beeinträchtigt werden. Ein vorhandener „lookahead“ bei Plugins kann gar nicht lang genug eingestellt werden. Oft tut es ein einfaches Standard-Plugin, gute Alternativen sind die Gate-Sektion des SSL Channel-Strips (von SSL, Waves oder UAD als Plugins) oder der schon oben erwähnte dyna-mite im „Exp+Gate“ Mode. Der dyna-mite bietet übrigens mit seinen großzügigen Optionen tolle Möglichkeit für kreative Eingriffe. Beispiel 3 zeigt ein krasses Gating mit 4 hintereinander geschalteten Instanzen bei jeweils variiertem Output-Distortion und Release, alle im „Exp+Gate“ Modus.

c) Vor allem beim Schlagzeug muss man wegen der markanten Transienten vorsichtiger arbeiten als sonst. Deshalb sollte man bei der „normalen“ Kompression der Einzelmikrofone maximal 2:1, langsame Attack und niedrige GR einstellen. Hierfür ist auch wieder der SSL Channel-Strip eine beliebte Anlaufstelle, man kann aber prinzipiell die meisten guten Kompressoren mit variabler Attackzeit ausprobieren.

Unser All-Star 1176 ist bei Drums allerdings ausnahmsweise mit Vorsicht zu genießen, da er selbst in der langsamsten Einstellung noch etwas zu sehr an den Transienten kratzt und zudem erst ab 4:1 losgeht. Trotzdem wird auf den 1176(1178)-Sound auch beim Schlagzeug ungerne verzichtet, weshalb er aus den oben genannten Gründen dort meist in Form von „paralleler Kompression“ (s. u.) zum Zuge kommt. Auch an dieser Stelle muss man wieder die Softube 1176 Adaption „FET-Compressor“ lobend erwähnen, welche eine zusätzliche 2:1 Ratio besitzt und mit dem wet/dry Regler schnell und ohne langes Routing-Gestricke für Transienten-echte Bearbeitung sorgt (Hörbeispiel 4, 2:1, ca. 60% dry).

d) Eine manchmal ziemlich große Kompressor-Baustelle sind die Overheads. Oft sind die Crash-Becken unterschiedlich laut, haben nicht genug Sustain, oder die Snare (oder auch das Ride-Becken!) sind auf den OHs zu aufdringlich und lassen keine gezielte Sound-Gestaltung über die Close-Mics mehr zu. Hier kann man durch einfache Kompression die Pegel angleichen, das Sustain verlängern oder durch kurze Attack-Zeiten die Transienten eindämmen (da wir sie dank Snare- und Ride-Mikro auf den OHs ja nicht unbedingt brauchen).

Zwar kein Kompressor aber bei dem Thema nicht ganz offtopic: Wenn man nur Attack oder Sustain bearbeiten will, ist der SPL „Transient Designer“ (oder ähnliche Tools wie der Enveloper in Logic) besser als ein Dynamik-Prozessor. In unserem Beispiel einfach Attack raus, Sustain rein, und nach ungefähr 2 Sekunden ist man fertig. Aber: Ein Crash ohne Attack klingt wie Sch…, also eher Sustain rein als Attack raus!

Für das Snare und Ride Problem gibt es deshalb noch eine elegantere Lösung: Wenn man den Overhead-Kompressor durch den Sidechain-Eingang z. B. mit der Snare-Spur füttert, kann man fast nach Belieben die Snare auf den OHs leiser machen („ducking“), ohne dass dabei die zeitversetzten Becken an Attack und Klang verlieren. Genauso verfährt man mit dem Ride, welches ja freundlicherweise meistens im off-beat kommt. Aber das ist schon eher advanced und sollte im Optimalfall bei einer guten OH-Mikro-Position gar nicht nötig sein.

e) Das Raum-Mikrofon (oft nur Mono) ist bei unserer eingetrichterten „safetyfirst“ Prämisse eine Ausnahme, da man hier weder bei Kesseln noch Becken auf Durchschlagkraft sondern nur auf Raum-Informationen angewiesen ist. Deshalb kann man je nach Laune auch mal richtig hart zupacken, um das Atmen des Raums weiter nach vorne zu holen. Tipp: 1176, „All Buttons“, max. Input und gib ihm! (>Hörbsp. 6: Softube FET, Bsp 5: Room-Mic dry). Auch schön ist hier ein Elysia MPressor in Limiter-Einstellung und Anti-Log Release Kurve (Hörbeispiel 7).

f) Wer nun beim letzten Beispiel auf den Geschmack gekommen ist, mit extremen Settings auch an anderen Stellen des Drum-Sets kreativ „Sound“ zu machen, kommt um diese oben schon kurz erwähnte Technik nicht herum: parallele Kompression. Dabei wird einfach parallel zum unkomprimierten und somit durchschlagkräftigen Signal ein recht stark komprimiertes Signal hinzugeblendet. Der Zweck ist, den Druck und die Transparenz zu wahren und die mittleren Pegel, dort wo das „Pfund“ liegt, anzuheben. Das parallele Signal bekommt man durch einen Aux-Weg oder durch einfache Kopie des Tracks.

Auch die praktische wet/dry Option in manchen Kompressoren führt zum Ziel. Oft möchte man aber auch den ganzen Drum-Buss oder andere Summen parallel komprimieren, sodass ein Aux-Routing am flexibelsten ist (vorausgesetzt die Latenz-Kompensierung der DAW arbeitet vernünftig und es kommt nicht zu Phasing …). Dann kann man auch z. B. Snare und Kick stärker hinzufügen als die OHs usw. Der Go-To Comp ist mal wieder ein 1176/1178 (Hörbeispiel 9, Softube FET, All Buttons, Beispiel 8 dry), aber eigentlich geht dabei alles was Charakter hat und nicht zu langsam agiert.

Ein Tipp ist auch der PSP oldTimer mit seiner prallen Röhrenfärbung. Parallele Kompression ist aus modernen Produktionen nicht wegzudenken und beinhaltet einen großen Anteil der Magie imposanter Sounds. Deshalb lohnt es sich in dieser Richtung zu experimentieren, nicht nur bei Drums.

g) Oft wird der Drum-Buss auch ohne parallelen Strang für den nötigen „glue“ und Charakter durch einen edlen Kompressor gejagt, dementsprechend aber nur mit sanften Einstellungen. Klassiker dafür sind der API 2500 (Beispiel 10, >schöööön!), SSL Buss Comp (Beispiel 11) oder teure Neves. Manche Geräte wie der UAD Fairchild 670, PSP oldTimer oder Elysia Alpha Comp bieten sogar eine getrennte M/S Bearbeitung, sodass man die Seiten stärker komprimieren kann als die heikle Mitte mit Kick und Snare (Beispiel 12 mit PSP oldTimer).

Manchmal wird der Drum-Buss-Kompressor (mit oder ohne parallelem Originalsignal) auch kreativ eingesetzt, um ein akzentuierendes Pumpen zu formen. Hier klingt z. B. ein Elysia Mpressor in besonders schrägen Settings mit AntiLog-Release und alles parallel zum Original sehr einladend. Solches Pumpen kann man übrigens auch anders forcieren und dabei ziemlich punktgenau kontrollieren, indem man die Kick in den Sidechain des Drum-Buss-Kompressors leitet, die Attack so lang macht, dass die Kompression erst nach der Kick einsetzt, und dann die Release auf eine Viertel (abzüglich der Attackzeit!) justiert (Hörbeispiel 13 mit Logic Kompressor).

Wenn man nun noch einen Kompressor mit verschiedenen Release-Kurven hat (wie Distressor, Mpressor, Sonnox Oxford Dynamics) kann man sich ohne Probleme einen ganzen Tag in kreativer Klanggestaltung austoben. Soviel Zeit muss sein!

stereo/master-buss

Für die Kompression des gesamten Mixes gelten dieselben Regeln wie bei der Drum-Buss-Comp, sprich ein guter Kompressor und i. d. R. sehr unauffälliges Arbeiten. Ein wichtiger Punkt ist, dass man während des gesamten Mischvorgangs den Summenkompressor aktiviert lässt, und sozusagen in den Kompressor hinein mixt. Wenn man dies nicht macht und erst nach dem Mix Kompression drüberbügelt, dann kann sich die Balance nochmal ungewollt verändern.

Deshalb ist es sinnvoll, gleich nach dem ersten Rough-Mix einen guten Stereo-Kompressor mit Link-Funktion, Sidechain-Filter und Soft-Knee-Kurve in die Summe zu packen und durchweg an zu lassen (Threshold ab und zu nachjustieren). Zudem verstärkt Summenkompression den Mittenanteil und verengt somit etwas das Stereobild. So kann man also schon während des Mischens darauf eingehen.

Geeignete Prozessoren sind z. B. cleane VCA-Kompressoren wie der SSL Master Comp, Focusrite Red3, Vertigo VSC-2, PSP BussPressor oder Mastering-Spezialisten wie der Elysia Alpha Comp oder PSP MasterComp. Ein FET Kompressor sollte hier mal ausdrücklich nicht benutzt werden, da zu hell und aggressiv.

Gute Start-Settings sind 1,5:1 bis 2:1, 50 ms Attack, Auto Release (oder ca. 250 ms, je nach Tempo), und 1-3 dB GR. Spannend wird es, wenn man dann im Mix mit dem Kompressor „arbeitet“, z. B. im Refrain härter in den Kompressor fährt und dementsprechend mehr komprimiert. Aber auch hier nicht übertreiben, zumal vor dem Summenkompressor ja schon viele andere Kompressoren arbeiten.

Dabei kommt also wieder der „double compression“ Effekt (siehe letzte Folge) zum Tragen, wobei die Summe der GR der gesamten Kette nicht überhand nehmen darf. Falls der Summenkompressor über einen dry/wet bzw. Mix-Regler verfügt, kann man hier auch nochmal die Dynamik feinjustieren (Tipp: z. B. Elysia Alpha Comp nur 90 % wet).

gitarre

Zum Schluss dieser Reihe noch ein paar Worte zur Gitarren-Kompression, obwohl es hier eigentlich nicht viel zu komprimieren gibt. Verzerrte E-Gitarre ist durch das soft-clipping ohnehin nicht sehr dynamisch, und cleane Gitarre wird bei Bedarf eher per Stompbox vom Gitarristen selbst komprimiert, zumal ein Kompressor vor dem Amp ganz anders klingt als hinter dem Mikro.

Dennoch möchte man manchmal noch etwas am Sustain schrauben oder die Pegel angleichen, sodass auch im Mix manchmal leicht komprimiert wird. Da Gitarre von Fingerpicking über Funky, Schrammel, Shredding bis Lead so vielfältig ist, kann man pauschal keinen Kompressor-Typ favorisieren. Einfach ausprobieren!

Bei dichten Rhythmus-Brettern kann man ausprobieren, die Gitarre in Abhängigkeit vom Gesang zu ducken (Vox> Git-Comp Sidechain), aber höchstens mit 1 – 2 dB GR, sonst fällt es auf. Bei extrem harten Heavy-Riffs wird manchmal ein (sehr gut eingestelltes!) Gate auf die Gitarre gegeben, um die Staccato-Riffs noch härter/percussiver zu machen.

Bei Akustik-Gitarren im Band-Kontext ist der klassische Kompressor-Einsatz schon üblicher, um die große Dynamik dem restlichen Arrangement anzupassen. Hierfür ist ein cleaner, langsamer Opto-Kompressor wie der Teletronix LA3A sehr schön. Das wars schon mit der Kompressor-Reihe. Ich hoffe ihr hattet auch viel Bass!


Alle Folgen zum Homerecording: www.gitarrebass.de/thema/homerecording

Tiefergehende Informationen zur gesamten Bandbreite der Recording-Welt gibt es auf: www.soundandrecording.de

Die Workshop- & Community-Plattform für alle Recording-, Mixing- & Mastering-Engineers sowie Produzenten: www.studioszene.de

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