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Blues Bootcamp: Josh Smith

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(Bild: Ibanez)

Greetings and salutations, my dearest Blues friends! Na, was geht ab bei euch? Ich hoffe, ihr hattet Spaß mit der letzten Episode über den Gitarristen Marcus King und seine Konzepte. In dieser Episode wird es nochmal um einen Dauergast dieser Serie gehen – Josh Smith. Der viele Jahre (und wenn man es genau nimmt eigentlich immer noch) als Geheimtipp gehandelte Wahl-Kalifornier war schon zweimal als Nebendarsteller zu Gast im Blues Bootcamp (02/2023 und 12/2023). Diesmal möchte ich ihn nochmal etwas mehr in den Fokus rücken.

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WER IST DIESER JOSH SMITH?

Josh Smith wird am 7. Oktober 1979 in Middletown, Connecticut, USA geboren und fängt schon im Alter von sechs Jahren an, Gitarre zu spielen und wird durch seine ersten Gitarrenlehrer und sein familiäres Umfeld früh mit Blues- und Jazzaufnahmen in Berührung gebracht. Obwohl die internationale Gitarrenszene zu dieser Zeit von Virtuosen wie Steve Vai oder Joe Satriani dominiert wird, zieht es ihn schon in seinen Teenagerjahren mehr hin zu Musikern wie B. B. King, Albert King, Otis Rush, Steve Cropper, Jimmy Nolen, dem Jazzgitarristen Cornell Dupree sowie dem jungen Derek Trucks, mit dem ihn seit diesen Kinderjahren eine enge Freundschaft verbindet. Es folgen endlose und ermüdende Jahre on the road, die Smith 2002 dazu veranlassen, an die Westküste nach Los Angeles zu ziehen, um dort Fuß zu fassen, was ihm jedoch viele Jahre lang nicht wirklich gelingt. Obwohl er von vielen Stars wie Michael Landau, Steve Lukather oder Larry Carlton öffentlich als herausragender Gitarrist angepriesen wird, ändert sich seine Situation erst 2009 durch die Zusammenarbeit mit dem deutschen Label Crosscut, das Smith auch zu einigen Tourneen in Europa verhilft. Einige Jahre und eine Handvoll Alben später kommt Josh Smiths Karriere nun nachhaltig in Gang, und er eröffnet in LA ein eigenes Studio, in dem er Künstler wie Eric Gales, Andy Timmons, Joanna Connor und Joe Bonamassa aufnimmt und produziert. Die Verbindung zu Joe Bonamassa erweist sich als so fruchtbar und positiv, dass dieser ihn 2021 zum Musical Director und Verantwortlichen für seine Liveband macht.

PERSÖNLICHE EINFLÜSSE

Seine „Ground Zero”-Blues-Einflüsse sind für Josh Smith die Gitarristen B.B. King und Albert King. Darüber hinaus noch Robben Ford, Matt Schofield und natürlich Stevie Ray Vaughan, dessen Einfluss sich eigentlich niemand aus dieser Generation von Gitarristen entziehen kann. Daher ist es auch fast naheliegend, dass Josh Smith in jungen Jahren vom Style her mit SRV verglichen wird. Was andere Genres betrifft, sind es die bereits erwähnten Cornell Dupree, Steve Cropper und Jimmy Nolan, die mit ihrer umfangreichen Arbeit als Sidemen vor allem Josh Smiths Arbeitsethik als Unterstützer des Hauptkünstlers geprägt haben. Obwohl er es in Interviews eigentlich nie wirklich ausdrücklich erwähnt, bilde ich mir ein, dass man in Joshs Spiel auch deutliche Spuren von Danny Gatton hören kann. Das liegt vielleicht auch am permanenten Mix amerikanischer Musikgenres.

EQUIPMENT UND SOUND

Josh Smith ist laut eigenen Aussagen durch und durch ein Telecaster-Mann, die er für die beste und flexibelste Gitarre überhaupt hält. Natürlich spielt er situationsbedingt auch schon mal andere Modelle. So konnte man ihn auf Tourneen auch schon mal mit ausgeliehenen echten Bursts oder auch mit Les Pauls und Strats einer deutschen Marke aus Leverkusen sehen. Aber „sein” Instrument ist eindeutig die Telecaster, bzw. seit ein paar Jahren sein Ibanez-Signature-Modell, das sehr an eine Tele angelehnt ist. Was den Rest des Equipments betrifft, sind maximale Dynamik und möglichst keine Compression im Sound entscheidend für ihn. Außer beim Spielen einer Strat, die er dann IMMER mit einem Tubescreamer für DIESEN Sound kombiniert, ist sein wichtigstes Effektgerät der Lovepedal Tchula Overdrive/Booster, den er als essenzielles Element seines Sounds sieht, und der nicht besonders stark verzerrt. Ansonsten noch ein bisschen Slapback-Delay, eine ordentliche Portion Hall, ab und an etwas Leslie und dann ab in einen cleanen Fender-Style-Amp, manchmal in Kombination mit einem voxigen Verstärker. Wenn man sich für das von Josh aktuell verwendete Equipment näher interessiert, gibt es wie schon bei den Künstlern der letzten Episoden jede Menge Möglichkeiten sich Signature-Equipment anzuschaffen von Firmen wie Ibanez, Morgan Amps, Lovepedal oder TC Electronics. Angenehmerweise wird das von ihm verwendete Material nur selten verändert.

CHARAKTERISTISCHE STILELEMENTE

Wie schon kurz angedeutet, zeichnet sich der Stil von Josh Smith durch eine sehr enge Vermischung von Elementen amerikanischer Musikgenres wie Blues, Jazz und Country aus. Aus harmonischer Sicht denkt er häufig in Jazz-Strukturen, während seine Artikulation und Phrasierung eindeutig dem Blues entwachsen sind. Durch den überwiegenden Einsatz der Telecaster und Spieltechniken wie Hybrid Picking und Double Stops ist zudem immer ein Hauch von Country und Western Swing im Spiel. Dies sind alles Elemente, wie man sie sehr ähnlich kombiniert auch bei dem legendären Gitarristen Danny Gatton finden kann.

Ganz grundsätzlich lässt sich sagen, dass die absolute Grundlage für Josh Smiths Spiel der Blues ist. Aber er arbeitet auch sehr oft mit Kontrasten. Sind die Chord Changes schwierig, mit vielen Akkorden, spielt er sehr oft „einfach” darüber, also mit der passenden Pentatonik. Wechseln die Akkorde langsam, werden Arpeggien, Tonleitern und Chromatik eingesetzt. In den oben genannten Ausgaben 02/2023 und 12/2023 bin ich ja schon mal auf wichtige Elemente von Smiths Spiel eingegangen. In 02/2023 war es das „Invisible Chords”-Konzept, bei dem „Approach Chords” − also Akkorde, mit denen man sich chromatisch einem Zielakkord nähert − melodisch ausgespielt werden, während die Band einen ganz einfachen Blues mit drei Akkorden spielt. In Ausgabe 12/2023 bin ich auf den kleinen, aber feinen Unterschied zwischen Blues-Shuffle und Achtelphrasierung im Jazz und Swing eingegangen. Beide Folgen natürlich mit entsprechenden Beispiel-Soli dazu. Apropos – es ist übrigens keine Verkehrte Idee, einfach mal ALLE Soli der letzten 39 Folgen mit unterschiedlichen Instrumententypen und Sounds zu spielen (sofern vorhanden). Eine weitere empfehlenswerte Folge ist die Ausgabe 02/2025, in der es um den gezielten Einsatz von Chromatik geht. Als Schwerpunkte für diese Episode habe ich mich für zwei Elemente entschieden, die ich für passend halte.

THE TOUCH OF COUNTRY MUSIC – HYBRID PICKING

Wenn es eine Spieltechnik gibt, die sich in den letzten Jahren stark in den Fokus auch von moderneren Fusion- und Rockspielern geschoben hat, ist es sicherlich das Spiel mit Pick und Fingern − auch Hybrid Picking genannt. Ursprünglich ein zentrales Element der Country-Gitarre, hat diese Technik durch Gitarristen wie Brett Garsed, Guthrie Govan oder Bumblefoot den Crossover in andere Styles geschafft. Als ich mich beim Schreiben meines Lieblingsbuches „Survival Guitar” dann endlich diesem Thema ernsthaft widmete, habe ich zu Anfang erst einmal bitterlich geweint, weil es überhaupt nicht klappen wollte. Hier sind ein paar Einstiegsübung, um erstmal an den Start zu kommen (Beispiel 1).

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Das hat bei mir erstmal recht lange gedauert, bis es einigermaßen geklappt hat. Viel länger als bei JEDEM dem ich das dann irgendwann mal später gezeigt habe. Aus Frustration habe ich dann versucht, diese Technik in mein Spiel zu integrieren, indem ich Noten, die ich mit einem Aufschlag spielen würde, durch meinen Mittelfinger ersetzt habe. Das lief besser (Beispiel 2). Für den Fall, dass du noch tiefer einsteigen möchtest, findest du in Beispiel 3 eine C-Dur-Tonleiter mit offenen Saiten und Hybrid Picking. Enjoy.

ALTERIERTE KLÄNGE – THE OLD SCHOOL WAY

Ein von Josh Smith häufig eingesetzter Kniff, um alterierte Klänge zu erzeugen, ist der Einsatz von verminderten Sept-Arpeggien. Dieses praktische kleine Tool ist einfach einzusetzen und generiert einen schönen altmodischen Jazz-Sound. Man findet sie natürlich auch als Kernelement im Classic Metal, aber im Jazz wirken sie ganz anders. In Beispiel 4 findest du einige Fingersätze dazu. Das Praktische ist, dass sie verschiebbar sind und sich alle drei Bünde in einer Umkehrung wiederholen. Die Anwendung ist leicht: über einen alterierten Dom7-Akkord spielst du das Arpeggio entweder von der b9 (Halbton höher) oder von der großen Terz, der Quinte oder der kleinen Septime. Über A7 also ab Bb, C#, E oder G.

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WAS KANN MAN VON JOSH SMITH LERNEN?

Ich finde es interessant, wie Josh Smith mühelos Elemente verschiedener Genres amerikanischer Musikkultur zu einem organischen Stil verbindet und diesen Mix in unterschiedlichen musikalischen Situationen auslebt, obwohl er sich selbst eigentlich als reinen Blues-Musiker sieht. Außerdem ist er ein weiteres Beispiel, dass sich emotionale Echtheit und musikalisches Wissen ganz und gar nicht widersprechen müssen.

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Die Akkordfolge (Beispiel 5) zum Solo des Monats (Beispiel 6) ist eine Mischung aus Jazz, Blues und etwas Gospel. Hier ist wie gewohnt eine kurze Analyse:

  • Takt 1 und 2: eine typische Blues-Phrase im Stil von Josh Smith
  • Takt 3 und 4: etwas A-Dur mit chromatischen Durchgangstönen und ein E7-Arpeggio
  • Takt 5: ein typisches Double-Stop-Lick und chromatische Durchgangsnoten
  • Takt 6: Eb°7 Arpeggio über D7
  • Takt 7 und 8: Arpeggien analog zu den Akkorden
  • Takt 9 und 10: D-Mixolydisch#11 und Eb°7-Arpeggio über D7
  • Takt 11 und 12: A-Dur-Pentatonik und A-BeBop
  • Takt 13 und 14: B-Dur-Pentatonik über B7
  • Takt 15 und 16: E-BeBop über E7

So viel für heute. Viel Erfolg beim Üben und auch sonst so. Haltet durch und bleibt echt. Immer. ●


(erschienen in Gitarre & Bass 10/2025)

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