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Americana: Peace In The Valley – im Stil von Elvis Presley

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Ich hoffe, ihr habt die letzten Wochen mit Terzen, Sexten und Dreiklängen verbracht und seid jetzt topfit, um eure neuen Griffbrettkenntnisse in einem Song-Arrangement auszuprobieren. Als Übungsmaterial habe ich den Song ‚Peace In The Valley‘ in der Version von Elvis Presley gewählt.

PEACE IN THE VALLEY

‚Peace in the Valley‘ wurde 1937 von Thomas A. Dorsey für die Gospel-Sängerin Mahalia Jackson geschrieben. In den 50er-Jahren wurde das Stück in der Version von Red Foley ein Hit in den Country-Charts und verkaufte sich über eine Million Mal. Ende der 50er sang Elvis den Song dann in der Ed Sullivan Show und nahm ihn für sein Christmas-Album auf. Dabei scheint die Red-Foley-Version Vorbild gewesen zu sein, denn sowohl das Gitarrenintro als auch das Gesangsarrangement sind sehr ähnlich.

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VORGEHENSWEISE

Möchte ich einen Gesangstitel als Instrumental-Version spielen, gehe ich auf eine bestimmte Weise vor. Zuerst höre ich mir den Titel an und überlege, welche Elemente für das Original wichtig sind. Neben der Melodie und den Akkorden können das bestimmte Gitarren-/Piano-/Bläser-Passagen sein, ein spezieller Groove oder bestimmte Breaks und rhythmische Elemente. Anschließend transkribiere ich die Gesangsmelodie und die Akkorde. Soweit möglich versuche ich, die Phrasierung des Sängers auf die Gitarre zu übertragen – gerade Elvis hat eine tolle rhythmische Herangehensweise an Melodien, mit der er einfachen, eigentlich gleichbleibenden Melodien viel Leben einhaucht. Da kann man als Instrumentalist viel über Nuancen in der Phrasierung lernen!

Anschließend schreibe ich mir ein simples Leadsheet für die Akkorde und den Songablauf und notiere die Melodie. Hierbei finde ich echte Noten inspirierender, da ich anschließend unterschiedliche Varianten ausprobieren kann, wie ich die Melodie auf der Gitarre spiele – zum Beispiel in verschiedenen Oktaven, mit Akkorden oder Doublestops, als Singlenotes, mit Elementen wie Bendings, Slides und Hammer Ons.

Nichts geht über Handarbeit: Akkorde und Songablauf.

Genau das mache ich dann. Ich probiere so lange aus, wie man die Melodie spielen kann, bis ich ein Arrangement für die Gitarre habe. Sobald das ungefähr steht, nehme ich den Gitarrenpart demomäßig auf und arbeite am Bass und den Drums, wobei ich mich immer frage, ob sie einfach den Gitarrenpart unterstützen oder auch mal dagegen laufen sollen. Es lohnt sich außerdem manchmal, bestimmte Akkorde auszutauschen, um etwas Spannung zu erzeugen. Eine wichtige Entscheidung ist zuletzt auch, ob man groovemäßig am Original dranbleiben möchte oder etwas ganz eigenes versucht – beides kann gut funktionieren. Steht die Rhythmusgruppe, spiele ich den Gitarrenpart neu ein.

DAS ARRANGEMENT

Meine Version von ‚Peace In the Valley‘ verbindet Soul, Jazz und Rockabilly. Eingespielt habe ich sie auf einer Framus Semiakustik aus den frühen Siebzigern über einen weit aufgedrehten Fender Deluxe Reverb von 1964. Hall und Echo kommen von einem UAD-Plugin aus dem Computer.

Es muss ja nicht immer Gretsch sein: eine Framus Caravelle aus den Frühsiebzigern.

Der einzige Instrumentalpart, den ich vom Original übernommen habe, ist das Gitarren-Intro von Scotty Moore. Die ursprüngliche Singlenote-Melodie habe ich mit ein paar Terzen und Akkorden angereichert. Die Melodie im A-Teil spiele ich hauptsächlich mit Terzen und Sexten, oder um klassische Gitarrenakkorde herum mit Singlenotes.

Beispiel 1: ‚Peace In
The Valley‘

Da der Charme von Gospel-Musik auf relativ klaren Akkorden basiert, habe ich auf großartige Reharmonisationen oder Jazz-Harmonien verzichtet. Lediglich über den G-Dur-Akkord im letzten Takt des A-Teils sorge ich mit zwei Dreiklängen für Spannung: F-vermindert macht den Akkord zu G7b9, Fm zu einem G7sus4b9. Das bringt etwas Pfeffer in die Harmonie, löst sich aber in einen klaren C-Dur wieder auf. Im B-Teil setze ich etwas mehr auf Dreiklänge und kombiniere gegriffene Singlenotes mit Leersaiten, die flüssige Lagenwechsel ermöglichen. Im C-Teil erzeugt die Abwärtsbewegung vom C zum Bb und A etwas Bluesstimmung, bevor ein klassisches Dur-Pentatonik-Lick den Song beendet.

Der letzte Ton wäre eigentlich der Grundton von C-Dur, ich harmonisiere ihn aber erst mit F-Moll (die vierte Stufe in Moll) – ein bekanntes Stilmittel aus vielen Balladen der 50er-Jahre – bevor es statt zum klassischen C-Dur zum Csus2 geht. Solche sus2- oder add9- Akkorde verwende ich gerne, um etwas harmonische Spannung zu erzeugen, ohne zu jazzig zu klingen.

In diesem Sinne wünsche ich viel Spaß mit ‚Peace In the Valley‘, etwas Frieden und Ruhe kann die Welt ja gerade durchaus gut gebrauchen!

Anregungen und Kritik könnt ihr wie immer unter martin@the-incredible-mr-smith.com loswerden.

(erschienen in Gitarre & Bass 08/2020)

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Kommentar zu diesem Artikel

  1. … könnte auch eine Framus Atlantic sein.
    Freundliche Grüße

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