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Trivium: Matt Heafy im Interview

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(Bild: WMG)

Während Trivium schon seit Jahren zu den großen Metalbands des 21. Jahrhunderts gehören, hat ihr Sänger und Gitarrist Matt Heafy zudem eine bemerkenswerte Karriere auf dem Streaming-Portal Twitch hingelegt. Genug Zeit für ein neues Album blieb dennoch: Nach dem im April 2020 erschienenen Album ‚What The Dead Men Say‘ legte das Quartett bereits im letzten Jahr mit ‚In The Court Of The Dragon‘ nach und zeigte routiniert, wie traditionsbewusster Metal mit modernen Elementen klingen kann.

Wir trafen den wie immer gleichermaßen vielbeschäftigten und hochsympathischen Heafy zum Gespräch, der uns direkt weltmännisch auf Deutsch begrüßte: „Hallo, hallo! Wie geht’s?“

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interview

Sehr gut! Euer letztes Album ist nur 18 Monate nach dem Vorgänger ‚What The Dead Men Say‘ herausgekommen. Habt ihr die Zeit wegen der abgesagten Touren genutzt?

Ich glaube, das lag tatsächlich an der zusätzlichen freien Zeit. Trivium haben sich noch nie gerne ausgeruht, niemand in der Band. Ich mag es nicht, Pausen zu machen und zu entspannen. Wir fühlen uns gut dabei, wenn wir viel machen können. Dadurch, dass uns ein Arbeitsbereich weggenommen wurde, haben wir das einfach mit etwas Anderem ersetzt. Wenn wir also wie geplant unserer Tour nachgegangen wären, hätten wir dieses Album nicht so schnell fertiggestellt.

Du hast eine neue Epiphone MKH Les Paul Signature. Erzähl uns doch davon.

Es gibt die MKH Les Paul Custom Origins in Bone White oder Ebony Schwarz. Wir haben entschieden, den Hals zu verändern – vorher hatten wir den Axcess-Neck, der sehr flach ist. Nun ist es eher ein Modern Classic Neck, den ich auch eigentlich bevorzuge. Außerdem wollte ich eine leichtere Gitarre. Ich weiß, dass ich mal gesagt habe, dass ich nur superschwere Gitarren spiele, aber dieses Mal war es anders. Dann noch Locking-Tuner und die neue Kopfplatte mit dem neuen Logo. Ich entschied mich, die Mensur beizubehalten. Ich bevorzuge 22 Bünde und die Mensur von 24,75 Zoll, das ist einfach authentisch. Als Pickups sind die MKH Fishman Fluence Customs dabei. Es gibt sie für Sechs- oder Siebensaiter und sie sind ab Werk in meinen Signature-Gitarren eingebaut. Der Zusatz „Origins“ bezieht sich auf meine originale Les Paul Custom, die ich mit elf oder zwölf Jahren bekommen habe. Meine Signature-Gitarren sollten also immer genau so aussehen wie meine ersten Gitarren: Die aus dem ‚Gunshot‘-Video und die aus dem ‚Pull Harder‘-Video. Es gibt beide auch als Linkshänder-Version.

Worauf hast du bei deinen Fishman-Signature-Humbuckern geachtet?

Ich liebe die Marke einfach. Für mich haben sie einige der besten Pickups der Welt. Ich wollte diesen Ton, den ich „Classic Modern“ nenne. Er verstärkt wirklich den Sound der eigenen Finger. Es brauchte aber auch den Split-Coil-Sound: In letzter Zeit bin ich verrückt nach SinglecoilSounds. Die Pickups haben also jeweils die aktive Einstellung, die passive und den Split Coil.

Welche Gitarren hast du auf dem Album gespielt?

Für das Album haben wir meine alten Epiphone-Signatures benutzt: Die Snowfall und die normale. Die habe ich mit sechs und sieben Saiten, aber ich habe sie mit Evertunes und Fishmans bestückt, also etwas gemoddet. Es ist nur dieses eine Modell, das ich auf ‚The Sin And The Sentence‘ (2017), ‚What The Dead Men Say‘ (2020) und ‚In The Court Of The Dragon‘ (2021) spiele. Auf allen drei Alben habe ich meine Epiphones für fast alle Rhythmus- und Lead-Parts gespielt.

Euer Sound ist unglaublich wuchtig und voll auf dem Album. Wie habt ihr die Gitarren arrangiert?

Auf den beiden Vorgänger-Alben haben wir im Mix für jede Seite, also rechts und links, jeweils eine Rhythmus-Gitarre aufgenommen. Dieses Mal sind es zwei auf jeder Seite. So haben wir es auch schon auf ‚In Waves‘ (2011), ‚Shogun‘ (2008) und ‚Ascendancy‘ (2005) gemacht. Das war zum einen meine Epiphone. Dann habe ich noch die Gitarre von Corey (Beaulieu, zweiter Gitarrist von Trivium, Anm. d. Aut.) gespielt, also seine Jackson mit den Seymour-Duncan-Blackout-Humbuckern, aber durch mein Rig: Ein MXR 10-Band EQ und ein Maxon OD-808 in den EVH 5150 III Stealth. Ich glaube, der ging in ein Mesa Cab mit Celestion V30s, abgenommen über ein Shure SM57.

Ich fand es interessant, Coreys Gitarre zu spielen, aus folgendem Grund: Wir sind beide gleich gut, was die Rhythmus-Gitarre angeht, aber es klingt besser, wenn ein Gitarrist alle Rhythmus-Parts auf einem Album übernimmt. Die meisten Bands machen das auch so. Es war daher spannend, seine Gitarre für die dritte und vierte Dopplung zu spielen. Manchmal gab es durch die Verwendung von verschiedenen Gitarren einen natürlichen Chorus-Effekt, was ich ziemlich cool fand.

Matt Heafy im Studio mit seiner alten Epiphone Signature
Corey Beaulieu, der zweite Gitarrist bei Trivium

Mit welchem Setup spielst du das Album live?

Mit meinen Epiphone-Signature-Gitarren natürlich. Dann benutze ich meine Signature-Picks und die Trivium-Signature-Saiten von Dunlop in den Stärken 10-52 bzw. 10-63 für Siebensaiter. Dazu mein Richter Signature Double Strap … Ich habe viel Signature-Kram. Ich benutze den Double Strap, obwohl meine neue Gitarre deutlich leichter ist. Ich mag es, wenn die Dinge balanciert und symmetrisch sind. Die Gitarre geht in einen MXR 6-Band EQ, das KHDK Ascendancy Overdrive, was unfassbar gut klingt. Das war eine Limited Edition – ich glaube, es war in einem Tag ausverkauft. Dann in den EVH 5150 III Stealth und von da in ein Two Notes Torpedo Captor X. Das finde ich absolut unglaublich. Es ist ein Cab-Modeller, aber ich denke, dass es besser klingt als eine richtige Box.

Gerade integrieren wir außerdem wieder Live-Cabs. Die sind aber nur für den Bühnensound, also für uns. Das heißt zwei bis vier Live-Boxen für Corey und mich, aber das Publikum hört das, was über den EVH-Head aus dem Captor kommt. Die Leute in den vorderen Reihen hören die richtigen Cabs vielleicht auch. Für Leads verwende ich live einen KSR Eros Boost, ein MXR Carbon Copy Delay und ein MXR Reverb. In meinem Homestudio für Streaming hat mein Board sicher an die 30 Pedale. Ich war nie so ein richtiger Pedal-Typ und lange habe ich weder richtige Amps, Boxen oder Pedale gespielt, aber jetzt benutze ich es alles wieder. Bis auf die Cabs: Ich glaube, Boxen brauch man nicht unbedingt. Diese digitalen Captor-Boxen sind am Nähesten zu einer Box und einem Mikrofon. Ich habe mit vielen Produzent:innen geredet, die sagten, man könne fast keinen Unterschied hören.

Also spielt ihr keine Kemper mehr?

Doch, wir lieben Kemper und benutzen immer noch welche für Shows außerhalb von unseren Touren. Paolo (Gregolett, Bassist, Anm. d. Aut.) spielt live immer mit einem. Wenn es darum geht, dass wir von einem Festival zum anderen fliegen, benutzen wir dafür den Kemper.

Wann hast du angefangen, wieder analoges Gear zu benutzen?

Das war während der Aufnahmen zu ‚What The Dead Men Say‘. Corey hatte ein Topteil dabei und sagte, ich solle es mal wieder mit einem richtigen Amp probieren. Ich hatte lange mit keinem mehr gespielt, und wir nahmen die Gitarren auch über einen Kemper auf und ließen den Toningenieur die Spuren re-ampen. Was mir dabei aufgefallen ist: Wenn du einen Modeler benutzt, egal ob Axe-FX, Kemper oder Neural, wird das Publikum es nicht merken. Die Klangverarbeitung ist einfach so gut mittlerweile. Aber die Band, die die Musik spielt, fühlt diese organische, perkussive Resonanz bei einem richtigen Amp.

Und ich habe das Gefühl, dass es da weniger Latenz gibt. Klar, es gibt bestimmt jemanden, der mir wissenschaftlich belegen kann, dass es keinen Unterschied in der Latenz zwischen einem Modeler und einem Amp gibt. Vielleicht ist es Placebo, aber ich merke eine schnellere Ansprache, wenn ich durch ein richtiges Topteil spiele. Ich fühle diese Rückwirkung und den Attack. Und das lässt mich wirklich besser Gitarre spielen. Ich habe mit einigen Gitarrist:innen geredet, die mir zustimmen: Richtige Röhren, die den Sound verzerren, haben etwas. Ich habe gemerkt, dass das „best of both worlds“ ein richtiger Amp in den Captor für die Crowd ist.

Denkst du, mehr Rockmusiker sollten Streaming-Plattformen wie Twitch nutzen?

Es kommt immer darauf an, was für sie funktioniert. Ein Freund hat mich vor ein paar Jahren gefragt, wie viel ich übe. Ich sagte: „Ich muss fünf Tage die Woche üben, eine bis vier Stunden am Tag, einfach, um in Form zu bleiben.“ Nicht alle Musiker:innen brauchen das, aber ich denke, dass mir das hilft und ich mache es gerne. Er hat mich dann gefragt, wieso ich das nicht streame. Ich dachte: „Niemand will das sehen.“ Er sagte: „Versuch es.“ Und es änderte mein Leben und das der Band. Ich glaube, andere Bands sollten es auch mal versuchen.

Aber: Ich habe nicht damit angefangen, um Geld zu verdienen oder eine größere Reichweite auf Social Media zu erreichen. Sondern nur, um mehr Zeit mit den Fans zu verbringen. Man muss es wirklich lieben und auch Glück haben. Einen Twitch-Kanal zu starten ist wirklich so schwierig, wie eine Band zu starten und zu versuchen, zum ersten mal auf Tour zu gehen. Die Leute schauen mittlerweile meinen Kanal, aber am Anfang hat kaum jemand zugeschaut. Es hat viel Zeit und Kontinuität gebraucht. Ich streame einfach, was ich gerne mache und sowieso tun würde: Üben und Zeit mit der Trivium-Community verbringen. Ich habe lange gebraucht, das den Trivium-Fans beizubringen und sie zur Plattform zu holen. Sehr lange.


equipment

GITARREN
● Epiphone Matt Heafy Les Paul Custom Origins

AMPS & BOXEN
● EVH 5150 III Stealth Head
● Mesa-Box
● Two Notes Torpedo Captor X

EFFEKTE
● Maxon OD-808
● KHDK Ascendency Overdrive
● MXR 10-Band EQ
● MXR 6-Band EQ
● KSR Eros Boost
● MXR Carbon Copy Analog Delay
● MXR Reverb

KABEL/SAITEN/PLEKTREN/ZUBEHÖR
● Dunlop 10-52
● Dunlop Matt Heafy Max Grip Jazz III
● Richter Matt Heafy Double Strap

(erschienen in Gitarre & Bass 10/2022)

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