Im Interview

Orianthi: Next Level

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(Bild: Chris Ace)

Als Teenager jammte sie mit Steve Vai, als Profi rockte die Australierin für Alice Cooper, Michael Jackson und Santana. Zuletzt sorgte sie mit Richie Sambora als Promi-Pärchen ‚RSO‘ für Schlagzeilen. Diesmal ist Orianthi in eigener Sache unterwegs und stellt nicht nur ihren neuen Longplayer ‚O‘ vor.

Ein neues Custom-PRS-Modell, eine Gibson-Signature-Jumbo, ein neuer Gitarren-Amp und zwei Signature-Effektgeräte von Nexi Industries: es hat sich einiges getan bei Frau Panagaris. Zu hören auf ihrem neuen Soloalbum ‚O‘. Mit neuen Songs und hörbar verändertem Sound versucht die Sängerin, Gitarristin und Songwriterin ihr Profil zu schärfen und Eigenständigkeit zu zeigen.

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Tatsächlich klingt ‚O‘ ansprechend divers in Sachen Stilistik und Sounds, was nicht zuletzt an ihrer Kollaboration mit Produzenten- und Songwriter-Legende Marti Frederiksen liegt, auf dessen Credit-Liste Acts wie Aerosmith, Mick Jagger, Ozzy Osbourne, Ace Frehley und Gavin Rossdale stehen. Fragen wir doch mal nach, wie das alles so kam.

Orianthi, du warst im Lockdown sehr aktiv, hast zum Beispiel Live-Chats sowohl mit Fans als auch mit anderen Musikern wie Tal Wilkenfeld gemacht, inklusive Blues-Live-Session und Guitar-Workout.

Ja, klar. Es sind verrückten Zeiten, die wir gerade durchmachen. Wir Musiker leben vom Kontakt mit unserem Publikum. Wir spielen live, das ist unser Job. Ich fand es eine gute Idee, wenigstens über soziale Medien in Kontakt zu bleiben, um über Musik zu reden, zu jammen, Songs zu schreiben. Ich verstehe total, dass es wichtig ist, seine Kontakte zu reduzieren und zuhause zu bleiben. Ich glaube derzeit entstehen gerade weltweit tausende an Songs. Es wird eine Menge Platten geben. Und ich kann es kaum erwarten sie zu hören!

Du hast mir mal im Interview gesagt, wenn du eine Gitarre in die Hand nimmst, möchtest du lernen. Zum Beispiel wolltest du dein Country-Picking verbessern. Womit hast du dich zuletzt beschäftigt?

Ich arbeite derzeit so gut wie gar nicht an meiner Technik, sondern versuche mich im Songwriting zu verbessern. Ich schreibe sehr viel Material. Diese Seite an mir will ich voranbringen. Natürlich haben die Songs dann auch Soloparts und ein Solo ist für mich ein Song innerhalb des Songs. Ich versuche mich dabei aus meiner Komfortzone zu holen und arbeite an meinem Solospiel. Und klar, bevor ich auf Tour gehe, arbeite ich jeden Tag sehr diszipliniert an meiner Technik, um fit zu sein. Aber momentan hat das keine Priorität.

Wie entstanden die neuen Songs? Du hast angeblich mit Beats, Riffs, neuen Sounds und Effekten experimentiert, da hörte man Einflüsse von Muse und Jeff Beck.

Stimmt, ich habe zuerst mit Riffs und Sounds experimentiert. Ich kontaktierte Marti Frederiksen, einen guten Freund von mir, und fragte ihn, ob er gerade Zeit und Lust habe, mit mir zu arbeiten. Wir stellten uns bestimmte Vibes vor, die ein Song haben sollte und begannen uns treiben zu lassen, stellten Spuren mit verschiedenen Beats zusammen, entwarfen Bass- und Keyboard-Sounds. So entstand langsam ein Gesamtbild für fast jeden Song. ‚O‘ ist ziemlich eklektisch, weil ich mir erlaubt habe, stilistisch in alle Richtungen zu schauen. Nimm ‚Crawling Out In The Dark‘: ein düsterer Track, den eine Freundin von mir geschrieben hat. Oder ‚Sorry‘, ein echt fröhlicher Song, oder ‚Blow‘, das mit seinen Atmosphären an Nine Inch Nails erinnert. Ich finde das Album ziemlich spannend. Es gibt für jeden etwas zu entdecken. Und genau das war mein Ziel.

Anscheinend haben es nicht alle Ideen aufs Album geschafft. Es gab mit ‚Love Bomb‘ einen Track, der jetzt nicht auf der Tracklist steht.

Ich hatte schon einige Songs geschrieben und war zu der Zeit in geschäftlichen Verhandlungen, wo ich mein Album veröffentlichen und welche Richtung es einschlagen würde. ‚Love Bomb‘ existiert schon seit knapp zwei Jahren. Als ich mit Marti in Nashville arbeitete, nahm das Album am Ende dann eine andere Form an. Ich denke, ein Album ist eine Reise, auf der man verschiedene Wege ausprobiert und auf der eine Menge Dinge passieren. Du musst dich auf Veränderungen einlassen können. Als Marti und ich an ‚Rescue Me‘ arbeiteten, war klar: diesen Vibe soll das Album bekommen.

Dein Album ist ziemlich fett produziert. Du kannst aber auch deutlich abgespeckt klingen, wie in ‚Crawling Out In The Dark‘, nur mit Gitarre, Gesang und sparsamen Streicher-Sounds.

Diesen Song hat meine Freundin Candi Carpenter geschrieben, eine exzellente Songwriterin. Das war eigentlich ein Country-Song. Aber der Text passte zu meiner Situation und sicher auch zu der vieler anderer Menschen, denn es geht um eine gescheiterte Beziehung. Und selbst im metaphorischen Sinn passt der Song in diese Zeit, denn wir alle sehnen uns nach einem Silberstreif am Horizont und wollen raus aus dieser dunklen Zeit. Als Marti Candis Song hörte, sagt er sofort, wir sollten den aufs Album nehmen. Ich hoffe, dass sich viele Menschen in diesem Song wiederfinden, denn jeder Mensch durchlebt traurige Phasen, beschließt gewisse Dinge zu ändern, sich selbst zu vergeben und kommt am Ende gestärkt oder vielleicht sogar als anderer Mensch heraus. Es sind die Krisen, die uns stärken.

Mal ehrlich: Hattest du bei dem Song die Beziehung zu deinem Ex-Freund Richie Sambora im Kopf? Da heißt es unter anderem: „I could hear you screaming through the walls, probably cause you’re favorite drink was pain pills and alcohol”.

(lacht) Nein, hatte ich nicht. Auch wenn das in der Öffentlichkeit schon einige dachten! Richie und ich sehen uns immer noch. Ich mag ihn sehr, er ist ein toller Mensch. Wir haben Kontakt, er weiß was ich mache, kennt mein Album, mag die Songs und ich weiß, dass er gerade an einem neuen Album arbeitet, was ziemlich toll zu werden scheint. Zwischen uns ist alles gut. Es ist nicht so, wie die Menschen da draußen vermuten. Es ist schwierig, wenn du eine Beziehung führst, die permanent von den Medien begleitet und bewertet wird. Mein Leben ist durch meine Karriere ziemlich öffentlich. Da möchte ich das, was persönlich ist, auch für mich behalten.

Kommen wir zu deinem Equipment. Im Video ‚Sinners Hymn‘ bist du mit einer weißen Gibson Flying V zu sehen. Der Beginn einer neuen Liebe?

(lacht) Nein, die Idee entstand spontan für den Videodreh. Jimi Hendrix hat eine Flying V gespielt und ich finde sie sieht einfach cool aus. Das allein ist der Grund, um ehrlich zu sein. Auf der akustischen Seite arbeite ich ja mit Gibson zusammen und das läuft prima. Aber bei meinen elektrischen Gitarren bin ich seit 20 Jahren mit PRS verbunden und bleibe das auch. Natürlich spiele ich zu Hause auch mal andere Gitarren, zum Beispiel meine Stratocaster oder eine Telecaster. Ich bin Gitarrenliebhaberin und finde jede Gitarre hat ihre eigene Persönlichkeit und Stimme. Aber ich bin auch eine loyale PRS-Endorserin, denn ich finde sie machen unglaublich gute Instrumente.

Du besitzt und spielst eine stattliche PRS-Kollektion. Zum Beispiel deine goldene Custom 24, dein erstes Signature-Modell, das den Spitznamen „Pepper“ trägt. Live spielst du gern „Manos“, eine Custom 22 oder ein Santana-Modell mit blauem Finish, das du „Canyon“ nennst. Jetzt hat dir Paul eine Orianthi Custom gebaut mit einem Purple-Finish, deinem Graphic-Design auf der Decke, auffallenden Inlays im Griffbrett und Private-Stock-Pickups. Erzähl mal.

Gerne! Ich besitze ja inzwischen einige Modelle und sie haben sich alle toll entwickelt und spielen sich fantastisch. Aber diese neue Custom ist meine Lieblingsgitarre, denn sie scheint alle Features, die ich an „Manos“, „Pepper“ und „Canyon“ liebe, zu vereinen – Hals, Body, Pickups. Um ehrlich zu sein, wusste ich gar nichts davon. Paul (Reed Smith) kam vor einer Weile mit der Gitarre zu mir. Inzwischen wurde sie mehrfach umlackiert, zuerst Silber, dann Pink, dann Lila. Dann bekam sie diese wundervollen floralen Inlays und sieht damit umwerfend aus. Die Pickups sind Special Private Stock und wurden extra für das Modell entwickelt. Die Gitarre ist übrigens tatsächlich bestellbar. Es wird sie nicht in den Läden geben, doch wer bei seinem lokalen PRS-Händler nachfragt, kann sie bestellen. Sie wird ziemlich teuer sein, das will ich nicht vorenthalten.

(Bild: Patrick Rivera)

Es gibt ein YouTube-Video, wo du mit Richie Sambora bei Norman’s Rare Guitars auf alten Gibson-Jumbos Blues-Licks spielst. Jetzt hast du deine Gibson-Signature-Acoustic am Start, eine J-200 mit transparent-rotem Finish und Custom-Inlays. Warum entscheidet sich eine so kleine zierliche Frau wie du für eine Jumbo?

Da geht es mir nur um den Sound! Der Ton einer J-200 ist anders, als von jeder anderen Akustikgitarre. Ein weiterer Grund, warum ich die J-200 liebe, ist natürlich Elvis Presley! (lacht) Ich unterhielt mich mit den Jungs von Gibson, fuhr nach Montana und wir testeten alle möglichen Modelle. Dann entwickelten wir meine Gitarre, also die Inlays des Griffbretts, das rote Finish, das Pickup-System. Natürlich fanden sie die Gitarre etwas groß für mich, aber ich sagte ihnen, dass mir das völlig egal sei! (lacht) Sie machten mir den Vorschlag ein Hybrid-Modell zu bauen, indem sie den Hals einer ES-345 verwenden, dessen Mensur etwas kürzer ist. Und diese Kombination spielt sich unfassbar gut! Für mich, die überwiegend elektrisch und gerne Soli spielt, ist das die beste Akustikgitarre, die ich je gespielt habe.

Zuletzt hast du PRS-Archon-Amps benutzt. Auf der NAMM Show warst du mit einem Orange Rockerverb MKIII zu sehen.

Ich weiß, das klingt komisch, denn ich habe Orange vorher nie gespielt. Dann traf ich Pat Foley von Orange, ein guter Freund von mir, und der empfahl mir diesen Amp einfach mal zu testen. Ich probierte ihn und war begeistert! Meine Gitarre und dieser Amp klingen in Kombination perfekt, er besitzt Power und Klarheit. Ich benutze ja nicht viele Effekte, für mich muss der Ton einfach passen. Ich will mir meinen Sound nicht erst hinbasteln.

Es ist halt ein klassischer Amp. Passt zu deinem Album.

Marti und ich haben den Rockerverb auf jedem Song eingesetzt. Ein paar effektbeladene Sounds haben wir mit einem Kemper Profiler gemacht, aber Basic Tracks und Leads kommen vom Rockerverb über meine PRS. Bis auf das Solo von ‚Crawling Out In The Dark‘, das habe ich auf meiner Strat gespielt.

Apropos Effekte: Du hast auf der NAMM Show zwei Signature-Pedale vorgestellt, ein NexiPlexi Overdrive und einen Octaver.

Wie gerade gesagt, ich benutze kaum Pedale, aber analog klingende Effekte finde ich super. Ich kenne die Jungs von Nexi Industries gut, die machen qualitativ hochwertige Produkte. Als Hendrix-Fan mag ich dessen Octaver-Sound und fragte sie, ob sie mir so einen Effekt bauen könnten. Gesagt, getan. Und dann bauten sie auch gleich noch den NexiPlexi Overdrive für mich.

Vielen Dank fürs Gespräch!

(erschienen in Gitarre & Bass 02/2021)

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Orianthi ist zweifelsfrei eine top Gitarristin und hervorragende Sängerin,das ist Fakt. Ob die derzeitige Nita Strauss,die u.a. bei der Alice Cooper Band als Gitarristin engagiert wurde,nun noch viel besser spielt,als Orianthi,sei dahin gestellt.Ich finde beide sehr gut! In den letzten Jahren haben sich vornehmlich weibliche Gitarristinnen etabliert,die teilweise ihre männlichen Kollegen spieltechnisch längst überholt haben.Ich finde das prima,weil auch die Ladies sehr gut in der Lage sind,traumhafte Melodien aus ihrer Gitarre zu zaubern.
    Somit wurde die Domäne der männlichen Gitarren-Machos endlich gestürzt.
    Frauen sind nun mal gleichberechtigt,auch wenn dies so manchem Macho nicht sonderlich gefallen mag! Frauen Power an der Gitarre bereichert die musikalische Vielfalt ungemein.Das mußte hier einfach mal gesagt werden,selbst wenn es einigen Kerlen nicht paßt!
    Merke: das Musizieren ist absolut kein Wettbewerb,sondern soll Freude und Spaß bringen! Bleibt stets loyal und tolerant.

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    1. Alles richtig, nur die Scheibe ist schwach. Frauenpower in der Musik? Esperanza Spalding!!!!!

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    2. So, so, Musizieren ist kein Wettbewerb… aber Dein ganzer Kommentar läuft genau darauf hinaus.
      Irgendwie off topic. Das hat die exzellente O. nicht verdient, auf ein männlich/weiblich – Schema reduziert zu werden.

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  2. Orianthi macht einen guten Job, finde ich. Sie geht mittlerweile ihren Weg und spielt richtig cool.

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  3. Ihr neues Album „O“ ist wirklich gut gemacht, satte geile Riffs gut mit Gesang arrangiert, kurz und sehr eingängig. Einfach Klasse! Ich kannte Orianthi gar nicht, bin vor kurzem durch Zufall darauf gestoßen. Es gibt etliche Videos auf YouTube, viele zusammen mit bekannten Gitarristen, absolut sehenswert.

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  4. Die Zeiten, in denen die Berufskleidung von Irma la Douce, Löwenmähnenfrisuren und dumpfe 08/15 Songs für Frauen im Rock standen, sollten endlich vorbei sein. Was für ein prollig aufgesetzter Scheiß !

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