Opeth zählt heute völlig zurecht als eine der herausragendsten Prog-Metal Bands überhaupt. Und das, obwohl sie seit mindestens drei Alben keinen Metal mehr spielen. ‘Heritage'[2011], ‘Pale Communion’ [2014] sowie ‘Sorceress’ [2016] sind ein starker Umbruch im Vergleich zu der Stahl-lastigen Vergangenheit der Schweden. Seit spätestens dieser Zeit wildert Bandchef Mikael Åkerfeldt stärker als jemals zuvor im Sound der 70er, seiner musikalischen Lieblings-Dekade. Dies hat viele alte Fans vergrault und viele neue gewonnen und glücklicherweise schert sich die Band nicht allzu sehr um die an sie gestellten Erwartungen.
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Das 2005 veröffentlichte Album ‘Ghost Reveries’ kann in der Retrospektive als eine logische Entwicklung von dem gesehen werden, wofür Opeth heute stehen. Es war das bis dato wohl umstrittenste Werk der Band, denn obwohl damals noch der Metal als Überbau genutzt wurde, verschob sich die Ausrichtung hörbar. Die Death-Metal-Growls wurden sparsamer eingesetzt, Mikael verwendete seine cleane Stimme deutlich öfter und vielfältiger und räumte ihr auch mehr tragende Passagen innerhalb des Songwritings ein. Die retro-Einflüsse erreichten zwar noch nicht die Dimensionen von ‘Heritage’ & Co, setzen jedoch bereits eindeutige Duftmarken und damit auch den zukünftigen Fahrplan.
Aber sehen wir mal von Selbstvergleichen ab. ‘Ghost Reveries’ ist ein herausragendes Stück Musik, die auch in zehn Jahren relevant sein wird. Denn hier gibt es nicht nur haufenweise beeindruckende Musikalität, ein fantastisches Handwerk bei jedem Instrument (bis auf den Bassisten Martin Mendez und Åkerfeldt selbst hat sich die Besetzung mittlerweile komplett erneuert) und eine bombige Produktion – die 66 Minuten wirken auch musikalisch wie aus einem Guss. Die Songs fließen ineinander über und über die gesamte Spieldauer hinweg wird man durch die tolle Dynamik bei Laune gehalten. Schon der Opener/Titelsong fasst das Album bestens zusammen. Ein brachialer Anfang, der verspielt und dynamisch fortgeführt wird, harte Riffs, gefühlvolle Soli, abwechslungsreicher Gesang und proggige Strukturen. Und auch danach verliert man sich nicht, denn obwohl komplex, entpuppen sich die Kompositionen nach mehreren Durchläufen als eingängiger als gedacht. Kein Wunder, dass Feuilleton-Presse die Band bei dieser Veröffentlichung für sich entdeckte. Und das ist auch völlig in Ordnung, denn Opeth haben nun mal viel mehr zu bieten als eine Facette. Und so verdichtet und fokussiert wie hier, ist es ihnen vermutlich noch nie gelungen. Wobei man das bei der Fülle an genialen Alben dieser Band definitiv zur Diskussion stellen kann.
Wer gerne härtere Musik mit viel Anspruch und Tiefe hört, kommt an diesem Meilenstein einfach nicht vorbei!