Neuer Fund

Lutz Heidlindemann: Die fränkische Schatzinsel

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Lutz Heidlindemann (l.) und Assistent Anthony Schneider (Bild: Uwe Arens / Lutz Heidlindemann)

Lutz Heidlindemann ist ein Schatzsucher. Seine Entdeckungen macht er jedoch nicht auf einsamen Karibikinseln – sondern in heimischen Gefilden. Nach den legendären Funden von Bubenreuth und Potsdam ist der Gitarrenbauer und Forscher erneut auf musikalisches „Gold“ gestoßen.

Bereits vor Jahren begann Heidlindemann, Inhaber von LUK Guitars/GuitarDoc in Berlin, sich für die Geschichte des deutschen Gitarrenbaus zu interessieren und begann Nachforschungen anzustellen. Diese führten zum ersten „Schatzfund von Bubenreuth“, bei dem Heidlindemann in einem alten Lagerraum insgesamt 300 Bodies und andere Gitarrenteile aus alten Höfner-Beständen sicherstellen konnte (G&B 12/2013).

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Daraus entstanden in den vergangenen Jahren neben Rekonstruktionen bekannter Höfner-Modelle wie der Committee auch mehrere Gitarren in seiner Franklin-Serie (Franken und Berlin), sowie Spezialanfertigungen wie die Nofretete für Pyramid. Einige Zeit später entdeckte Heidlindemann vor den Toren Berlins aus dem Bestand eines Bildhauers bis zu 300 Jahre altes, hervorragend gelagertes Mahagoni und Ebenholz – der „Schatz von Potsdam“.

Vor gar nicht so langer Zeit brach der Gitarrenbauer erneut nach Franken auf – eine Entdeckung auf einer Online-Plattform fiel zeitlich mit einem Tipp zusammen: Die Tochter eines ehemaligen Höfner-Gitarrenbauers gab den Hinweis, dass bei ihr noch Holz lagere. Das Lager stand kurz vor dem Abriss! Und so begannen an drei verschiedenen Orten in der Region die Nachforschungen.

Diese hatten einen durchaus traurigen Beigeschmack, wie Heidlindemann berichtet. Die Gitarrenbauer in Bubenreuth blickten auf eine bewegte Vergangenheit zurück. Sie wurden nach dem Zweiten Weltkrieg aus Schönbach, dem heutigen Luby in Tschechien, vertrieben und fanden in Franken eine neue Heimat. Was dann kam, wird von manchen als die erste „goldene Ära“ des deutschen Gitarrenbaus gesehen – die 1950er- und 1960er-Jahre waren Zeiten des Aufbruchs und Wachstums.

Doch in den späten 1960er-Jahren kamen die großen US-Hersteller mit Macht auf den deutschen Gitarrenmarkt, bald darauf verdrängten japanische – später auch taiwanesische und koreanische – Exportfabriken die deutsche Gitarrenproduktion fast vollständig. Kleinere Hersteller wie Hüttl oder Fasan verschwanden als erste, die großen – Höfner, Framus, Klira – versuchten, mit Einsteiger-Modellen entgegenzusteuern. Aber auch das war letztlich nicht erfolgreich. Der Preiskonkurrenz der asiatischen Hersteller mit immer besseren Kopien der bekannten US-Modelle waren sie nicht gewachsen, während ihre ureigene Expertise – der Bau von Archtops – nur noch sehr wenig oder gar nicht mehr gefragt war.

Größere Vertriebe und andere Abnehmer kauften Modellreihen nur noch bei Japanern und Koreanern ein. Gegen Ende der 1970er- und Anfang der 1980er-Jahre gingen bei den meisten deutschen Instrumentenherstellern die Lichter aus, bei einigen – wie zum Beispiel Klira – für immer. Andere, wie Höfner, erholten sich erst später wieder. Hinter den Firmengeschichten stehen oft anrührende Familienschicksale – Heidlindemann hat die Nachkommen der Gitarrenbauer bei seinen Recherchen getroffen, die damals vor dem Aus standen.

„Die Betriebe wurden geschlossen und die Materialien zum Bau von Gitarren, Geigen, Cellos und Kontrabässen wurden gehortet in der fälschlichen Hoffnung, sie würden ihren Wert behalten. Es hat mich sehr traurig gemacht, diesen Biografien zuzuhören und diese Berge von Decken, Zargen, Böden und Hälsen zu sehen, wie sie schlecht gelagert verrotten und vom Holzwurm zerfressen werden. Diese Instrumentenbauer haben seit Generationen für alle namhaften Firmen und Vertriebe teils in Heimarbeit geschuftet“, erzählt Heidlindemann.

Blick in die Schatzkammer (Bild: Uwe Arens / Lutz Heidlindemann)

Die Schatzsuche war auch dieses Mal abenteuerlich: „Wir haben Dachböden und verwahrloste Lagerstätten durchkämmt. Immer in der Hoffnung Raritäten zu finden. Teilweise waren die Balken der Böden so zerfressen, dass wir uns mit Bohlen aus Tropenhölzern, die wir fanden, einen sicheren Zugang verschaffen mussten.“ Leider seien viele der alten Teile nicht sachgemäß gelagert worden – der Besuch bei einem ehemaligen Geigenbauer geriet zum Fehlschlag. „In zwei Scheunen fanden wir laminierte, halbfertige, gepresste Celloböden und viel wurmzerfressenes Ahorn“, berichtet Lutz Heidlindemann. „Das macht oft traurig.“

An anderer Stelle stieß er dann aber doch noch auf „Gold“: Höfner-Gitarrenbodys und -hälse aus den 1960er-Jahren, darunter auch Beatles-Bässe, sowie vorgefertigte Höfner-Westergitarren aus den 1970ern. Daneben zwei Kubikmeter Wenge-Holz aus den 1960ern, die Heidlindemann für den Ladenausbau im Showroom von LUK-Guitars nutzen wird. Zudem entdeckte er Mahagoni-Bestände und feinste Riegelahorn-Kanteln, die für Kontrabasshälse gedacht waren, sowie Ahorn- und Fichtenkanteln für Cello, Kontrabassböden und –decken, kuriose Bindings, Schablonen, Werkzeuge und Formen für den Bau bekannter Gitarrenmodelle der 1960er.

„Wir sind nachdenklich und dennoch glücklich nach Berlin zurückgekehrt“, sagt Heidlindemann. „Viele gute Ideen, den Schatz von Oberfranken in individuelle Gitarren nach Kundenwunsch umzusetzen, haben wir. New old stock. Vintage for future. Customized by GuitarDoc made in Berlin!”

(Bild: Uwe Arens / Lutz Heidlindemann)

(erschienen in Gitarre & Bass 03/2021)

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Ach,die „armen“ Einheimischen damaligen Gitarrenhersteller,die dann schlußendlich,aufgrund ihres nicht mehr wettbewerbsfähigen Verhaltens unweigerlich in die Pleite steuerten.Dies ist so ein Thema,das unendlich diskutiert werden könnte,jedoch am Ende wieder in eine Sackgasse führt.

    Hat sich denn ernsthaft mal jemand darüber Gedanken gemacht,weshalb bis heute gezielt deutsche Gitarrenunternehmen so gar nicht gern gekauft werden? Die wahren Gründe liegen ja faktisch auf der Hand: einerseits gute Verarbeitungsqualität,edelste Hölzer und top Hardware,-aber andererseits extrem hohe Verkaufspreise und das elitäre „Prestige“ einiger weniger streng limitierten Exemplare,die werbestrategisch noch nicht einmal fokussiert werden!

    Dieses ständige (total unnötige!) Gejaule,welches fanatische „Liebhaber/Sammlerfetischisten“ deutscher Saiteninstrumente von sich geben,ist wirklich lächerlich.Fakt ist,und bleibt,daß sie sich vornehmlich schon damals überhaupt nicht dafür interessierten,ob das Preis-Leistungsverhältnis stimmte,das Design ansprechend war,die verwendeten Hardware Teile (Klinkenbuchsen) in korrekter Position angebaut wurden,sowie die oftmals sehr klobigen Anbauten (Stege,Mechaniken etc.) der Kundschaft gefielen.

    Abgesehen von der Tatsache,daß es,-man kann es ja kaum fassen,-auch speihäßliche E.-Gitarren (Fa. Klira) gab,dessen Sperrholzkorpus mit billigem roten Kunstleder bezogen war,und dementsprechend weniger bis kein Interesse wecken konnten.

    Fazit: bis auf sehr wenige Ausnahmen (Hoyer und Hopf Gitarrenmanufakturen),fristeten deutsche Gitarrenhersteller schon seit Jahrzehnten immer ein „Mauerblümchen“ Dasein,das sich leider bis dato fortgesetzt hat.

    Selbst die bis heute,für ihre gute Elektronik und Mechaniken bekannte Fa. Schaller fertigte einst sehr gute moderne „Heavy-Strat-Kopien“ mit passiver Elektronik,die aber (zu Unrecht!) schnell wieder in der Versenkung verschwanden.Schade.

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