„Für ein echtes Blues-Revival braucht es Musiker, die aus dem Nichts kommen und dann das ganze Genre neu aufrollen.“

Joe Bonamassa: Zwischen Kunst und Investment

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Das komplette Amp/Cabinet-Set u.a. mit dem Benson Rotary, dem Dumble Overdrive Special, zwei Marshall-Tops und dem Twinkle Land
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Neulich habe ich in den Sozialen Medien die Diskussion verfolgt, ob heutzutage weiße Bluesmusiker viel mehr Verantwortung für die Geschichte und die Ursprünge des Blues tragen als früher, aber nur die wenigsten dieser Verantwortung gerecht werden. Wie siehst du das?

Das ist eine saublöde Diskussion! Welchen Unterschied macht es, ob ich schwarz oder weiß bin? Null. Was ist verdammt noch mal der Unterschied? Mit solchen Debatten habe ich nichts am Hut. Ich sage dir warum: Es geht einfach nur um Musik. Hör sie dir an oder lass es sein! Wenn man eine kulturelle Bedeutung oder eine Hautfarbenfrage daran aufhängen will, ist das völlig kontraproduktiv gegenüber dem, wozu Musik da ist. Musik ist dazu da, um Menschen aller Rassen, Religionen, Überzeugungen zusammen zu bringen. Wenn man dann wieder abspaltet – du bist ein weißer Bluesmusiker –, welchen Unterschied macht das? Auch wenn ich ein weißer Bluesmusiker bin, welchen Unterschied macht das? Albert King war ein schwarzer Bluesmusiker, der Stevie Ray Vaughan liebte. Das ist meine Antwort.

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Welche Unterschiede gibt es deiner Meinung nach, wenn ein junger Musiker heutzutage das Gitarrespielen lernt, im Vergleich zu früher?

Die Sache beim Gitarrespielen ist, dass man nicht sofort belohnt wird. Man muss richtig hart dafür arbeiten. Und wir leben in einer Zeit, in der die Menschen alles sofort wollen. Sie wollen schon heute den Erfolg sehen. Das ist eine große Herausforderung. Die Musiker, die heute Gitarrenmusik machen, sind richtig, richtig gut. Viel besser, als wir es waren, damals, in den 1980ern, als wir noch Vinylplatten und Kassetten gehört haben, um Licks zu lernen. Und ich glaube, einer der Gründe ist, dass man heute Zugang zu viel mehr Informationen hat. Musiker können online gehen, wo man sehr gute Gitarrenlehrer findet, und ihnen einfach zuschauen. Ein solches Lern-Tool hatten wir nicht. Wir mussten nach dem Gehör lernen. Beides hat Vor- und Nachteile.

Und denkst du, dass es Auswirkungen darauf hat, wie Musiker lernen und spielen?

Natürlich hat es Auswirkungen, das spürt man schon heute. Weil Musiker von Alben lernen, die mit Pro Tools manipuliert wurden. Sie lernen also nur die Manipulation kennen, nicht den ursprünglichen Gedanken. Moderne Sänger kopieren die Manipulation, weil sie die auf der Platte zu hören bekommen. Das ist nicht so, als ob man Aretha Franklin hört und wie sie klingen möchte, oder Jimi Hendrix hört und versucht, wie er zu klingen. Es ist anders. Es ist nicht falsch, aber es ist anders.

Passt zu diesem Thema auch dein neues Album, das dein Produzent Kevin Shirley als das am meisten songorientierte deiner Karriere bezeichnet? Bist du auch von neuen Medien beeinflusst?

Das müssen andere beurteilen. Zumindest ist ‚Breakthrough‘ weniger auf lange Gitarrensoli fokussiert, sondern mehr auf straffe Arrangements und Songs. Aber das ist gut so, denn wenn ich live spiele, kann ich die Gitarrensoli ja ausdehnen. Wir werden sehen, ob und wie sich das umsetzen lässt, wenn wir ein paar der neuen Songs live spielen. Doch so weit ist es noch nicht, das wird nicht vor dem Herbst passieren.

Du hast für ‚Breakthrough‘ an vier verschiedenen Orten gearbeitet, nämlich in Griechenland, in Ägypten, in Nashville und in Los Angeles. Hatte dies künstlerische Gründe?

Nein, nur organisatorische. Kevin und ich haben vor zweieinhalb Jahren in Santorini die ursprünglichen Demos aufgenommen. Zuvor waren wir in Ägypten, aber nur um uns erste Gedanken zu machen. Letztlich aufgenommen wurde die Scheibe dann in Los Angeles und in Nashville.

Leider ohne deinen ehemaligen Bassisten, den großartigen Michael Rhodes, der im März 2023 verstorben ist.

In der Tat eine sehr traurige Angelegenheit. Es wird immer nur einen Michael Rhodes geben, und er wird immer einer der größten Bassisten aller Zeiten bleiben. Er konnte alles, er spielte Rock, er konnte Country spielen. Was immer man brauchte, er wusste genau, wie man es spielt.

Kannst du dich noch an den letzten Gig mit ihm erinnern? Wusstest du zu diesem Zeitpunkt bereits, dass es seine letzte Show sein könnte?

Nein. Ich glaube, unser letztes gemeinsames Konzert war im Herbst 2021, aber wir ahnten nicht, dass es das letzte sein würde, denn Michael hat uns nichts gesagt.

Ich habe gesehen, dass du zurzeit erstaunlich häufig mit einer Gibson SG spielst. Für mich als Außenstehender ist deine SG-Vorliebe neu.

Um ehrlich zu sein: Ich habe die SG erst kürzlich so richtig kennengelernt. Über viele Jahre habe ich sie nicht verstanden, umso mehr mag ich sie jetzt.

Weil sich dein Geschmack verändert hat, oder weil sich deine Fähigkeiten verändert haben?

Der persönliche Geschmack verändert sich doch ständig, oder nicht? Manchmal wird man morgens wach und einem ist klargeworden, dass man etwas verstanden hat.

Gilt das auch für dein Way-Huge-Conspiracy-Theory-Pedal?

Genau genommen ist das Conspiracy Theory älter als das Deep State, an dem Jeorge Tripps und ich gearbeitet haben. Im Grunde ist es der Vorläufer und ein unfassbar exakt arbeitendes Effektgerät, das ich schon seit ein paar Jahren verwende.

Und das während eines Gigs permanent eingeschaltet ist?

Nein, in meinem Pedalboard ist gar nichts dauerhaft eingeschaltet, sondern alles wird immer nur bei Bedarf aktiviert. ●

Das Pedalboard mit Way Huge Conspiracy Theory, Fulltone Supa-Trem, Boss DD-2, MXR Micro Flanger, Ibanez TS 808, EHX Micro POG, Dunlop FFM1 Fuzz Face, Lehle 1AT3 SGOS Switcher & Dunlop Joe Bonamassa Wah (Bild: Matthias Mineur)

(erschienen in Gitarre & Bass 08/2025)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. 700 Gitarren und 250-300Amps. Da kommen sicher paar Millionen € zusammen. So “Spinner” sind mir ja sympathisch, obwohl ich keinen so Sammeltrieb habe. Könnte auch keine Millionen ausgeben.
    Auch was er sonst von sich gibt wirkt auf mich sympathisch.
    Ich werde regelmäßig bei einem der ganz großen jährlich statt findenden Musikfestivals als Fotograf akkreditiert, dies Jahr spielte auch Bonamassa dort, und ich wunderte mich, dass er bei seinem Konzert keine Fotografen zu ließ. Finde ich allgemein gesehen nicht so gut, weil wir Fotografen tragen ja auch zur Popularität der Künstler bei. Aber vielleicht hatte er im Juli einen Pickel auf der Nase? Weiß dazu jemand etwas?

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    1. #Dieter Reimprecht: Im hektischen Zeitalter von HD und KI sieht man ja jeden noch so kleinen Krümel als Pixel auf dem Foto!

      Erinnere mich noch sehr gut daran,als Joe Bonamassa hier in Berlin-Kreuzberg vor Jahren im winzigen „Wild at Heart Club“ gegenüber dem Spreewaldbad in der Wienerstrasse noch als absoluter Newcomer des Blues Rock Genres live auftreten durfte. Die Leute standen sogar draußen noch in der Schlange,und drinnen im Club war es so heiß,daß Joe feuchte Handtücher um den Hals gereicht wurden. Zu dieser Zeit schien es wohl egal,ob Joe Bonamassa von einem Fotografen im Detail abgelichtet wurde,-oder eben nicht!

      So ändern sich anscheinend die Leute,die dann irgendwann in der Liga der Top-Gitarristen des Blues aufsteigen. Aber,lieber Dieter,du hast völlig Recht,-es sind doch faktisch die Medien (Fotografen),die dafür Sorge tragen,daß bekannte Gitarristen überhaupt in den Focus gestellt werden!

      Da Lob ich mir doch die „stillen“ Starmusiker,die sehr gerne ohne Einschränkungen live fotografiert werden möchten! Übrigens: der leider viel zu früh verstorbene Blues Rock Gitarrenvirtuose Rory Gallagher aus Irland (R.I.P.) war eben ein völlig unkomplizierter und sehr netter Musiker,der stets die direkte Nähe zu seinem Publikum suchte. Gut,daß ihm in seinem einstigen irischen Heimatland sogar ein Denkmal gesetzt wurde (lebensgroße Statue!) und damit nach seinem Tode eine echte Wertschätzung erfuhr! So ist es.

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      1. Hallo Fanny,
        den Gallagher hatte ich als Jugendlicher in Bietigheim erlebt, aber da ging ich noch zur Schule und hatte noch keine Kamera.
        Ich fotografiere ja viele Konzerte und es gibt berühmte Musiker die sich überhaupt nicht mehr oder nur von einem ausgesuchten Fotograf ablichten lassen, z.B. Phil Collins, oder Rolling Stones. Da sind Jazzstars oft anders, dies Jahr der Herbie Hancock, vor paar Jahren Chick Corea, Wayne Shorter alle über 80 damals, beste Fotos machen können, direkt vorne aus dem Fotografengraben. Und gerade die Falten können ja interessant sein.
        In den letzten paar Jahren ist es Mode bei Pop Stars wie Aguilera, Sting, Kraftwerk, dass die Fotografen nur von ganz hinten hinter dem Mischpult von einem halben Meter hohem Podest fotografieren dürfen. Das sind dann oft 50-150 Meter Abstand zur Bühne. Da hat man dann natürlich ein langes Tele dabei, aber die Fotos werden deutlich flacher und weniger detailliert und diese Musiker lassen dann hinterher auch gerne die Fotos von einem Beauftragten prüfen und genehmigen oder halt nicht.. Da lobe ich mir die Jazzer!

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