Eher Buddy Holly als U2

Interview: Bryan Adams

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(Bild: Universal)

Der kanadische Superstar vereint auf seinem neuen Album ‚Shine A Light‘ bewährte Helfer wie Gitarrist Keith Scott und neue Partner wie Ed Sheeran. Wir fragten ihn nach den Hintergründen – und erfuhren dabei auch ein Geheimnis des AC/DC-Sounds.


Songwriting

Bryan, die meisten deiner Songs hast du gemeinsam mit anderen Menschen komponiert. Deine bekanntesten Hits entstanden durch die Zusammenarbeit mit Jim Vallance, Mutt Lange und Gretchen Peters. Was bringt die andere Person ein, das du vielleicht nicht alleine finden würdest?

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Es gibt viele Arten, einen Song zu schreiben, und jede der erwähnten Personen komponiert auf völlig unterschiedliche Weise. Manchmal fange ich mit einem Lied an und möchte irgendwann etwas Input von außen. Dazu setze ich mich dann normalerweise mit jemandem zusammen. Aber wie gesagt, das ist nur eine Art des Schreibens.

Wenn du dich entschließt, ein neues Album zu produzieren – legst du dem dann vorab ein bestimmtes Thema zugrunde? Oder ist es eher eine Kollektion einzelner Tracks?

Normalerweise enthalten meine Alben einfach die besten Songs, die ich im Laufe eines Jahres geschrieben habe. Manchmal greife ich auf andere Ideen oder unfertige Aufnahmen zurück und schaue, ob und wie ich sie einbauen kann.


Songs von ,Shine a light‘

Der Titelsong des neuen Albums ist eine Kollaboration mit Ed Sheeran. Kannst du uns ein paar Details dazu erzählen?

Ich habe ein Konzert in Dublin gespielt, am nächsten Abend hatte Ed dort einen Auftritt. Ich ging hin und wir trafen uns backstage. Ed fragte mich nach meiner EMail-Adresse und wir blieben in Kontakt. Kurz darauf fragte ich ihn, ob er Lust hätte, einen Song mit mir zu Ende zu bringen. Ich hatte damals nur den Refrain. Er schickte mir ein paar Strophen zurück, die ich sofort super fand. Eines Tages setzten wir uns via Facetime zusammen und hauten gemeinsam die Bridge raus. Das war es. Ich habe eine wunderbare Version des Songs, auf der Ed singt. Die ist, ehrlich gesagt, besser als meine.

Auf ,That’s How Strong Our Love Is‘ singst du im Duett mit Jennifer Lopez. Warum hast du sie ausgewählt?

Ich wollte mit jemandem singen, der den Text des Songs so glaubhaft wie nur möglich rüberbringen kann. Ich dachte, Jennifer wäre in der Lage dazu, und ich hatte Recht. Sie hat einen fantastischen Job abgeliefert.

Die meisten der Songs hast du wieder mit Jim Vallance komponiert. Sitzt ihr immer noch gemeinsam in einem Raum und entwickelt Ideen?

Normalerweise parke ich Ideen auf meinem Laptop, aber ich liebe es auch, mit Jim zusammenzusitzen. Wir haben vor nicht allzu langer Zeit die Musik für das Broadway-Musical ,Pretty Woman‘ (startete im März 2018, Anm. des Verf.) geschrieben und befinden uns bereits mitten in einem weiteren Projekt.

Wie war und ist das mit deinen anderen Partnern auf dieser Platte, Gretchen Peters, Phil Thornalley und Eliot Kennedy?

Mit Gretchen zu schreiben ist immer toll, vor allem wegen ihres besonderen Gefühls für Texte. Außerdem macht es Spaß, mit ihr abzuhängen. Wir alle sind gute Freunde und lachen viel miteinander. Phil kommt normalerweise mit einer Idee an, dann setzen wir uns hin und machen sie fertig. Eliot hat meist einen Refrain am Start, an dem wir arbeiten und dann dazu Strophen schreiben. Das ist die vereinfachte Version davon, wie wir miteinander arbeiten.


Die Aufnahmen

Ist das Album eine Sammlung verschiedener Sessions? Oder wurden die einzelnen Songs Stück für Stück aufgenommen?

Der Großteil der Tracks wurde in einer Session mit Bob Rock aufgenommen, danach habe ich alleine weitergemacht und noch ,Shine A Light‘, ,That’s How Strong Our Love Is‘ mit Jennifer und ,Whiskey In The Jar‘ eingespielt. Das letzte Teil des Puzzles war dann eine Neuaufnahme von ,That’s How Strong Our Love Is‘. Mit dem Duett selbst war ich glücklich, aber mir gefiel der Sound der Aufnahme nicht. Ich ging damit nach Los Angeles und ließ Produzent Johan Carlsson einen Blick darauf werfen.

Das Album wurde bis auf zwei Songs von Bob Rock und Adam Greenholtz gemischt, bei ,Shine A Light‘ saß Mark „Spike“ Stent an den Reglern, den Mix von ,That’s How Strong Our Love Is‘ übernahm Serban Ghenea.

Wie kam es zu deiner Lagerfeuer-Version von ,Whiskey In The Jar‘? Hast du die Nummer schon bei deinen Solo-Akustik-Shows gespielt?

Das habe ich. Begonnen hat es, als ich in Irland aufgetreten bin. Mein Lichtdirektor schlug vor, den Song an einem Abend zum Spaß zu spielen. Die Idee hat funktioniert, das Publikum zog mit. Also behielt ich ihn im Set. Eines Tages nahm ich die Nummer im Studio auf, um zu sehen, wie sie klingen würde, und jetzt endet das Album mit ,Whisky In The Jar‘.


Kollegen

Dein langjähriger Gitarrist und Weggefährte Keith Scott spielt auf sieben der zwölf Songs. Du hast mal gesagt, er sei wie dein rechter Arm. Was macht die spezielle Chemie zwischen euch beiden aus?

Wir kennen uns, seit ich 16 war. Keith fügt den Nummern immer eine besondere Note hinzu. Er hat einen großartigen Sound und seine Soli sind brillant, vor allem wenn du ihn sein Ding machen lässt. Hör dir ,Cuts Like A Knife‘ oder ,When You’re Gone‘ an – das sind Soli ohne Vorgabe. Ein unglaublicher Musiker.

Hat Keith auch einige der Riffs auf der neuen Platte, etwa das von ,All Or Nothing‘,eingebracht, oder sind solche Gitarrenparts bereits geschrieben, wenn die Musiker das Studio betreten?

Sämtliche Rhythmus-Parts sind fertig, bevor sie der Band vorgestellt werden. Das Gute an anderen Musikern ist, wie sie sie interpretieren oder klingen lassen.

Auf dem Vorgängeralbum ,Get Up‘ hast du fast ausschließlich mit Jeff Lynne gearbeitet. Wie war die Erfahrung? Würdest du so etwas noch einmal machen?

Ich würde jederzeit wieder mit Jeff arbeiten. Er verwandelte meine miesen Demos in beeindruckende Aufnahmen. ,You Belong To Me‘ ist ein sehr gutes Beispiel dafür: Ich kam in sein Studio und alles was wir tun mussten, war, ein paar Gitarren hinzuzufügen. Dabei spielten wir beide gleichzeitig. Für mich war das pure Magie, ich glaube, ich habe während der ganzen Aufnahme nicht das Lächeln aus dem Gesicht bekommen. Das war ein echtes musikalisches Highlight.

Auf diesem Album hast du das meiste Material zusammen mit Bob Rock produziert. Was hat er eingebracht?

Bob hat einige Musiker zum Ausprobieren ins Studio geholt. Bob ist ein großartiger Partner im Studio. Er hat es einfach drauf.


Gear & Sound

Welche Gitarren und Effekte kamen im Studio hauptsächlich zum Einsatz?

Ich habe ein paar verschiedene Martin D-18-Modelle verwendet, und dazu meine 1965er- Stratocaster in Candy Apple Red. Wir nennen sie die „Run To You“-Gitarre, ich habe sie bereits während der ,Reckless‘-Sessions 1984 gespielt. Außerdem habe ich für ein paar Nummern einen Fender Precision Bass von 1962 benutzt. Für den schaurigen Sound in der Mitte von ,Shine A Light‘ kam eine Serie von Effekten zum Einsatz, durch die ich meine 1979er-Rickenbacker 12-String mit einem Slide gespielt habe.

Martin D-18
1965er Stratocaster
1962er Fender Precision Bass
Das Signal läuft von einem Electro-Harmonix POG 2 Oktav-Generator durch einen Union Tube & Transistor Lab Compressor in ein Catalinbread Echorec Echo-Pedal. Das ebenfalls zu sehende Strymon El Capistan ist nicht verkabelt.
1979er-Rickenbacker

Was sind aktuell deine Lieblingsgitarren?

Ich habe drei Gitarrentypen, mit denen ich auf Tour gehe und aufnehme: zwei verschiedene Fender Stratocasters, meine Gibson ES-295 und meine Martin D-18.

Frage an den Gitarristen Bryan Adams: Hast du einen Tipp, wie man einen guten Sound bekommt? Welche Erfahrungen hast du im Lauf der Jahre gemacht?

Eine der besten Lektionen, die ich dazu je bekommen habe, kam von Mutt Lange. Er wiederum hatte den Tipp von Angus Young von AC/DC: Dreh den Amp auf, und schlage dabei nicht zu fest an. So bekommst du einen besseren Sound, der dazu mehr in Tune ist.

Hattest du je Probleme, einen guten Gitarrensound im Studio hinzubekommen?

Gitarrensounds sind das am schwersten fassbare Ding überhaupt. Wenn man im Raum steht, mag sich alles gut anhören, doch sobald der Amp mikrofoniert ist, klingt es wieder ganz anders. Du musst also den Sweet Spot des Lautsprechers finden. Das heißt: Wer auch immer den Sound abhört, muss jemanden dirigieren, um das Mikrofon in die richtige Position zu bringen.

Wird der Anteil des Equipments generell überschätzt? Oder spielt es für dich auf der Bühne und beim Komponieren eine wichtige Rolle?

Es spielt eine sehr subtile Rolle. Keith und ich schwören am meisten auf das alte Zeug. Meine Gibson ES-295 ist die bestklingende Live-Gitarre, die ich je hatte.


Fotografie vs. Musik

Du engagierst dich für Themen wie Menschenrechte und Tierschutz. In einem deiner Fotobücher, ,Wounded: The Legacy of War‘, kommt diese Haltung zum Ausdruck, in deiner Musik hingegen nur sehr selten. Warum ist das so?

Ich weiß es nicht. Es gibt Songs wie ,Don’t Drop That Bomb On Me‘ oder ,Native Son‘, aber normalerweise bevorzuge ich es, Musik zu schreiben, die live funktioniert. Ich schätze, in Sachen Musik bin ich eher wie Buddy Holly als wie U2.

Viele Musiker sind auch in anderen Kunstformen aktiv, etwa der Malerei oder der Fotografie. In deinem Fall: Was gibt dir die Fotografie, was die Musik nicht tut?

Es geht vor allem darum, eine Pause einzulegen und dabei trotzdem weiter kreativ zu sein. Wenn du Abstand von den Dingen bekommen hast, siehst du sie normalerweise klarer.

 

(erschienen in Gitarre & Bass 04/2019)

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