Im Interview

Federation Of The Groove: Gitarrist Bruno Müller mit neuer Musik

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(Bild: Lothar Trampert)

Was haben Mezzo forte, Till Brönner, Max Mutzke, Jeff Cascaro, Chaka Khan, Joe Sample, Ricky Peterson, Dieter Ilg, Richie Cole, Manfred Schoof, Ack van Rooyen, Ingfried Hoffmann, Pete York, Stefan Raab, die Heavytones, Lena Meyer-Landrut, Roger Cicero, Mousse T., Edo Zanki, Blank & Jones, Jose Carreras, Anke Engelke, Sarah Connor, Gloria Gaynor, Jennifer Rush, Udo Jürgens, Joo Kraus, Jimmy Haslip, Billy Cobham und Randy Brecker gemeinsam? Sie alle spielten schon mal mit dem Gitarristen Bruno Müller zusammen. Der hat jetzt mal wieder ein eigenes Projekt am Start.

Eine funky Bassline, ein paar gezupfte Akkorde, E-Piano und ein einfacher Drum-Groove. Dann eine Gitarrenmelodie, verzerrter Sound, sehr vokale Phrasierung… Sind das Eric Gale von Stuff und Larry Carlton mit The Crusaders in einer Person? Nein, es ist Bruno Müller, Jazz-&-more-Gitarrist aus Köln, der hier mit der Formation Federation Of The Groove auf dem gleichnamigen Album eine Nummer von Wilton Felder interpretiert – dem legendären Bassisten und Saxophonisten der noch legendäreren Crusaders. Zu Federation Of The Groove gehören noch Pianist & Organist Martin Sasse, Drummer Hendrik Smock und Bassist Claus Fischer. Die vier Musiker arbeiten bereits seit einigen Jahren in dieser Formation zusammen.

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Bruno Müller (*1969) begann mit 13 Jahren, Gitarre zu spielen, hatte als Schüler eine Jazz-Rock-Band und nahm dann Unterricht bei Norbert Scholly, Peter O‘Mara, Scott Henderson und Peter Bernstein. Es folgten ein Jazz-Gitarrenstudium an der Musikhochschule Köln und parallel dazu jede Menge Jobs mit Künstlerinnen und Künstlern wie Jennifer Rush, The Weather Girls und Gloria Gaynor. Im Jahr 2000 gründete er mit seinem Freund, dem Bassisten Christian von Kaphengst, Café du Sport, war ab 2001 Mitglied der TV-Total-Band Heavytones und spielte von 2007 bis 2014 mit der isländischen Fusion-Formation Mezzoforte zusammen. 2016 erschien Bruno Müllers Solo-Debüt ,Inner Back Home‘. Daneben unterrichtete er an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz und seit 2009 ist er auch an der Hochschule für Musik und Tanz in Köln als Dozent tätig – mit einem Lehrauftrag für Jazz/Rock/Pop-Gitarre. Back home.

Weitere Sideman-Jobs der vergangenen Jahre brachten Bruno Müller mit so unterschiedlichen Größen wie Till Brönner, Joe Sample, Nils Landgren, Wolfgang Haffner, Don Grusin, Randy Brecker, Black Fööss, Blank & Jones, Ralf Gum, Ricky Peterson & der WDR Big Band, Manfred Krug, Sylvia Vrethammar, Thomas Quasthoff, Tony Marshall und Charlie Mariano ins Studio und/oder auf die Bühne. Bruno will spielen! Er sieht sich selbst in der Tradition klassischer Live- und Session-Musiker wie Tommy Tedesco, Lee Ritenour oder Michael Landau, die auf hunderten großartiger Pop-, Rock-, Funk-, Soul- und Jazz-Alben zu hören waren.

Zu seinen musikalischen Vorlieben gehören Künstler wie George Benson, Robben Ford, Eric Gale und seine Band Stuff sowie auch der legendäre Funk-Entertainer Johnny Guitar Watson. Aber auch Nicht-Gitarristen haben ihn enorm beeindruckt: Anfang 2022 konnte er im Rahmen eines Projekts der WDR Big Band unter der Leitung von Michael Abene mit Stuff-Drummer Steve Gadd, Bassist Eddie Gomez und Baritonsaxophonist Ronnie Cuber zusammenarbeiten. Ein Traum! Die Aufnahmen erscheinen Ende September auf CD und Vinyl.

Bruno, was muss man können, um solche Jobs zu bekommen?

Gute Frage. Ich weiss allerdings nicht, ob man das so ganz genau eingrenzen und verbalisieren kann. Einer der wichtigsten Aspekte ist da sicherlich einerseits die Fähigkeit, zu grooven und andererseits ein starkes Gefühl für Melodien zu haben, die nicht in erster Linie intellektuell konstruiert sind, sondern aus dem Bauch heraus mit einer tiefen Liebe zur Soul-Musik und dem Blues gespielt werden. Man muss mit dieser Art von Musik aufwachsen und eine kompromisslose Liebe zum Instrument und der Musik entwickeln. Dann ist es nur eine Frage der Zeit. Und natürlich sind es oft auch Zufälle, die einen dann in gewisse Jobs bringen.

Wann hast du gemerkt, dass die Gitarre und die Musik deine Leidenschaft fürs Leben ist?

Relativ kurz vor dem Abitur, als ich schon in der Jazz-Band des Gymnasiums Rodenkirchen und dann in Combos und der BigBand der Rheinischen Musikschule gespielt habe. Über diese Kanäle kam ich während der Zivildienstzeit schon zu ersten Gigs mit älteren Musikern. Ich habe dann in Nachtclubs in der Kölner Südstadt mit Soul-Cover-Bands gespielt und das Grooven gelernt… Und als dann damit das erste Geld reinkam, war alles klar. Da gab‘s für mich keine andere Job-Alternative mehr.

Viele Gitarristen konzentrieren sich extrem auf Single-Note-Soloing und haben dann ein enormes Gefälle, was ihre Groove-Qualitäten angeht – was jede Band ins Wanken bringen kann. Wer hat dich als Rhythm-Player beeinflusst?

In meiner Jugend habe ich sehr viel Rhythm‘n‘Blues, Jazz-Funk und Fusion gehört. Level 42 war eine meiner ersten Lieblings-Bands und auch mein erstes Jazz-Rock-Konzert, das ich erlebte. Da war dann sicher der Gitarrist Boon Gould einer meiner ersten, unbewussten Einflüsse. Später ging es dann weiter mit Earth, Wind & Fire, Crusaders, Grover Washington Jr., Yellowjackets und vielen anderen. Al McKay von Earth, Wind & Fire ist da ein Rieseneinfluss. Ich hatte eine VHS-Video-Kassette mit dem Star-Licks-Workshop von ihm – das ist der Wahnsinn! Meine Gibson ES-345 habe ich mir mal von Al McKay signieren lassen. Dann Robben Ford – er ist auch ein Wahnsinns-Rhythmus-Player! Eric Gale, Paul Jackson Jr., Ray Parker Jr., Michael Sembello, Wah Wah Watson, Jay Graydon, Nile Rodgers – diese Liste könnte ich noch länger weiterführen. Und dann sind da natürlich noch alle Gitarristen, die bei James Brown gespielt haben. Wenn man sich mit dem Thema leidenschaftlich beschäftigt, stößt man auf sehr viele wichtige Musiker.

Federation Of The Groove: Bassist Claus Fischer, Gitarrist (Bild: Claus Fischer)

Was sind deine All-Time-Favorite-Gitarren-Alben?

Sehr schwierige Frage, denn es gibt für mich so viele wahnsinnig wichtige, inspirierende Platten: Von George Benson ist das ,Living Inside Your Love‘, dann Wes Montgomerys ,So Much Guitar‘, John Scofields ,Hand Jive‘, Johnny Guitar Watsons ,A Real Mother For Ya‘, Robben Fords ,Talk To Your Daughter‘ und ,Crazy For You‘ von Earl Klugh.

,Downhill‘ von eurem neuen Album ist eine bluesig-soulige Komposition von dir, in der mich dein Gitarrenton einmal mehr an Eric Gale erinnerte – ebenso in ,So What‘s Up‘. Was fasziniert dich speziell an diesem Gitarristen?

Ich liebe seinen Sound, seinen Groove und seine unglaublich persönliche Melodik. Er spielt nicht sehr komplex oder abgefahren wie Scofield und Co., aber mit einem derart tief gehenden Sinn für Soul und Blues. Ich erkenne ihn nach einer halben Note! Das ist ein bisschen so wie Johnny Guitar Watson, der auch eigentlich immer die selben drei Licks spielt; aber kein Mensch auf dieser Erde kann eben diese Licks so spielen wie er.

Welches Equipment hast du auf dem Album eingesetzt?

Hauptsächlich spielte ich meine 1978er ES-345 – die mit dem Autogramm – über meinen Real-Guitars-Amp RG80 von Uli Stöveken, den ich wirklich wahnsinnig gut finde. Er gehört in die Familie der Dumble-Clones. Auf meinem Board habe ich diverse Effekte: Vor allem ist da mein Baldringer Dual Drive wichtig zu erwähnen, ein fantastischer Preamp, der den Charakter der Gitarre und des Amps, dem er vorgeschaltet ist, niemals verfälscht.

Experimentierst du viel mit Sounds und neuen Geräten?

Nein, eigentlich weniger. Das ist nicht so mein Ding und ich versuche eher, immer spontan den richtigen Ton zu finden mit dem, was ich habe. Für den Titel ,Naima‘ habe ich z.B. eine billige Akustikgitarre der Marke Vintage gespielt, eine V1800N. War ein Glücksfall, dieses Instrument.

Saxophonist John Coltranes Ballade ,Naima‘ vom Album ,Giant Steps‘ (1959), finde ich in eurer Version sehr gelungen. Hast du dich in deinem unbegleiteten Intro von der ebenfalls sehr gelungenen Interpretation von John McLaughlin und Carlos Santana auf ihrem gemeinsamen Album ,Love Devotion Surrender‘ (1973) inspirieren lassen?

Ehrlich gesagt kenne ich die Version von McLaughlin nicht… muss ich checken! Ich habe ,Naima‘ aber schon mal aufgenommen, auf einer der letzten Platten von Charlie Mariano. Seitdem liebe ich dieses Stück auch ungemein.

Das hört man! Nach Bruno Müllers solistischer Vorstellung des Themas setzt die Band ein, cool, soulig, trotzdem irgendwie funky und transferiert diesen Jazz-Klassiker in einen fast schon poppigen Kontext. Martin Sasses Piano-Part ist großartig, Claus Fischer trägt mit ganz tiefen Tönen und Hendrik Smock bereichert auch diesen Track mit seinem entspannten, sensiblen Spiel, das trotzdem Energie hat. Unterstützt wird er hier von einem Gastmusiker, dem Percussionisten Roland Peil. Bruno Müllers Akustik-Gitarrensolo legt diese wunderbare Komposition dann noch mal ganz neu aus.

In jedem Fall ist die ,Naima‘-Version von Federation Of The Groove eine der schönsten und originellsten, die ich kenne. It‘s all about the song … Das Album-Finale ,Topspin‘, eine weitere Komposition von Müller, zeigt dann noch mal alle bluesigen Funk‘n‘Groove-Qualitäten dieses Musikers und vor allem dieser Band, die auch auf Platte extremes Live-Potenzial versprüht. Das werden sie hoffentlich demnächst mal wieder auf einer Bühne tun. Für den Spätsommer/Herbst planen die Musiker von Federation Of The Groove eine kleine Album-Release-Tour.

Wer Bruno Müller live erleben will: Er ist regelmäßig mit Trompeter Till Brönner, den Heavytones u.a. unterwegs. Am 19.08.2022 trifft er im Kölner Club King Georg auf den von ihm verehrten Gitarristen Jim Mullen, eine echte Jazz‘n‘Soul-Legende. Mullen arbeitete u.a. mit Mose Allison, Jimmy Witherspoon, Dr. Lonnie Smith, Jimmy Smith, Brian Auger, Georgie Fame, Van Morrison und der Average White Band. Könnte spannend werden!


EQUIPMENT

Hauptinstrument seit Jahren: Gibson ES-345 von 1978
Al McKay von Earth Wind & Fire hat sich auf Brunos Gibson ES-345 verewigt.
Bruno mit Real Guitars Goldtop
Bruno mit seiner Müller-Tele vom Kölner Gitarrenbauer Herbert Müller
Der Real-Guitars-Amp RG80 mit Box und Rocktron-Intellifex-Multieffekt
Bruno Müllers Live-Effektboard

 

GITARREN
● Gibson ES-345 (1978)
● Guild Artist Award Model (90s)
● Fender Stratocaster (CS Reissue ‘57)
● Fender Telecaster (1973)
● Fender Esquire (80s)
● Real Guitars Goldtop
● Real Guitars SG
● Real Guitars Custom-Strat
● Herbert Müller Custom-Tele
● Framus Archtop Billy Lorento (50s)
● Epiphone Century (40s)
● Sign Custom-Strat
● Sign Nardcaster

AMP
● Real Guitars RG80 mit Box

EFFEKTE
● Boss Digital Delay DD-5
● EHS Red Twister Chorus
● Boss Tremolo TR-2
● Baldringer Custom-Booster
● Baldringer Magic-Screamer
● Baldringer Magic-Chorus
● Baldringer Magic-Comp
● TC Electronic Polytune
● MXR Envelope Filter
● Baldringer Dual-Drive
● Boss Phaser PH-1r
● Boss Volume Pedal

MORE
www.bruno-mueller-music.de
● G&B 06/2008: Interview mit Bruno Müller
● Eine umfassende Diskografie von Eric Gale hat David Klingenberger auf seiner Website www.jazzdisc.de veröffentlicht.
www.martinsasse.de
www.claustrophonie.com

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