Er spielte mit Madonna, Steely Dan und Hiromi – und veränderte das Instrument für immer.

Anthony Jackson ist tot – die Basswelt verliert einen Visionär

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(Bild: Art Bromage (Wikimedia Commons CC BY-SA 2.0))

Anthony Jackson, einer der prägenden E-Bassisten der letzten fünfzig Jahre, ist am 19. Oktober 2025 im Alter von 73 Jahren gestorben. Der New Yorker Musiker galt als Pionier seines Fachs – ein Virtuose mit scharfem Geist, kompromisslosem Anspruch und einer Klangsprache, die ganze Generationen beeinflusste.

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Schon früh zeigte sich Jacksons musikalische Neugier: Nach ersten Jahren am Klavier und an der Gitarre fand er Mitte der 1960er zum Bass – jenem Instrument, das ihn nie wieder loslassen sollte. Inspiriert von Größen wie James Jamerson und Lyle Ritz, sah er den Bass nicht als reine Rhythmusstütze, sondern als gleichwertige Stimme im musikalischen Dialog.

Seinen ersten großen Erfolg feierte er 1972 als Studiomusiker bei Billy Pauls Hit „Me and Mrs. Jones“, bevor er ein Jahr später mit dem legendären Bassriff zu „For the Love of Money“ von The O’Jays Musikgeschichte schrieb.

Von da an war Jackson aus der internationalen Studiolandschaft nicht mehr wegzudenken. Er spielte auf über 500 Alben und arbeitete mit Künstlern wie Madonna, Roberta Flack, Steely Dan, Paul Simon, Chaka Khan, Luther Vandross, Al Di Meola, Hiromi Uehara und Diana Ross. Seine Aufnahmen verbanden Präzision, musikalische Tiefe und ein unverwechselbares Gespür für Groove.

Mit Roberta Flack verband ihn eine besonders lange Zusammenarbeit: Auf gleich fünf ihrer Alben prägte Jackson den charakteristischen Sound zwischen Soul und Jazz.

Neben seinem makellosen Spiel war Jackson ein Tüftler und Denker. Mitte der 1970er-Jahre entwickelte er gemeinsam mit New Yorker Instrumentenbauern wie Carl Thompson, später Ken Smith und schließlich Vinnie Fodera, die Idee des sechssaitigen E-Basses – oder, wie er ihn nannte, der Contrabass Guitar. Seine Vision: den Tonumfang erweitern und dem Bass ein neues harmonisches Vokabular schenken. Dieses Konzept prägte das moderne Bassdesign bis heute.

„Anthony war einer der visionärsten und einflussreichsten Musiker unseres Instruments“, schrieb Fodera Guitars in einem Statement. „Sein Einfluss reicht weit über die Noten hinaus, die er gespielt hat.“

Bis ins hohe Alter blieb Jackson aktiv, auch wenn gesundheitliche Probleme – darunter Parkinson und mehrere Schlaganfälle – ihn zuletzt ausbremsten. Noch Anfang 2025 organisierten Weggefährten wie Ron Carter, Victor Wooten und Christian McBride ein Benefizkonzert, um ihn zu unterstützen.

Anthony Jackson war kein Musiker, der das Rampenlicht suchte. Stattdessen widmete er sich zeitlebens der Kunst, den Bass neu zu denken – technisch, klanglich, konzeptionell. Sein Spiel war erdig und klar, gleichzeitig komplex und tief empfunden.

Er verstand den Bass als Stimme mit eigener Botschaft – und genau das machte ihn zu einer Ausnahmeerscheinung.


Stimmen aus der Musikwelt

Die Nachricht von Jacksons Tod löste weltweit Anteilnahme aus.

  • Al Di Meola nannte ihn „einen der außergewöhnlichsten Musiker, mit denen ich je spielen durfte – ein Innovator, dessen Genie die moderne Musik neu geformt hat.“

  • Oteil Burbridge (The Allman Brothers Band, Dead & Company) würdigte ihn als „einen Ritter der Bassrunde – Herz, Geist und Seele in reinster Form.“

  • Fodera Guitars sprach von „einem wahren Pionier, dessen Vision den elektrischen Bass revolutionierte.“

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Oh je, das ist jetzt wirklich sehr traurig. Ich erinnere mich, dass Marcus Miller in einem downbeat-Interview vor 40 Jahren ihn und Jaco als die beiden besten E-Bassisten damals genannt hat – und der musste es wissen. Hört euch seine Aufnahmen mit Steve Khan’s Eyewitness an, das ist echt unglaublich, was er da gespielt hat, auch sehr empfehlenswert alle seine Aufnahmen mit Lee Ritenour und Al di Melola, aber auch bei hunderten von anderen Aufnahmen hat er geniale Basslinien gespielt. Er hat nie geslappt und selten mal ein Solo gespielt, er wollte Basslinien spielen. Bessere Basslinien hat niemand gespielt, alle seine Basslinien waren Kompositionen für sich – Bassläufe wie von J.S.Bach. Ein musicians musician, aber auch ein Bassist, der relativ einfache Pop- und Soulmusik gespielt hat und den jeder schon mal gehört hat, Simon & Garfunkel, Chaka Khan usw. Schön, das ich ihn einmal live sehen konnte (mit Mike Stern) und sogar kurz mit ihm reden konnte. So einen wie ihn wird es nie wieder geben.

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    1. Ja genau, an Mike Stern habe ich auch gedacht. Hab die in Aachen mal gesehen, ist Jahre her…
      Danke für die Zusammenfassung.

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  2. Wie er mit Hiromi Uehara zusammen spielte – einfach großartig.

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    1. Michel Petrucciani und Steve Gadd
      Weltklasse

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  3. Sehr traurig. Viel zu früh.
    Ein fantastischer Bassist.
    Ich erlebte ihn zusammen spielend mit Hiromi Uehara und Simon Phillips in Stuttgart.
    Ein unglaubliches Konzert. 3 Top Musiker, die es verstanden auf komplexesten Ebenen zu jazzen.
    Ich fühle mich als Jazzer, muss gestehen, dass die 3 so viele Töne so schnell spielten, wie ich es noch nicht erlebt hatte. Ich bin sehr viel auf Konzerten. Nach diesem Konzert war ich ziemlich erschlagen, und ich dachte ich könne nun paar Tage keine Musik mehr hören. Aber es gefiel mir trotzdem total.
    Ich wünsche ihm, dass er sich da oben mit anderen meiner Helden, wie Zawinul, W.Shorter, Hendrix etc. trifft und sie die Engel mit toller Musik beglücken.

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  4. Mir ist Anthony Jackson vor allem durch sein grandioses “Bass Playing” auf mehreren Steely-Dan-LPs/CDs in bester Erinnerung🤩🤩. Ruhe in Frieden,
    Anthony!!!

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