G&B Testbericht

VOX JamVox im Test

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VOX-Verstärker JamVox, schwarz
(Bild: Dieter Stork)

Möchte man mit Amp- und Effekt-Modeling arbeiten, ist das Musikmachen am Computer praktisch und kostensparend. Denn die Rechenarbeit übernimmt in diesem Falle der PC-Prozessor, und der ist ja schon bezahlt. Ein USB-Interface braucht man allerdings schon, und das steckt beim JamVox in einem Stereo-Aktivmonitor.

 

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Tolle Idee, denn damit hat man zum Jammen und Üben wirklich alles beieinander und ist mit einem Laptop auch noch mobil, denn die JamVox-Hardware wird per USB mit Strom versorgt. Der Hersteller hat in die Software einen Player integriert, der CDs, mp3-Files und etliche weitere Formate abspielen kann. Herzstück ist das “Guitar XTraction”-Modul, ein intelligenter Center-Canceler.

Software des VOX JamVox

Eine CD-ROM mit Software sowie zwei CDs mit Audio-Material zum Jammen und Üben liegen dem Set bei. Die JamVox-Software läuft auf Windows- und Mac-Rechnern, die Systemvoraussetzungen finden sich in der Übersicht. Die Installation läuft flott und problemlos, und wie schön: Alles komplett in Deutsch, auch die Menüführung auf dem Bildschirm! Nach der Treiberinstallation kann der JamVox-Monitor angekoppelt werden, der auch als Kopierschutz-Dongle fungiert. Denn ohne diese Box startet die Software nicht. Diese läuft ausschließlich im Stand-Alone-Modus, ist also nicht PlugIn-fähig. Selbstverständlich lässt sie sich direkt vor einer Recording-Software betreiben.

Hardware des VOX JamVox

Der Karton mit dem Tragegriff wirkt optisch schon fast wie ein Vox-Amp, und der darin verpackte Aktiv-Monitor erst recht. Dieser entpuppt sich als richtig stabile und vertrauenerweckende Kunststoffbox mit dezent beschriftetem Metallgitter vor den beiden 3″-Fullrange-Speakern, und breiten flachen Gummifüßen. Alle Klinkenbuchsen sind aus Metall, vorn lassen sich Gitarre und Kopfhörer einstöpseln, auf der Rückseite gibt’s Anschlüsse für Line-In (Keyboard, Drumcomputer etc.) und Line-Out, jeweils in Stereo.

Am Line-Out kann man beispielsweise eine Stereo-Anlage oder eine P.A. anschließen. Buchsen für Expression-Pedal (WahWah, Lautstärke) und Doppel-Fußschalter (Kanalwahl) sind auch vorhanden, weiterhin natürlich ein USB-Anschluss. Wer singen möchte, findet auf der Vorderseite eine XLR-Buchse mit separatem Level-Regler, aber ohne zuschaltbare Phantom-Power. Der Output-Level-Regler ist für die Line-Outs auf der Rückseite zuständig, und Monitor Level bestimmt ausschließlich den Pegel der internen Lautsprecher bzw. des Kopfhörerausgangs − sehr praktisch.

 

Bildschirm

Im oberen Bildschirmbereich finden wir die eigentliche Programmsteuerung, dort können auch die bereits mitgelieferten Presets geladen werden. Darunter befindet sich der Amp- und Effektbereich, der ganz einfach per Mausklick und „Drag & Drop“ bedient wird. Oberhalb des Metronoms gibt’s mit dem Pickup-Selector gleich einen interessanten Effekt, um beispielsweise einen Singlecoil ähnlich einem Humbucker klingen zu lassen. Links unten befindet sich das Mischpult für Gitarre, Backing-Track und Mikrofon, letzterem kann ein Echoeffekt beigemischt werden. Der rechte untere Bereich dient dem Laden und Verwalten von Songs. Diese können von der Festplatte, einem mp3-Player, von CDs oder einer iTunes-Bibliothek stammen. Man importiert sie in die JamVox-Software und kann sie dann abspielen, in Tempo und Tonhöhe verändern und mit besagtem Guitar-XTraction-Tool – kurz GXT genannt – vom Solo- bzw. Gesangssignal befreien, um diesen Part per Gitarre oder Mikro selbst zu übernehmen.

 

Praxis

Beim Anschließen des Aktivmonitors startet die Software automatisch. Ganz wichtig: Er gehört direkt an einen USB-Port des Computers, es darf sich kein USB-Hub dazwischen befinden. Menüsteuerung und Bedienungsanleitung – auch die in Papierform – sind wie erwähnt komplett in Deutsch gehalten, der Rahmen mit den uns allen geläufigen Fachausdrücken verblieb selbstverständlich in Englisch. Aus dem rot beschrifteten Feld neben dem Vox-Schriftzug oben sucht man sich als erstes ein Preset aus. Wir finden dort Unterteilungen in Clean, Crunch, Metal usw., aber auch Artist-Presets. Selbstgespeicherte Sounds lassen sich dort auf gleiche Weise ganz einfach abrufen, die Buttons zum Speichern findet man direkt rechts daneben.

Im darunter liegenden Hauptfeld lassen sich nun nach Belieben Effekte, Amps und Boxen anklicken, verschieben usw. Ein Doppelklick auf den Verstärker öffnet ein Fenster mit allen verfügbaren Modellen, inklusive detaillierter deutscher Beschreibung. Vier Vox-Amps, fünf Marshalls, drei Fender-, sowie etliche virtuelle Boutique- und Metal-Amps stehen zur Verfügung, die Boxen lassen sich auf Wunsch separat zuordnen. Ein Doppelklick auf einen virtuellen Wunsch-Amp aktiviert diesen statt des bisherigen Modells, er wird nun auch auf dem Hauptbildschirm sichtbar. Klickt man auf das Stimmgerät oder eines der Effektpedale, erscheint das zugehörige Bedienfeld richtig groß unter den Reglern des Verstärkers. Das bedarf keiner Übung, das hat Vox so intuitiv gelöst, dass man sofort damit vertraut ist.

Effektgeräte lassen sich nicht nur gegen andere austauschen, sondern auch ganz einfach mit der Maus im Signalweg nach links oder rechts verschieben, oder nach oben über das schwarze Kabel ziehen, dann ist der jeweilige Effekt inaktiv. Zusätzlich hat jedes Modul, auch Amps und Boxen, einen Bypass-Schalter. Durch das Verschieben sind auch wenig sinnvolle Routings möglich, aber dass ein Overdrive-Pedal nicht hinter den Amp gehört weiß man ja, man kann es hier trotzdem einfach mal ausprobieren. Genauso lässt sich sehr schön hören, wieso Hall oder Echo vor einem verzerrten Amp nichts zu suchen haben, sondern dahinter angeordnet werden sollten.

Die Effekte, die beim JamVox hinter dem Amp angeordnet sind, muss man sich einfach im Effektweg vorstellen, wenn man einen Vergleich mit der Realität anstellen möchte. Der Fundus an virtuellen Effektgeräten ist sehr groß, man findet Booster, Verzerrer-Pedale, einen Acoustic-Guitar-Simulator, Octaver, und an Modulations-Effekten Chorus, Flanger, Phaser und Uni-Vibe. Etliche Delay-Simulationen und verschiedene Hallgeräte sind ebenfalls vorhanden. Die komplette Bedienung des Amp- und FX-Bereichs macht unglaublich viel Spaß, ist durchdacht und professionell aufgebaut. Die Bedienpaneele der Amps und Effekte wirken richtig schön vintage, also mit teils abgeschabter Farbe, virtuellem Flugrost usw.

Die Computer-Systemvoraussetzungen sind relativ hoch, aber zeitgemäß. Mit einem Laptop am unteren Limit dieser Bedingungen hatte ich jedoch während der Testzeit weder mit Aussetzern, Knacksern noch mit einer nervigen Latenz zu kämpfen. Die CPU-Belastung lag selbst bei etlichen gleichzeitig aktiven Effektmodellen nur zwischen 10 – 14 %, das ist bemerkenswert wenig im Vergleich zu anderen aktuellen Amp- und Effekt-Modelern auf Software-Basis.

 

Klang

Holla, was für ein Sound und was für ein Feeling! Amps und Effekte klingen und reagieren dermaßen echt, dass es eine wahre Freude ist. Jedes Verstärkermodell verfügt über getrennte Vor- und Endstufen-Gain-Regler (hier VR Gain genannt, VR steht für Valve Reactor), der Output-Regler ganz rechts dient ausschließlich der Anpassung der Endlautstärke. Die virtuellen JamVox-Amps klingen clean wie verzerrt sehr natürlich, Höhen und Präsenzen kommen silbrig und seidig, und wenn ein Amp zu knurren hat, dann knurrt er hier auch, bzw. klingt schön dreckig, oder boxig-voxig, je nach Vorbild. Auch das SAG, das „in die Knie gehen“ der Endstufe hat Vox gut emuliert, das spürt man bei jedem Amp sehr deutlich und jeweils unterschiedlich. Vox hat sich auch bei den Konkurrenz-Amps wie denen von Fender sehr viel Mühe gegeben, der Twin und die beiden Tweed-Amps sind einfach klasse. Ob Marshall, Mesa/Boogie oder Dumble, Klang und Reaktion auf die Spielweise sind vortrefflich gelungen, es gibt weder Ausreißer noch „zweite Wahl“ zu vermelden.

Das trifft auch auf sämtliche Effekte zu. Den virtuellen Tube Screamer erkennt man genauso wie das Uni-Vibe, und das unruhige Flattern der Delays beim Echo Plus bereichert den Klang ungemein. Bei den Overdrive-Pedalen hat Vox sogar das sagenumwobene und schweineteure Klon Centaur emuliert. Endlich konnte ich nun diese Pedal-Legende mal ausprobieren, und wenn das Original genauso fett mittig klingt wie die verführerische JamVox-Emulation, dann alle Achtung! Ein interessantes Feature stellt die Audition-Funktion oben rechts dar. Damit lassen sich etliche clean aufgenommene und mitgelieferte Licks über die gerade aktiven Amp- und FX-Modelle schicken, um zu hören welches Setting einem am besten gefällt. Die eigene Gitarre kann man solange wegstellen, und hat die Hände frei zum Einstellen und Aussuchen von Amps, Boxen und Effekten. Fazit: Der gesamte Amp- und FX-Bereich ist von hoher Güte, auch der Pickup-Simulator taugt was. Vox hat spürbar viel Zeit, Energie und Fachwissen in Forschung und Weiterentwicklung der Modeling-Technologie investiert. Außer für die Jam-Funktionen empfehlen sich die JamVox-Modelle dank hoher Qualität für Recordings.

 

Jamming mit dem VOX JamVox

Recordings lassen sich übrigens auch gleich innerhalb der JamVox-Software durchführen, unter dem Amp- und FX-Bereich finden wir neben den Buttons für Wiedergabe, schnellen Vor- bzw. Rücklauf und Stop auch die Taste für die Aufnahmebereitschaft. Ein Klick danach auf Play startet dann die Aufnahme. Aufgenommen werden können Gitarre, Mikrofon und der Backing-Track, der wie bereits erwähnt von CD-, mp3- oder WAV-Material stammen kann. Das ganze funktioniert zwar recht rudimentär, weil es weder Panorama-Regelung noch Mehrspur-Funktionen, und daher auch keine Korrekturmöglichkeit gibt, falls man sich mal bei einem Akkord „verbraten“ hat, sonst aber bei der Aufnahme alles OK war. Aber warten wir’s mal ab, die Software ist ein offenes System, mit späteren Updates und Upgrades darf gerechnet werden, war vom Vertrieb zu erfahren.

Möchte man zu fertigen Stücken bekannter Künstler jammen, ist meist deren Solo bzw. Gesang dabei im Weg. Sogenannte Center-Canceler stellen prinzipiell nichts neues dar, sie eliminieren meist durch Phasenauslöschung das Signal, welches genau aus der Stereo-Mitte kommt, rein physikalisch jedoch links und rechts in gleicher Lautstärke vorhanden ist, und daher aus der Mitte zu kommen scheint. Nur was tun, wenn Solo oder Gesang nicht exakt aus der Mitte, oder gar von links oder rechts erklingen? Mit normalen Center-Cancelern ist man dann aufgeschmissen, das Guitar-XTracktion-Modul von JamVox geht allerdings erheblich weiter. Diese GXT-Funktion hat zunächst etliche fertige Presets auf Lager, um Signale links, rechts oder in der Mitte wirkungsvoll zu eliminieren.

Andererseits gibt’s eine optische Darstellung des Signals auf dem Monitor, auf dem man nun mit der Maus den zu killenden Bereich selbst einstellen kann, während das Musikstück läuft. Vereinfacht wird das Ganze noch durch die drei Regler Direction, Width und Gain. Und solange nicht das Solo psychedelisch hin und her pendelt, schafft es dieses GXT-Tool in der Tat, z. B. Solo-Gitarre oder Sologesang (fast) komplett zu unterdrücken, sodass man diesen Part nun mit der Gitarre oder der eigenen Stimme selbst übernehmen kann. Doch Obacht: Nicht zuviel wegnehmen, sonst bleibt vom Song nicht mehr viel übrig. Auch die Arbeit im Jam-Bereich geht intuitiv vonstatten, und macht richtig Laune. Verändert man Tempo oder Tonhöhe der Backing-Tracks, sind wie erwartet „Jitter“-Effekte zu hören, das Signal klingt jetzt nicht mehr so glatt und nahtlos wie im Originalzustand.

Die Hardware ist als Nahfeld-Monitor konzipiert, dennoch reichen seine insgesamt 1,5 Watt über die beiden 3″-Speaker aus, um einen mittleren Wohnraum angenehm und druckvoll klingend zu beschallen. Der meiste Bassdruck kommt von den Backing-Tracks, die Gitarre wird nie übertrieben basslastig wiedergegeben. Wer mehr Pegel und Druck braucht, stöpselt entweder einen Kopfhörer ein, oder schließt die Jam-Vox-Box an eine Stereo-Anlage an. Die Vox-Box fungiert übrigens am Computer auch als ganz normaler Monitor. Audio-Files aller Art hört man auch ohne die Software aus den Vox-Speakern.

Man findet noch etliche interessante Tools innerhalb von JamVox, sie alle zu besprechen würde jedoch den Rahmen dieses Testberichtes sprengen.

 

Resümee

Wie bereits auf der letzten Frankfurter Musikmesse vermutet und erhofft, hat Vox tatsächlich etwas Neues im Modeling-Bereich ausgebrütet. Die JamVox-Software zeigt sich ausgereift, mit richtig klasse klingenden und reagierenden Verstärker- und Effektmodellen. Durch den intelligenten Center-Canceler klappt das Jammen zu so gut wie jedem Song nach kurzer Zeit problemlos, und Audio-Material in Form von zwei Karaoke-CDs liegen dem Set mit der praktischen und klangstarken JamVox-Box gleich bei. Und wer weiß, möglicherweise gibt die hohe Modeling-Qualität der Software ja auch bereits einen Vorgeschmack auf die kürzlich angekündigten neuen VT-Amps aus der ValveTronix-Serie.

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