Aufgefrischt!

Vox AC30CH + AC15CH im Test

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Als Vox im Jahr 2010 die Custom (Classic) Serie vorstellte, ging ein Raunen durch die Szene. Der AC30, heiliger Gral in der Historie von Gitarren-Amps, neu aufgelegt in einer modernen Konzeption, würde der seinem Ahnen das Wasser reichen können? Durchaus, wie sich herausstellte. Nun gibt es die Amps/Combos in einer überarbeiteten Ausführung.

Vox AC30CH + AC15CH_01
(Bild: Dieter Stork)

Die Struktur der Serie ist gleich geblieben. Den AC30 gibt es als 2¥12-Combo bestückt mit Greenbacks oder Blue Bulldogs, sowie als Topteil. Das 2¥12-Extension-Cabinet bietet Vox ausschließlich mit Greenbacks an. Den kleinen Bruder AC15 kann man als 1¥12- oder 2¥12-Combo und als Topteil bekommen. Daneben sind mit den Jahren noch die Modelle AC10C und AC4C hinzugekommen, um das der Vollständigkeit halber zu erwähnen. Und wer es authentisch wie anno dazumal möchte, findet in der Handwired-Serie hochwertige AC-Replikas.

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Konstruktion

Die Veränderungen gegenüber den AC30-Modellen der Frühzeit sind erheblich. Ein Blick auf das Bedienpanel (siehe Abb.) zeigt, dass der Vibrato-Kanal fehlt, aber unter dem (sachlich korrekten) Namen Tremolo der betreffende Effekt trotzdem zur Verfügung steht. Dazu gesellt sich ein Federhall (Accutronics/Belton), der im Klang (Höhengehalt) und der Intensität regelbar ist. Neben dem Tone Cut-Poti, das hinter der Phasenumkehrstufe die Höhen beschneidet, ist in der Mastersektion auch das Volume-Poti integriert.

Ein serieller Einschleifweg (-10dB) mit Bypass-Schalter rundet die Ausstattung ab. Über den Fußschalteranschluss kann der Status der Effekte fernbedient werden – ein passendes Pedal gehört nicht (mehr) zum Lieferumfang. Im Kern entspricht die Technik dem alten ursprünglichen Schaltungsprinzip der Vox-Frühzeit, die aufwendigere Ausstattung stützt sich jedoch zum Teil, in den sekundären Signalwegen, auf Halbleiter. Gegenüber der ersten CC-Generation von 2010 hat sich am elektrischen und mechanischen Aufbau so gut wie nichts geändert. Alles solide gemacht. Es hat sich so gut wie nichts geändert? Moment, es hieß doch gerade eben noch „überarbeitete Ausführung“?! Na klar, stimmt schon, doch als Novum ist einzig zu vermelden, dass die Amps nun über einen sogenannten „Reactive Attenuator“, verfügen.

Dahinter verbirgt sich eine spezielle Schaltung mit Lastwiderständen, die nach den offiziellen Angaben von Vox die Interaktion von Endstufe und Lautsprecher erhält. Es stehen drei Leistungsebenen zur Wahl: 30/3/0,3 Watt. Beim AC15 halbieren sich logischerweise die Werte. Er ist schlanker ausgestattet als der AC30, hat keinen Reverb-Tone-Regler, nur zwei statt vier Inputs und muss auf den Einschleifweg verzichten.

Praxis

Als erklärter Fan des AC30 war mir der erste Test der CC-Modelle damals ein besonderer Event. Alt und neu im direkten Vergleich: meine eigenen Vintage-Schätzchen gegen die modernen Frischlinge. Komprimiert auf den Punkt gebracht war das Ergebnis, dass die AC30CC keine ganz und gar authentisch klingenden Vintage-Replikas sind. Es bildet sich allerdings doch der typische Grundcharakter deutlich aus, inklusive der speziellen dynamischen Ansprache, und der überaus harmonischen Verzerrungen. Allerdings können die C-Modelle die extrem transparenten, luftig-brillanten Höhen der alten Vox-Modelle nur bedingt bieten.

Vor dem Hintergrund, dass sie ja ganz bewusst als moderne Variante eines klassischen Konzepts entworfen wurden, passt die Performance elegant ins Bild (die Testberichte aus 2010 können auf unserer Homepage kostenlos heruntergeladen werden). Typisch für den AC15C ist, dass er nicht ganz so energisch aufspielt und in der Sättigung das Klangbild nicht so intensiv verdichtet wie sein großer Bruder. Dafür beginnt er früher, bei moderaterer Lautstärke zu pumpen. Da die Technik grundsätzlich gleich geblieben ist, hat sich an den klanglichen Gegebenheiten nichts geändert. Es stellt sich hier also nur die Frage, wie sich der „Reactive Attenuator“ bewährt. Beim Absenken der Leistung auf drei Watt (bzw. 1,5 Watt b. AC15) ändert sich das so schön dichte, voluminöse Spektrum der oberen Mitten und Höhen in Richtung mehr Transparenz, weniger Kompaktheit.

In der dritten Stufe, bei 0,3 Watt, verstärkt sich dieser Eindruck noch etwas, während man tatsächlich mit „Vollgas“ aber dezenter Lautstärke reinhalten kann (schade, dass die V212C nicht stereo verkabelt ist: leise wäre mit einem Speaker geschickter). Was die Variabilität des Arbeitspunktes angeht, ist der „Reactive Attenuator“ definitiv ein Fortschritt. Vollkommen soundneutral arbeitet er nicht, dafür punktet die Attenuator-Schaltung mit gesundem Dynamikverhalten. Aufgabe wirklich gut erfüllt, darf man insofern konstatieren.

Noch mehr Freude wäre aufgekommen, wenn sich Vox im Überarbeiten der Modelle des doch etwas aufdringlichen Reverbs des AC15 (kurzes Federsystem) angenommen hätte. Leider nicht, neigt nach wie vor zum Shattern. Beim AC30 hätte der FX-Weg Pflege vertragen können. Wie zuvor liegt das Pegelniveau hoch, die +4dBGrenze wird bereits bei ca. 60% der Vollaussteuerung überschritten, d. h. die Angabe -10dB hinkt nicht unerheblich.

Resümee

Bei ungefähr gleich gebliebenen Preisen wird das Schaltpedal nicht mehr mitgeliefert, man bekommt dafür aber das Extra des „Reactive Attenuator“. Ein guter Deal möchte ich meinen, denn das neue Feature erhöht zweifellos den Gebrauchswert der Amps. Die in diesem Test parallel zur Bewertung gekommene Box V212C beweist, dass es nicht ungedingt eines Blue Bulldogs bedarf, um einen „teuer“ klingenden Vox-Sound zu bekommen. Sie tönt voluminös, ausgewogen, charakterstark und ist definitiv nicht zu teuer. Von den genannten Schwächen abgesehen sind die Preise der Topteile (respektive der Combos) ebenfalls gesund kalkuliert.

PLUS

  • Sound, sehr markante, harmonische Verzerrungen
  • Dynamik, Transparenz, Durchsetzungsvermögen
  • Reactive Attenuator
  • Qualität d. Federhall (AC30CH)
  • Funktion des Effektweges (bedingt)
  • Verarbeitung/Qualität der Bauteile

MINUS

  • AC30CH: FX-Weg nur seriell, Pegelniveau problematisch
  • AC15: Reverb shattert

Vox AC30CH + AC15CH_profil

 

Hinweise zu den Soundfiles.

Für die Aufnahmen kamen zwei Mikrofone mit Großflächenmembran zum Einsatz, ein AM11 von GT/Alesis und ein C414 von AKG, direkt platziert vor einem Speaker (der zur Serie gehörenden 2×12-Box V212, zwei Greenbacks G12M v. Celestion).

Die Clips wurden pur, ohne Kompressor o. jegliche EQ-Bearbeitung über das Audio-Interface Pro-24DSP von Focusrite in Logic Pro eingespielt. Ab und an steuert das Plug-In „Platinum-Reverb“ Raumsimulationen bei (im Titel kenntlich gemacht durch den Zusatz „Room“ oder „RVB“).

 

Bedeutung der Buchstabenkürzel:

CR: Crunchsound, etwas mehr Gain als bei Overdrive.

OD: Overdrive, leichte Anzerrungen.

 

Clip 1 stellt den Normal-Kanal vor. Schöner ausgewogener Ton mit warmer Fülle.

 

 

In den Clips #2 bis #5 zeigt das AC30-Stack seine Overdrive/Crunch-Qualitäten auf. Wir hören immer den Top-Boost-Kanal in einer mittleren Klangeinstellung, also mit soliden Bassanteilen und wenig betonten Höhen. Clip #4 verdeutlicht wie sensibel der Amp hinischtlich der Dynamik (dyn) reagiert.

 

 

Clip  #6 präsentiert mein Referenz-Riff“ (RefRiff), das ich mit jedem Test-Amp/-Distortion-Pedal einspiele, damit man den Charakter der von uns getesteten Produkte gewissermaßen auf einer neutralen Ebene vergleichen kann.

 

Die Clips #7 und #8 stellen die Effekte des AC30CH vor. Der Reverb/Hall ist im Clip #7 voll aufgedreht.

  

Ich wünsche viel Vergnügen, und…,  wenn möglich, bitte laut anhören, über Boxen, nicht Kopfhörer! ;-).

 

Fragen, Anregungen  und  ja, auch Kritik sind wie stets willkommen. Nachrichten bitte an frag.ebo@gitarrebass.de.  Es klappt nicht immer,  aber ich werde mich bemühen möglichst kurzfristig zu antworten.

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Kommentar zu diesem Artikel

  1. Ich werde mir morgen das Heft kaufen und bin auf den Bericht gespannt. Die Amps klingen bestimmt wie gewohnt klasse. Aber die Anordnung der Knöpfe ist unterirdisch bescheuert, beim Combo ebenso wie beim Top. Vox schafft den Unsinn sogar bei Modelling-Amps. Custom/Classic/Vintage ist mir egal, ich will einen Verstärker bedienen können, ohne mir die Gitarre anzuhauen oder mich verbiegen zu müssen. So macht es einfach keinen Spaß, vieles auszuprobieren. Die Potis gehören grundsätzlich bei allen Arten von Verstärkern nach oben/vorn oder an die Front. Leider produzieren viele Hersteller weiterhin so einen unergonomischen Mist, nur weil die Platinen so einfacher anzuordnen sind und Marketing-Piefkes klare Fronten sehen wollen.

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