Compress Your Sound

Vergleichstest: Keeley Compressor Plus, Electro Harmonix Tone Corset, MXR Dyna Comp Mini

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Kompressor Vergleich
(Bild: Dieter Stork)

Wenn drei Kompressor-Pedale gleichzeitig bei mir ankommen, schreit das ja geradezu nach einem kleinen Vergleichstest. Und nach dem ersten Anspielen wird klar, dass dies ein Wettbewerb ohne Sieger und Verlierer sein wird.

Wie? Kein Sieger? Das ist doch langweilig. Nein, finde ich gar nicht! Während in anderen Bereichen Sieg oder Niederlage geradezu sinnstiftend sind, gilt das für das Musikmachen nicht. Hier ist erlaubt was gefällt. Und Vielfalt ist das oberste Gebot. Es geht nicht darum, der Beste, sondern eigenständig und interessant zu sein. Zurück zum eigentlichen Thema: Mit den drei heutigen Kandidaten haben wir drei unterschiedliche Interpretationen des Themas „Analoger Kompressor“ und jeder für sich hat seine Vorzüge. Schauen wir mal genau hin.

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mxr dyna comp mini

MXR Dyna Comp
Optisch kleiner, technisch größer: Der Attack-Schalter ist eine echte Bereicherung. (Bild: Dieter Stork)

Der Vortritt gebührt dem MXR-Klassiker. Mit dem Dyna Comp hat der Effektgerätepionier in den 70er-Jahren den Gitarrenkompressor geradezu definiert. Der Dyna Comp ist auch heute noch im Programm und besticht durch seine einfache Bedienung mit nur zwei Reglern (Kompressionsgrad und Lautstärke). Ganz bewusst klingt der Dyna Comp weder neutral noch dezent, was neben der einfachen Bedienung seinen Reiz ausmacht. Im Laufe der 70er entwickelte sich der Dyna-Comp-Sound zu einem Nashville-Standard und fand in der Telecaster den kongenialen Partner für extrem knackige und doch fette Cleansounds.

Der Kompressor wird bis heute gerne genommen um z. B. Ghost-Notes im Fingerpicking zu betonen, beim Chicken-Picking ordentlich Druck auf die einzelnen Noten zu bekommen oder einfach nur, um das Sustain zu verlängern. Weil das Pedal eben nicht klangneutral ist, sondern den Ton auch etwas andickt, kann er auch wunderbar als Booster für eine cleane oder bereits angezerrte Gitarre verwendet werden. MXR hat seinen Klassiker nun ordentlich geschrumpft und liefert ihn, zusammen mit einem passenden Netzteil, in einem platzsparenden Mini-Gehäuse aus.

MXR Dyna Comp
Bewusster Anachronismus: Ein alter CA3080 MetalCan-IC in einer modernen SMD-Umgebung. (Bild: Dieter Stork)

Mit der optischen Schrumpfung geht aber gleichzeitig eine technische Ausweitung einher. Dem Kompressor wurde nämlich noch eine der beliebtesten Modifikationen mitgegeben. Der Dyna Comp Mini bekam einen Schalter für eine Attack-Regelung spendiert. Damit kann man nun einstellen, wie schnell der Kompressor reagieren soll, bis er die Signalspitzen dämpft. Das ist schon eine Bereicherung. Bei gedrücktem Attack-Schalter wird der Kompressor etwas schneller und beeinflusst den Anschlag des Gitarrentons stärker. Der Dyna Comp klingt dann noch etwas „knackiger“.

Ansonsten bleibt alles beim Alten. Die einfache Bedienung macht den MXR zum Plug-and-Play-Gerät, um den Gitarrensound anzudicken und im Mix weiter nach vorne zu bringen. Klanglich gibt es keinen nennenswerten Unterschied zum Standard-Modell im großen Gehäuse – und das ist gut so. Denn nicht umsonst ist der Dyna Comp einer der meistverkauften Kompressoren und auch eine gerne genutzte Vorlage für Veränderungen und Modifikationen.

ehx tone corset

EHX Tone Corset
Umfangreich ausgestatteter Tonformer (Bild: Dieter Stork)

Auch Electro-Harmonix ist ein ganz alter Bekannter. Mike Matthews, der bis heute der Firma als CEO vorsteht, soll gerüchteweise bereits Jimi Hendrix mit seinen Soundtools versorgt haben. Und die Firma des Effektgeräte-Gurus ist immer noch kreativ. In den letzten Jahren ist das Programm noch einmal kräftig angewachsen. Man könnte fast sagen, es ist explodiert. Über 200 (!) Effektgeräte habe ich auf der Website von EHX gezählt. Darunter natürlich auch einige Kompressoren. Dem EHX Kompressor-Klassiker Soul Preacher wird mit dem zur Seite gestellt.

Neben den typischen Reglern für Lautstärke und Kompressionsgrad (Sustain), verfügt der analoge Kompressor noch über ein Attack- und ein Blend-Poti. Ersteres bestimmt die Einsatzgeschwindigkeit der Kompression, das zweite mischt das Originalsignal mit dem komprimierten Signal. Mithilfe des Blend-Potis kann der Kompressor sehr subtil eingestellt werden. Je mehr Originalsignal zugemischt wird, desto „natürlicher“ klingt der Kompressor, weil der Anschlag mehr oder weniger erhalten bleibt. Ein kleiner Minischalter, der mit PAD beschriftet ist, senkt das Eingangsignal ab, um unerwünschte Verzerrungen zu vermeiden. Das ist ganz praktisch wenn man z. B. mehrere Gitarren mit unterschiedlich kräftigen Tonabnehmern benutzt.

Ein Blick ins Innere zeigt die für Großserienhersteller typische saubere Verarbeitung von SMD-Bauteilen und gibt auch einen Grund zum Schmunzeln: Auf einer hauseigenen Heavy Duty Batterie guckt einem ein etwas älterer Herr in Wrestling-Pose grimmig entgegen – sehr nett!

EHX Tone Corset
EHX erfreut mit netten Details. (Bild: Dieter Stork)

Auch klanglich lässt der Tone Corset seine Muskeln spielen und packt ordentlich zu. Hier wird der Sound im besten Sinne geformt und bekommt nach der Kompressions-Behandlung eine eigenständige Note: Der Ton wird etwas dunkler und dadurch wärmer, aber gleichzeitig auch knackiger. Damit ist der Tone Corset problemlos in der Lage, dem cleanen Signal zu mehr Präsenz und Durchsetzungskraft zu verhelfen. Perfekt für eine funky Gitarrenarbeit.

Ähnlich wie beim Dyna Comp, wird durch die leichte Betonung der Mitten der Klang angefettet und bekommt mehr Breite, was ihn nicht nur für die Veredelung von Cleansounds, sondern auch als Booster für angezerrte Sounds empfiehlt. Das sehr ordentliche Lautstärkepotential unterstützt diese Verwendung auch. Sehr sinnvoll lässt sich hier der Blend-Regler einsetzen: Wenn die Klangunterstützung mal zu viel des Guten sein sollte, darf er gerne zur Zähmung verwendet werden.

keeley compressor plus

Keeley Compressor Plus
Der Boutique-Vertreter in dem Triumvirat. Der weiße Potiknopf hebt den Blendregler hervor. (Bild: Dieter Stork)

Keeley-Effekte sind mittlerweile längst über den Geheimtipp-Status hinaus und die Liste der Keeley-Nutzer liest sich wie das Who is Who der Gitarristen-Szene. Wie viele Boutique-Hersteller, sammelte Robert Keeley erste Erfahrungen mit der Modifikation von klassischen Pedalen, bevor er seine eigenen Kreationen herausbrachte. In der Anfangszeit musste man sein Keeley-Pedal noch persönlich über Internet bestellen. Mittlerweile findet man die anerkannt hochwertigen Produkte auch bequem beim deutschen Händler.

Keeley kann schon über reichlich Erfahrung bei Kompressoren zurückblicken. Sein erster großer Wurf war der 2- Knob-Compressor, eine Hommage an den Dyna Comp, bzw. den Ross-Kompressor, der aber mittlerweile nicht mehr erhältlich ist. Aber den 4-Knob-Compressor C4 kann man noch kaufen und auch der umfangreich ausgestattete Compressor Pro wird noch angeboten.

Während der Pro ein Studio-Kompressor in Pedalform ist, bietet sich der C4 als Spezialist für Vintage-Sounds an. Der Neue im Bunde positioniert sich als Allrounder und ist mit 154 Euro auch noch deutlich günstiger als der C4 (€ 239) oder der Pro (€ 358). Ein Preis, der aufhorchen lässt. Auch die Ausstattung ist ungewöhnlich. Statt der üblichen Regler (siehe Info-Kasten) begleiten eine Tonregelung und ein Blend-Regler die beiden Kompressor-typischen Potis Sustain und Level. Der Verzicht auf Regelmöglichgkeiten für Threshold, Attack und Release macht das Pedal intuitiv bedienbar und für alle interessant, die ihren Sound nicht erst studieren wollen – quasi ein Kompressor für alle, die eigentlich keinen Kompressor mögen.

Ein Kippschalter gibt zwei unterschiedliche Presets für Attack/Release-Zeiten und erlaubt deren Anpassung für kräftige Humbucker oder knackige Singlecoils. Die Humbucker-Stellung ist für kräftigere Signale und stellt die Release Zeit kürzer ein, sodass keine zu lange Kompression das Signal unschön beeinflusst. Ein weiterer Clou des Pedals sind die beiden zusätzlichen Regler Blend und Tone. Der Blend-Regler ist eine deutlich einfachere Alternative zu einer Attack-Release-Threshold-Kombination. Wenn man den Anschlag noch hörbar haben möchte, wird der Blend-Regler einfach etwas herausgedreht. Das macht den Keeley-Allrounder kinderleicht zu bedienen.

Keeley Compressor Plus
(Bild: Dieter Stork)

Die Tonregelung ist deutlich mehr als eine einfache Höhenblende. Beim Zurückdrehen wird der Compressor-Klang nicht nur dunkel, sondern auch weich und warm. Beim Hochdrehen erhält der  Ton zusätzliche knackige Höhen. Man könnte fast sagen, dass mit dem Poti der Vintage-Faktor des Pedals eingestellt werden kann. Sehr effektiv!

Die Tonregelung macht den Keeley Compressor Plus zum flexibelsten Pedal unter den hier getesteten. Der Kompressor-Sound an sich ist filigran und fein. Eine deutliche Klangänderung wird selbst bei hohen Kompressionsgraden vermieden. Das bedeutet im Gegenzug natürlich auch, dass das Andicken des Gitarrensignals weniger deutlich ausfällt als bei den beiden Mitbewerbern. Aber genau das wird vielen Nutzern gefallen – zumal die Klangqualität über jeden Zweifel erhaben ist.

resümee

Drei prima Geräte werden den Markt zukünftig bereichern. Ob man nun dem rotzigen Dyna-Comp-Mini, dem knackigen Tone Corset oder dem dezent-feinen Keeley-Compressor den Vorzug gibt, ist reine Geschmackssache. Alle drei liefern ein technisch einwandfreies Ergebnis ab und klingen für ihren Einsatzzweck prima. Das MXR-Pedal lockt nicht nur mit dem klassischen Sound sondern auch mit einfacher 2-Knopf-Bedienung. Der Attack-Schalter ist eine tolle Bereicherung und der etwas höhere Preis im Vergleich zum normalen Dyna Comp werden durch die zusätzlichen Klangmöglichkeit und das beigelegte Netzteil locker wettgemacht.

Der günstigste Testteilnehmer ist der Tone Corset. Und für den Preis bietet der EHX-Kompressor ganz schön viel: umfangreiche Regelmöglichkeiten und eine bewusste Klangfärbung, die dem Sound einen eigenen Charakter verleiht. Der Tone Corset schafft das Kunststück, den Sound warm und gleichzeitig knackig zu machen.

Der Keeley-Compressor Plus dagegen modifiziert das Signal lieber dezent und fein. Wem die beiden anderen zu aufdringlich sind, findet in ihm vielleicht den perfekten Spielpartner – zumal der Keeley dank des genialen Tonreglers der flexibelste des Trios ist. Da auch der Boutique-Vertreter preislich auf dem Boden bleibt, gibt es bei allen drei Testkandidaten keinen Grund zu klagen. Aus dem Vergleichstest gehen alle drei als Gewinner hervor.


Tech Talk Kompressorfunktion

Kompressoren gehören zu den Effekten, die die Dynamik beeinflussen. Vereinfacht gesagt, machen sie laute Töne leiser und leise Töne lauter. Im Ergebnis wirkt der Gesamtsound lauter und fetter und setzt sich besser durch. Nicht alle Kompressoren sind so sparsam ausgestattet wie z. B. der Dan Armstrong Orange Squeezer, der allein mit einem Level-Regler auskam oder der Dyna Comp, der zusätzlich noch die Einstellung des Kompressionsgrades erlaubte.

Zur typischen Ausstattung hochwertiger Studiokompressoren gehören umfangreiche Regelmöglichkeiten:“Threshold“ ist der Schwellenwert in dB, ab dem die Kompression einsetzt, „Ratio“ bezeichnet das Verhältnis zwischen unkomprimiertem und komprimiertem Signal – also den Kompressionsgrad. Bei sehr hohen Kompressionsverhältnissen (10:1) spricht man dann von einem Limiter.

„Attack“ ist die Zeit in ms, die vergehen soll, bis die Kompression einsetzt. Eine längere Attack-Zeit macht den Kompressor träge und lässt den Anschlag noch ungehindert durch, sodass der Sound natürlicher wirkt (Soft Attack). Nachdem der Threshold-Wert wieder unterschritten wurde, bestimmt „Release“ die Zeit, die vergehen soll, bis der Kompressor das Signal wieder „loslässt“.

Da Kompressoren das Signal nur dämpfen können, liegt am Ende der Signalbearbeitung noch eine regelbare Verstärkungsstufe („Level“, „Output“, o. ä.), die in der Regel das Signal auch weit über den Ausgangswert anheben kann. Daher kann man Kompressoren auch prima als Booster missbrauchen. Manche Hersteller nutzen die Verstärkerschaltung auch noch, um eine Tonregelung zu integrieren. Denn oft hat man das Gefühl, dass die Dynamikbegrenzung auch die Höhen dämpft. Eine kleine Auffrischung der oberen Frequenzen ist daher oft willkommen.


Tech Talk Kompressortypen

Technisch gesehen sind sich die drei Kandidaten eigentlich ziemlich ähnlich. Alle drei sind OTA-basierte Kompressoren (Operational Transconductance Amplifier) und erzeugen die Dynamikeinschränkung mit Hilfe von speziellen ICs. Der Dyna Comp verwendet – ganz der Tradition verpflichtet – dazu den CA3080. Und zwar ganz bewusst eine sog. Metal-Can-Version, die besser abgeschirmt und dadurch nebengeräuschärmer sein soll. Die beiden anderen setzen auf den LM13700 in der zeitgemäßen SMD-Variante.

Die OTA-Technologie ist wohl die am meisten verbreitete Art bei Kompressorpedalen und hat sich den Ruf erworben, lebendig zu klingen und gut mit E-Gitarren zu harmonieren. Daneben gibt es noch optische Kompressoren, die mit einer Lichtquelle und einem Photowiderstand arbeiten, und die v. a. aus der Studiotechnik bekannten VCA- oder FET-basierten Kompressoren (VCA = Voltage Controlled Amplifier, FET = Field Effect Transistor). Die sogenannten „Röhrenkompressoren sind meist optische Kompressoren mit einer Röhrenvorstufe.

Jeder Kompressortyp hat seine spezifischen Vor- und Nachteile. OTA-Kompressoren klingen in der Regel knackig, haben aber technisch bedingt keinen allzu großen Headroom und verursachen mehr oder weniger große Klangbetonungen. Ob dies als „tone-sucking“ oder „tone-enhancing“ wahrgenommen wird, hängt stark vom persönlichen Geschmack ab.

Optische Kompressoren klingen im Vergleich sanfter und reagieren langsamer, VCA-basierte Kompressoren klingen transparanter aber auch etwas steriler. Sehr frühe Exemplare mit OTA-Technologie hatten durchaus einen schlechten Ruf, was das Nebengeräuschverhalten betraf und galten als Rauschgeneratoren. Das Verhalten haben die drei Testkandidaten aber abgelegt. Abgesehen vom normalen Verstärken sowieso vorhandener Nebengeräusche – und das ist bei Verwendung eines Kompressors natürlich nicht zu vermeiden – verhalten sich die drei Probanden sehr ordentlich.


Kompressor Vergleich

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(erschienen in Gitarre & Bass 02/2018)

Produkt: Gitarre & Bass 7/2023
Gitarre & Bass 7/2023
IM TEST: Magneto Guitars Eric Gales Signature RD3 +++ Lenz Hot Chili Tube-Head +++ Marshall Guv’nor, Drivemaster, Bluesbreaker, Shredmaster Reissue Pedals +++ Glockenklang Blue Bird Bass-Amp +++ Fender Gold Foil Jazz Bass +++ Walrus Audio Fundamental Reverb und Delay +++ Blackstar Debut 50R Gitarren-Combo +++ Epiphone Adam Jones Les Paul Custom Art Collection +++ Boss Waza-Air Bass Headphones

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