Fly me to the bass!

Test: Tech 21 Bass Fly Rig V2

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(Bild: Dieter Stork)

Nachdem im Jahr davor Tech 21 das Fly Rig für Gitarre präsentiert hatte, kam 2016 die Bass-Version heraus: Ein kompaktes All-in-One-Pedal für Gigbag oder Koffer, um für jede Bühnen- oder Aufnahmesituation gerüstet zu sein, wenn die eigene Anlage nicht mitgenommen oder aufgebaut werden kann und vor Ort nichts Vernünftiges steht. Jetzt gibt es das heißersehnte Update, das wir im Folgenden unter die Lupe nehmen.

Aus der bekannten schwarzen Blechdose hole ich ein weiterhin im bewährten Format gehaltenes Pedal, doch es gibt zahlreiche Veränderungen, die sich zum Teil auf Details, zum Teil auf den Kern der Klangerzeugung beziehen.

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DAS NEUE RIG

Die Anschlüsse sind schnell abgehandelt und dennoch umfangreicher als vorher: An der Stirnseite rechts geht es per Klinke rein, links der Mitte liegt ein neu hinzugefügter Effektweg mit Send/ Return, links geht es mit Klinke zum Amp, daneben ist die Buchse für das Netzteil. Das beiliegende, stoffummantelte Kabel im Bügeleisenstil kann mit diversen Aufsätzen weltweit betrieben werden und wandelt 100-240 V Wechselspannung in 9,6 V Gleichspannung um. Das Pedal selbst läuft mit 9 bis 12 V und findet damit auch an Multinetzteilen immer Anschluss. Per XLR in der linken Seite geht es zum Mischpult oder Interface.

(Bild: Dieter Stork)

Auch bei den Effekten geht es von rechts nach links. Als erstes bietet das Fly Rig einen Kompressor in analoger, FET-basierter Schaltung für einen organischen, warmen Ton. Regelbar ist er in Kompression und Level, ein angenehm solider und leiser Fußschalter schaltet ihn an oder aus, beleuchtete Potis zeigen an, dass er aktiv ist. Sollte der angeschlossene Bass von vornherein zu viel Pegel haben, kann er per PAD-Schalter um 10dB abgesenkt werden. Herzstück des Fly Rig ist wie gewohnt der SansAmp, Tech 21s beliebtes Pedal, um mit einer flexiblen Verstärker-Simulation direkt ins Pult zu gehen und so auf den Amp verzichten zu können.

Neu am Fly Rig V2 ist, dass nicht nur die VT-Bass-Variante angeboten wird, die spezifische Ampeg-Sounds verspricht, sondern auch die „klassische“ SansAmp-Variante aus dem ursprünglichen Bass Driver DI. Die Wahl erfolgt am Character-Schalter, der gesamte Block wird wieder per Fußschalter aktiviert. Der Channel-Fußschalter wechselt zwischen den beiden Einstellungen, die sich über Drive1/Level1 und Drive2/Level2 abstimmen lassen. Beiden gemein ist die Klangregelung, hier gibt es Low bei 80 Hz, bei Mid einen Boost bei 2 kHz oder einen Cut bei 1 kHz, sowie High bei 3,3 kHz. Der Bite-Schalter aktiviert eine Anhebung der Präsenzen und addiert so allgemein Klarheit und/oder Attack.

Die „EFX“ betitelte letzte Sektion hält einige auf den Bass abgestimmte Effekte bereit. Ganz rechts liegt der Chorus, der mit einem einzigen Poti in der Intensität geregelt werden kann. Wird der Fußschalter gedrückt und gehalten, springt der Tuner an und das Pedal wird gemutet, dazu im Praxisteil mehr. Der Effekt rechts daneben kann gleich mehrere Dinge auf einmal: Ohne weiteren gedrückten Schalter läuft der Envelope Filter. Octave addiert eine Oktave nach unten dazu, Fuzz einen drastischen, gegateten Fuzz – sind beide Schalter gedrückt sind also Octaver, Fuzz, und Filter aktiv. Die weiteren Schalter sorgen für einen Groundlift beim DI-Out und schalten die Speakersimulation, die unabhängig von der SansAmp-Einheit immer anliegt, am Klinkenausgang aus, um z. B. in eine Bassanlage zu gehen.

(Bild: Dieter Stork)

UND JETZT ALLE!

Um einen Eindruck vom neuen Bass Fly Rig zu bekommen, spiele ich erstmal die Effekte einzeln an. Schon beim Kompressor zeigt sich, dass die Regler Tech-21-typisch fein reagieren, schon kleine Poti-Bewegungen reichen meist aus. Das führt bei der Größe der griffigen Knöpfe zu leicht fummeliger Bedienung, was ich aber als Preis der kompakten Bauform für mich abhake.

Der Effekt selbst reicht von eher dezent verdichtend bis zu Sustain bis übermorgen. Bei manchen meiner Bässe ist mir die Kompression selbst bei komplett runtergedrehtem Regler zu stark, die FET-Schaltung pumpt schnell – gut, dass es den Input-Pad-Schalter gibt. Der stellt den nötigen Einstellspielraum wieder her. Die Absenkung greift auch im Bypass, wenn alle Effekte ausgeschaltet sind. Das Fly Rig V1 hatte hier einen Tonregler, den ich nicht wirklich vermisse, der Effekt ist gut abgestimmt.

Ganz neu gestaltet ist, wie gesagt, die SansAmp-Einheit. Wo V1 noch einen schaltbaren Boost hatte, können jetzt mit dem Channel Schalter zwei Drive/Level-Einstellungen abgerufen werden. Das können zwei cleane Sounds in unterschiedlicher Lautstärke sein, ein cleaner, ein dreckiger Ton, zwei unterschiedlich dreckige … Sehr praktisch ist, dass bei deaktiviertem SansAmp die EQ-Beleuchtung ausgeht, die des Drive- und Levelpotis aber anbleibt, und zwar orange für 1, rot für 2, sodass es keine Überraschungen gibt, wenn man den SansAmp wieder ankickt. Der Character-Regler aus V1 ist auf der Strecke geblieben, stattdessen eben zwei schaltbare Charaktere. Gedrückt liegt der klassische BDDI-SansAmp an, der bei neutralem EQ einen modernen Ton für Rock und Metal bietet mit dickem Punch, ordentlichen Höhen, und zurückgenommenen Mitten.

Die lassen sich hervorkitzeln, wenn High und Mid weit runtergedreht werden und auch der Bassregler im Minusbereich verweilt, das Angleichen in der Lautstärke besorgen Drive und Level, die mehr als genug Reserven dafür haben. Automatisch einen deutlich präsenteren Mittengehalt hat der VT-Bass-DI-Sound, der sich für traditionellere Töne anbietet. Bite arbeitet ziemlich extrem Definition und Biss heraus, da wird man je nach Geschmack mit High und Mid nachregeln müssen, wenn zahmere Ergebnisse gewünscht sind. Apropos wünschen … Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, wäre das ein traditioneller, tiefer ansetzender Mittenregler, der das Pedal für meinen persönlichen Geschmack noch flexibler machen würde, und ein Blend-Regler, der beim originalen BDDI und VT Bass DI sehr nützlich ist für die Abstimmung gerade zerrender Sounds.

Ganz neu beim V2 ist der Effektweg, der hinter dem SansAmp und Octafilter, aber vor dem Chorus liegt. Hier können nicht nur weitere Modulations-, Delay-, EQ-, Reverb-, etc. Pedale eingeschliffen werden, auch die vier-Kabel-Methode ist möglich, wenn der verwendete Verstärker seinerseits einen Effektweg hat.

An dieser Stelle verlassen wir das Land der Brot-und-Butter Sounds und widmen uns dem sanften Irrsinn … Der Envelope Filter aka Auto Wah ist da noch normal und quakt wunderbar vor sich hin, mit den drei Reglern bestens auf Instrument und Klangvorstellung anzupassen. Möchte man Oktave und Fuzz ohne zusätzlichen Filtereffekt, muss Q komplett zugedreht werden, Range wird dann zum Tonregler. (Nicht von der Octa-Reference-Seite im sonst sehr guten, leider nur englischen Manual verwirren lassen, die das richtig beschreibt, die Potiplätze von Range und Q aber vertauscht hat.) Tech 21 weist explizit darauf hin, dass der Oktaver „glitchy“ ist und in seiner Stabilität von kräftigem Kompressoreinsatz profitiert. Genau so wird darauf hingewiesen, wie man den Fuzz beruhigt, der von Haus aus alles andere als zahm ist. Gegated und so brüchig wie aggressiv im Ton wird das nicht jeden Geschmack treffen. Am brauchbarsten finde ich für mich beide mit Mix auf ca. 10 Uhr als zusätzliche Farbe. Genauso macht es mir aber auch Spaß, mit dem Volume-Regler am Bass zu spielen und so genau die Grenzbereiche zu finden, in denen der Fuzz wegbröckelt – universell einsetzbar ist das natürlich nicht unbedingt.

Was der OctaFilter für viele ansprechend sehr gut hinbekommt, ist ein grandioser Synth-Ton, wenn Oktave, Fuzz und Filter gleichzeitig eingesetzt werden. Füttert man die Sektion mit hoher Kompression, verschwindet jede Bröckeligkeit und Glitchiness und wird durch schier endlos stehende, aber dennoch kontrollierbare Sounds ersetzt. Moog lässt grüßen!

Derart extreme Anwandlungen gehen dem Chorus ab, der dennoch nicht normal ist. Ein so rundes und stimmiges Ergebnis mit nur einem Regler muss Tech 21 erstmal jemand nachmachen. Geschwindigkeit und Intensität werden mit einem Dreh aufeinander abgestimmt, vom Minimum zum Maximum gibt es keine unbrauchbare Einstellung, sehr schön! Simpel aber effektiv ist auch das Stimmgerät, das mit nur wenig Zeichen alle Informationen gibt und auch eine tiefe H-Saite entspannt verarbeitet. Da es mit dem Chorus-Schalter verbunden ist, leuchtet das Poti im stummschaltenden Tunermodus auf, wenn der Chorus nicht an ist, oder geht aus, wenn der Chorus aktiv ist. Das fand ich im ersten Moment kurios, dann aber schlüssig, diese Eigenheit hat man schnell drin.

Eine nicht unwesentliche Veränderung zum V1 gibt es noch: Den Ausgang konnte man da zwischen Normalpegel und Kopfhörer umschalten, diese Funktion spart sich V2. Stattdessen ist jetzt die Speaker-Simulation am Klinkenausgang schaltbar, am XLR Out ist sie immer aktiv. Damit kann einerseits umgangen werden, ein speaker-simuliertes Signal nochmal über eine Bassanlage zu jagen, was unter Umständen klanglich ungünstig sein kann, andererseits kann der Sound und damit auch eventuelle Zerre aus dem Fly Rig oder aus vorgeschalteten Pedalen abgerundet werden. Da Tech 21 hier keine extreme Klangverbiegung veranstaltet, klingt das immer natürlich und konkret.

RESÜMEE

Ich hätte definitiv keine Bedenken, mich bei zukünftigen Fly-Gigs mit einem Bass im Handgepäck auf das Bass Fly Rig als Preamp-Lösung zu verlassen, genauso kann ich es mir bei Aufnahmen gut vorstellen. Es hat wieder massig nützliche Features an Bord, die gute Sounds von Jazz bis Metal und Pick bis Slap ermöglichen.

Der OctaFilter fällt immer noch eher in den Bereich „Special Effects“, macht aber Spaß und eine extrem gute Figur für Muse- wie Moog-Sounds. Entsprechende Einstellvorschläge finden sich im wie immer guten englischen Manual neben vielen weiteren, die eine optimale Grundlage für die eigene Erkundung des Pedals bieten, für die man sich etwas mehr Zeit nehmen sollte. Ist es besser als der Vorgänger? V2 hat vor allem einen zweiten Kanal gewonnen und die Möglichkeit, zwischen VT und BDDI zu wählen, dafür den Character-Regler eingebüßt. Für mich ein würdiges Update, das wahrscheinlich die Nutzerinnen und Nutzer von V1 nicht zu einem hektischen Tausch treiben wird, aber neue Fans gewinnen sollte.

PLUS

  • Sound-Möglichkeiten, auch extremerer Art
  • originaler Bass-Driver-DI-Ton
  • stabile Bauweise
  • Format
  • Stimmgerät
  • Nebengeräuschverhalten
  • Fußschalter

MINUS

  • Extremsounds Geschmackssache

(erschienen in Gitarre & Bass 10/2021)

Produkt: Gitarre & Bass 7/2023
Gitarre & Bass 7/2023
IM TEST: Magneto Guitars Eric Gales Signature RD3 +++ Lenz Hot Chili Tube-Head +++ Marshall Guv’nor, Drivemaster, Bluesbreaker, Shredmaster Reissue Pedals +++ Glockenklang Blue Bird Bass-Amp +++ Fender Gold Foil Jazz Bass +++ Walrus Audio Fundamental Reverb und Delay +++ Blackstar Debut 50R Gitarren-Combo +++ Epiphone Adam Jones Les Paul Custom Art Collection +++ Boss Waza-Air Bass Headphones

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