Leicht wie eine Feder

Test: Spector Euro 4 RST und Euro 5 RST

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(Bild: Dieter Stork)

Sting, Doug Wimbish, Ian Hill, Johnny Lee Middleton, Guy Pratt, Flea, Nicki Tedesco, Garry Tallent – nur ein paar Beispiele für die vielen Musiker, die Spector-Bässe spiel(t)en, in Rock, Funk, Soul, Pop, Metal etc. Das könnten schon genug Lorbeeren sein, um sich darauf auszuruhen – stattdessen ist Spector mit etlichen neuen Produktreihen breiter aufgestellt denn je.

Als Teil der in Tschechien hergestellten Euro-Spectoren kommen mit den Euro 4 RST und Euro 5 RST Modelle mit klassischer DNA und brandneuen Features. Das RST in der Bass-Bezeichnung steht für „Roasted“. Dieser Trend, der auch unter Karamellisierung oder Torrefizierung läuft, macht auch vor Spector nicht Halt …

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AUSGEDÖRRT

Bei dieser Art der Holzbehandlung wird Holz unter Sauerstoffentzug hoch erhitzt, sodass es nicht verbrennt oder verkohlt, aber seine Zellstruktur so verändert, dass es härter und steifer werden soll, und dazu noch widerstandsfähiger gegen Witterungseinflüsse. Auch die Farbe wandelt sich, zudem soll die resultierende Struktur jener alter Vintage-Instrumente ähneln, deren Hölzer sich auf natürliche Art über die Jahre verändert haben.

Die dunkelbraune Farbe der durchgehenden Hälse verrät, dass die drei Streifen, aus denen sie zusammengeleimt wurden, so behandelt worden sind. Aufgeschnitten wurde der Ahorn für die Hälse der beiden Testbässe mit stehenden Jahresringen (also „quarter sawn“ auf gut Englisch), was ebenfalls mehr Stabilität und Attack bringen soll als der traditionelle Schnitt mit liegenden Ringen.

Die Griffbretter könnte man aus etwas Entfernung für Palisander der helleren, rötlich-braunen Variante halten, tatsächlich wurde auch hier wieder geröstetes Ahorn verwendet. Um die Stabilisierung zu vollenden, wurden darunter zusätzlich noch Graphitstäbe parallel zu den Stahlstäben eingelegt. Die Spector-typischen Crown-Inlays in Perlmutt zieren die Fretboards, beide Bässe haben 24 Jumbobünde und einen Messingsattel.

Die Vorderseiten der angeleimten Korpushälften sind aus geflammtem Ahorn, und präsentieren sich sehr unterschiedlich. Der Viersaiter ist im gleichmäßigen „Sienna Stain Matte“-Finish gehalten und hat eine schöne, mittelbreite Tigerflamme. Der Fünfsaiter in „Sundown Glow Matte“ ist in Maserung und Farbe deutlich unruhiger, die dem Namen entsprechend aussieht wie einer impressionistischen Abendstimmung entsprungen. Sundown war bei allen, denen ich die Bässe gezeigt habe, die deutlich polarisierendere Farbe, und ich gebe zu, dass ich sie am Anfang auch seltsam fand. Mittlerweile mag ich sie …

Die dritte Farbe im Bunde ist noch ein wässrig-blaues „Turquoise Tide Matte“. Die Decke ist jeweils mit einer Zwischenlage abgesetzt von der Basis aus Paulownia. Dieses auch als Empresswood gehandelte Holz entwickelt sich immer mehr zum Renner, vereint es doch gute Stabilität und leichte Bearbeitung mit raschem Wuchs und vor allem einem sensationell geringen Gewicht, was auch die beiden Spectoren angenehm tragbar macht. Zarte 3,4 kg sind es beim Fünfsaiter, exakt 3000 Gramm bringt der Viersaiter auf die Waage.

Natürlich finden sich bei den beiden RSTs für Spector typische Merkmale wie die, wenn auch nicht sonderlich ausgeprägte, Volute am Übergang zur Kopfplatte. Letztere wurde passend zur Decke belegt und lackiert. Die gewölbte Korpusform, die den Bässen seit ihrem Entwurf durch Ned Steinberger in den 70ern ihr charakteristisches Handling gibt, ist auch vorhanden.

Wo wir schon gerade von Handling sprechen: Um das bemerkenswert geringe Gewicht nicht durch Kopflastigkeit unbequem werden zu lassen, hat sich Spector für die bewährten Gotoh-Mechaniken entschieden, aber in der ultraleichten GB-350-Variante. Am anderen Ende darf die Spector-eigene, in einer Fräsung im Body leicht versenkte Brücke nicht fehlen, dank Aluminium als Grundmaterial reiht auch sie sich in die gewichtssparenden Maßnahmen ein. Die Saiten können praktischerweise einfach eingehängt werden, was einen Saitenwechsel sehr beschleunigt.

Spector-Bridge aus Aluminium (Bild: Dieter Stork)

Spector hat im Laufe der Jahre schon einige Pickup-Fabrikate und -Formen eingesetzt, wobei ein EMG-PJ-Pärchen beim Viersaiter nach wie vor den Klassiker darstellt, während die meisten Fünfsaiter mit Soapbars gebaut werden – beides gibt es natürlich auch weiterhin. Hier beschreitet man dagegen neue, aber sehr logische Wege, denn Aguilar als Lieferant von Abnehmern und Elektronik gehört seit einiger Zeit ebenso wie Spector zum Korg-Konzern.

Bei den Tonabnehmern fiel die Wahl auf den Super Double, einen passiven Humbucker, der zwei Jazz-Bass-mäßige Spulen, die ganz traditionell mit jeweils acht bzw. zehn AlNiCo-Magneten versehen sind, in einem Soapbar-Gehäuse vereint. Der 4SD-D1 für Viersaiter ist mit drei Schrauben in Höhe und Neigung zu verstellen, der 5SD-D2 für Fünfsaiter-Bässe nur mit zweien, aber auch perfekt ausrichtbar.

Der OBP-2-Preamp bietet einen zweibandigen Equalizer mit ordentlichem Boost und Cut bei 40 Hz und 6,5 kHz. Abertausende von Spector-Spieler:innen haben schon darüber geflucht, ebenso viele mögen es genau so: Auch die neuen RST kommen mit zwei Volume-Reglern statt mit Master-Volume und Balance. Einen echten Nachteil sehe ich eigentlich nur dann, wenn man den Bass stumm regeln möchte, wofür man zum einen zwei Potis runterdrehen muss (und hinterher wieder auf), und zum anderen jedes eventuell eingestellte Mischungsverhältnis verliert.

Das Innenleben mit OPB-2-Preamp (Bild: Dieter Stork)

Die für den EQ nötige Batterie findet ihren Platz in einem eigenen Fach, das ohne Werkzeug zu öffnen ist und welches den 9V-Block verpolungssicher ohne Clip aufnimmt – perfekt. Der Deckel für das E-Fach ist aufgesetzt, was manche/n in dieser Preisklasse verwundern mag, aber bei Spector so üblich ist, und mich auch nicht stört. Fixiert ist er mit Gewindeschrauben, die in passende Messinghülsen greifen. Ordentliche Lösung, die theoretisch häufiges Öffnen und Schließen ohne Ausleiern ermöglicht, auch wenn man praktisch so gut wie nie da ran müssen wird.

Der Blick ins Innere zeigt, wie erwartet, saubere Verarbeitung, aber auch einen völligen Verzicht auf schaltbare Optionen. Was die Tonabnehmer angeht, ist das nicht verwunderlich. Die Super Doubles sind seriell verschaltet, ohne die Möglichkeit zur Parallelschaltung oder zum Split, weil Aguilar bei diesem Format davon ausgeht, dass die Abnehmer für jede Variante anders gewickelt sein müssten. Also gibt es nur Plus, Minus und zusätzlich ein Massekabel.

Ohne Weiteres möglich wäre allerdings der passive Betrieb gewesen, dafür hätte ein Poti mit Schaltfunktion gereicht. Ganz große Sorgen muss man sich wegen einer leeren Batterie aber auch nicht machen, die hält immerhin gut 300 Spielstunden. Was die Verarbeitung angeht, bekommt der Vierer Bestnoten in allen Belangen, die ich dem Fünfer auch zugestehen würde, hätte er nicht einige winzige Metallspäne am Hals-Pickup. Kein Drama und schnell entfernt, dennoch etwas kurios.

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Produkt: Jack Bruce 1943 – 2014
Jack Bruce 1943 – 2014
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