Der gar nicht kleine Bruder

Test: Soldano SLO-30 & 2×12 Slant Cabinet & Interview mit Mike Soldano

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(Bild: Dieter Stork)

Keiner seiner Kunden hätte 1987 gesagt: „Hey Mike! Dein Amp ist zu laut.“, aber die Zeiten ändern sich und auch die Bedürfnisse der Gitarristen. Ein kleinerer Verstärker mit gerade noch ausreichender Leistung, um damit im Proberaum spielen zu können, ist gefragt und daher hat Mike Soldano seinen allseits beliebten SLO-100 kurzerhand auf Diät gesetzt.

Michael Soldano wird in Insiderkreisen schon sehr lange als der eigentliche Erfinder des heutzutage immer noch ausgesprochen populären, extrem tighten und hochgradig komprimierten Rock-Gitarren-Sounds der Neunziger gehandelt. Auffällig häufig wurde das Design seines „Super Lead Overdrive 100“-Verstärkers (kurz SLO-100) von anderen Herstellern kopiert.

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Sehr ähnliche Schaltkreise findet man zum Beispiel bei Peaveys 5150 oder 6505, oder auch dem Mesa Boogie Dual Rectifier – diese Amps kann man als Interpretation oder Weiterentwicklung des SLO-100 verstehen. Vor ein paar Jahren gab es sogar eine von Mike selbst lizensierte Beinahe-Kopie aus Fernost unter dem Namen Jet City 100 HDM.

Bis vor kurzem hat Michael Soldano seine Verstärker noch in Kleinserienproduktion hergestellt. Statt in seiner kleinen Werkstatt in Seattle, werden die aktuellen Soldano-Produkte nun jedoch unter Michaels Aufsicht und Anleitung von Boutique-Amps-Distribution gefertigt; jener Firma, die hierzulande bereits durch die Marken Friedman Amplification, Wampler Pedals sowie Morgan Amps bekannt ist und auch das Synergy-Modul-System herstellt.

Ob die aktuellen Soldano-Produkte in puncto Verarbeitungsqualität den alten Verstärkern das Wasser reichen können, wird die Zeit zeigen, aber ein Blick unter die Haube zeigt ganz klar, dass man sich selbst beim Design der Platine an alten Soldano-Produkten orientiert hat und nicht etwa ein Friedman-Amp mit anderem Namensschild gebaut wurde.

(Bild: Dieter Stork)

BEDIENELEMENTE

Da steht er nun vor mir: der brandneue Soldano SLO-30, auf einer passenden 2x12er-„Slant“-Box und tatsächlich sieht dieses Halfstack fast genauso aus, wie der große SLO-100 auf einer 4x12er-Box. Nur etwas kleiner und spürbar leichter ist das neue Besteck. Dennoch fehlen mir die Rollen an der Unterseite der Box, als ich diese transportieren muss, denn die wiegt immerhin noch gut 31 Kilo.

Der Look ist extrem gut getroffen und ich nehme an, dass es dem Publikum auf einer großen Bühne, ohne direkte Vergleichsmöglichkeiten zu typischen Full-Size-Verstärkern, schwerfallen wird, dieses Mini-Stack sofort als solches zu entlarven. Das ist clever gelöst. Die Bedienelemente an der Front, wie auch auf der Rückseite sind altbekannt und entsprechen denen des alten SLO-100 bis auf ein zusätzliches Deep-Poti und einen Mini-Switch für die manuelle Kanalwahlschaltung, auch ohne angeschlossenen Fußschalter. Selbstverständlich hat man dem aktuellen SLO-100 diese beiden neuen Features ebenfalls spendiert.

Verändert hat Mike zudem zwei entscheidende Details: Die Vorstufe hat nun endlich eine vernünftige Röhrenheizung und entwickelt somit bei gleichem Zerrgrad weniger Nebengeräusche als beim alten Super-Lead-Overdrive. Und auch der Einschleifweg wurde signifikant verbessert – laut Aussage des Herstellers ist er nun erheblich gutmütiger mit Pedal-Effekten zu gebrauchen als früher.

Anschlussmöglichkeiten auf der Rückseite (Bild: Dieter Stork)

SOUNDS

Um den Klang des neuen SLO-30 bewerten zu können, müsste man eigentlich einen echten, alten SLO-100 danebenstellen, oder so ein Original zumindest einmal gespielt haben. Diese Amps sind aber nicht nur extrem selten, sondern werden heutzutage, selbst als Second-Hand-Ware in der elektronischen Bucht, im Preisbereich jenseits der € 5000 gehandelt. Glücklicherweise haben zwei Musikerkollegen genau solch ein Original und tatsächlich hatte ich vor ein paar Jahren die Möglichkeit beide Amps zu spielen. Mit der Erinnerung an das Original im Hinterkopf, schalte ich daher erwartungsvoll den SLO-30 an und spiele mich durch die zweieinhalb Kanäle.

Im ersten Kanal kann zwischen Clean und Crunch gewählt werden und tatsächlich bleibt der SLO-30 auch bei hohen Master-Volume-Einstellungen sowie defensiv eingestelltem Preamp-Gain, im ersten Modus relativ clean. Das ist nicht gerade das Paradebeispiel eines Clean-Sounds à la Fender-65er-Deluxe, aber das will der Hersteller hier ja auch gar nicht leisten. Dieser Kanal ist mittig, stabil und pedalfreundlich abgestimmt, wie beim alten Original, und tatsächlich lässt sich mit einem alten Marshall-Guv’nor-Pedal und einer Les Paul der typische Gary-Moore-„Still got the Blues“-Sound erzeugen.

Ohne Pedal, mit einer Strat und Fingern gespielt, bedient der SLO-30 problemlos alle Mark-Knopfler-Klischees, und auch mit einer Tele lässt sich hier noch ein halbwegs zweckdienliches Country-Lick spielen. Letzteres hat aber seine Grenzen, denn der Clean-Kanal ist dafür eigentlich schon etwas zu dicht und farbig in den Mitten. Für Country-Lead-Sounds à la Brad Paisley empfiehlt es sich eindeutig, den kleinen Mini-Switch an der Frontseite auf Crunch umzulegen. Hier passiert eigentlich schon das, was viele pragmatisch spielende Gitarristen brauchen.

Der Crunch-Kanal ist gutmütig komprimiert, etwas glatter und weniger raubeinig als es ein Marshall bei gleichem Gain wäre. Die Gain-Reserven reichen mit lauten Humbuckern für die typischen Classic-Rock-Rhythmus-Gitarren von Warren De Martini, und auch ganz traditionelle Metal-Gitarren-Sounds im Stil von Helloween, Iron Maiden oder Judas Priest gehen noch recht leichtfüßig von der Hand.

Man sollte jedoch ein bisschen geübt und vorher einen Kaffee getrunken haben, denn der Crunch-Kanal ist wirklich anspruchsvoll zu spielen und zeigt sehr genau die Defizite der eigenen Spieltechnik auf. Selbstverständlich hilft es, dass man im seriellen Einschleifweg mit etwas Delay und Hall arbeiten kann, denn dieser funktioniert tadellos.

Apropos Delay und Hall – ich will gniedeln! Daher wird in den Overdrive-Kanal umgeschaltet. Tatsächlich wundere ich mich zunächst etwas, denn das Spielgefühl will einfach nicht meiner Erinnerung an die alten SLO-100 entsprechen. Vielmehr fühle ich mich an einen Peavey 6534+ oder ein EVH 5150III 50-Watt-Topteil mit EL34-Röhren erinnert.

Das Attack ist weich und dunkler als erwartet, die Bässe sitzen recht weit oben im Frequenzbild, sind stärker komprimiert und wirken daher weniger wuchtig. Ein prüfender Blick auf die beiden Endstufenröhren zeigt, dass da sehr wohl zwei 5881 eingebaut sind. Aber mit niedriger Spannung auf der Anode scheint sich diese Röhre im SLO-Schaltkreis klanglich sehr in die Richtung einer EL34 zu bewegen.

Das Problem der mangelnden Kompression der Endstufe eines 100 Watt starken Amps, wenn er bei humanen Lautstärken betrieben wird, soll beim kleinen SLO -0 hierdurch gelöst werden. Ähnlich wie es schon Eddie Van Halen mit seinen Marshalls und dem Variac-Transformer gemacht hat, dreht man dem Amp hier einfach ganz leicht den Saft ab und sorgt so gezielt für etwas Weichzeichner.

Das ist nicht schlecht gelöst, klingt aber dennoch anders als ein alter SLO-100, der auf Kampflautstärke im Studio betrieben wird. Auch Tests des SLO-30 an Marshall- und Boogie-4x12er-Boxen sowie der Direktvergleich mit zwei Soldano „Series II SL 60“- Amps (dem weit verbreiteten, günstigen, kleinen SLO aus den Neunzigern) zeigen ähnliche Ergebnisse.

Der SLO-30 klingt weicher, etwas weniger wuchtig und bewegt sich einen kleinen Schritt in die Richtung eines Marshall-Amps. Was mir bei meinen Tests allerdings ebenfalls klar wird und hier definitiv nicht verschwiegen werden soll, ist, dass Mike mit der 2×12-Slant eine Box der Referenzklasse herstellen lässt. Ich habe dieses Cabinet genau mit meinen bisher favorisierten alten Marshall-2x12er-Boxen, der Mesa-Boogie-2×12-„Rectifier horizontal“ und der Bogner-2×12-„Oversized Closed Back“ verglichen und kann der Soldano-Box nur attestieren, dass sie in sehr vielen Disziplinen extrem gut klingt. Tight, rund und dennoch musikalisch.

Diese Box, mit ihrer kleinen Bassreflexöffnung auf der Rückseite, könnte durchaus das Zeug haben, das Feld meiner persönlichen Top 3 der 2x12er-Cabinets mit Vintage-30-Lautsprechern von hinten aufzurollen.

Röhren in Formation: Fünfmal 12AX7 und zweimal 5881 (Bild: Dieter Stork)

ALTERNATIVEN

Wenn das Budget reicht, ist die Wiederauflage des SLO-100 für sportlich spielende Gitarristen wie auch für Liebhaber sicherlich eine etwas akkuratere Alternative.

Leider ist der Preisunterschied zwischen SLO-30 und SLO-100 extrem. Wer eine günstige und laute Alternative zum SLO-30 sucht und nicht unbedingt den klassischen „Kathodenfolger vor dem Tonestack“-Marshall-Anstrich braucht, sondern brutales Gain, der findet bei fast allen Produkten der ursprünglichen Peavey5150- bzw. -6505-Baureihe Verstärker, die zumindest ähnlich klingen können. Das gilt auch für die aktuell von Fender hergestellten EVH-5150-III-Amps.

Dem Spielgefühl nach nicht unähnlich verhalten sich auch der Engl Fireball 25 und der PRS MT 15, denn beide Verstärker versuchen es mit einem recht ähnlichen Kniff in der Endstufe, aus zwei 5881- bzw. 6L6-Röhren lediglich 15 bis 25 Watt Leistung abzugeben.

Farblich ans Gehäuse angepasstes Innenleben (Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Der SLO-30 ist ein echter Soldano und bewegt sich nicht nur preislich in dieser Liga. Für Gitarristen, denen der alte SLO-100 zu weit vom Marshall-Blues-Rock-Klangideal entfernt ist, könnte der SLO-30 tatsächlich die bessere Wahl sein, und auch für User eines Pedalboards entpuppt sich der neue Einschleifweg als ein echter Segen.

Studiobetreiber, die bereits einen alten SLO-100 mit „Deep-Mod“ im Arsenal haben, werden sich zusätzlich allerdings keinen SLO-30 anschaffen wollen und müssen, denn beide Produkte klingen, aufgrund der Tatsache, dass nur die Endstufenbeschaltung unterschiedlich ausgelegt ist, sehr ähnlich.

PLUS

● klassischer SLO-Sound
● moderner Einschleifweg
● hohe Lautstärkereserven
● geringeres Nebengeräuschverhalten

MINUS

● keine Rollen (Cabinet)


INTERVIEW MIT MIKE SOLDANO

(Bild: Soldano)

Michael „Mike“ J. Soldano Jr., der Erfinder des weltbekannten, zweikanaligen Soldano-SLO-100-Verstärkers, stand uns zum neuen SLO-30 Rede und Antwort.

Mike, du hast kürzlich einen Vertrag mit Boutique Amps Distribution abgeschlossen, sodass die Soldano-Verstärker und -Boxen nun wieder in Los Angeles hergestellt werden. Was bedeutet dieser neue  Herstellungsprozess und Vertriebsweg für den Kunden, die Qualität und den After-Sales-Service?

Ich habe den Vertrag unterschrieben, weil diese Jungs seit Jahren absolut solide und zuverlässig arbeiten. Wir alle fühlen uns großartig in Bezug auf diese Partnerschaft. Ich lebe nach wie vor in Tacoma, reise aber bei Bedarf nach L.A., damit ich selbst dafür sorgen kann, dass der Kunde immer noch die zuverlässigsten Verstärker von höchster Qualität bekommt. Das Team von Boutique Amps produziert schon seit Jahren auf diesem Level und ich bin sehr beeindruckt von ihrer Liebe zum Detail. Einer weiterer Grund für die Zusammenarbeit ist ihr guter Ruf in Sachen hervorragenden Kundenservice. Das sorgt auch dafür, dass ich meinen Ruhestand genießen und mich ganz auf die Entwicklung neuer Produkte konzentrieren kann.

Hast du technische Verbesserungen am Design der aktuellen Verstärker vorgenommen?

Ja, Peter Arends von Boutique Amps Distribution und ich haben den Vorverstärkerröhren eine DC-Heizung hinzugefügt. Mit dieser Gleichrichtung des Heizstroms erreichen wir noch etwas weniger Brummen im Vergleich zum originalen SLO-100. Zudem haben wir das Design des seriellen Effekteinschleifwegs modernisiert und seine Position in der Schaltung hinter den Master-Volume-Regler gesetzt. Weiterhin haben wir den Depth-Regler, eine sehr gefragte Modifikation am originalen SLO-100, nun als Standard etabliert und einen kleinen Kanalwahlschalter auf der Frontplatte eingebaut, um eine einfache Bedienung des Amps, auch ohne angeschlossenen Fußschalter zu ermöglichen. Tatsächlich sind die neuen SLO-100 und SLO-30 sehr nebengeräuscharm und klingen etwas aggressiver als zuvor!

Peter Weihe, ein bekannter deutscher Studiogitarrist, benutzt deinen SLO-100 seit Jahrzehnten und hat dessen Sound auf zahlreichen Rock- und Pop-Produktionen der 90er-Jahre verewigt. Er erzählte mir jüngst, dass er in gut 30 Jahren kein einziges technisches Problem mit dem Verstärker hatte und sogar noch die originalen Röhren verwendet. Wie schaffst du es, ein so zuverlässiges Produkt auf den Markt zu bringen?

Ich bin so froh das zu hören! Bei Soldano arbeiten wir immer mit den besten Bauteilen, die wir bekommen können. Unsere Clarostat-Potentiometer im SLO-100 zum Beispiel, sind in Militärqualität und kosten bis zu 10-mal mehr als Alpha- oder CTS-Potis, haben aber auch wesentlich engere Toleranzen und sind extrem langlebig gebaut. Und die Verwendung der besten Komponenten, einschließlich unserer berühmten Transformatoren, ist erst der Anfang. Das robuste Design der Verstärker und die brutalen Tests, bevor wir die Produkte versenden, stellen sicher, dass der Endverbraucher ein Produkt erhält, das wirklich für eine lebenslange Nutzung ausgelegt ist.

Dein SLO-100 ist vielleicht der erste moderne Gitarrenverstärker mit einem tighten High-Gain-Kanal. Hattest du beim Sound-Design Hilfe von anderen Gitarristen und Amp-Technikern? Oder hast du einfach einen Verstärker gebaut, den du subjektiv betrachtet perfekt findest?

Als Gitarrist habe ich immer nach einem ganz bestimmten Overdrive-Sound mit großer Klarheit, einer ganz speziellen, sehr genauen Ansprache und sehr kontrolliertem Spielgefühl gesucht. Zu der Zeit gab es einfach keinen einzigen Amp, der das so konnte, wie ich es mir vorgestellt habe. „Notwendigkeit ist die Mutter der Erfindung“, und so habe ich mir alles über Vakuumröhrenelektronik draufgeschafft, was ich wissen musste ‒ nur um in der Lage zu sein, einen Verstärker zu entwerfen, der meinen eigenen Bedürfnissen entspricht.

Anfangs war es ein sehr persönliches Projekt, daher habe ich nicht nach der Meinung anderer Spieler gefragt. Als jedoch der 100-Watt-SuperLead-Overdrive (SLO-100) auf meiner Werkbank zum Leben erweckt wurde, erkannte ich, dass er vielleicht auch anderen Gitarristen gut gfallen könnte. Ich zog nach Los Angeles um meine eigene Firma Soldano Custom Amplification zu eröffnen. Gott sei Dank stellte sich heraus, dass die großartigsten Gitarristen wie Warren DiMartini, Eric Clapton, Mark Knopfler, Warren Haynes und viele andere nach der gleichen Art von Klangkultur und diesem kontrollierten Spielgefühl suchten. Ihre Begeisterung für meine Verstärker hat wirklich dazu beigetragen, die Marke Soldano zu stärken.

Welche Alben würdest du uns empfehlen, um den Sound des SLO-100 in einer Produktion zu hören?

Eines meiner Lieblings-Beispiele ist Gary Moores ‚Still got the Blues‘ bei dem Live-Auftritt in Montreux 1990. Gary spielt da absolut großartig und sein Sound auf der Scheibe ist hundertprozentig der eines SLO-100.

Die 80er- und 90er-Jahre waren verrückte Jahrzehnte für Rockmusiker ‒ hast du da spannende Geschichten mit Endorsern erlebt?

Ich schätze wirklich jeden einzelnen Künstler, der einen Soldano-Verstärker gekauft hat. Sie haben mir eine tolle Karriere in dieser Branche ermöglicht. In den frühen Tagen waren es Warren DiMartini und George Lynch, in jüngerer Zeit Musiker wie Matt Pike und Tommy Kessler. Aber ein besonders bemerkenswerter Kunde war für mich Stevie Ray Vaughan. Ich traf ihn am Greek Theater in L.A., und wir hatten ein sehr langes, spannendes Gespräch generell über Verstärker.

Ich baute ihm daraufhin einen speziellen SLO-100 mit klassischem Tweed-Bezug. Leider bekam er den Amp erst kurz vor seinem viel zu frühen Tod. Ich habe genau diesen Verstärker wieder in meinem Besitz und er geht nie wieder woanders hin! Diese Jahrzehnte waren in der Tat verrückte Zeiten für Rockmusiker! Leider, oder vielleicht zum Glück (lacht), habe ich nicht so viel mit diesen Jungs rumgehangen. Ich war immer damit beschäftigt, Verstärker zu bauen.

Siehst du deine Amp-Schaltpläne als Weiterentwicklung eines Mesa Mark II, oder eher als modifizierten Marshall mit Drei-Trioden-Gain und Kathodenfolger, der für noch mehr Gain und Tightness „heiß gemacht“ wurde?

Meine High-Gain-Designs sind eigentlich eher das genaue Gegenteil eines Mesa aus der Mark-Serie und funktionieren tatsächlich eher wie ein modifizierter Marshall. Der Mesa Mark II stellt das Tone-Stack vor die Verstärkungsstufen und der SLO-100 hat, wie beim Marshall, den Drei-Band-Equalizer hinter den Verstärkungsstufen. Meine Leistungsverstärkerschaltungen und auch die Klangregelung basieren auf frühen Western-Electric-Schaltkreisen, genau wie bei Tweed-Fender-Bassman-Verstärkern und klassischen Marshalls.

Was den SLO-100 wirklich einzigartig macht, ist sein Preamp. Hier wird eine Schaltung verwendet, die ich als „Kontrolled Klipping“ bezeichne. Es werden mehrere 12AX7- Trioden-Stufen verwendet, deren Leistung kaskadiert wird, aber die Verstärkungsleistung der einzelnen Gain-Stufen ist sehr sorgfältig ausgesteuert, um Oszillation und unerwünschte harmonische Obertöne zu vermeiden. Der Gitarren-Sound wird zwischen den Stufen immer wieder geformt und gefiltert. Es ist ein ziemlich einfaches Design, das recht gut funktioniert. Darauf bin ich stolz!

Ist der SLO-30 im Grunde ein SLO-100 mit nur einem Duett 5881-Röhren?

Der SL- 30 entspricht, wie du richtig vermutest, dem ursprünglichen SLO-100. Die Preamp- und Tonestack-Schaltungen sind identisch, der SLO-30 verwendet jedoch lediglich zwei 5881-Endstufenröhren, die mit einer relativ niedrigen Anodenspannung arbeiten um nur 30 Watt Leistung zu erzeugen. Ein speziell von uns entwickelter Ausgangstransformator nimmt diese niedrige Leistung auf, ohne, dass der SLO-30 das typische „chug“ im Low-End verliert. Der SLO-30 ist einfacher zu transportieren und besser für den Einsatz in kleineren Venues und Homerecording-Studios geeignet. Das ist ein Killer-Amp, der sich in seiner Leistungsklasse sicherlich sehr gut schlägt.

Hast du schon Pläne für weitere Produkte?

Wir werden die Produktlinie erweitern, uns aber die nötige Zeit lassen. Als die Partnerschaft anfing, waren Soldano-Amps für fast 18 Monate nicht erhältlich. Das ist eine lange Zeit, aber wir wollten die überarbeiteten Verstärker-Designs nicht übereilt zur Produktionsreife bringen. Das Ergebnis spricht für sich. Unsere nächsten Verstärker werden wir ebenfalls in Ruhe perfektionieren. Ein paar Produkte sind schon fast fertig, aber ich möchte jetzt noch nicht über ungelegte Eier sprechen. Da müsst ihr euch leider ein wenig gedulden!

(Bild: Soldano)

(erschienen in Gitarre & Bass 11/2020)

Produkt: Jazz Amp
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Realität oder Illusion?

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