Solidbody statt Sandwich

Test: Relish Guitars Trinity by Relish

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(Bild: Dieter Stork)

Mit dem neuen „Trinity by Relish“-Modell präsentiert Silvan Küng von Relish Guitars eine preisgünstigere Alternative zu dem innovativen, aus hochverdichtetem Schichtholz und Aluminium-Layer gefertigten Korpuskonzept. Entwickelt in der Schweiz, gefertigt im indonesischen Cort-PT-Werk, richtet sich der Fokus hier auf die blitzschnell austauschbaren Pickups.

Werrr hat’s errrfunden? Zwar können sich die Eidgenossen nicht mit den Lorbeeren schmücken, als Erste ein Konzept zum schnellen Austausch von Tonabnehmern entwickelt zu haben – diesbezüglich waren u.a. Dan Armstrong, John Birch und Gibson schneller – aber in puncto Handhabung schießt das Konzept förmlich den Vogel ab (oder den Apfel?). Werkzeugfreies Plug&Play, ohne irgendwelche Kabel lösen oder gar Saiten entfernen zu müssen. Die Parts für das Pickup-Swapping-System werden im Übrigen auch in der Schweiz gefertigt und dann an das Werk in China geliefert.

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BASICS

Um dieses Konzept zu realisieren, müssen die Pickups natürlich von der Korpusrückseite her zugänglich sein. Dazu bedarf es durchgehender Fräsungen, in denen die Relish-Pickup-Mounting-Frames montiert wurden. Jeweils acht Neodym-Magnete tragen die speziellen Sockel mit den verschraubten Tonabnehmern, die sich ohne größeren Kraftaufwand nach hinten herauszuziehen lassen. Sockelseitig sorgen je vier vergoldete Federstifte für Stromfluss.

Frontansicht: Pickup-Sockel mit Kontakten und Magneten. (Bild: Dieter Stork)

Sie werden von ebenfalls vergoldeten Hülsen aufgenommen, die in die Montagerahmen eingelassen sind. Diese sind wiederum über Kabel mit dem Schaller Megaswitch T bzw. den Potis verbunden. Über eine Messingschraube mit Feingewinde, die dank eines Gummiringes auch mit Daumen und Zeigefinger gedreht werden kann, lässt sich die Höhe eines jeden Pickups komfortabel variieren.

Rückansicht: Pickup-Sockel mit Höhenjustierschraube. (Bild: Dieter Stork)

Mit der Justierung der PU-Neigungen tut sich das System allerdings schwer, da je vier Inbusschrauben und Distanzfedern, zwischen Sockel und Rahmen, dies nur eingeschränkt zulassen. Um einen möglichst schnellen PU-Wechsel zu gestatten, hat Relish natürlich auf eine rückseitige Abdeckung verzichtet.

Rückansicht: Pickup-Sockel mit Höhenjustierschraube. (Bild: Dieter Stork)

Der Trinity-Body mit dem markanten Relish-Design – hier jedoch noch tiefer ausgefrästem Cutaway – besteht aus massiver Linde, besitzt vorne und hinten stark verrundete Kanten und einen großzügig gestalteten Rippenspoiler. Die in Querrichtung gewölbte Decke bildet gleichzeitig eine komfortable Armschräge, der Übergang zum Hals folgt dem Zargenverlauf. Im großzügig dimensionierten E-Fach, dessen Kunststoffdeckel bündig montiert ist, gibt es für die drei Bedienelemente und die in die Zarge eingelassene Rohrklinkenbuchse reichlich Platz. Große Gurtpins bieten zuverlässigen Halt.

(Bild: Dieter Stork)

Die extrem präzise und stramm gefräste Halstasche sorgt nicht nur für eine stabile Verbindung mit dem Korpus, sondern auch für beste Schwingungsübertragung. Daher reichen die drei einzeln eingelassenen Halsschrauben auch völlig aus. Der Ahornhals zeigt stehende Jahresringe (quartersawn) und wurde in Höhe der ersten drei Bunddrähte großflächig angeschäftet. Für das Griffbrett findet Laurel Verwendung, ein Regenwald-Lorbeerbaum (Cordia alliodora), der primär in Südamerika, Afrika und Asien wächst. 24 Medium-Jumbo-Edelstahlbünde verteilen sich über das Spielfeld, allesamt perfekt eingesetzt, abgerichtet, verrundet, entgratet und poliert. Die an den Griffbrettflanken sichtbaren Bundschlitze hat man sorgfältig mit Holzkitt gefüllt.

Kleine Perloid- und Sidedots erleichtern die Orientierung auf dem und an der Sichtkante des Griffbretts. Ein optimal gefeilter GraphTech-Sattel führt die Saiten zu den ungelabelten Tunern, die dank hoher Übersetzung smooth und präzise arbeiten. Durch die um 14° rückwärtig geneigte Kopfplatte üben die Saiten gesunden Druck auf den Sattel aus. Als Steg dient eine dreifach verschraubte, gleichermaßen massive wie elegante Einheit mit sechs Einzelreitern, die der Hand eine komfortable Auflage bietet. Nach dem Strings-thru-body-Prinzip werden die Saiten auf der Korpusrückseite von präzise eingesetzten Hülsen gehalten.

(Bild: Dieter Stork)

Für diesen Test hat der Hersteller drei Pickup-Sets eigener Fertigung mitgeliefert, und zwar Relish Bucker XX, Relish P90s und Relish Singlecoils. Verwaltet werden sie per Master-Volume, Master-Tone und Schaller-Megaswitch-T-Dreiwegschalter. Die gerändelten Tele-Knöpfe hat man elegant in der Decke versenkt.

SWAPPING PICKUPS

Zunächst punktet die Trinity mit höchst angenehmem Gewicht sowie Ausgewogenheit am Gurt und auf dem Bein. Durch das mittelkräftige Modern-C-Profil und die griffige Satin-Oberfläche liegt der Hals wunderbar in meiner Hand und lässt sich dank ergonomisch verlaufendem Übergang stressfrei bis in die höchsten Lagen bespielen.

Trocken angespielt versprüht die Trinity by Relish ernorme Schwingfreude, die sich in sehr direkter, akzentuierter Ansprache, quicklebendiger Tonentfaltung und stabilem Sustain äußert. Das Klangbild glänzt mit knackigen, definierten Bässen, warmen aber prägnanten Mitten, klaren Höhen und breitem Obertonspektrum. Mit den Relish Bucker XX Humbuckern tendiert die Trinity klanglich eher in Richtung SG, keinesfalls aber zu einer fetten Paula.

Beide Pickups liefern deutlich weniger Output als beispielsweise Vintage-PAFs. Ganz eklatant äußert sich das beim Doppelspuler am Hals, von dem solches, angesichts der gemessenen 6,48 kOhm, zu erwarten war. Bei den 14,96 kOhm des Steg-Pickups hatte ich jedoch eher ein High-Gain-Aggregat auf dem Schirm. Der Hals-Bucker liefert wunderbar transparente, klare und warme Clean-Sounds, lässt dabei jedoch die unteren Frequenzbereiche, sprich die Klangfülle, ein wenig außer Acht und bietet sich damit eher für brave, bluesige oder jazzige Sounds an.

Dagegen kommt das Stegmodell nicht nur mit wesentlich mehr Output, sondern auch mit druckvollen, knackigen Bässen, kraftvollen Mitten, spritzigen Höhen und Obertönen daher und bietet insgesamt ein ausgewogeneres Klangbild. Noch deutlicher werden die Unterschiede der Relish-Bucker bei Crunch-Sounds, wo der Steg-Pickup richtig losrockt, während der Hals-Bucker nahezu clean bleibt. Ein Fazit würde ungefähr so lauten: Während der Steg-PU eher Classic-Rocker bedient, aber auch gute Clean-Sounds bereithält, fühlt sich der Hals-Bucker in cooleren und cleaneren bis leicht angezerrten Genres wohl. Dessen ungeachtet reagieren Gitarre und Pickups feinfühlig auf variantenreichen, nuancierten Anschlag und Tonbildung.

Obwohl der Klangvergleich wegen der Konstruktions- und Holzunterschiede etwas hinkt, muss eine SG Special 61 Reissue gegen die Relish-Trinity-P90s antreten. Auch die Pickups der SG Special tönen erheblich lauter und fetter als die Relish-Vertreter, die im Clean-Betrieb eher nach Tele als nach P90 klingen, oder zumindest nach einer Mixtur aus beiden. Nichtsdestotrotz perlen ausgewogene, klare, spritzige, eigenständige Sounds aus den Lautsprechern, deren feine Dynamik spielerische Nuancen präzise umsetzt.

Der Hals-PU liefert warme, bluesig runde, differenzierte Bässe, glockig perkussive Mitten, luftige Höhen und Obertöne. Der StegP90 kommt mit knackigen straffen Bässen, prägnanten Mitten, nicht übermäßig scharfen, silbrigen Höhen und einem breiten Obertonangebot deutlich rockiger daher, was er auch im Zerrbetrieb bestätigt. Einer der beiden Einspuler muss ein Reverse-Wound-Reverse-Polarity-Typ sein, da in der Kombi beider Abnehmer keinerlei Einstreugeräusche festzustellen sind.

Und schon sind die Relish-Singlecoils an der Reihe. Einfach klasse, wie schnell und leicht die Pickup-Wechsel zu handhaben sind! Zwei Einspuler in einer Gitarre lassen Tele-Tendenzen vermuten. Output-mäßig orientieren sich die Einspuler eher an alten Originalen, obgleich sie leiser sind als die zum Vergleich herangezogenen Pickups einer Vintage-Tele. Klanglich fehlt es den Relishs ein wenig an Fundament – Mitten, Höhen und Obertöne strahlen derweil förmlich um die Wette. Dies verleiht dem Hals-Pickup enorme Transparenz und Vitalität, dem Stegkollegen wunderbar spritzigen Twang ohne übermäßige Schärfe.

Der Simultanbetrieb beider Pickups liefert glockig perlende Akkorde und leicht näselnde Singlenotes. Insgesamt klingen die Einspuler sehr ausgewogen und wurden untereinander pegelmäßig perfekt abgestimmt. Auch hier hat man einen der beiden Pickups mit entgegengesetzt gewickelten Spulen und konträr gepolten Magneten versehen, um zumindest im Kombibetrieb Störgeräusche zu minimieren. Bei allen drei Pickup-Sets fällt auf, dass sie gegenüber den Vergleichstypen nicht nur pegelschwächer sind, sondern auch in den Bässen recht schwachbrüstig daherkommen.

Eine Frage, die unseren Lesern mit Sicherheit unter den Nägeln brennen dürfte: Kann man die einzelnen Pickups auch kombinieren? Antwort: Ja, und zwar uneingeschränkt und beliebig. Dabei lassen sich interessante und sogar unkonventionelle Paarungen zusammenstellen, z.B. Singlecoil am Steg, P90 am Hals. Allerdings ist dabei verständlicherweise nicht immer mit ausgewogenen Output-Levels zu rechnen und auch die RW/RP-Brummunterdrückung ist nicht immer gegeben.

Während der Master-Volume über seinen gesamten Regelbereich wunderbar gleichmäßig agiert und damit präzise Kontrolle über Volume bzw. Gain ermöglicht, wirkt Master-Tone quasi wie ein Schalter: Besäße das Poti eine Skala von 0-10, passiert von 10 bis 2 nichts, dann schaltet das Poti plötzlich auf dumpf, und auch bis 0 ist keine Veränderung mehr festzustellen.

RESÜMEE

Die neue Trinity by Relish stellt eine gelungene, preisgünstige Alternative zu den bekannten Relish-Mary-Modellen mit Sandwich-Bodies dar. Mit ihr kehrt der Schweizer Hersteller zwar zur traditionellen E-Gitarrenbauweise zurück, jedoch ohne dabei auf die Möglichkeit des blitzschnellen Pickup-Tauschs zu verzichten. Nebe den exzellenten klanglichen Qualitäten wie Schwingfreude, Dynamik und Sustain sowie dem hohen Spiel- und Tragekomfort ist das gleichermaßen innovative wie geniale Pickup-Swapping-System zweifellos das Highlight der Gitarre, auch wenn hinsichtlich der Justiermöglichkeiten der Neigungswinkel noch Optimierungsbedarf besteht. Die hauseigenen Tonabnehmer punkten mit eigenständigen Sounds, allen gemein ist ihre recht schwache Ausgangsleistung und ein schlankes Klangvolumen bzw. -fundament. Wer mehr Volumen oder Dampf möchte, für den ist es von Vorteil, dass der Hersteller die Montage von Fremd-Pickups anbietet. Ein echter Knaller ist im Übrigen, dass sämtliche Tonabnehmer beliebig miteinander kombiniert werden können.

Zur Info: Die vorliegende Testgitarre ist der letzte Trinity-Prototyp vor dem Serienmodell. Am Hals wird laut Relish Guitars nahe der Halstasche noch eine kleine Formanpassung vorgenommen. Außerdem werden die Pickup-Fräsungen minimal vergrößert, um etwas mehr Spiel für unterschiedliche Pickup-Cover von Fremdherstellern zu lassen. Auch die Relish-Pickups wurden optisch überarbeitet. So besitzen alle Pickups Chromrahmen mit grauen Einsätzen, die P90s sichtbare und die Humbucker keine Polschrauben.

Für Early Birds, also die ersten 150 Trinity-Bestellungen, legt Relish Guitars neben den Humbuckern kostenlos ein P90-Pickup-Set bei.

PLUS

  • Konzept Pickup-Austausch
  • Pickups beliebig kombinierbar
  • Design
  • Schwingfreude, Dynamik & Sustain
  • Qualität Hölzer & Hardware
  • geringes Gewicht
  • Spielbarkeit
  • Verarbeitung
  • Preis/Leistung

MINUS

  • Ausrichtung der Pickups (Neigung in 2 Richtungen) nur eingeschränkt möglich

(erschienen in Gitarre & Bass 09/2020)

Produkt: Fender Stratocaster
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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Ich habe grad ein Video mit Carlos Santana – Black Magic Woman Playing for change gesehen. Dort spielt eine Jamaikaner vor Wellblechhüten und Strassenjungs eine Relish. Kannte ich nicht und haben mal recheriert: rund 5000 Euro die Klampe. Super Innovativ allerdings und schnitt auch im Test hervorragend ab. Aber der Preis…hüstel…hüstel.
    An alle Holzfetischisten: Alu-Korpus…hehe…und klingt trotzdem super…was für eine Klatsche.
    Mit einer 5000 Euro Gitarre vor Wellblechhüten zu spielen, gibt mir auch zu denken. Gibt in Jamaika eben auch arme und reiche. Nun denn, vielleicht war die ja nur geliehen. Eine Zigarrenkiste mit Saiten wäre wahrscheinlich nur ein dummes Klischee gewesen.
    Was die Recherche aber noch brachte: Die Firma gibt es seit 2023 nicht mehr. Pleite.
    Schade, für 1400 Euro, wie hier im Test, hätte ich die gerne mal auf dem Schoß gehabt zum Antesten. Für mich sind von der Gründung der Firma bis zu dessen Pleite nur weniger Minuten vergangen. So rast sie dahin die Zeit.

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