Neo Classic

Test: PRS Mira SE

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PRS Mira SE(Bild: Dieter Stork)

Einfach, schlicht und ergreifend – vor allem wenn der letzte dieser drei Aspekte erfüllt ist, wird die Sache rund. Das PRS-Modell Mira hat sich als recht schmucklose, aber gradlinig rockwärts ausgerichtete Gitarre längst zu einem Klassiker innerhalb des PRS-Programms entwickelt. Uns liegt nun die neue preisgünstige Version aus indonesischer Produktion zum Test vor.

Als gedanklichen Ausgangspunkt und Inspirationsquelle für seine eigenen Designs hat Paul Reed Smith stets die frühen Gibson-Modelle Junior und Special genannt, abgespeckte und schlicht konstruierte Student-Guitars, die es im Laufe der Zeit zu höchster Anerkennung als definitive Blues- und Rock-Maschinen geschafft haben. Es geht doch nichts über gute Vorbilder!

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DAS ALTE LIED VOM MAHAGONI

Die Konstruktion der Mira SE ist so rudimentär wie traditionell bewährt. Basis: Mahagonihals mit Palisandergriffbrett, eingeleimt in einen planen Mahagonikorpus. Verfeinerungen: Der Hals der Mira wurde mit langem Halsfuß oberhalb des 20. Bundes eingesetzt und der gut 4,2 cm starke Korpus erhielt Konturen im Randbereich plus Eingriff für die linke Hand auf der Decke im Cutaway unten, dazu eine Anlagebucht am Boden.

Erleichternd für die Produktion, aber auch für das Gewicht der Gitarre, sind die ausschließlich von oben gesetzten Fräsungen für die Pickups, Elektrik und entsprechende Kabelkanäle. Die Mira ist damit schon einmal genau das, was man von einer netten kleinen Mahagonigitarre mit etwas Glück erwarten kann: ein ausgesprochenes Leichtgewicht.

Der mit Wide-Thin-Profil ausgestattete Hals verfügt über eine angenehme Sattelbreite von 43,5 mm und trägt 22 sauber verarbeitete Bünde und sogar Bird Inlays in seinem Griffbrett aus Palisander. Von der abgewinkelten kleinen PRS-Kopfplatte, bzw. von den montierten hauseigenen Mechaniken aus, werden die Saiten in geradem Zug über den Sattel aus Kunststoff zur PRS-Adjustable-Stoptail-Bridge mit Messingreitern geführt.

Die auf ein dreischichtiges Pickguard montierte Elektrik der Mira SE umfasst zwei PRS 85/15 „S“ Humbucker. Angelehnt an die USA 85/15 Humbucker können wir die als Update der bisherigen SE Pickups betrachten. Die Tonabnehmer werden von je einem generellen Volume- und Tone-Regler (Push-Pull Coil-Split für beide Pickups) verwaltet und von einem 3-Wege-Pickup-Blade-Switch geschaltet.

Die in hohem Industriestandard klaglos sauber gefertigte Gitarre ist in der Farbe Frost Blue Metallic rundum deckend lackiert und mit einem Mint Pickguard ausgestattet, alternativ ist das Modell auch noch in Black mit Tortoise Pickguard zu haben. Zum Lieferufang gehört ein PRS SE Gigbag.

PRS Mira SE
PRS Adjustable Stoptail Bridge (Bild: Dieter Stork)

LEICHT, FUNKTIONAL, BEWEGLICH UND „FUN TO PLAY“

Die Mira SE ist nicht nur überaus handlich, sondern überrascht auch positiv mit ihrem geringen Gewicht von 2,7 kg. Eine Gitarre also, die sich in jeder Hinsicht gut anfühlt. Sie schmiegt sich in jeder Haltung unkompliziert und förderlich an ihren Spieler, dem darüber hinaus auch noch ein perfekt austarierter Hals, komfortabel bespielbar bis in die höchsten Lagen, in die Hand fällt.

Die Begriffe für die verschiedenen Halsprofile werden von PRS prinzipiell etwas übertrieben formuliert. Wide Thin etwa ist mit einer Sattelbreite von gut 4,3 cm keineswegs hinderlich breit, noch sind die 2,2 cm Halstiefe in Höhe des fünften Bundes bemerkenswert flach. Eher haben wir es mit einer ausgewogenen Formgebung zu tun, die den Fingern besten Platz zur Positionierung und Tonformung lässt, aber auch Akkorden oder Powerchords mit Abgreifen der dicken E-Saite per Daumen nicht im Wege steht. In diesem Zusammenhang sind auch die bestens entgrateten Griffbrettkanten und die gut verrundeten Enden der Bundierung zu loben.

PRS Mira SE
Hals mit Wide Thin-Profil und Bird Inlays (Bild: Dieter Stork)

Vom akustischen Klangvermögen her steht die Gitarre ebenfalls bestens da, Abstriche sind kaum zu machen. Natürlich können wir bei dieser leichten Konstruktion nicht den Fettarsch und fundamentalen Ton einer 5 kg Les Paul erwarten, dafür tritt die Mira SE mit einem gut gerundeten, charmant luftigen Tonverhalten an, das Akkorde harmonisch ausgeglichen und plastisch durchzeichnet darstellt und auch in Sachen Ansprache und Schwingintensität keine Schwächen zeigt.

Was können die verbauten PRS 85/15 „S“ Humbucker nun aus diesen Quellen schöpfen: Der Hals-Pickup vermittelt ein bestens aufgelöstes Akkordbild mit gut separierten Stimmen und doch ganz ordentlicher Bass-Tonentfaltung, auf die maßvolle Mitten und offene Höhen stimmig aufbauen. Das tönt vollmundig rund bei klar eingestelltem Verstärker, entwickelt dann unter Zerrbedingungen aber auch einen saftig schnalzenden Ton. Recht stramm konturiert bei Powerchords und Heavy Riffs, kommen Solo-Linien dann tatsächlich stabil singend und mit plastisch definierten Notenfolgen zum Ohr – wirklich achtbar!

Gehen wir zurück auf Clean und wechseln auf den Steg-Pickup, so treten die Bässe merklich zurück, der Sound wird kompakter und die oberen Mitten und Höhen treten deutlicher hervor. Schlank und wendig ist damit recht funky zu arbeiten, der Anschlag wird pointiert herausgestellt und spontan umgesetzt, die Leichtigkeit der Tonerzeugung ist auf jeden Fall bemerkenswert.

Trocken, leicht knochig, vital und straff geht es dann im Zerrkanal zu: Knapp angeschlagene Akkorde springen drängend vom Griffbrett, Zweiklänge schmieren sanft ineinander ohne von eckigen Interferenzen diffus zerlegt zu werden und Leads drücken effektiv nach vorn durch. Diese Pickups sind also wirklich in Ordnung, vielleicht etwas vordergründig und natürlich nicht ganz so differenziert im Ausdruck wie die Highlights der Szene, aber wer wollte denn auch anderes erwarten.

So weit, so gut – vergessen wir aber nicht den angelegten Bonus der zweiten Klangebene. Dafür ziehen wir den Tone-Regler – was im Kampfmodus mit feuchten Fingern wegen seiner glatten Oberfläche und relativen Schwergängigkeit nicht ganz leicht ist – und erhalten nun abgespeckte Coil-Split-Klänge, die aber keineswegs nur spirrige Alibi-Versionen von amtlichen Singlecoil-Sounds darstellen.

Aktiviert werden jeweils die etwas stärker gewickelten inneren Spulen der Humbucker und dieser Kniff gibt uns potente Kehlklänge von Format an die Hand – klar, nicht das ganz große Tennis, aber als Split-Sounds sind das durchaus ernstzunehmende Alternativen für differenzierte Einsätze und richtig ordentlich klingend in allen Schaltstufen und Verstärkereinstellungen.

PRS Mira SE
„S“ Humbucker – Push/Pull Coil Split-Schaltung (Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Mit dem sauber gefertigten Modell Mira SE aus indonesischer Produktion stellt PRS eine so leichte wie leicht zu spielende kleine Mahagonigitarre vor, die sich mit variablem Tonverhalten und bester Handhabung Achtung erwirbt. Das ausgegebene „fun to play“-Motto findet volle Entsprechung, denn das Wide-Thin-Halsprofil schmeichelt der Hand und die schnelle und federleichte Tonentfaltung, vermittelt durch gute Pickups mit beweglicher Verschaltung inspiriert den Spieler.

Schön zu sehen, dass PRS gemäß seinen eigenen Vorbildern aus der Student-Guitar-Ebene junge Musiker ernst nimmt und deren Ambitionen durch einfache, aber im Kern gut gemachte Instrumente effektiv unterstützt. Stimmige Konstruktion, achtbare Materialien, starke Elektrik: da ist der Schülerbereich dann auch schon wieder überwunden und selbst der Profi sollte durchaus einmal einen forschenden Blick auf diese freche Göre werfen. Wäre ja nicht die erste Kleine, die zu unerwarteter Größe heranwächst. Check!

PLUS

  • stimmiges Design
  • Leichtgewicht
  • Schwingverhalten
  • Pickups, Coil Split-Option
  • kraftvoll helle Sounds
  • Wide Thin Halsprofil
  • beste Spieleigenschaften
  • Verarbeitung

MINUS

  • Push/Pull etwas schwer zu ziehen

PRS Mira SE

(erschienen in Gitarre & Bass 03/2020)

Produkt: Robert Cray Special
Robert Cray Special
Alles über Robert Cray, Godfather des Blues, auf mehr als 30 Seiten im großen Story und Gear Special.

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Demnächst plane ich (Anfängerin) die Mira im Laden für mich zu testen und bei Gefallen als zweite Gitarre, nicht zuletzt wegen dem leichten Gewicht (Rückenprobleme) zuzulegen.
    Meine bisherige ist eine Squier Strat HSS (4 kg). Ich mag fette verzerrte Sounds a la Siesietopp😜. Werde später berichten.

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  2. Ich bin seit heute stolze Besitzerin einer PRS SE Mira! Bin total vernarrt in mein neues Spielzeug. Sie ist klein, zierlich und leicht und klingt verdammt gut. Es stimmt einfach alles:-)

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    1. Die Bewertungen lesen dich alle sehr gut. Da alle von einer sehr leichten Gitarre reden frage ich mich, ob sie nicht kopflastig ist…

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