Mit System, ohne Barriere

Test: Nexi Industries Effektsystem

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(Bild: Dieter Stork)

Analoge Effekte, modern behaust – Nexi bringt bei seinen Pedalboards zwei Welten zusammen. Anhand des „Rock Starter“-Pakets schauen wir uns das innovative Konzept genauer an und blicken dabei auch hinter die Kulissen der niederländischen Firma.

Eine wichtige Botschaft gleich zu Beginn: Die Produkte von Nexi sind trotz Systemintegration keine in sich geschlossenen Einheiten. Die einzelnen Pedale können ebenso konventionell benutzt werden, wie die Boards über einen „Connexi“ genannten Adapter auch vorhandene Lieblingseffekte (bis zu einer gewissen Größe) aufnehmen und verwalten können. Derartige Berührungsängste sind also nicht angebracht.

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Konzept & Idee

Blicken wir zunächst kurz auf die Produktpalette der Company: Aktuell werden für E-Gitarristen 13 Effekte und dazu je ein Volume- und Wah-Pedal angeboten. An ihrer Unterseite sitzt ein Multi- Pin-Anschluss, über den auf dem „Solution“ genannten Board sowohl der Signalfluss als auch die Stromversorgung läuft. Die Pedale werden dort schnell und einfach aufgesteckt und sind dann sofort einsatzbereit – Click & Play nennt Nexi dieses Konzept. Zusätzlich sind die Effekte mit konventionellen Buchsen für Ein- und Ausgang sowie eine externe Stromversorgung zum Betrieb abseits der hauseigenen Plattform ausgestattet. Das vorliegende 8er-Board stellt neben der nötigen Energie auch einen Tuner, einen Booster und bei Bedarf eine Kanalumschaltung für den folgenden Amp zur Verfügung. Man spart sich damit also bis zu drei Pedale. Ein weiteres kleines Schmankerl sind die beiden USB-Ports, die Tablets und Smartphones laden – gerade für Bands, bei denen das Tablet die Textblätter ersetzt hat, ein nettes Extra.

Bevor wir näher auf die Boards und Effekte eingehen, noch ein paar Hintergründe zur Firma und ihrem Ansatz: Gegründet wurde die Company von Jeroen Bakker, einem niederländischen Musiker, der bis heute regelmäßig auf den Bühnen seiner Heimat und dem angrenzenden Belgien steht. Als er eines Tages ein Open Air spielen sollte, kam es zu einem bewusstseinserweiternden Zwischenfall: Am Tag zuvor hatte es stark geregnet. Beim Aufbau seines Equipments ergoss sich eine größere Wassermenge vom Dach der Bühne auf Jeroens Board, welches daraufhin seinen Geist aufgab – den anschließenden Gig musste er folglich ohne Effekte und Tuner absolvieren.

Fortan suchte er nach wasserfesten Alternativen und wurde in Ermangelung dieser schließlich selbst tätig. Als klassisch orientierter Rockgitarrist liebt er Pedale und schätzt dabei analoge Effekte für deren Sound und Zeitlosigkeit. Die dritte Säule im Konstrukt Nexi ist Bakkers Vergangenheit in der Spielzeug-Industrie. Vor seiner Rolle als Effektbauer besaß er dort eine eigene Firma – was sicher auch Auswirkungen auf das Design seiner Produkte hat. Neben dem im Betrieb beleuchteten Ring um die Bedienelemente sind auch die Fußschalter ungewöhnlich und wirken auf den ersten Blick etwas befremdlich. Im Einsatz indes machen beide Lösungen eine gute Figur. Als Zielgruppe sieht Jeroen neben reiferen Gitarristen seiner Couleur auch junge Musiker, die den Komfort und die Verfügbarkeit der heutigen Zeit schätzen und nutzen, dabei aber dem ersten Digital-Multieffekt entwachsen sind und nun nach mehr Sound suchen.

Sie dürften sich auch nicht daran stören, dass gedruckte Bedienungsanleitungen aktuell noch nicht vorliegen und Nexi seine Produkte momentan ausschließlich mit Online-Videos erklärt. Das soll sich aber nach Auskunft des deutschen Vertriebs noch ändern.

(Bild: Dieter Stork)

Palette, Sounds, Praxis

Und damit zurück zu den Produkten: Die Effektpalette teilt sich gleichmäßig in Zerraggregate und „Sonstige“ auf. In Sachen Drive stehen folgende Einheiten zur Verfügung: Overdrive, Distortion, Fuzz, Metal Distortion und dazu der Dutch Screamer, Nexis Variante des berühmten grünen Pedals aus dem Hause Ibanez/Maxon. Die beiden Erstgenannten werden zudem in einer „70s“-Version angeboten, die in Sachen EQ und Zerr-Intensität etwas anders abgestimmt wurde.

Die andere Seite versammelt einen Chorus, ein Delay, einen Phaser, ein Tremolo sowie einen Compressor und einen Looper. Die meisten der Pedale werden über drei Regler gesteuert, der Compressor kommt mit derer zwei aus, Phaser und Looper mit je einem. Die Ausstattung ist also überschaubar und auf das Wesentliche reduziert, Zusatz-Features wie etwa ein Tap Tempo beim Delay gibt es bei Nexi nicht. Wer bei der Aufzählung einen Hall vermisst, hat ihn nicht überlesen – derzeit arbeiten die Niederländer noch daran. Er soll aber bald folgen und das Sortiment abrunden.

Apropos Sortiment: Das hat Nexi unlängst mit 4er-Boards ergänzt und bedient damit Gitarristen, die es gerne kompakter mögen und nur wenige Effekte brauchen. Auch Bassisten und Akustikgitarristen werden mit solchen Einheiten bedient.

Bei den kleineren Ablegern verzichtet die Firma auf die A/B-Schaltung und die USB-Ports, dafür gibt es eine Speaker Simulation und zwei passende Ausgänge sowie eine Buchse, die externe Effekte mit bis zu 12 Volt versorgt.

Bei allen kleineren Unterschieden bleibt eine Gemeinsamkeit: Nexi verkauft seine Boards immer mit mindestens einem Effekt, bei E-Gitarristen ist das der Overdrive.

Dazu kann man entweder Einzeleffekte zum Ladenpreis von rund € 100 pro Stück erstehen oder als E-Gitarrist unter fünf üppiger konfektionierten Boards wählen. Das vorliegende „Rock Starter“ fügt dem Overdrive den Dutch Screamer und das Delay hinzu, beim „Alternative Starter“ sind es Phaser und Tremolo, der „Punk Starter“ wartet neben dem Overdrive mit Distortion und Fuzz auf – also mit Zerre in drei Geschmacksrichtungen. Die Trios werden für € 399 angeboten, das Mini- Set nur mit Overdrive liegt bei € 249 – und kostet damit in etwa so viel wie ein Boutique-Verzerrer der mittleren Kategorie. Um solche Preise realisieren zu können, lässt Nexi seine Produkte in China produzieren. Abgerundet wird das Starterpack-Angebot mit den Vierer- Kombis „Metal Ultra“ (Overdrive, Distortion, Metal Distortion, Delay) und „Blues Ultra“ (Dutch Screamer, Overdrive, Tremolo, Delay) für je € 499. Bei den 3erund 4er-Sets bekommt man das Board umgerechnet für € 100 dazu, wenn man die Einzelpreise der Pedale addiert.

Beim unserem Set fallen zunächst die Abdeckungen der einzelnen Effektslots ins Auge, die unbelegte Plätze vor Flüssigkeitsduschen schützen und damit den Ur-Gedanken des Erfinders umsetzen. Oben links sitzt der Power-Schalter, die beiden kleinen Taster rechts neben dem Display verwalten die Optionen der drei Fußschalter am unteren Rand. Der linke davon wählt zwischen zwei Kanälen des Amps, der mittlere aktiviert den Tuner und mutet dabei das Signal, rechts wird der Booster ins Spiel gebracht – zur Wahl stehen dabei drei Stärken von dezent bis massiv, genauer gesagt von 7 über 12 bis 20 dB. Die Auswahl trifft man vorher über die erwähnten Taster, für den Tuner lassen sich dort verschiedene Stimmungen anwählen. Das Display zeigt die jeweilige Funktion an. Der Boost sitzt beim großen Board am Anfang der Signalkette, bei der 4er-Ausführung wurde er ans Ende verlegt.

Die Steckverbindungen der Pedale bieten neben dem komfortablen Handling auch den Vorteil, dass sie sich ohne Aufwand schnell in der Reihenfolge tauschen lassen und experimentierfreudige Gitarristen damit zu kreativen Kopplungen animieren. Ganz klassisch sortiert hingegen sind die drei Pedale unseres Rock Starter- Boards: Der Dutch Screamer mit Reglern für Drive, Tone und Volume sorgt für den beliebten Mittenschub und pusht damit auf Wunsch auch den folgenden Overdrive, der mit den gleichen Potis ausgestattet wurde. Den Abschluss macht das Delay mit Zugriffsmöglichkeiten für Time (Verzögerungszeit), Repeat (Wiederholungen) und Level (Lautstärke).

Alle Nexi-Pedale sind übrigens als True Bypass konzipiert. Auswahl und Anordnung der Effekte sowie der Name des Pakets lassen auf ein klar umrissenes Einsatzgebiet schließen. Neben klassisch veranlagten Rockern kommen hier auch Blueser der etwas ruppigeren Art im Stile von Stevie Ray Vaughan auf ihre Kosten. Die beiden Drive-Effekte liefern auch ohne große Zusatz-Optionen eine ausreichende Bandbreite an Sounds von dezent angecruncht bis hardrockig zerrend, das Delay passt sich dabei sehr gut ein. Hier ist der Name auf jeden Fall Programm. Ob das bei den anderen Boards ebenso passt, muss der persönliche Test entscheiden.

Unser Set jedenfalls kann mit seiner Kombination aus klassischen Sounds und komfortabler Bedienung absolut punkten. Schneller und einfacher kann man eigentlich nicht zum Spielen kommen. In dieser Hinsicht gibt es also nichts zu beanstanden. Ob man ein integriertes Board mit bis zu acht ähnlich aussehenden Pedalen nutzen mag, hängt damit in erster Linie vom persönlichen Geschmack ab. Auch die eingeschränkten Zugriffsmöglichkeiten dürften nicht jedem gefallen – auf der anderen Seite bieten sie aber den Vorteil, dass man sich nicht in den Specs verlieren kann. Und damit setzen Jeroen und seine Crew genau das um, was sie im Kopf hatten: schnell und einfach gute Sounds zu erzeugen und die dann bequem verwalten zu können. Und das ohne Angst vor einer Bierdusche.

(Bild: Dieter Stork)

Resümee

Gefahr erkannt, Gefahr gebannt – was mit einem Regenguss seinen Anfang nahm, hat sich zu einer interessanten Alternative für Pedal-affine Gitarristen entwickelt. Die Nexi-Boards überzeugen mit klugen Lösungen, die analogen Effekte unseres Sets mit klassischen Klängen. Dass die Niederländer mittlerweile auch kompakte 4er-Sets im Angebot haben, dürfte die Zielgruppe noch deutlich erweitern. Puristen werden sich am Kunststoffdesign, der Uniformität der Pedale und dem „Made In China“-Label stören, funktional ist der Ansatz aber auf jeden Fall. Auch in Sachen Sound gab es bei unserem Board wenig zu beanstanden. Wer für neue Konzepte offen ist, sollte sich die Nexis näher ansehen.

PLUS

  • Konzept & Umsetzung
  • Ausstattung Board
  • Sound Testpaket
  • 4er-Board als Alternative

MINUS

  • Optik nichts für Puristen
  • (noch) kein Hall im Programm

(erschienen in Gitarre & Bass 09/2019)

Produkt: Gitarre & Bass 2/2024
Gitarre & Bass 2/2024
IM TEST: Charvel Pro-Mod So-Cal HSS +++ Engl E670FE Special Edition +++ Ortega Guitars Tour Player +++ Ampeg Venture V3, VB112 und VB115 +++ Ibanez Iceman IC420FM +++ Walrus Audio Fable +++ Meta Guitars Veil Bass +++ Fender CS Early 55 Strat Trem & Hardtail +++ Lakland Skyline Decade

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Super System mit guten Sounds ! Herrlich unkomplizert !
    Keine Defekten Patch Kabel mehr !

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