Kultpedal im neuen Kleid

Test: MXR Timmy

Anzeige
(Bild: Dieter Stork)

Mit dem Tim und seinem kleinen Bruder Timmy erschuf Sound-Tüftler Paul Cochrane zu Beginn des Jahrtausends zwei Drive-Pedale, die sich mit ihrer Ansprache und ihrem Klangverhalten schnell eine hohe Reputation erspielten – und heute zu teils astronomischen Preisen auf dem Gebrauchtmarkt gehandelt werden. MXR stellt mit seiner Version eine günstigere Alternative vor.

Nachdem er seine Pedale lange in Kleinserie baute, suchte sich Cochrane mit MXR einen der ganz großen Player auf dem Effektmarkt als Partner aus, um seine Kreation einer breiteren Öffentlichkeit und zu einem schmaleren Kurs anbieten zu können. Das Resultat trägt die DNA des Originals in sich, kommt aber im kompakten Kleinformat der US-Company daher.

Anzeige

Vorab ein paar Worte zur Historie des Pedals: Der große Ableger Tim kam mit einer zusätzlichen Boost-Schaltung sowie einem Effektweg, beiden gemeinsam waren ihr Sound-Konzept, das man heute gerne als „transparent Overdrive“ bezeichnet, also eine Zerr-Einheit, die den Grund-Sound wenig bis gar nicht einfärbt und ihm „lediglich“ einen offenen, dynamischen Drive an die Seite stellt. Das damals neuartige Konzept kam an, in Kombination mit der Exklusivität der Handfertigung avancierte des Pedal zum Must-Have prominenter und weniger berühmter Sechssaiter und hat bis heute seinen fast legendären Ruf bewahrt.

KONZEPT & AUFBAU

Auch wenn es über die Jahre verschiedene Versionen mit diversen Änderungen gab, ist das Grundkonzept das gleiche geblieben: Neben Volume und Gain stehen mit Bass und Treble zwei EQ-Potis zur Verfügung, die den Sound maßgeblich prägen. Bass sitzt dabei in der Schaltung vor der Zerreinheit, um den Ton von vornherein untenrum aufzuräumen, Treble dahinter, um eventuelle Spitzen in den Höhen nachträglich abzumildern.

Apropos EQ: Paul Cochrane hat hier die beiden Zugriffsoptionen als „Cut-only“ konzipiert, in der Urform waren die Bass- und Treble-Frequenzen bei Linksanschlag voll da und wurden im Uhrzeigersinn nach und nach zurückgefahren, in der aktuellen Version arbeiten sie hingegen konventioneller: Voll auf heißt voll da.

(Bild: Dieter Stork)

Eine weitere Spezialzutat des Originals waren die schaltbaren Clipping-Modes, die dem Pedal unterschiedliche Grundsounds verpassten. Auch sie finden sich auf der MXR-Version wieder. Angewählt werden sie über einen kleinen Dreiweg-Toggle namens Clip. Er stellt folgende Optionen zur Verfügung: In der linken Position arbeitet das Pedal mit asymmetrischem Clipping mit gemäßigter Sättigung und leichter Kompression, in der Mitte gibt es symmetrisches Clipping mit viel Headroom und wenig Sättigung, der Sound rechts basiert ebenfalls auf symmetrischem Clipping, in diesem Fall aber mit starker Sättigung und wenig Luft nach oben. Klar, das sind Schlagworte, aber sie lassen die grobe Richtung erahnen. Wie man diese Beschreibungen genau beurteilt, hängt vom persönlichen Geschmack ab, aber die drei Optionen erweitern das Sound-Spektrum des Pedals doch deutlich.

Und noch zwei weitere Fakten seien erwähnt: Aufgrund des kompakten Gehäuses lässt sich das MXR Timmy nur per Netzteil versorgen, in seinem Inneren sitzt mit dem LF353-Op-Amp eine Komponente, die für jede Menge Output, reichlich Gain und eine hohe Wiedergabetreue sorgen soll.

UND WIE KLINGT ES?

Vielfältig. Im ersten Schritt zeigt sich Timmy als fast neutrales Boost-Pedal: Bass und Treble voll auf, Gain zurück und Volume in Mittelposition – von hier aus kann man sich seinem persönlichen Anschiebewunsch annähern. Wechselt man in den Drive-Betrieb, fallen die verschiedenen Clipping-Arten mit zunehmender Zerre mehr und mehr ins Gewicht. Nimmt man dabei die Mittelstellung des Toggles als Ausgangspunkt, unterscheidet sich das Ergebnis in der Rechtsposition deutlicher als das in der linken. Mit viel Sättigung und weniger Headroom ertönt dort ein etwas leiserer, kompakter und komprimierter Sound, der sich etwa für singende Leadsounds vor einem clean eingestellten Amp anbietet. In der Mitte gibt sich Timmy deutlich offener und dynamischer und wird damit seinem guten Ruf absolut gerecht. Die linke Option bietet eine gute Alternative, die im Test ebenfalls gerne hergenommen wurde. Welche Grundlage man präferiert, hängt neben dem eigenen Geschmack auch maßgeblich vom nachfolgenden Amp ab, im Test ließ sich das Pedal sehr variabel in verschiedene Setups integrieren.

RESÜMEE

Ob als dezenter Drive-Schub, mächtiger Solo-Boost oder auch als klangoptimierendes „Always-on“-Pedal – der kleine Timmy macht in vielen Situationen eine sehr gute Figur. Gut gewählt ist dabei auch der Regelweg der EQs, bei höheren Gain-Settings darf Treble auch mal ein Stück zurückgenommen werden, damit es nicht all zu scharf tönt. Zwar lag uns kein Original zum direkten Vergleich vor, doch mit seinen klugen Optionen und einer Bandbreite an guten Sounds kann die MXR/Cochrane-Kooperation auch für sich alleine jede Menge Punkte sammeln – und das jetzt auch auf breiter Ebene.

Internet: www.jimdunlop.com

Preis (Street): ca. € 159

PLUS

  • viele gute Sounds
  • flexible Optionen
  • Verfügbarkeit

(erschienen in Gitarre & Bass 08/2021)

Produkt: Treble Booster Special
Treble Booster Special
Jeder Gitarrist hat wohl seinen Lieblings-Song mit einer Treble-Booster-Gitarre. Hier erfährst du auf mehr als 30 Seiten alles über den kleinen Sound Zauberer!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Das könnte dich auch interessieren