Kompakt Extra Large

Test: Line 6 HX Stomp XL

Anzeige
(Bild: Dieter Stork)

Das Line 6 HX Stomp ist sehr beliebt. Ein gern gehörter Kritikpunkt? Viel zu wenig Fußschalter. Dem hat Line 6 sich jetzt angenommen. Und sonst so?

Die Helix-Familie ist ja mittlerweile auch schon nicht mehr die Jüngste, testeten wir doch das Ursprungs-Helix schon in Ausgabe 03/2016. Heutzutage entwickeln sich die DSP-Chips aber auch nicht mehr so rasant weiter, wie das früher der Fall war, und so gibt es halt die bekannten Standards, auf die die meisten Hersteller zurückgreifen. Die Software (also was man aus der Hardware rausholt) wird zunehmend wichtiger, und so ist es schön zu sehen, dass Line 6 – anders als bei alten Geräte-Generationen – regelmäßig gratis Firmware-Updates herausbringt. Darum wird es hier auch gehen. Doch erstmal zur neuen Hardware. Was ist anders?

Anzeige

MINI FORMAT NUN ETWAS GRÖSSER

Während das HX Stomp insbesondere durch seine kompakte Größe punktete und so zum Universalgerät auf vielen Bords avancierte, ist das HX Stomp XL halt ein Stück größer – genauer gesagt breiter. Denn er beherbergt fünf zusätzliche Fußschalter. Oder wie Line 6 selber in ihren FAQ schreiben: „Es ist also nur … ein HX Stomp, aber mit mehr Fußschaltern und den Buchsen an der Stirnseite? – Ja“.

Den lockeren Ton von Line 6 habe ich über die Jahre tatsächlich lieben gelernt. Schön, dass sie so offen sind. Sie erklären im Folgenden, dass es einfach ein oft gehörter Kundenwunsch war, mehr Fußschalter zu haben. Diesen bedienen sie natürlich gerne und können so getrost auch etwas mehr Geld für das Produkt nehmen. Wer also das HX Stomp kennt, kann jetzt eigentlich schon aufhören zu lesen. Aber starten wir mal von vorne:

Das Stomp XL passt noch immer in die allermeisten Gigbags und weist die wichtigsten Anschlüsse auf: Zwei Inputs, zwei Outputs, eine Send-, zwei Return-Buchsen, einen Anschluss für Expression-Pedale, einen Kopfhörerausgang, MIDI In, so wie Out/Thru, einen USB- und einen Netzteilanschluss. USB-Kabel sowie Netzteil werden praktischerweise gleich mitgeliefert. Dankenswerterweise findet sich auch ein kleiner Ein-/Ausschalter auf der Rückseite.

Dorthin ist auch das Volume-Poti verschwunden. Zunächst etwas ungewohnt, aber nicht weiter schlimm – und auch gut geschützt, da es sich versenken lässt.

Alle Anschlüsse plus Volume & Power befinden sich auf der Kopfseite. (Bild: Dieter Stork)

Die rechte Seite der Front sieht dann auch eigentlich genauso aus wie die des HX Stomp. Wir finden ein Display, mit darunterliegenden Potis für die direkte Ansprache von dargestellten Parametern sowie allgemeinere Buttons und Potis rechts neben dem Display. An die linke Seite wurden fünf zusätzliche Fußschalter montiert, welche entweder als Direktzugriff auf Presets oder Effekte fungieren. Und das ist tatsächlich genau das, was vielen Nutzern gefehlt hat.

Während das HX Stomp ein gutes Verhältnis von Displaygröße zu Gehäusegröße aufweist, so wirkt das (gleiche) Display hier fast ein wenig verloren, und wenn man im Stehen spielt, könnte es auch ruhig etwas größer sein. Dafür ist die Qualität OK und es stellt klar, gut lesbar und in Farbe die wichtigen Informationen dar.

(Bild: Dieter Stork)

BEDIENUNG

Was steht als erstes an, wenn man einen neuen Modeler in Betrieb nimmt? Korrekt: Erstmal prüfen, ob es neue Firmware gibt. Das war hier tatsächlich der Fall, und so habe ich fix mein HX Edit (die gratis App für Windows und iOS) geupdated um dann die neue Firmware 3.1.1. herunterladen und installieren zu können. Praktischerweise hatte ich das Tool dann gleich schon geöffnet und konnte dort ein neues Preset erstellen.

HX-Edit: Die Editor-Software für alle Helix-Geräte bietet über USB eine viel übersichtlichere Art der Preset-Erstellung als über das kleine Display am Gerät.

Auf meinem Gerät befanden sich seltsamerweise keinerlei Firmware-Presets. Für mich nicht weiter schlimm, einen Anfänger könnte das etwas verunsichern. Und auch ich höre mich natürlich mal ganz gerne durch Presets, die Produktexperten genau zu diesem Zwecke erstellt haben. Mittels HX Edit klickt man sich binnen weniger Minuten ein Preset zusammen.

Und ich muss sagen: Wow, es vergeht kaum Zeit, bis es gut klingt. Aber dazu später mehr. Ich kombiniere mir hier also Drive, Amp+Cab, Reverb und Delay. Und das war’s. Als ich noch einen EQ im Preset hatte, konnte ich nicht mal alle Amps auswählen (die Prozessorauslastung unterscheidet sich je nach Modell). Das ist nichts Neues oder schlimm, man muss sich dessen nur bewusst sein.

Wenn man von einem der anderen Helix-Geräte kommt, so kann man auch deren Presets importieren und nutzen – sofern sie acht oder weniger Effektblöcke beinhalten und die Rechenleistung es zulässt. Steigt man also vom HX Stomp um, so sollte man keinerlei Probleme haben. Auch das Editieren am Gerät selber geht schnell von der Hand. Man wählt den Platz in der Signalkette, an dem man gerne einen Effekt einfügen würde, und schaltet durch die Kategorien bzw. dreht am Poti, bis der passende erscheint. 100 Presets würde ich jetzt so nicht bauen wollen, aber insbesondere kleine Änderungen lassen sich schnell und effizient vornehmen.

Im Betrieb verhält sich das XL sehr durchdacht und bietet mit seinen Stomp- und Preset-Modi wohl die am häufigsten genutzten Fußschalterwünsche. Beim einen hat man direkten Zugriff auf die einzelnen Effekte in einem Preset, beim anderen auf die verschiedenen Presets innerhalb einer Bank. Mit den beiden Buttons ganz links kann man Bänke hoch- und runterschalten oder bei Gedrückthalten in den Snapshot-Modus wechseln. Hier kann zwischen den Schaltzuständen von Effekten innerhalb eines Presets gewechselt werden.

UNTERSCHIEDE ZUM REST DER HELIX-FAMILIE

Im Test des HX Stomp fragte ich mich schon, warum die Welt nun dieses kleine Gerät braucht. Die Antworten waren in erster Linie die Größe und das Gewicht. Warum braucht man nun also das XL? Nun, einfach um mehr Schalter zu haben. War das der einzige Unterschied? Nicht ganz. Das XL ermöglicht auch den „Hands-free Pedal Edit Mode“, hat zwei Presets mehr, einen Snapshot pro Preset mehr, und du kannst mehr Funktionen des Loopers nutzen ohne ein MIDI-Pedal anschließen zu müssen.

Der Vollständigkeit halber noch kurz die Unterschiede zu den größeren Vertretern: Während die Stomps durchaus nur mal fünf Blöcke pro Preset zulassen, sind es beim großen Helix zwölf. Zum HX Effects oder dem Helix fehlen auch die Mini-Displays über jedem Fußschalter. Hier wird durch die Farbe des LED-Rings um den Schalter angezeigt, mit welcher Effektart dieser gerade belegt ist. Gegen das HX Effects grenzt sich das HX Stomp durch die integrierten Amps und Boxen ab.

Line 6 versteht es hier sehr gut, die gesamte Marktbreite von knapp 400 Euro (Pod Go) bis zu 1500 Euro (Helix) sinnvoll abzudecken. So sollte jeder das passende Pedal finden.

SOUNDS

Zwar konnte ich mittlerweile schon alle Helix-Modelle testen, dennoch habe ich mich auf diesen Test nochmal etwas mehr gefreut. Denn seit meinem letzten Test ist allen Amps ein überarbeitetes Oversampling zuteil geworden, sodass auch die bekannten Modelle nochmal etwas besser (smoother) klingen sollten. Zudem sind noch einige neue Modelle bei Verstärkern und Effekten hinzugekommen, so beispielsweise der Orange Rockerverb 100 und ein Rat Distortion (hm, das klingt so, als könnte das eine gute Kombination ergeben).

Weil ich ja keine Presets auf dem Gerät habe, wähle ich einfach mal den Stoneage (Gibson EH-185) Amp, kümmere mich nicht mal um die Box und hänge ein Fuzz Face davor und einen Spring Reverb dahinter. Wow, das lässt mich bereits deutlich grinsen. Der Amp klingt super, das Fuzz klingt wie man sich das vorstellt und klart gut mit dem Volume-Regler der Gitarre auf. Und der Hall tut sein Übriges. Fast schon ein Allround-Preset.

Aber testen wir doch mal etwas härteres. Auch ein Bogner Überschall mit Tube Screamer davor klingt richtig gut. Und dazu sei gesagt, dass sich Line 6 oft vorwerfen lassen muss, dass die Stock-Cabs nicht so gut seien. Das empfinde ich zwar generell nicht immer so, aber natürlich habe auch ich mit den Jahren ein paar Lieblings-IRs gesammelt und freue mich, diese hier so einfach importieren zu können. Vermeintlich wird der Sound damit auch nochmal besser. In erster Linie wird er wohl mehr so, wie ich das gerne hätte.

Probieren wir doch mal die oben genannte Kombination aus Rat und Rockerverb. Klingt – wie nicht anders vermutet – super. Bricht schön ein, klingt super fett und macht so richtig Druck.

Auch an der Reverb- und Delay-Front gab es Neuerungen. Hier ist beispielsweise der Hot Springs Reverb hinzugekommen. Eine wirklich gut klingende Spring-Reverb-Simulation, der man mittels „Drip“-Regler auch schön das klassische „Ploink“ beibringen kann. Zum Vergleich habe ich mal den Deluxe Spring Verb in meinem Axe-Fx III herangezogen. Der klingt für mich noch ein kleines bisschen überzeugender, aber ob man das blind unterscheiden könnte, vermag ich nicht zu sagen.

Auch das neue Euclidian Delay macht wirklich Spaß. Benannt nach dem Euklidischen Algorithmus, welcher den größten gemeinsamen Teiler zweier Zahlen findet, probiert es, die „Taps“ des Delays möglichst gleich über das gewählte Pattern zu verteilen. Das macht richtig Laune und ist erstmal immer ein wenig unvorhersehbar. Perfekt für alle Prog-Fans. Wir halten fest: Richtig gute Sounds und ständig wachsende Möglichkeiten. Sehr gut.

Line 6 HX Stomp plus extra Fußschalter = Stomp XL (Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Das HX Stomp XL ist sicher kein Meilenstein in der Geschichte von Line 6. Vielmehr stellt es eine sinnvolle Ergänzung des Produktportfolios für alle jene dar, welche die Rechenleistung der großen Helix-Alternativen nicht brauchen, oder denen diese schlicht zu teuer oder groß sind. Das XL ist immer noch klein genug um in ein Gigbag oder auf etliche Bords zu passen, kommt aber mit genug Fußschaltern daher, um vollwertig als zentrale Amp+Effekt-Unit genutzt werden zu können.

Klanglich reiht es sich nahtlos neben seinen älteren Geschwister ein und gehört so eindeutig zu den aktuellen Top-Playern am Markt. Die Geräte von Mooer und Co. stellen für mich klanglich keinen Vergleich dar, Kemper Profiler Stage oder Fractal Audio FM3 und FM9 klingen vielleicht hier und da noch ein winziges bisschen überzeugender, liegen aber preislich in ganz anderen Sphären.

Während ich das HX Stomp mit seinem Formfaktor enorm charmant und vielseitig fand, kann man hier schon fast überlegen, gleich noch eine Stufe höher einzusteigen und (deutlich) mehr Rechenleistung zu erhalten. Oder – insbesondere wenn man auch andere Geräte auf komplexere Art per MIDI steuern möchte – ein HX Stomp mit etwas wie dem Morningstar MC-6 zu kombinieren. Preislich sind das aber natürlich schon wieder gewisse Unterschiede und so muss man erneut feststellen, dass Line 6 sehr geschickt darin ist, sich eine passende (Preis-)Nische am Markt zu suchen.

Es bleibt also nur zu sagen: Gut gemacht, Line 6. Sehr übersichtliche Bedienung, leichter Einstieg, super Sound. Und das alles zu einem fairen Preis.

PLUS

● Sounds
● Bedienung
● Impulsantworten ladbar
● Editor-Software
● Preis

MINUS

● Sechs Blöcke können wenig sein, manchmal sogar nur fünf verfügbar


(erschienen in Gitarre & Bass 04/2022)

Produkt: Treble Booster Special
Treble Booster Special
Jeder Gitarrist hat wohl seinen Lieblings-Song mit einer Treble-Booster-Gitarre. Hier erfährst du auf mehr als 30 Seiten alles über den kleinen Sound Zauberer!

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Für meinen Geschmack sind die Stomps von Line 6 mittlerweile total überteuert. 650€ für den kleinen und 120 mehr für den großen, stehen in keinem Verhältnis mehr. 500 und 600 wäre ok, aber so? Da greife ich dann doch lieber zu Ampero Stomp ii. Kann mehr und kostet deutlich weniger.

    Auf diesen Kommentar antworten
  2. Kann ich zustimmen, der Ampero Stomp II steht in den Routings dem Helix in nichts nach. Davon träumt der HX Stomp nur. Auch das man dem Ex-Pedal mehrere Effekte gleichzeitig zuteilen kann mit unterschiedlichen Parametern macht aus dem Ampero eine hübsche Sound- und Effektspielwiese. Touchscreen ist auch wunderbar aber wie steht es mit dem Service? Deutsche Bedienungsanleitung Fehlanzeige! Mit schwant da nichts gutes. Da hat Line6 aus meiner Erfahrung sehr viel mehr zu bieten und das ist auch etwas, was Gewicht hat. Masse macht es nicht immer, obwohl ich die Entscheidung verstehe und man mit dem Ampero auch ein wirklich gutes Gerät bekommt bzw. keinen Schrot. Für mich muss aber auch der Service stimmen. Wenn der Ampero relativ recht günstig ist, ist er es absolut aber nicht. Bei 100 Euro würde ich sagen: “Pfeiff drauf!”

    Auf diesen Kommentar antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Das könnte dich auch interessieren