Full Range F(l)at Response

Test: Laney LFR-112 & -212 Cabinets

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(Bild: Dieter Stork)

Traditionelle Gitarren-Amps und -boxen von Laney gibt es seit Ende der Sechzigerjahre, Bass-Verstärker, Amps für akustische Gitarren oder auch aktive Bühnenmonitore beinahe ebenso so lange. Man darf den Briten also durchaus zutrauen, dass sie auch bei der Verstärkung von Modeling Amps ausgesprochen kompetente Lösungen anbieten. 

Full Range Flat Response Aktivboxen für E-Gitarristen, die gerne mit modernen digitalen Modeling-Verstärkern arbeiten, wie die beiden zum Test vorliegenden Laney-LFR-112- und -212- Cabinets, sind nicht wirklich neu und basieren tatsächlich oftmals auf den technischen Designs von Bühnenmonitoren, Bass-Amps oder Akustikgitarrenverstärkern. So ähnlich dürfte es auch bei der Entwicklung der LFR-Boxen gewesen sein, denn mit ihnen wird, völlig untypisch für E-Gitarren-Boxen oder Combo-Verstärker, mit einem 1″-Hochtöner und Breitband-12″-Lautsprechern, ein Frequenzbereich von etwas 47 Hertz bis 20.000 Hertz relativ linear verstärkt.

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ANWENDUNG

Da sowohl das Line 6 Helix, als auch das Fractal Audio Axe FX oder auch der Quad Cortex von Neural DSP nicht mit eingebauten Endstufen angeboten werden und auch ein Kemper-Profiling-Verstärker nicht zwangsläufig eine integrierte Endstufe hat, kann man diese Modelling-Produkte natürlich nicht einfach an traditionelle Gitarrenboxen anschließen, sondern nutzt normalerweise aktive PA-Monitore, sofern man sich nicht ausschließlich auf ein In-Ear-Monitoring verlassen möchte.

Leider bleibt hierbei einerseits der für E-Gitarristen typische Backline-Look auf der Bühne völlig auf der Strecke, und andererseits klingt es natürlich schon etwas anders, wenn man mit viel Druck aus den Tiefmitten und stabilen Bässen aus der Backline beschallt wird und nicht nur und ausschließlich von am Boden liegenden Monitoren oder Side Fills am Bühnenrand geradezu angebrüllt wird. Um eben jenen Kompromiss aus PA und Gitarren-Backline geht es bei den Laney-LFR-Cabinets.

BEDIENELEMENTE

Die rückseitigen Bedienpanele der LFR-Boxen sind übersichtlich ausgestattet. Eine XLR-/Viertel-Zoll-Klinken-Kombibuchse nimmt das Signal des Modeling-Verstärkers auf und über eine symmetrische Klinkenbuchse darunter kann es auch direkt an weitere Aktivboxen weiter gereicht werden, falls gewünscht. Mit einem Lautstärkeregler und einem Hochfrequenz-Trimmpoti lässt sich die gewünschte Lautstärke und Höhenwidergabe intuitiv und schnell einstellen.

Ein Fine-Tuning des Sounds kann mit einem Dreifach-Schiebeschalter erzielt werden, welcher uns zwischen einem sehr linearen Frequenzgang, einem eher mittigen Klang, der an eine 1x12er-Box erinnern soll, oder einem leicht bassbetonten Klang, den Laney als 4x12er-Simulation beschreibt, auswählen lässt. Diese sehr unaufdringlich wirkende Abstimmung des grundsätzlichen Klangcharakters der LFR-112- und LFR-212-Boxen wirkt zudem auch auf die integrierte D.I.-Out-Buchse.

Anschlüsse und Schaltmöglichkeiten der kleinen LFR-112 (Bild: Dieter Stork)

PRAXIS

Schon beim Auspacken der großen LFR-212-Box fällt sofort die massive Bauweise mit den für Laney typischen, seitlich im Gehäuse versenkten Metallgriffen, den ausgesprochen widerstandsfähigen, schwarzen Metallecken und dann leider auch das mit dieser roadtauglichen Konstruktion einhergehende Gewicht auf. 28,8 Kilo möchten hier ohne Rollen an der Unterseite des Gehäuses angehoben und getragen werden. Es drängt sich also die Frage auf, ob es für Liveshows nicht sinnvoller wäre, einfach ohne das tatsächlich sehr schöne LFR-212-Cabinet zu reisen und die Laney-Box ganz einfach als pragmatische Proberaumlösung zu sehen.

Die kleinere LRF-112-Aktivbox ist mit ihren 18,9 Kilogramm erheblich leichter, an ihren beiden eingelassenen Metallgriffen gut anzuheben und bietet sich daher eher als mobile Lösung für Shows an. Im Gegensatz zum großen Cabinet kann das kleine zudem mit einem unterseitig eingebauten Tilt-Back Stand leicht abgeschrägt auf den Bühnenboden gestellt werden und somit für eine etwas bessere Ortbarkeit des Signals sorgen.

Direkt beim Einschalten beider Cabinets fällt die eingebaute Beleuchtung des Frontbespannstoffes mit relativ nüchternem Weißlicht auf, die wirklich geschmackvoll zum Look der Boxen passt. Das ist nicht nur als Gimmick auf der Bühne oder als reines „Ambient Light“ zu sehen, sondern taugt durchaus auch als Leselicht im Proberaum, wenn man mal wieder drei, vier Plektren aus der Hosentasche gekramt hat und darunter das richtige sucht. Für Gitarristen optimierte Full-Range-Flat-Response-Boxen sollen aber nicht vorrangig leuchten, sondern klingen.

Um das zu checken wurden beide Cabinets mit einem Kemper Profiler, einem Axe FX und auch traditionellen, alten Röhrenverstärkern, die mit einem Two Notes Captor X anstelle einer echten 4x12er-Box, bereits ein Signal für die direkte Einspeisung in ein Mischpult oder in aktive Monitorboxen liefern, getestet.

Um unerwünscht Übersteuerungen des Eingangs zu vermeiden, hat Laney den LFR-Boxen eine kleine LED spendiert, die schon frühzeitig aufleuchtet und somit signalisiert, dass das anliegende Signal in der passenden Lautstärke am Eingang anliegt. Das Einpegeln des Signals ist mit allen Modeling Amps in unserem Test aber dank der sehr großzügig dimensionierten Endstufen mit 400 Watt bei der kleinen Box und sogar 800 Watt Leistung bei der 2x12er, laut und kräftig genug zu realisieren, ohne dass die Cabinets an ihre Grenzen geraten.

Das hierdurch erreichte, wirklich ausgesprochen leise Grundrauschen überrascht mich positiv in dieser Preisklasse. Im direkten Vergleich der beiden Boxen zueinander zeigt sich sofort, dass die insgesamt viel größere Membranfläche und auch das wesentlich größere Gehäusevolumen der LFR-212 der Box eine absolut überzeugende Kompetenz in der Wiedergabe von Bässen und tiefen Mitten verleiht. Das können sowohl das kleinere LFR-112-Cabinet, als auch die mir bekannten Produkte anderer Hersteller in ähnlichen Preisklassen nicht abbilden. Das LFR-212 ist beindruckend laut, dezent dunkel, fett und reagiert dennoch gelassen und schnell in der Abbildung der diversen Signale.

Das typischerweise etwas problematische Höhenbild von digital gemodelten High-Gain-Amps wird beim Laney LFR-212 mit seinen beiden 12″-Lautsprechern sehr schön weichgezeichnet, und über das rückseitige HF-Trimpoti lässt sich in einem zweckdienlichen Rahmen der eingebaute 1″-LaVoce-Kompressionshochtöner beimischen, um etwas mehr Genauigkeit in das Attack zu bringen.

Das kleinere LFR-112-Cabinet ist ebenfalls eher gemütlich und tiefmittig abgestimmt, kann allerdings nicht mit der Tiefbasswiedergabe des großen Models mithalten und verhält sich eher wie ein übermäßig hochgezüchteter, cleaner Jazz-Verstärker. Tatsächlich lohnt es sich daher auch, einfach mal direkt die Gitarre an den Eingang des LFR-Cabinets anzuschließen und mit dem HF Trim und der 1×12- und der 4×12-Boxensimulation herumzuspielen, denn hierbei liefert das 112er überraschend plausible Django-Reinhardt-Sounds.

Auch eine Verwendung als Akustikgitarren-Verstärker oder – im Falle der LFR-212 – sogar als Akustikbass-Amp sollte man nicht frühzeitig ausschließen. Die LFR-Cabinets liefern sogar in diesen Disziplinen erstaunlich gute Ergebnisse.

(Bild: Dieter Stork)

ALTERNATIVEN

Im Tour-Alltag einer Profi-Band befinden sich oftmals sehr hochwertige Bühnenmonitore für etliche Tausend Euro auf der Bühne, und tatsächlich darf man nicht erwarten, dass die beiden günstigen Laney-LFR-Cabinets sich mit PA-Monitoren und Sidefills von Coda, Fohhn oder Westlab Audio messen können.

Wenn Geld eine wirklich stark untergeordnete Rolle bei der Kaufentscheidung spielt und es ausschließlich um die bestmögliche Wiedergabe des Modeling-Amp-Signals auf der Bühne geht, dann sollten ambitionierte Gitarristen die in Insider-Kreisen schon legendären „West Lab Audio LABRAT twelve“-Monitore mit ihren bis zu 1150, in Worten „Eintausendeinhundertfünfzig“, Watt an einem 12″-Speaker als Alternative zu den handelsüblichen FRFR-Produkten ausprobieren. Aber Vorsicht – derartige High-End-PA-Produkte machen süchtig, wenn man sie mit hochwertigen Modeling-Amps kombiniert.

Als weitere Alternative zu der Laney LFR-212-Box drängen sich die Friedman-Amplification-ASM-12- und ASC-12-FRFR-Aktivmonitore auf. Beide Produkte kosten hierzulande jedoch fast das Doppelte, sind im Augenblick nicht zeitnah lieferbar und zumindest die ASM-12 Box rauscht bei Proberaum- und Bühnenlautstärke wesentlich lauter im Leerlauf und kommt schneller an ihre Belastungsgrenzen, als beide Laney-Produkte.

Neben Alto, Line 6 und Headrush, bietet auch Harley Benton kompakte Produkte an, die sich in einem ähnlichen Preisrahmen bewegen, wie die Laney-Boxen, aber leider aufgrund ihrer etwas anstrengenden Wiedergabeeigenschaften allesamt nicht ganz in der Kompetenzklasse einer LFR-112 verortbar sind und nicht ansatzweise mit der gelassen klingenden Basswiedergabe der LFR-212 mithalten können.

RESÜMEE

Obwohl es mir nicht leicht fällt, einen tieferen Sinn darin zu sehen, sich zunächst einen sehr mobilen und leichten Modeling-Verstärker zu kaufen, um diesen dann wiederum mit einer sehr schweren Aktiv-Box zu kombinieren, komme ich dennoch nicht umhin und muss Laney UK zu der bisher am beeindruckendsten klingenden FRFR-Box für E-Gitarristen gratulieren, die ich bislang ausprobieren konnte. Das LFR-212 ist für Liebhaber von Kemper, Axe FX und Helix eine echte Empfehlung. Mit einem derartig druckvollen Sound macht Modelling richtig Spaß und auch das kleine LFR-112-Cabinet bietet ein extrem gutes Preis-Leistungs-Verhältnis und ergibt als mobile Backline für Clubshows Sinn.

PLUS

● kraftvolle Bässe (LFR-212)
● rauscht kaum
● Cabinet-Beleuchtung
● Tilt Legs (LFR-112)
● günstiger Preis

MINUS

● hohes Gewicht (LFR-212)

(erschienen in Gitarre & Bass 12/2021)

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Für den Proberaum und Auftritte ohne PA machen diese Verstärker schon Sinn, denke ich. Sonst hört man ja nix.

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