Scharfes Teil

Test: K’mo Guitars Memphis RAW

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K’mo Guitars Memphis(Bild: Dieter Stork)

Handgefertigt im Herzen Berlins – K’mo Guitars ist eine junge Firma, die mit frischen Designs auf sich aufmerksam macht. Gitarren mit modernem Styling, bester Funktion und tüchtiger Elektrik zu einem erschwinglichen Preis? Das ist uns auf jeden Fall einen genaueren Blick wert!

Khaled Hassan, genannt Moe, betreibt seit 2015 den professionellen Bau von E-Gitarren unter dem Label K’mo Guitars. Zur Zeit entstehen in Berlin-Kreuzberg acht Instrumente im Monat. Alle Arbeiten, vom Holz (das Grobe besorgt die CNC-Maschine) über die Lackierung bis hin zu von Hand gewickelten Pickups (macht ein Mitarbeiter), werden in der eigenen Werkstatt ausgeführt – nur die Hardware-Teile sind Zukauf.

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Im Rahmen von vier Grundtypen, davon drei eigene Shapes und ein T-style-Modell, ist natürlich auch Customizing (Holz, Pickups, Hardware etc.) nach Kundenwunsch möglich. Moe: „Ich sehe mich selbst nicht als Gitarrenbauer, sondern eher als Hersteller und Designer. Gitarrenbauer bauen akustische Gitarren mit ‘nem Hobel und ‘ner Ziehklinge. Die Idee ist nicht, jedem Einzelnen das Instrument auf den Leib zu schneidern, sondern ein konkurrenzfähiges Produkt anzubieten, das sich customizen lässt. Ansonsten würde das Konzept mit Händlern nicht aufgehen. Wir haben seit Dezember fünf Händler in Deutschland und je einen in Holland, Österreich und Norwegen. Mehr ist in Arbeit, nach dem Lockdown.“

DESIGN & ZUTATEN

Das Design der Memphis RAW folgt im weitesten Sinne den Konstruktionsansätzen kalifornischer Bauart. Im Wesentlichen heißt das: konturiertes Korpusbrett mit aufgeschraubtem Ahornhals, in Anlehnung an das fenderische Offset-Body-Design mit Anspielungen auf Telecaster-Aspekte. Das ist ein bisschen so, als hätte man eine weiche Telecaster oben am Horn und unten im Bereich der Anschlussbuchse gepackt und diagonal auseinandergezogen.

Unten das Cutaway zeigt noch etwas verbliebenes Tele-Appeal, ist aber durch die Zugbewegung, um im Bild zu bleiben, etwas tiefer geraten. Nun, so zieht man eben heute bewährte Gitarrenformate auf links und frischt sie dann mit variabler Ausstattung zeitgemäß auf.

Die Details: Der in coolem „Open Pore Ice Blue Metallic“ lackierte Roasted Swamp Ash Body (optional übrigens auch in Mahagoni ohne Aufpreis erhältlich) von knapp 42 mm Stärke zeigt also diesen stark asymmetrischen Zuschnitt, dem eine vom oberen Horn bis zum unteren Korpusende angelegte Diagonale zugrunde zu liegen scheint. Konturen im Anlage- und Armauflagebereich sorgen jedenfalls für gehobenen Spielkomfort und gute Griffbrettaufsicht.

K’mo Guitars Memphis
Unverziertes Palisandergriffbrett auf Roasted Maple Neck (Bild: Dieter Stork)

In Höhe des 17. Bundes ist der Hals aus wärmebehandeltem Ahorn, also Roasted Maple, in den Korpus eingebracht, wo er, exakt in seine Halstasche eingepasst, von vier in Hülsen geführten Schrauben bombenfest fixiert ist. Im unverzierten Griffbrett aus Palisander von 12″ Radius fanden 22 sauber und kantenrund verarbeitete Wagner-Medium-Jumbo-Bünde Platz. Dots auf der Griffbrettkante markieren die Lagen – mehr braucht’s ja eigentlich auch nicht. Am Griffbrettende findet sich ein sogenanntes Spoke Wheel zur umstandslosen Halskorrektur.

Die parallel herausgeführte T-style-Kopfplatte ist mit gekapselten Kluson-Mechaniken bestückt. Am Korpus finden wir eine Gotoh-Hardtail-Bridge mit sechs individuell justierbaren Saitenreitern. Die Mensur umfasst 647 mm. Die Elektrik der K‘mo Memphis rekrutiert sich aus dem auf das Tortoise-Pickguard geschraubten Singlecoil in Halsposition und einem ins Holz geschraubten P90-Soapbar-Pickup in Stegnähe.

K’mo Guitars Memphis
Knackiges Tonverhalten durch Hardtail Bridge auf Roasted-Swamp-Ash-Body (Bild: Dieter Stork)

Die Tonabnehmer aus eigener Produktion werden von jeweils generellen Volume- und Tone-Reglern verwaltet. Ein Dreiwegschalter wählt die Pickups konventionell einzeln oder zusammen an. Das trefflich gestaltete, fachkundig erstellte und praxisgerecht eingerichtete Instrument wurde erklärtermaßen für den arbeitenden Musiker geschaffen. Geliefert wird es in einem Deluxe Gigbag.

FORM FOLLOWS FUNCTION

Dem alten FFF-Gestaltungsleitsatz wird zwar gerne die schmähliche Unterwerfung des künstlerischen Designs unter die profane Funktion zum Vorwurf gemacht – wir Spieler räumen ihm bei der Gestaltung von Gitarren aber immer noch einigen Vorrang ein. Ein Instrument soll sich halt möglichst gut anfühlen, uns tolle Sounds an die Hand geben und problemlos zu handhaben sein. Okay, der Rock’n’Roll lässt da natürlich Spielraum: „Ist mir doch egal wie die Gitarre klingt, Hauptsache sie sieht geil aus!“, Robert Smith.

Am liebsten ist es uns natürlich, wenn beides stimmt, Form und Funktion. Das ist beim Testinstrument der Fall. Die K’mo Memphis RAW sieht gut aus und überzeugt mit praxisgerecht abgestimmten Eigenschaften. Der stark diagonale Zuschnitt der hinteren Korpuspartie lässt den rechten Arm dank der bestens gesetzten Abgleichung hinten oben komfortabel aufliegen und bringt die Schlaghand in etwa oberhalb des Hals-Pickups in Position. Etwas weiter vorn also als z. B. bei einer Jazzmaster oder Strat. Das soll auch genau so sein und gibt der rechten Hand volle Operationsfreiheit. Zudem sind die Potiknöpfe und der Pickup-Wahlschalter bestens platziert.

Zu loben ist nicht zuletzt der griffig matt versiegelte Hals mit seinem wohlproportionierten, kraftvoll ausgebauten Standardprofil: unten rundliches C, aufsteigend zum D tendierend. Lässig fällt er in die Hand und dank der sauber abgeglichenen Medium-Jumbo-Bundierung bei tief eingestellter Saitenlage stellt sich Spielfreude spontan ein.

Das akustische Klangbild trumpft mit einem löblich sauber gegliederten Akkordbild, unterstützt von bester Schwingintensität auf. Gute Saitenseparation, schnelle Ansprache und ausdauerndes Sustain ergänzen die vorteilhaften Grundeigenschaften. Das macht neugierig auf die elektrische Umsetzung.

Die hauseigenen Pickups sind von Hand auf transparente Tonumsetzung gewickelt und weisen demgemäß zurückhaltende Widerstandswerte auf. Der Singlecoil in der Halsposition überträgt Akkorde mit lobenswerter Klarheit und auch angemessen scharfer Klinge. Trocken-kernig im Bass, prägnant im Mittenbereich, ergänzt von offenen, nicht überspitzten Höhen, gefällt das Klangbild durch seine griffige Darstellung und famose Transparenz. Diese Perlfrische im Ausdruck erweist sich bei der differenzierten Begleitarbeit als schlagend, macht aber auch im Overdrive eine gute Figur.

Mit knurrendem Growl im Bassbereich rifft und cruncht es sich bestens, immer ist Kontur und aufreizende Perkussion im Spiel. Schneidende Leads legt die Memphis über diesen Singlecoil mit singend glasigem Ton hin – nicht von schlechten Eltern das!

Der P90 am Steg liefert als Alternative ein gut angeglichenes, aber etwas saftigeres Tonbild mit leicht fokussierten Mitten und warm gerundeten Höhen. Dieses feine Näschen macht sich bei klar eingestelltem Verstärker keineswegs unangenehm bemerkbar, ein gewisser Draht im Ton sorgt stets für aufgeräumte Durchsicht im Akkord.

Selbstredend sind mehr als ordentliche Clean-Sounds mit stimmlicher Präsenz damit Pflichtprogramm, zur Kür läuft die Gitarre über diesen Soapbar-Pickup dann in den Overdrive-Positionen des Amps auf. Druckvoll und mit markantem Anriss steigen Powerchords auf, konterkariert von frech kompaktem Snap in den Spitzen. Leicht abfedernd und perkussiv markant löst sich der sustainreiche Ton, lässt sich mit dem Anschlag auch willig formen.

Linien zeigen plastischen Ausdruck, gehaltene Noten werden von luftig einschwingenden Obertönen substanziell angereichert. Anders ausgedrückt: Hier tanzt der Bär, hier steppt der Igel, hier boxt der Papst im Kettenhemd! Sorry, so spricht wohl eher der kesse Kirmesausrufer den bramsigen Raupensteher an, was? Aber wenn etwas kickt, dann soll man das auch ruhig mal benennen.

#Die Pickups passen im Übrigen bestens zueinander, eröffnen ein richtig schönes Sound-Repertoire von gestochen glasklar bis zupackend kompakt, im Ausdruck bleibt aber dennoch immer alles harmonisch gerundet. Hochklassige Klangfarben allesamt, die sich per Volume- und Tone-Poti auch noch feinstufig kalibrieren lassen. Dem will die Kombination beider Tonabnehmer dann letztlich auch nicht nachstehen und gibt uns einen weiteren attraktiv perlenden Sound an die Hand, straff im Bass und leicht kehlig, nicht ganz so glasig wie der Hals-Pickup allein, dafür aber seidig transparent – Top! Ah, das noch: Die Gitarre verlangt wegen ihres Zuschnitts nach einem Gitarrenständer mit Kopfeinhängung.

K’mo Guitars Memphis
Stimmiger Mix aus handgewickelten Pickups (Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Mit der Memphis RAW legt die junge Berliner Firma K’mo Guitars ein sauber konstruiertes und attraktiv gestaltetes Modell vor, das durch beste Handhabung und starke Sounds zu überzeugen weiß. Leicht an Gewicht und mit einem famos austarierten Halsprofil ausgestattet startet diese kleine, aber essenzielle Schraubhalsgitarre mit einem tollen Mix an charaktervollen Sounds voll durch.

Thermisch modifizierte Tonhölzer sorgen für Stabilität und Unabhängigkeit von Temperaturschwankungen, geben wohl auch etwas an substanzieller Festigkeit an die Tonbildung weiter; von Hand gewickelte Pickups aus eigener Herstellung garantieren die bildhafte Umsetzung der resonanten Grundeigenschaften in vitale und bewegliche elektrische Sounds. Kein Schnickschnack, alles am richtigen Platz und praxisgerecht auf den Punkt gezogen, stimmt dann auch noch der coole Look. Angesichts dieses rundum erfreulichen Leistungspakets muss der aufgerufene Preis dann tatsächlich auch noch als günstig eingestuft werden. Feine Sache – willkommen im Club!

PLUS

● stimmiges Offset-Design
● Ansprache/Schwingverhalten
● von Hand gewickelte Pickups
● vitale Sounds
● klangliche Beweglichkeit
● Hals, Bundierung
● Spieleigenschaften
● Verarbeitung
● Preis-Leistungsverhältnis

(erschienen in Gitarre & Bass 07/2021)

Produkt: Fender Stratocaster
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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Ich kenne einige der diversen endgefertigten Gitarrenmodelle dieses Berliner Gitarrenbauers,die teilweise in einem sehr winzigen,aber sehr gut geführten alten Gitarrenladen in der beliebten Motzstrasse,und dessen sehr freundlichen Laden Inhaber im Bezirk Charlottenburg/Wilmersdorf („Ku-Damm Nähe“) ausgestellt sind.Leider beschränken sich die so genannten „K‘mo Guitars“ derzeit noch faktisch im leicht abgeänderten Style der allseits bekannten Tele-bzw.Strat-Designs,das mich persönlich nicht so sehr anspricht.Aber evtl. wird dieser besagte Berliner Gitarrenbauer zukünftig auch noch durch andere verschiedene gefällige Korpusformen inspiriert,und fertigt dann weitere elektrische Gitarrenbodies aus seiner eigenen Feder,die mich womöglich mehr ansprechen,als seine gegenwärtigen Modelltypen.Mein bevorzugter Gitarrenbauer (der völlig ohne CNC-Fräse in eigener Handarbeit fertigt!) hat seinen Stammsitz seit vielen Jahren im kleinen Hennigsdorf/bei Berlin.So hat halt jeder Kunde seinen persönlichen Lieblings Gitarrenbauer.

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    1. Der besagte Gitarrenbauer hat, abgesehen von tele Variationen eigentlich nur Designs aus “eigener feder “im Angebot, die sich, so verlangt es offenbar der Markt, durchaus an bekannten Klassikern orientieren.
      Auch findet eine komplette Eigenproduktion aller Teile, abgesehen von der Hardware, im Haus statt, die doch ziemlich weit über eine “Endfeftigung” hinaus geht.
      Aber das ist sicher ansichtssache…
      Der geneigte Interessent hat darüber hinaus auch die Möglichkeit, diese “sogenannten k’mo” guitars zusätzlich zu dem “winzigen Gitarrenladen ” in ca 20 weiteren Läden in Deutschland und diversen Nachbarländern selbst zu begutachten.
      Kleiner spoiler, sehr viel wird sich voraussichtlich nicht ändern, abgesehen von einer stetig steigenden Qualität, die sich aus der wachsenden Erfahrung heraus ergibt.
      Einigen wird das Konzept niemals zusagen, aber das ist gut so, denn der Markt ist groß und viele talentierte Kollegen bieten phantastische Produkte an, die sich gottseidank teilweise extrem voneinander unterscheiden. Jeder wird fündig werden, aber nicht jeder bei diesem besagten Berliner Gitarrenbauer
      LG
      Moe (der besagte Berliner Gitarrenbauer 😀)

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      1. Also ich kann dem Moe nur zustimmen. Ich finde abgesehen T-Modell die Bodies sehr eigenständig. Ich hatte nie vor eine weitere Gitarre zu kaufen, hab zwei hervorragende, handgebaute Röder Halbresonanz-Gitarren. Aber von Modell zu Modell, dass ich bei Instagram von ihm gesehen hab stieg mein Verlangen so ein Brett zu besitzen. Hab jetzt also seit ca. einem halben Jahr eine Memphis Mahagoni/geflammtes Ahorn mit einer matten grün/blauen Verlaufslackierung, 2 P90 und Vibrato. Die Gitarre ist FANTASTISCH. Handling, Haptik, Verarbeitung ein Traum. Der Spass mit dieser Gitarre hört nicht auf. Ich überlege schon ob ich noch eine …
        Das tolle, man kann sich die Gitarre (über den Händler) nach Wunsch fertigen lassen: Massiv oder body/top in vorhandenen Hölzern, Thinline mit F-Loch oder versteckten Ausfräsungen, Bindings oder Rundung, Hochglanz oder matt, HB, P90, SC-Pickup, mit oder ohne Vibrator … Gibt fast für jeden Geschmack was. Dringende Empfehlung: UNBEDINGT mal antesten!!!

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