Dornröschen, wachgeküsst

Test: Isana Black Pearl

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(Bild: Dieter Stork)

Wenn es bei uns so etwas wie frühe Design-Kompetenz im Gitarrenbau gab, dann finden wir sie in den Archtops der 40er- und 50er-Jahre von bedeutenden Luthiers wie Artur Lang, Wenzel Rossmeisl, Arnold Hoyer, Gustav Glassl oder eben Franz Sandner, dessen Black Pearl durch einen prominenten Besitzer weltbekannt wurde.

Bei der reanimierten Black Pearl, optisch weitgehend mit der legendären Fünfzigerjahre-Gitarre identisch, handelt es sich wie ehedem um ein Produkt der Firma Sandner aus Nauheim in Südhessen. Produziert wurde die Hollowbody unter beratender Mitwirkung des legendären Gibson-Gitarrenbaumeisters Ren Ferguson in einer der führenden Fabriken Chinas.

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Berühmt machte die damals etwa 200 Mal in schwarz gebaute Isana Black Pearl kein Geringerer als Elvis Presley, der während seines Militärdienstes in Deutschland ein 1958er Modell, erworben im Frankfurter Musikhaus Hummel, von seinem Vater zu Weihnachten geschenkt bekam.

Elvis Presley mit 1958er Black Pearl

Sandner stellte in den 70er-Jahren die Gitarrenproduktion ein. Zum 90-jährigen Jubiläum des Unternehmens beschloss der Enkel des Gründers und heutige Firmenchef, gemeinsam mit German Vintage Guitar, die Black Pearl wieder in Kleinserie bauen zu lassen. Ziel war nicht, eine möglichst exakte Kopie des berühmten Originals herzustellen, sondern eine hochwertige Jazz- und Rockgitarre, die optisch dem Original gleicht, aber technisch auf der Höhe unserer Zeit ist und zugleich die deutsche Design-Kompetenz und den „Tuxedo-Style“ der Nachkriegszeit würdig wieder aufleben lässt.

Sascha Vollmer von The Boss Hoss spielt eine Black Pearl, ebenso wie der italienische Jazz-Gitarrist Dario Pinelli.

Retro-aktuelle Überarbeitung

Bei der Isana Black Pearl handelt es sich im Prinzip um eine klassische Archtop mit gerundetem Cutaway im 16″-Format. Der leicht gewölbte Korpus aus laminiertem deutschem Ahorn von ca. 7,3 cm Zargentiefe am Halsansatz wurde mit einer Decke aus massiver deutscher Alpenfichte kombiniert, die in klassischer Manier von parallel gesetzten Balken unterbaut ist. Decke und Boden sind von cremefarbenen Mehrfach-Bindings eingeschlossen; auch die zwei pointiert gestalteten Schalllöcher zeigen optisch markante weiße Einfassungen.

Der gut proportionierte, komfortabel modern gestaltete Hals aus zweiteilig verleimtem Khaya-Mahagoni ist mit traditioneller Schwalbenschwanzverbindung in den Korpus eingebracht. Er wurde mit einem vom Kopf her zugänglichen Stellstab ausgerüstet und erhielt ein Griffbrett aus Ebenholz mit fünf weiß marmorierten Einlagen aus Perloid zur Lagenkennung, ein Material, das – zusammen mit zwei eingelegten Streifen schwarzen Celluloids – auch den Kopf im augenfälligen Isana-Design ziert.

Sauber bundiertes Ebenholzgriffbrett mit Perloid-Einlagen (Bild: Dieter Stork)

Das Griffbrett von 12″-Radius und guter Sattelbreite (44 mm) erhielt eine sauber abgeglichene mittelstarke Bundierung mit Nullbund. Der über eine verstärkende Volute unterhalb des Sattels aus Kunststoff leicht abgewinkelt herausgeführte Kopf ist mit Einzelmechaniken bestückt.

Am Korpus werden die Saiten über eine in der Höhe justierbare Ebenholzbrücke mit einzeln verstellbaren Saitenreitern im alten deutschen Stil zum massiven, dem Original gleichenden Saitenhalter in Lyra-Form geführt.

Ebenholz-Bridge mit Trapez-Saitenhalter (Bild: Dieter Stork)

Als Tonabnehmer ist ein Mini-Humbucker vorn an den etwa ab dem 16. Bund frei über der Decke schwebenden Hals geschraubt. Kontrolliert wird dieser Floating-Pickup lediglich über einen im unteren Schallloch verdeckt angebrachten Lautstärkeregler (Daumenrädchen). Die Anschlussbuchse ist hinten unten in der Zarge zu finden.

Bleiben noch das in original Isana-Form aus weißem Perloid gefertigte Schlagbrett und die gut großen Gurt-Pins zu erwähnen. Der mit schwarzem UV-Hochglanzlack versiegelten Black Pearl lässt sich eine hohe Verarbeitungsgüte in allen Belangen zusprechen. Geliefert wird das in Erstauflage auf lediglich 80 Exemplare limitierte Instrument mit Expertise in einem schwarzen Formkoffer mit dickem Plüschfutter.

Spielpraktische Erneuerung

Handhabung: Die Black Pearl richtet sich im Sitzen gespielt mit ihrer gut geschnittenen Taille perfekt aus, ja fügt sich geradezu organisch an ihren Spieler. Auch am Gurt hängt sie recht ausgeglichen, wenngleich mit eingeschränkter Griffbrettaufsicht. Das wird hier wie da zu einem kleinen Problem, da die großzügigen Perloid-Markierungen aus der Spielposition heraus ohne gereckten Hals kaum einsehbar sind und Dot-Markierungen auf der Sichtkante unverständlicherweise fehlen. Der Hals fällt mit seinem kraftvoll ausgebauten D-Profil dann allerdings erfreulich komfortabel in die forschende Hand.

Bei bestens austariertem Verhältnis von Halsbreite zu Schulterrundung finden wir guten Raum für die Fingerplatzierung, aber dank tief gehaltener und rundum perfekt eingerichteter Saitenlage auch beste Spielfreiheit für alle solistischen Aktionen.

Sound: Als Erstes fällt uns bei der Black Pearl das für diesen Bautypen erstaunlich lang anhaltende Sustain auf. Wichtiger und beeindruckender ist vielleicht noch die ausgeprägte Obertonfarbigkeit bei glockenrein offener Tonentfaltung der angeschlagenen Noten. Also kein lediglich perkussiv hervorgehobener Plopp mit schnell abfallender Schwingkurve, sondern ein bemerkenswert leicht ansprechender Ton mit spontaner Öffnung und Entfaltung farbreicher Obertöne.

Das verschafft Einzelnoten ein atemreiches Ambiente und sorgt für ein harmonisch abgestimmtes Bild im Akkord. Diese besondere Vitalität und Schwingfreude macht das Instrument schon groß als Akustik-Gitarre, hören wir mal, was dem nun auch elektrisch noch abzugewinnen ist:

Der kleine Humbucker, in Floating-Manier am Hals vorn angebracht, ist durchaus kraftvoll ausgelegt und wandelt das lebhafte akustische Signal der Black Pearl in ansprechende, gut gerundete elektrische Sounds mit freiem und farbreichem Timbre. Der bestens geordnete Stimmaufbau profitiert von konturstarken Bässen, runden Mitten und einer famosen Höhenumsetzung.

Akkorde leuchten auch über den Verstärker gespielt transparent und schlüssig auf, die Darstellung bleibt stets plastisch und griffig. Ein gewisser Draht im Ton verleiht dem Linienspiel kraftvolle Kontur, die gehaltene Note entfaltet sich auch elektrisch umgesetzt anschlagskonform und schnell, nimmt im Ausklang einen elegant ebenmäßigen Schwingverlauf. Rechnen wir die sensible Reaktion der Archtop auf Anschlagsposition und -stärke hinzu, so kann sie sich in Sachen Dynamik und Wendigkeit noch zusätzliche Pluspunkte erwerben.

Der traditionelle Jazz-Spieler würde sich wohl eine Tonblende zur Bedämpfung wünschen, aber vielleicht ist jenseits von Spielweisen des Jazz der Begriff Tuxedo-Style einfach auch wegweisender für den Einsatz der Black Pearl als durchaus flexibel einsetzbares Instrument irgendwo zwischen Swing, Rock’n’Roll, Rockabilly, Americana, Country und mehr.

Resümee

Die reformierte Neuauflage befreit die Isana Black Pearl von Sandner aus ihrem Status der Prominenten- und Sammlergitarre und hebt sie in die Sphäre der spielpraktischen Relevanz. Jenseits der Verbindung mit Elvis, der mit seiner Wahl unbestritten guten Geschmack bewies, erweist sich die überarbeitete Schwarze Perle nämlich als toll gemachtes Instrument, das mit besten Schwing- und Spieleigenschaften zu überzeugen weiß.

Akustisch schon beeindruckend mit vitalem Glockenklang, ist sie aber auch als Bühnengitarre eine Bank. Natürlich ist ihr Einsatzbereich gemäß der vollakustischen Bauweise mit einzelnem Pickup etwas begrenzt, sagen wir besser: auf bestimmte Anwendungen eingeschränkt. Das ist jedoch durchaus kein Schaden, da wir es zwar mit einem typischen Genre-Instrument zu tun haben, welches aber zweifellos in vielen Musikbereichen eine gute Figur machen wird. Die Isana Black Pearl ist also nicht einfach nur die alte, lediglich wachgeküsste Prinzessin. Nein, diese Dame hat quasi im Schlaf noch dazugelernt und sich, optisch kaum gealtert, trefflich auf die Neuzeit eingestellt. Tolles Ergebnis – das verdienstvolle Unterfangen sei hiermit ausdrücklich gerühmt!

PLUS

  • gelungene Wiederbelebung
  • offenes Schwingverhalten
  • Ansprache/Dynamik
  • akustischer Sound
  • elektrischer Sound
  • Hals/Spieleigenschaften
  • Verarbeitung
  • Preis/Leistung

MINUS

  • keine Side Dots am Griffbrett

(erschienen in Gitarre & Bass 04/2019)

Produkt: Robert Cray Special
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