Test: Harley Benton 25th Anniversary Special Edition Guitars

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JA-25TH

Ganz schön edel kommt sie daher, diese Variante einer 1966er Jazzmaster. Ausgestattet ist sie mit einem roten Tortoiseshell-Pickguard, das die komplette Elektrik trägt und cremefarben eingefassten Lorbeer-Griffbrett mit üppigen Perloid-Block-Inlays. Das Firemist Finish verleiht der Gitarre endgültig Eyecatcher-Qualitäten. Gleichzeitig hat man das Schaltungs-Firlefanz des Originals auf das Elementare reduziert. Sehr schön. Und, kein Vibrato, sondern eine Tune-o-matic mit Stoptail. Damit wären Surfrocker:innen als eigentliche Zielgruppe schon mal außen vor.

21 tadellos bearbeitete, fette Edelstahlbünde bevölkern das Griffbrett, und der optimal abgerichtete Graphitsattel führt die werksseitigen Elixir-Strings über den Trussrod-Zugang hinweg zu den präzise und smooth arbeitenden Locking-Mechaniken. Der Erle-Body hat seine eigene Ergonomie: Belly Cut auf der Rückseite, Armschräge vorne, ansonsten vorne wie hinten großzügig verrundete Kanten. Die Roswell JM-N/B-ADIV Singlecoils werden mittels Dreiweg-Toggle-Schalter, Master-Volume und -Tone verwaltet.

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Locking Tuner Vintage-Style

Das Profil des kontrastreich geflammten Ahornhalses liegt wohltuend in meiner Hand und lässt sich, wie überhaupt die ganze Gitarre, komfortabel bespielen. Allerdings soll nicht unerwähnt bleiben, dass design-bedingt die rechte untere Korpustaille weit nach hinten driftet, somit die Balance auf dem Bein dahin ist und gleichzeitig der Hals extrem lang erscheint.

Unplugged klingt die JA-25TH kraftvoll, drahtig, spritzig und brillant, gibt sich jedoch nicht ganz so obertonfreudig wie einige andere der 25TH-Mitbewerberinnen. Sie kompensiert dies mit besten Schwing- und Dynamikeigenschaften und standfestem, gleichmäßig abklingendem Sustain.

Der Rosewell-JM-N-Hals-Singlecoil liefert nicht den erwarteten warmen bluesigen Cleansound, sondern perlt glockig aus den Lautsprechern, zu vergleichen mit der Kombi aus P90 Steg- und Hals-Pickups einer 60s SG Special, hier nur klarer und brillanter. Ein wunderbar luftig transparenter Klang zum intensiven Strummen. Knackig, drahtig, bei intensiverem Anschlag sogar twangy und mit leicht erhöhtem Mittenanteil präsentiert sich dagegen der Steg-Pickup, lässt dabei aber Shrillness und allzu nervigen Biss außen vor.

Die Kombi beider Einspuler lässt die Glöckchen des Halspickups förmlich schrumpfen, also heller erklingen. Eigentlich gehören Klarklänge zur Paradedisziplin dieser Gitarre, aber auch Crunchsounds setzt sie ihren besonderen Stempel auf, während sie sich im High-Gain-Einsatz offenbar weniger wohlfühlt. Dennoch, erlaubt ist, was gefällt.

SC-25TH

Natürlich darf ein Les-Paul-Style-Modell in dieser illustren Riege nicht fehlen. Bei Harley Benton heißt sie Single Cut, kurz SC. Wegen der nach hinten abgewinkelten Kopfplatte besitzt sie als Einzige einen zweiteiligen, über die ersten drei Bünde großflächig angeschäfteten Hals. Das ist sogar bei teureren Instrumenten gang und gäbe und spart wertvolles Material, in diesem Fall kanadisches Flamed Maple, selbstverständlich roasted.

Halsübergang SC-25TH

Eine der Besonderheiten der SC-25TH ist der dem Zargenverlauf zum Cutaway hin angepasste ergonomische Halsübergang, der das Bespielen der höchsten Lagen immens erleichtert. Den Okume-Korpus (Gabun-Mahagoni) krönt eine gewölbte Ahorndecke mit cremefarbenem Binding. Das eingefasste dunkle Lorbeer-Griffbrett trägt 22 perfekt bearbeitete Jumbo-Edelstahlbünde. Perloid-Trapez-Inlays und schwarze Sidedots erleichtern die Orientierung.

Hinter dem bestens abgerichteten Graphitsattel überqueren die Saiten den per Kunststoffplättchen abgedeckten Trussrod-Zugang und enden in geschmeidig und präzise arbeitenden Locking-Mechaniken im Kluson-Deluxe-Style, modellgerecht mit Tulip-Knöpfen bestückt. Tune-o-matic-Steg und Stoptail führen bzw. halten die Saiten am anderen Ende. Das cremefarbene Pickguard liefert Thomann übrigens lose mit und überlässt dem User die Montage.

Roswell-LAF-Humbucker wandeln die Saitenschwingungen. Kontrolliert werden sie per Dreiweg-Toggle-Switch, zwei Volume- und zwei Tone-Potis. Hier stoßen wir auf eine weitere Besonderheit: Zieht man die Reflector-Knöpfe der Volume-Potis hoch, werden die Halsspule des Stegbzw. die Stegspule des Hals-Humbuckers deaktiviert.

Mit 3,8 kg rangiert die SC im unteren Gewichtsbereich dieses Gitarrentyps und besitzt den dicksten Hals des Sextetts, der sich dank handlichem Profil und verrundeter Binding-Kanten höchst komfortabel bespielen lässt. Unverstärkt punktet die SC-25TH mit einem kraftvollen, ausgewogenen, insgesamt etwas knackigeren, brillanteren und obertonreicheren Klangbild als bei einer Mahagonihals-LP und gibt sich bei lebendiger Dynamik ebenso schwing- wie Sustain-freudig.

Die Roswell-LAF-Humbucker liegen klanglich recht nah beim Original, wenngleich sie im Detail den typischen charaktervollen Ton dann doch nicht gänzlich hinbekommen. Der Halstonabnehmer klingt rund und differenziert, liefert konkrete Bässe, stringente Mitten und klare samtige Höhen. Der Steg-LAF zeigt nicht wesentlich mehr Output, sauber artikulierende Bässe, stärkere Mitten und kräftige transparente Höhen. Beide Roswells punkten mit lebendigen, spritzigen, obertonreichen Cleansounds, bieten auch im Crunch- bis High-Gain-Betrieb beste Performance und gestatten mithilfe der Volume-Potis eine sehr präzise Gain- und Pegelkontrolle.

RESÜMEE

Respekt, unsere sechs Harley-Benton-25th-Anniversary-Protagonistinnen können in allen Belangen überzeugen: Konzept, Design, Schwingeigenschaften, Hardware, Pickups und Spielkomfort, all das noch getoppt von der exzellenten Verarbeitung. Und dann klingen die Gitarren auch noch gut!

Die Volume- und Tone-Potis agieren gleichmäßig über die gesamten Regelbereiche. Die Edelstahlbünde hat man ausnahmslos vorbildlich abgerichtet und bearbeitet, die Enden komfortabel verrundet, sodass selbst bei den hohen Jumbobünden kein Buckelpisten-Feeling aufkommt.

Lediglich sind mir hier und da ein paar Kleinigkeiten aufgefallen, wie z. B. teilweise recht schwergängige Potis, meist die ohne Coil-Split-Option, und hier und da noch etwas defensiv abgerichtete, optimierungswürdige Sattelkerben. Nicht nur Einsteiger:innen und Fortgeschrittene, sondern auch Semiprofis dürfen sich glücklich schätzen, dass heute bereits im Low-Low-Budget-Segment dermaßen wertige Instrumente angeboten werden. Damit haben Thomann und Harley Benton die Messlatte ganz schön hoch gehängt.

PLUS

● Konzept & Design
● Vintage- & moderne Sounds
● Ansprache, Dynamik & Sustain
● Hardware
● Spielbarkeit
● Verarbeitung
● Preis/Leistung


(erschienen in Gitarre & Bass 06/2023)

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