Das heute wieder populäre JET-Modell trat bereits 1953 als Antwort der Gretsch Company auf die erfolgreiche Gibson Les Paul auf den Plan. Gretsch kopierte allerdings trotz formaler Anlehnung nicht einfach nur plump das Gibson-Design, sondern realisierte interessante eigene Ideen, die zu durchaus anderen Klangergebnissen führten.
Die aktuell angebotene Palette an JET-Variationen ist erstaunlich vielfältig. Die vorliegende Sparkle Jet aus der Electromatic-Reihe gibt es in den Farben Gold und Silber.
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BEWÄHRTE ZUTATEN – AKTUELLE AUSRICHTUNG
Die vorgelegte Single-Cut-Electric aus der Gretsch Electromatic Collection verfügt analog zur Konstruktion der Ur-Jet über einen Korpus aus Mahagoni mit Resonanzkammern, kombiniert mit einer in leichte Wölbung gepressten Decke aus laminiertem Ahorn. Die Korpusmitte wurde natürlich massiv belassen, sorgt mithin für den soliden Grund zur Montage von Pickups, Bridge und Bigsby. Das Top des Testmodells in Gold-Sparkle-Optik ist von einem dreilagigen Binding eingefasst.
Immer cool: Bigsby B50 Vibrato (Bild: Dieter Stork)
Dem eingeleimten Hals aus Mahagoni mit „Thin U”-Profil wurde ein eingebundenes Griffbrett aus Lorbeerholz aufgesetzt, in dem 22 gut verarbeitete Medium Jumbo-Bünde und die bekannten „Neo Classic Thumbnail”-Inlays zur Lagenkennung Platz fanden.
Griffbrett aus Lorbeerholz mit „Neo Classic Thumbnail“-Inlays (Bild: Dieter Stork)
Auf der im Winkel herausgeführten und frontseitig ebenfalls mit einem Binding verzierten Kopfplatte wurden leicht laufende gekapselte Die-Cast-Mechniken verbaut, von denen aus die Saiten über einen Sattel aus synthetischem Knochen dann mit 625-mm-Mensur hinüber zur fixierten Adjusto-Matic Bridge geführt werden, um danach vom Bigsby B50 Vibrato Tailpiece gekontert zu werden.
Elektrik: Für die zwei eingesetzten FT-5E Filter’Tron Humbucking Pickups mit doppelt gereihten Polschrauben stehen individuelle Lautstärkeregler, ein Master-Volume (mit „treble bleed circuit”) und ein Master-Tone zur Kontrolle bereit. G-Arrow Reglerknöpfe vermitteln klassische Gretsch-Flair. Über den 3-Wege-Schalter lassen sich die Tonabnehmer in konventioneller Manier einzeln oder zusammen anwählen.
Bleiben noch das Silver Plexi Pickguard mit Gretsch-Logo und die firmentypischen Gurtpins mit Schraubfunktion zu erwähnen. Die Gitarre ist rundum in hohem Industriestandart verarbeitet und klaglos sauber hochglänzend lackiert. Auch kam sie bestens eingestellt zum Test.
Bild: Dieter Stork
Bild: Dieter Stork
GRETSCH KANN AUCH MAINSTREAM
Die Electromatic Sparkle Jet FT ist mit gut 3,7 kg zunächst einmal nicht ganz so leicht, wie man das bei den großzügig gesetzten Kammerfräsungen vermuten könnte. Aber wir bewegen uns damit natürlich auf jeden Fall noch im grünen Bereich. Am Gurt hängt sie uneingeschränkt gut ausgewogen und im Sitzen gespielt ähnelt sie nicht ohne Grund dem Spielgefühl einer Les Paul.
Der mit gut 44 mm am Sattel angenehm breite Hals bietet mit seinem „Thin U”-Profil – das gar nicht mal so dünn, in der Tendenz sogar rundlich ist – beste Spielbedingungen. Hier geht alles auf tief eingerichteter Saitenlage und gratfreier Bundierung bestens von der Hand.
Akustisch kommt die Sparkle Jet dann mit gut aufgelösten Akkordbildern inklusive eines ordentlichen Schusses an Draht im Sound in Stellung. Sie spricht leicht an, zeigt über das gesamte Register hinweg durchaus beachtliches Sustain und lässt auch in Sachen Obertonentfaltung keine Klagen aufkommen. So weit so gut!
Die verbauten FT-5E Filter’Tron Humbucking Pickups erinnern nicht nur optisch an die Originale, sondern weisen auch vergleichbar geringe Widerstandswerte auf. Aber ist deshalb soundtechnisch auch alles beim Alten?
Am Amp tritt das Jet-Modell wegen des überschaubaren Outputs ihrer Pickups erst einmal mit durchaus typischen Gretsch-Sounds an. Dank starker Saitenseparation und wenig Kompression stets transparent aufgelöst bei Mehrklängen, leicht nagelig in der klanglichen Attitüde und immer knackig höhenreich. Der Hals-Pickup ist, anders als etwa ein Gibson-Humbucker, eher nicht weich im Ausdruck.
Kernig im Bass, nicht besonders üppig im Mittenbereich, aber für seine Position bemerkenswert hell aufleuchtend in den Höhen. Gehen wir in den Crunch- und/oder Overdrive-Modus, so wird jede Aktion mit perkussiver Note herausgestellt und präzise umgesetzt. Powerchords federn gut ab, kommen knackig und definiert – Lead Lines haben plastisches Format und lassen schönes Schnalzen hören. Das hat jetzt nicht den Schmelz eines Standard-Humbuckers, dafür aber eine beachtliche Klarheit und aufreißende Präsenz.
Mit Wechsel auf den Filter’Tron am Steg und zurück in der Abteilung Clean fühlt es sich etwa so an, als wenn man sich unversehens auf die Zunge beißt. Nur beißt es uns halt ins Ohr (heißa). Will meinen: der Pickup schmeißt mächtig Höhen raus, bietet uns aber mit seinem schlanken Tontransport kompakt geschlossene Akkorde mit glasig knusprigem Nimbus. Damit lässt sich pointiert arbeiten!
Überraschend souverän lässt dieser Filtertron in Zerre dann kompakt drückende Sounds mit Biss hören. Es prescht vor mit aggressivem Twang, nagelt schon noch ordentlich spitz, aber der Ton hat Luft und eine aufreizend crispe Präsenz. Da sich jede Plektrumaktion schnell und dynamisch umsetzen lässt, Linien mit perkussiver Kontur plastisch vordrücken und auch das Sustain eine gute Länge aufweist, macht das Spiel im Rock-Kontext mit dieser Jet einfach richtig Spaß.
Sehr schön dann letztlich auch noch der dezent ausgekämmte Sound der Kombination beider Pickups: etwas zurückhaltender im Vergleich zu den Einzelschaltungen, aber kehlig offen und breit aufgezogen in harfenähnlicher Auflösung von Akkorden – damit lässt sich ebenfalls bestens arbeiten.
Über das Bigsby B50 Vibrato gibt es nichts Neues zu berichten. Es funktioniert auch in dieser Gitarre bei maßvollem Gebrauch auf seine spezielle Weise gut.
Sorgen für amtliche Gretsch-Sounds: FT-5E Filter‘Tron Humbucker (Bild: Dieter Stork)
RESÜMEE
Die Electromatic Sparkle Jet FT reiht sich ein in die Garde modern angepasster und dazu erschwinglicher Gretsch-Gitarren, die nicht nur optisch was hermachen, sondern auch funktional erfreulich gut eingerichtet sind. Jets laufen bei Gretsch in der Kategorie Solidbody, aber wie in den frühen Jahren schon haben wir es dank großzügiger Kammerfräsungen im Body eher mit einer semi-akustischen Konstruktion zu tun.
Das ist nun wirklich kein Schaden, sorgt die doch für ein perkussives Klangverhalten, das, ergänzt um andere firmentypische Details, für den klassischen Gretsch-Sound sorgt. Allerdings sind die FT-5E-Filtertron-Pickups durchaus moderner ausgerichtet, was aus dieser Gitarre eine flotte Rock-Lady macht.
Die bestens gestaffelten Sounds sind flexibel nutzbar, liefern aber vor allem im Zerrmodus beeindruckend souveräne Klänge, die mit perkussiv trockenem Schmiss erfreuen. Da die vorgelegte Gitarre mit ihrem gut profilierten Hals auch noch beeindruckende Spieleigenschaften für sich ins Feld führen kann, geht der Daumen für dieses eindrucksvolle Paket ohne Einschränkung nach oben. Kein Wunder also, dass die Jets von Gretsch sich heute wieder steigender Beliebtheit erfreuen. Check!