(Bild: Dieter Stork)
Das neueste Topteil der italienischen Firma GR Bass, die für ultraleichte Boxen und den Einsatz von Carbon bekannt ist, soll Innovation mit Tradition verbinden. Wie verwöhnt man mittlerweile beim Thema Bassverstärkung sein kann, merke ich daran, dass ich beim Auspacken des Groove 800 Tops denke, wie schwer das doch ist – dabei wiegt der Amp gerade mal 3,4 kg!
FACELIFT
Schwer ist also was anderes, aber solide ist er, mit einem stabilen, sauber entgrateten Metallgehäuse und stilvoll eingefrästem Namenszug im Deckel. War bisher eine Perlenkette von LEDs quer über die Front das prägende Element der GR-Topteile, kommt der Groove 800 mit einer schwarzen Front aus gebürstetem Metall und elegantem Understatement daher.
Die Ablesbarkeit hat darunter nicht gelitten, zudem ist der Amp klar aufgebaut. Auf die Eingangsbuchse folgen zwei Druckknöpfe, die ein Preshape und den Drive schalten. Der Gain-Regler legt den Eingangspegel und damit auch den Zerrgrad fest. Deep und Bright als weitere Klang-Schalter, deren Stellung man dann doch eher ertasten als ablesen kann, umrahmen einen Vierband-EQ. Der umfasst neben Low und High zwei Mittenregler, die jeweils mit einem Minischalter in ihrer Center-Frequenz einzustellen sind.
Die tieferen Mitten können bei 220 und 620 Hz angesetzt werden, die höheren bei 720 und 1750 Hz. Mitten dazwischen findet sich ein weiterer, mit „Pure” beschrifteter Minischalter. Dieses typische GR-Feature nimmt den in Neutralstellung mittig rastenden EQ komplett aus dem Signalweg – praktisch, um den am EQ eingestellten Sound mit dem Ursprungssignal zu vergleichen, oder als zweite, gänzlich ungefärbte Klangebene.
Die drei verbleibenden Regler sind allesamt für die Lautstärke zuständig: der erste für die am DI-Ausgang, der per Knopfdruck auch zwischen Pre- und Post-EQ geschaltet werden kann, der zweite für den Kopfhörerausgang, der sich als Miniklinke neben dem ebenfalls als Miniklinke ausgeführten Aux-In befindet, und zu guter Letzt noch der Master für die an die Lautsprecher abgegebene Ausgangslautstärke, wenn der Mute-Knopf nicht gedrückt ist. Anders als bei anderen Firmen schaltet ein eingesteckter Kopfhörer nicht automatisch die Box(en) ab, daher diese Aufteilung.
Die Speaker finden ihren Anschluss an zwei Speaker-Twist/Klinken-Kombibuchsen neben dem kleinen Lüfter. Mit einer zulässigen Last von 2,7 Ohm können hier zum Beispiel eine Vier- und eine Acht-Ohm-Box angeschlossen werden – oder drei Boxen mit je acht Ohm. Die FW-Buchse ist für den Doppel-Fußschalter, der optional Mute und Drive fernsteuert.
Die DI-Buchse und der Ground-Lift-Schalter sind selbsterklärend, der ebenfalls als XLR ausgeführte Aux-In dagegen nicht. Während der Aux-In auf der Vorderseite über den Kopfhörer wiedergegeben wird, aber auch über die Box läuft, geht der rückseitige Aux nur auf den Headphone-Out. Hier kann ein In-Ear-Monitor-Signal vom Mischpult angelegt und abgehört werden. Auch dafür ist der eigene Lautstärkeregler für den Kopfhörer gut – coole Idee!
Genau wie der Einfall, den üblichen seriellen Einschleifweg, bei dem Send und Return hinter dem EQ, aber vor dem Master liegen, mit einem 9V-Ausgang zu kombinieren, über den mit einer Daisy-Chain vier bis fünf Effekte versorgt werden können. Am meisten Sinn ergibt das für eingeschliffene Pedale, die man auf dem Topteil abstellt, wie einen guten Kompressor.
(Bild: Dieter Stork)
PURER DRIVE
Beim Einschalten höre ich erst mal gar nichts, solange der Groove im automatischen Standby die Röhren vorwärmt. Nachdem er den Mute freigibt, ist weiterhin angenehm wenig zu hören, dafür sehe ich aber umso mehr! Da sind sie ja doch, die ganzen LEDs – nur viel dezenter in die Front eingelassen. 24 Stück sind es, die per Minischalter in vier Modi geschaltet werden können, die alle auf ihre Weise den Pegel am Amp anzeigen – aber nicht, ob das Topteil am Input clippt, das erledigt die Netz-LED zwischen Master und Mute, die dann von Blau zu Rot wechselt.
Wem das LED-Spiel zu bunt wird, kann sie auch komplett ausschalten, wobei dann kurioserweise auch die Clip-LED den Betrieb einstellt und permanent blau wird. Die LED-Einstellung merkt sich das Top jedenfalls und ist beim nächsten Einschalten gleich im richtigen Modus. Über diesen Druckschalter kann auch der Lüfter gesteuert werden. Der reagiert temperaturgesteuert und ist erträglich, wenn er denn mal anspringt.
Neben dem Laufgeräusch gibt er immer mal einen leisen, hochfrequenten Ton von sich, das sollte im Proberaum aber keine Rolle spielen. Fürs Studio oder zu Hause kann der Lüfter auch komplett ausgeschaltet werden. Keine Bange, der Amp ist am Ende einer langen Sitzung dann nicht dem Feuertod geweiht, der Lüfter springt vorher noch an, und auch die passive Kühlung mit einem dicken Blech über der Endstufe ist gut durchdacht. Diese Einstellung merkt der Amp sich nicht, was aus Sicherheitsüberlegungen ja Sinn macht.
Neben der kleinen Netzleuchte machen mit Umlegen des Power-Schalters auch die Röhren auf sich aufmerksam, deren warmes Glimmen durch Lüftungsschlitze im Deckel zu sehen ist … Okay, Spaß beiseite – streng genommen leuchten da orange LEDs auf der Platine, aber der psychologische Effekt ist nicht zu unterschätzen, das Auge hört mit. Und die Ohren? Hören neben der Abwesenheit des Lüfters erst mal einen klaren, sauberen Basston, wie man ihn von einem modernen Topteil erwartet.
Ich bilde mir ein, die beiden 12AX7 in der Vorstufe schon hören zu können, aufgrund der Art und Weise, wie sich bei aller Sauberkeit auch bei neutralem EQ eine angenehme Wärme in den Mitten einstellt, und auch spüren zu können, wie der Ton an den Fingern hängt. Mit den Sound-Schaltern lässt sich das Klangbild bei geringer Lautstärke mit Bass- und Höhenboost anpassen, oder im regulären Spielbetrieb für Slapping, Plektrumarbeit und Tapping nutzen.
Etwas zu viel des Guten sind meiner Meinung nach die Einstellungen Mid Contour, wo zusätzlich zu den Boosts der äußeren Bereiche auch noch die Mitten gekappt werden, sowie Deep und Bright zusammen. Die werden besser entweder/oder genutzt. Der Equalizer greift gut ein, Bass- und Höhenregler gehen dabei breitbandiger zu Werke als ihre eher punktuellen Schaltkollegen.
Im wichtigen Mittenbereich kann ich an gleich vier Stellen rumwerkeln, da ist nur wichtig zu beachten, dass es wenig sinnvoll ist, hohe Tiefmitten und tiefe Hochmitten mit 620 und 720 Hz zu kombinieren. Alle anderen Kombinationen erfreuen das Ohr mit knurrigen Tiefmitten, holzigem höheren Mittengenäsel oder knackigen Anschlaggeräuschen. Jetzt aber mal Drive dazu, und die Röhren richtig zum Glühen bringen! Ich war ja skeptisch, verzichtet GR doch komplett auf einen extra Gain- und Level-Regler. Der Gain-Boost wird aber in der Lautstärke wieder eingefangen – perfekt abgestimmt!
Von leichtem Rotz über ordentlichen Growl geht das ganz famos und fühlt sich an, als hätte ich einen großen, alten Röhren-Amp hinter mir. Zudem wird schon ohne wahrnehmbare Verzerrung der Bass präsenter in der Band, weil die Obertöne deutlich zulegen. Gleichzeitig stellt sich ein „heißeres” Spielgefühl ein. Der Bright-Schalter stellt britisches Klingeln noch stärker heraus, und auch im Drive liefert der Mitten-EQ satt und druckvoll ab.
Der Bass bleibt fett und in einem weiten Bereich noch stabil, auch ohne Blend-Regler für cleane Anteile, bevor es diffus und weich wird. An seine Grenzen kommt die Schaltung für mich erst bei sehr hohem Gain. Zum einen ist der Clean-Sound dann nicht mehr clean, da ist einfaches Umschalten nicht mehr drin, zum anderen darf es bei stärkerer Zerre durchaus lauter werden, um dem Bass seinen Platz in der Band zu sichern, schließlich begrenzt die Verzerrung gleichzeitig die Dynamik.
Apropos Dynamik: Leistung ist reichlich abrufbar. Das bewährte ICE-power-Class-D-Modul drückt vor allem mit reichlich Membranfläche (ich hatte eine 8×10″ / 4 Ohm plus eine 2×12″ / 8 Ohm dran), sodass die Hosenbeine nur so flattern. Wenn das immer noch nicht reicht, gibt’s den Groove auch mit 1200 Watt … Zum richtig laut machen schickt die DI dabei bestes Signal auf die PA (oder ans Interface), sogar mit knackfreiem Mute, falls man versehentlich den Amp zuerst ausschaltet.
Apropos Mute: damit aktiviere ich auch einen rudimentären und etwas kryptischen Tuner, mit dem H/E/A/D/G/C gestimmt werden können. Gut zu wissen: Der Groove 800 kommt ohne Griff und ohne die Möglichkeit zum Rack-Einbau, eine Tasche ist optional erhältlich.
(Bild: Dieter Stork)
RESÜMEE
Toller Amp! Der Groove 800 überzeugt mit seinem edlen Styling, reichlich Leistung und einem sehr gut abgestimmten, röhrengetriebenen Preamp samt sehr gut funktionierender Drive-Schaltung. An Kleinigkeiten wie die etwas fummeligen Mini- und Druckschalter gewöhnt man sich schnell, die wesentlichen Bedienelemente fand ich sehr intuitiv und gut beschriftet. Das solide Gehäuse, der exzellent funktionierende DI-Out, und die Pure-Sound-Schaltung sammeln Pluspunkte, die von Bonuspunkten für den 9V-Ausgang und die clevere Lüfterlösung abgerundet werden. Klare Antestempfehlung!
Plus
● (Röhren-)Sounds
● Leistung und Wiedergabe
● solide Bauweise
● fünf Jahre Garantie
● Klangregelung
● Nebengeräuscharmut
● zwei Aux-Inputs
Minus
● etwas fummelige Schalter

(erschienen in Gitarre & Bass 05/2025)