Ruhm & Nitro

Test: Fame Forum IV Classic Aged TSB und GT

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Die Rückseite der Tobacco-Sunburst-Version ist schwarz, die der Goldtop transparent lackiert. (Bild: Dieter Stork)

KLANGVOLL

Ergonomisch ist dieses Design mit das Beste, was man sich umschnallen kann. Hier sitzt einfach alles an der richtigen Stelle, die Forum IV ist rundherum sehr komfortabel zu spielen. Hatte ich eigentlich schon die „Bierbauch“-Kontur auf der Rückseite erwähnt? Zum Stil der Gitarre passt auch ihr Halsprofil – nicht schlank, nicht fett, sondern irgendwo in der Mitte zwischen den viel zitierten 59er- und 60er-Gibson-Maßen.

Die kurze 628-mmMensur schickt zudem den linken Arm nicht zu weit nach links, und verstärkt damit das Gefühl, mit dieser Gitarre eine Einheit, eine verschworene Gemeinschaft bilden zu können. Dazu dieses mit knapp 44 mm wirklich nicht zu schmale Griffbrett, die flache Saitenlage und die gute Verarbeitung von Bünden und Griffbrettkanten … all dies trägt dazu bei, dass diese Gitarre erstklassig in ihrer Handhabung ist.

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Den Klangcharakter der Fame IV würde ich eindeutig in Richtung Les Paul einordnen. Er ist grundsätzlich fett und hat sowohl im cleanen wie auch im verzerrten Bereich eine deutlich vernehmbare, eigene Stimme, einen ausgeprägten vokalen Sound, der vom Einschwingverhalten der Saiten und dem beachtlichen Sustain der Classic profitiert. Dieses im besten Sinne fette Klangbild hat zudem eine gute Dynamik und einen stets präsenten und satten Obertongehalt, sozusagen die Kirsche auf der Sahnetorte.

Dank der Pickup-Kombination SH-2/SH-4 werden nicht nur Vintage-Sounds, sondern auch härtere Gangarten bedient. Der SH-2 glänzt mit warmen, runden, glockigen Tönen und erinnert damit deutlich an eine gute Les Paul. Im Zerr-Modus profitiert er von seiner durch den 24-Bund-Hals etwas nach hinten verlagerten Position, die den tiefen Frequenzen mehr Transparenz und Definition verleiht, das gesamte Klangbild nach oben öffnet und belebt.

Bewährt und aus gutem Grund beliebt: Seymour Duncan SH-2 in Kombination mit dem SH-4 am Steg (Bild: Dieter Stork)

Durch seine Position und Konstruktion ist der Steg-Pickup SH-4 für ein mittig orientiertes Klangbild verantwortlich, das stets druckvolle, drahtige und luftige Töne mit breitem Obertonspektrum aus dem Ärmel schüttelt. Im verzerrten Modus beweist der SH-4 großes Durchsetzungsvermögen mit straffen, konkreten Bässen, kraftvollen Mitten, klaren Höhen und einer exzellenten Dynamik, auch bei High-Gain-Sounds. Die Sounds beider Pickups lassen sich durch Anschlagsstärke, Anschlagsposition, Vibrato und andere Spieltechniken leicht individualisieren, ein ausdrucksstarkes Spiel ist nicht nur problemlos möglich, sondern wird von dieser Gitarre geradezu herausgefordert.

Fast hätte ich vor lauter Humbucker-Welten den Split-Coil-Schalter vergessen. Er aktiviert die beiden inneren Spulen der Humbucker für ein dünneres und drahtigeres Klangbild – ein nettes Extra, das man sicher hier und da einsetzen kann, das aber der Kernkompetenz der Forum IV, nämlich satte, cremige und durchsetzungsstarke Humbucker-Sounds, nicht den Rang ablaufen kann. Immerhin sind die gebotenen Singlecoil-Sounds erfreulich nebengeräuschfrei.

RESÜMEE

Die neue Fame Forum IV hat in allen Bereichen überzeugt. Ihre Verarbeitung erreicht ein hohes Niveau, Setup und Handhabung sind bis ins kleinste Detail perfekt. Das Aging dieser Fame-Gitarren ist auf eine so dezente Weise gestaltet, dass dies selbst Anti-Aging-Befürwortern nichts ausmachen sollte – wenn sie sich denn für die vielen wichtigeren Werte dieser Gitarre interessieren sollten.

Wie zum Beispiel für die angenehme Halsbreite, die großartige Ergonomie, die gute Hardware und diese Seymour-Duncan-Pickups, die genau das übertragen, was die neue Forum IV auszeichnet: ausdrucksstarke, kraftvolle Humbucker-Sounds, die in fast allen Musikgenres ihren Platz finden können. Solch eine Over-all-Qualität ist in dieser Preisklasse eine absolute Ausnahme.

Übrigens unterscheiden sich die beiden hier getesteten Gitarren trotz identischer Features in einigen, wenigen Details. Die TBS-Version ist um 400g leichter und bietet dadurch ein etwas offeneres Klangbild mit subtileren Nuancen. Die Goldtop ist schwerer, hat einen etwas dickeren Hals und dadurch eine insgesamt rockigere Ausstrahlung. Sie hängt einfach lieber tiefer am Gurt!

PLUS

● Sounds
● Verarbeitung
● Nitro-Lackierung
● Preis/Leistung

(erschienen in Gitarre & Bass 10/2023)

Produkt: Testbericht: Yamaha SG1801PX Phil X Signature
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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Ich persönlich finde es erbärmlich, wenn man die “Patina” kauft. Das ist was für Poser. Echte Gitarristen verdienen sich die Gebrauchtspuren selber, indem sie ihre Gitarre spielen.

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    1. Dem stimme ich voll zu und möchte sogar noch eins draufsetzen: Dieser ganze Aging- oder Relicing-Wahn ist ein Symptom der spätbürgerlichen Dekadenz und Saturiertheit, was sich im übrigen auch darin widerspiegelt, dass es viele Menschen chic finden, sich bereits zerrissene Jeans zu kaufen…
      Besonders lächerlich aber wird es, wenn die “geagten” Oberflächen einer Gitarre mit Klarlack überzogen werden. Das habe ich vor Jahren im Gibson Factory Shop in Memphis mir eigenen Augen gesehen. Absurd! Und die Absurdität wird noch auf die Spitze getrieben, wenn Branchenneulinge Gitarren auf den Markt bringen, die so abgeranzt aussehen, als seien über zig Jahre eher missbraucht als gespielt worden – und das bei einer Marke, die vielleicht gerade mal drei Jahre auf dem Markt ist. Dieser Trend lässt sich zwar nicht aufhalten, aber man muss dieses dekadente Spiel ja nicht mitspielen.

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  2. Statt Geld für das Aging würde ich bessere Qualität bei der Elektronik bevorzugen.
    Was waren das noch für Zeiten als Musikinstrumente noch durch täglichen Gebrauch abgenutzt wurden…..

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    1. Irgendwann wird das Thema hoffentlich mal durch sein. Gebrauchte Gitarren sollen eigentlich billiger sein als neue 😉

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    2. …der Zeit -Geist, die nebelartigen Schwaden die jegliches Denkvermögen im Keime ersticken sind aktuell global Verbreitet.

      Es gab Zeit – Epochen da war das Denkvermögen noch nicht eine seltene Gabe, sondern gehörte zum alltäglichen.

      Diese Zeiten werden wohl nicht mehr wieder kommen, denn diese verlorengegangenen Fähigkeiten des kritischen Denkvermögens gehören nicht mehr zu den Generationen der Nachkommen der sogenannten ,, Baby – Boomer – Generationen ,, denen ich selbst
      (* 1951 ) mit einem gewissen Stolz angehöre. Das älter werden, egal ob selbst oder geliebte Gegenstände, Gitarren, das geliebte Equipment insgesamt wurde so gut es geht gepflegt um es vor dem frühzeitigen Altern zu bewahren.
      Aktuell muss das Fabrik neue Equipment alt aussehen um zu gefallen.
      Was für eine durchgeknallte Welt in der wir aktuell leben müssen, dank der Nach – Baby – Boomer – Besserwisser – Generationen, die sehenden Auges alles in Frage stellen was sich bewährt hat und was bewahrt werden sollte……

      Schöne neue Schein-Welt………..

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  3. Künstlich gealterte Gitarren für Soft-Eggs. Erst wenn das Ahorngriffbrett, wie damals bei Danny Gaddon, durch ständiges Üben so aussieht als wäre es Rosewood hat die alte Axt Stil.

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  4. Warum kann man die Gitarre nicht einfach mit neuwertigem Nitrolack auf den Markt bringen? Wenn ich die Risse sofort haben möchte, kaufe ich einen Ice-Spray oder lasse die Gitarre eine Nacht auf dem Balkon liegen. Die komischen Dings und Dongs will ich gar nicht vom Anfang an haben. Es gibt jedoch nur die Option mit Aging. Das verstehe ich weder bei Fame, noch bei Maybach. Spart euch doch bisschen Arbeit…

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  5. Fehlen nur noch die typischen Zeit – Geist -Floskeln wie ,, Nachhaltig, Regenerativ und Vegan usw. ,, dann wäre die Geschäftsidee komplettiert.

    Was zum Geier soll dieses ,, künstliche Altmachen ,, eines neu gebauten Instrumentes ?
    Welchen Mehrwert beziehungsweise Vorteil habe ich durch diese bewusste Beschädigung ?
    Klingt das Instrument dadurch ,, künstlich gealtert ,, besser ?
    Kann ich das mit wirklich gealterten, an vielen Jahren auf der Bühne gespielten Instrumenten vergleichen ?

    Wer den selbst betrügen will durch den Erwerb eines solchen Instrumentes
    tut das freiwillig.
    Der erhoffte Effekt bleibet dabei garantiert aus. Das Instrument ist absolut neuwertig, sieht allerdings aus wie wen es schon etliche Gigs hinter sich hätte, was ja nicht den Tatsachen entspricht.

    Es soll, es muss ja Interessenten für solche Selbst – Betrugs – Maschen geben.
    Die dafür notwendigen Hersteller bauen und liefern die Produkte dafür und verdienen damit gutes Geld.
    Wie heißt es im Volkes Munde : Geld ist nicht Schmutzig, Geld stinkt nicht, Geld hat keine Patina ( meisten )………

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  6. Diese ganzen wütenden Menschen, die sich immer über Entscheidungen von Unternehmen echauffieren. Eine Firma hat das Ziel Geld zu verdienen. Wenn zahllose Stunden in Marktanalyse und Co gesteckt wurden, wenn man sich sicher ist “Es gibt Leute, die das kaufen wollen”, erst dann wird sowas produzierte oder gar so weit gedacht, dass man es produzieren könnte. Es sind die Spieler:innen, die das wollen. Find ich zwar auch komisch, aber in einer derart rückwärtsgewandten Kultur, wie die des Gitarrenspiels, wundert es nicht. Mal im Ernst: Es gibt sogar Leute, die kaufen noch Gibson und Fender, die seit über einem halben Jahrhundert jeglichen Fortschritt verweigern.

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