(Bild: Dieter Stork)
Die „chthonischen Götter” waren in der altgriechischen Mythologie die Herrscher über die Erde und vor allem über die Unterwelt – mal sehen, ob das ominös benannte Chthonic Fuzz von DOD entsprechende Urgewalten entfesselt!
Die Kultmarke DOD, vor nicht allzu langer Zeit von Cor-Tek aufgekauft und zusammen mit DigiTech zu neuem Leben erweckt, bringt nach und nach nicht nur hauseigene Klassiker wie den Overdrive Preamp 250 auf den Markt, sondern überrascht auch mit pfiffigen Neukonstruktionen wie dem Carcosa Fuzz.
Nun legt sie eine Hommage an die altgriechische Mythologie vor – mit einem augenzwinkernd „Chthonic” benannten Pedal und entsprechender Optik (altgriechisch „chthónios” bedeutet auf Deutsch „der Erde zugehörig”). Dabei handelt es sich um ein Fuzz, das sich laut DOD an Fans von Low-Output-Pickups richtet: Das Chthonic ist für Singlecoils von Tele über Strat bis hin zu P90 und DeArmond, aber auch eher „low output”-Humbucker-Designs wie Gretsch Filtertrons abgeschmeckt. Mal sehen, ob es sich, wie der Name verspricht, um eine Dreckschleuder aus der Unterwelt handelt …
AUS EINEM KNOPF MACH DREI
Laut DOD war ein „beliebtes Ein-Knopf-Fuzz” der 1970er Jahre die Grundlage für das Chthonic. Wenn ich da eine Vermutung anstellen dürfte – sie meinen wohl die Colorsound Fuzz Box. Davon ausgehend spielten die Techniker bei DOD mit verschiedenen Voicings und Einstellmöglichkeiten – und schufen das Chthonic. Unter der Haube tuckern zwei 2N2222-Transistoren für einen „erdig-dunklen” Fuzz-Sound.
Die Regler sind schnell erklärt: Fußschalter; „Fuzz” regelt den Verzerrungsgrad; „Output” die Lautstärke; „Lustre” schließlich ist nicht wirklich ein Tone-Regler, sondern eher eine Art Attack-Regler mit subtiler Wirkung.
Die Anschlüsse an dem Gehäuse, das in etwa MXR-Standard-Maße hat, liegen an den Seiten, nur der 9V-DC-Stromanschluss befindet sich an der Stirnseite. Das ist schade, denn damit ist das Chthonic leider so gar nicht pedalboardfreundlich. Immerhin kann man bei Bedarf auch eine Batterie verwenden. Im ausgeschalteten Modus ist das Pedal im „True Bypass”. Wie bei so vielen Fuzzes möchte es gerne als erstes Pedal direkt an die Gitarre ran, da es sich mit vorgeschalteten Buffern nicht gut verträgt. Ein Handbuch liegt leider nicht bei.
DRECKSCHLEUDER
Hätte ich mich doch mal vorher informiert, denn mit dem Humbucker in der Bridge-Position meiner HSS-ST-Style-Gitarre klingt das Chthonic zunächst – dumpf. Erst nach der Lektüre einiger Infos im Netz wurde mir so manches sprichwörtlich „klar”. Also: Wer das Chthonic mit Humbuckern nutzen will, sollte den „Lustre”-Regler schon mal auf Rechtsanschlag drehen.
Auch wenn die Wirkung nicht so drastisch ist wie erwartet, hilft das sehr. Aber wir sollen und wollen das Teil ja mit Singlecoils spielen, und das machen wir auch. Das härtere Attack der Einspuler zusammen mit einem klareren Klangbild harmoniert gleich viel besser mit dem Chthonic, am besten laut DOD vor einem recht spitz eingestellten cleanen Amp. „Unity Gain” am Lautstärkeregler ist dennoch erst bei etwa 12:30 Uhr erreicht. Zuvor ist das reingespielte Signal lauter als das Pedal.
Der Fuzz-Regler wiederum arbeitet, wie bei vielen Fuzzes, nicht so wirklich „linear”: Bei Linksanschlag tut sich erstmal wenig, dann ertönt ein sehr haariger, dreckiger Crunch, und kurz vor Rechtsanschlag sind die Götter der Tiefe dann erwacht und schleudern mächtig Dreck empor. Das Geschehen ist fett und erdig, dabei aber auch sehr stabil, fast schon eher Richtung Big Muff.
Was macht der „Lustre”-Regler? Mit ihm lassen sich etwas mehr „Knack” und Attack in den Sound mischen, damit es nicht ganz so dunkel-wollig wird. DOD empfiehlt zudem den gezielten Einsatz des Volume-Potis der Gitarre bei der Nutzung des Chthonics. Wie bei einem guten klassischen Fuzz erzielt man drastische Ergebnisse. Schon bei ein bis zwei Stufen runter am Poti klart der Sound deutlich auf, geht der Verzerrungsgrad stark zurück – und die Höhen kommen nun ordentlich durch.
Noch etwas weiter, und man bekommt fast kristalline Clean-Sounds. Immer mit einer leicht schmutzig-zischenden Note, so kennt man das. Der Sound entspricht dem, den man erhält, wenn das „Fuzz”-Poti am Chthonic nur bei ca. 12 Uhr steht – aber mit ausgedünnten Bässen. Reißt man das Volume-Poti der Gitarre wieder auf, röhrt das Monster sofort wieder los, und man erhält sustainreiche Lead-Sounds, die in einem wüsten Band-Geballer vielleicht untergehen. Um das zu vermeiden, sollte der „Lustre”-Regler wirklich auf Rechtsanschlag stehen und Volume über 13 Uhr hinaus.
(Bild: Dieter Stork)
RESÜMEE
Interessant: Während alle Welt daran arbeitet, Fuzzes immer versatiler und breiter einsetzbar zu machen, geht DOD mit dem Chthonic einen anderen Weg – und bietet ein Pedal an, das sich sehr speziell an eine bestimmte Zielgruppe richtet: Fans von Singlecoils, die einen fetten, dunklen, im besten Wortsinne „erdigen” und beileibe nicht „sägenden” Fuzzsound brauchen, und proaktiv mit dem Volume-Poti an der Gitarre arbeiten. Diese spezielle Aufgabe löst die „Dreckschleuder aus der Tiefe” mit Bravour und macht viel Spaß – ebenso wie der sehr freundliche Preis.
Plus
● Toller Klang
● Verarbeitung
● Konzept
Minus
● In/Out an den Seiten
● Kein Handbuch

(erschienen in Gitarre & Bass 04/2025)