A fine stringed instrument

Test: Collings D2H

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(Bild: Dieter Stork)

Was ich hier gerade lerne, ist, dass sich nicht jede Gitarre für ein Speed-Dating beim Tester eignet. Diese Dreadnought prahlt nicht – man muss sich Zeit nehmen und ihre Werte entdecken.

Eine Collings-Gitarre testen zu können ist schon was Besonderes. Es kommen einem die Cool Cats in den Sinn, die eine spielen – Lyle Lovett, Charlie Sexton, Joey Landreth, Junior Brown – man denkt an den hochangesehenen, extrem beliebten und geschätzten Bill Collings, der leider vor zwei Jahren verstarb. Und an jeder Ecke zu finden ist so eine Gitarre aus Austin, Texas auch nicht … da schnellen die Erwartungen schon mächtig in die Höhe.

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Dreadnought pur

Auf den ersten Blick hat man hier eine ganz „normale“ Dreadnought vor sich. Es zeigen sich erst mal keinerlei Hinweise auf irgendwelche Abweichungen von der berühmten Martin-Vorlage. Die Decke aus handselektierter Sitka-Fichte ist mit einer besonders dünnen Schicht Nitro-Lack versiegelt, mit einem Herringbone-Purfling (Fischgräten-Muster) eingefasst und – erste Besonderheit – mit einem Pre-War-Scalloped-X-Bracing, also einer Verbalkung nach Vorkriegsart, stabilisiert. Zargen und Boden sind aus Ostindischem Palisander, der zweiteilige Boden ist durch einen sauberst gearbeiteten Trennstreifen unterteilt … an solchen Stellen zeigt sich das handwerkliche Niveau.

In der Brücke aus Ebenholz sind mittels Pins aus dem gleichen Holz die Saiten fixiert und laufen über die kompensierte Stegeinlage aus Knochen Richtung Kopfplatte – die Mensur beträgt 648 mm.

Jetzt schauen wir uns den Hals mal genauer an. Er ist aus Honduras Mahagoni und per Mortise and Tenon (Nut und Zapfen) am 14. Bund an den Korpus angesetzt. Er bietet im Bereich der unteren Lagen ein sanftes V-Profil, das ab etwa dem 5. Bund in ein weiches C-Profil mutiert. In Ergänzung dazu haben wir auf der Oberseite ein Ebenholzgriffbrett mit einem Compound-Radius von 14″ am Sattel bis hin zu 24″ in den obersten Lagen.

Ein traumhaft gearbeiteter Hals, der in allen Lagen optimale Spielbedingungen bieten sollte. Auch die 20 perfekt eingesetzten, polierten, verrundeten und per Plek abgerichteten Medium-Bünde leisten da ihren Beitrag. Zur Orientierung auf dem Griffbrett gibt es kleine feine Diamond-&-Squares-Einlagen aus Abalone.

Die Kopfplatte dann wieder streng klassisch: Die schlichte Martin-typische „Tapered Square“-Form, Volute rückseitig zur Verstärkung, offene vernickelte Waverly-Mechaniken im Pre-War-Style (Ratio 16:1) und dann eben das Collings-Logo aus Abalone.

Wie ich als Tester an dieser Gitarre einen konstruktiven Makel finden soll, ist mir schleierhaft!

(Bild: Dieter Stork)

Detailverliebt

Bill Collings war, und sein Team ist, nicht nur bei der Konstruktion der Instrumente detailverliebt – auch bei der klanglichen Ausrichtung hat man, je nach Modell, sehr dezidiert festgelegte Ziele. So hat diese D2H z. B. eben nicht nochmal den doppelten Bass-Wumms einer normalen Dreadnought, weil sie ja so teuer ist, nein – die Bässe sind sogar eher moderat. Die Konstrukteure hatten hier einen Solisten, einen Bluegrass-Flatpicker oder einen Fingerstyler vor Augen, der sich vielleicht in einer Acoustic-Band gegen Mandoline, Banjo und Kontrabass durchsetzen muss.

Daher liefert die Collings einen unglaublich frischen und kristallklaren Sound mit blitzschneller Ansprache, hoher Dynamik und sattem Sustain. Die Bässe kommen knackig, perkussiv und trocken und haben dabei keinerlei Hang zum Wummern, die Mitten stehen richtig vorne im ersten Glied und bringen Akkorde und Singlenotes durch den Band-Sound. Die Höhen perlen hell und klar ans Ohr.

Zu alldem gesellt sich dann noch die großartige Bespielbarkeit, die wir dem ausgefuchsten Halskonstrukt zu verdanken haben. Wir haben hier ein perfekt auf den Punkt gebrachtes Profi-Instrument vor uns – nicht vergessen darf man, dass Collings etliche weitere Dreadnoughts und andere Formate mit anderen Ausrichtungen anbietet, sodass wohl wirklich jeder Player mit hohen Ansprüchen bei diesen Texanern seine Traum-Gitarre finden könnte.

Resümee

Qualität, Bespielbarkeit, Klang aber auch der Preis stehen auf hohem Niveau – hier hilft wirklich nur der persönliche Test. Unsere Test-Gitarre hat uns der wirklich besuchenswerte Laden The Fellowship of Acoustics aus den Niederlanden (www.tfoa.eu) zur Verfügung gestellt. Dank je wel!

PLUS

  • Design
  • Hölzer, Hardware
  • Verarbeitung, Lackierung
  • Bespielbarkeit über den ganzen Hals
  • präzise klangliche Ausrichtung

(erschienen in Gitarre & Bass 08/2019) 

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